Aktien

  • Hallo zusammen :)

    Hätte da auch mal eine ungute Sache und wäre um weitere Meinungen sehr dankbar.
    Habe ein Verfahren übernommen, Sohn ist seit 2010 der Betreuer (der Mutter). Sie hat ein Depot mit Aktien... wie das so ist schwanken die Kurse.
    Seit einigen Jahren ist jedoch ein großer Wertverlust. Auf seine Haftung als Betreuer haben meine Vorgänger immer wieder hingewiesen. Der Betreuer möchte die Aktien auf keinen Fall verkaufen, da er sonst noch mehr Verlust machen würde. Er gibt an, dass er sehr viel Geld habe (was stimmt, er hat Kontoauszüge beigelegt) und er immer für seine Mutter aufkommen würde, falls das Geld (auch durch Heimkosten) mal nicht mehr ausreichen würde.
    Er würde sogar so weit gehen, dass er eine Bürgschaftserklärung oder ähnliches unterschreiben würde (wenn wir ihn nun endlich in Ruhe lassen würden ;)) um zu beweisen, dass er immer für sie aufkommen würde.

    Ich stelle mir nun die Frage, was soll ich machen?
    Zwangsgeld brauche ich keines festsetzen, das würde er alles zahlen. Der Richter will ihn momentan nicht entlassen, da es seiner Ansicht nach nicht "so schlimm" ist :mad:... (in über vier Monaten über 57.000 € Kursverlust).
    Eine Bürgschaftserklärung macht wenig Sinn, da es ja dafür einen Gläubiger braucht und eine bestehende oder absehbare Forderung.

    LG Lena :)

  • Geldanlage nach § 1811 BGB
    Nach§ 1811 BGB kann das Betreuungsgericht dem Betreuer eine andere Geld-Anlegung als die in § 1807 BGB vorgeschriebene gestatten. Die Erlaubnis soll nur verweigert werden, wenn die beabsichtigte Art der Anlegung nach Lage des Falles den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung zuwiderlaufen würde.

    Wegen der Sicherheit oder Wirtschaftlichkeit der vorgesehenen Anlage ist ein Sachverständigengutachten einzuholen, Palandt zu § 1811 BGB, (OLG Schleswig, FGPrax 2000, 23. Dies gilt auch für Anlagen, die bereits bei Amtsbeginn vorhanden sind.
    NJWE-FER 2000, 121 OLGR2000, OLGR Jahr 2000 Seite 139; OLG Köln NJW-RR 2001, NJW-RR Jahr 2001 Seite 577 betr. Aktienfonds; OLG Frankfurt a. M. NJW-RR 2002, NJW-RR Jahr 2002 Seite 1660 betr. geschlossenen Immobilienfonds; OLG München OLGR 2009, OLGR Jahr 2009 Seite 615).

    Liste von IHK-Sachverständigen für Kapitalanlagen und private Finanzplanung:
    vgl.
    http://svv.ihk.de/svv/content/home/t....ihk?cid=28068


    https://www.rechtspflegerforum.de/sh...GB#post1149004

    https://www.rechtspflegerforum.de/sh...zu-veranlassen

  • Der Beitrag von Paulus hilft leider nur bei Neuanlage in Aktien, nicht bei einer schon bestehenden Anlage.

    Ich gehe davon aus, dass die Anlage von der Betreuten selbst noch vor Anordnung der Betreuung eingerichtet wurde? Dann wäre der Betreuer erstmal nicht zwingend verpflichtet die bestehende Anlage aufzulösen.

    Zu beachten ist jedenfalls, dass die Betreute sich damals für diese Anlage entschieden hat und somit auch die nun auftretenden Verluste in Kauf genommen hat.
    Der Betreuer sagt, bei einer Auflösung würden noch höhere Verluste entstehen? Ist das gesichert? Dann wäre eine Auflösung ja tatsächlich nicht besonders sinnvoll, warum also machen?

    Wie sieht das übrige Vermögen der Betreuten denn so aus? Treffen sie die aktuellen Verluste wirklich hart, oder ist auch sonst noch Geld da?

    Hierbei sind meiner Ansicht nach sehr viele Aspekte zu betrachten und einen einfachen oder eindeutigen Weg wird es nicht geben.

  • Danke :) ja die Anlage bestand auch schon davor. Sehe es ähnlich wie du - sie hat sich ja damals dafür entschieden.
    Das Depot beläuft sich aktuell ca. auf 180.000 € das normale Konto ist auf ca. 5.000 €. Ein Cashkonto ist etwas überzogen.
    Der Betreuer (Sohn) hat ca 520.000€.

    Bei Verkauf der Aktien fallen Kosten an, des Weiteren hat man ja noch den "Verlust" der Aktien.
    Finde es da echt sehr schwierig. Beide legen wohl immer in Aktien an und nur wegen der Eröffnung das Betreuungsverfahren kann kein Riegel vorgeschoben werden.
    :confused:

  • Wenn das die ganze Vermögensverteilung ist, könnte jedoch der Grund zum Tätigwerden wieder mehr in den Vordergrund rücken.
    Wie sieht es mit laufenden Einnahmen aus? Decken diese die alltäglichen Kosten?
    Ansonsten sollte der Betreuer auf Diversität achten und kann dazu auch angehalten werden - denn den ganzen Vermögensstock in volatilen Aktien zu halten, ist nicht ausgewogen.

    Wenn der Betreuer überdies eine Bürgschaft schon anbietet, hätte ich auch kein Problem mit einer Urkunde, in der er sich bis zum Fehlbetrag xx,yy EUR selbstschuldnerisch der Zwangsvollstreckung unterwirft. Nur mal so als Idee.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Der Beitrag von Paulus hilft leider nur bei Neuanlage in Aktien, nicht bei einer schon bestehenden Anlage.

    Ich gehe davon aus, dass die Anlage von der Betreuten selbst noch vor Anordnung der Betreuung eingerichtet wurde? Dann wäre der Betreuer erstmal nicht zwingend verpflichtet die bestehende Anlage aufzulösen.

    Zu beachten ist jedenfalls, dass die Betreute sich damals für diese Anlage entschieden hat und somit auch die nun auftretenden Verluste in Kauf genommen hat.

    Derartige Geldanlagen werden von den Banken oft nur angeboten, um eine Provision zu erhalten. Aus reiner Menschenlieb erfolgt diese Vermittlung jedenfalls nicht. Jeder normale Mensch würde sich bei solch hohen Wertverlusten von einem unabhängigen Sachverständigen beraten lassen, ob er die Aktienanlage behalten soll. Bei genauer Nachfrage bei den Banken wissen diese oft selbst nicht, um welchen Schrott es sich handelt, den sie den Kunden angedreht haben.

    Übrigens: Gibt es eine Entscheidung, dass eine riskante Geldanlage, die der Betreute zu einem Zeitpunkt vorgenommen hat, zu dem die Betreuung noch nicht angeordnet wurde, vom Betreuungsgericht nicht zu überprüfen ist ?

  • Der Beitrag von Paulus hilft leider nur bei Neuanlage in Aktien, nicht bei einer schon bestehenden Anlage.

    Ich gehe davon aus, dass die Anlage von der Betreuten selbst noch vor Anordnung der Betreuung eingerichtet wurde? Dann wäre der Betreuer erstmal nicht zwingend verpflichtet die bestehende Anlage aufzulösen.

    Zu beachten ist jedenfalls, dass die Betreute sich damals für diese Anlage entschieden hat und somit auch die nun auftretenden Verluste in Kauf genommen hat.
    Der Betreuer sagt, bei einer Auflösung würden noch höhere Verluste entstehen? Ist das gesichert? Dann wäre eine Auflösung ja tatsächlich nicht besonders sinnvoll, warum also machen?

    Wie sieht das übrige Vermögen der Betreuten denn so aus? Treffen sie die aktuellen Verluste wirklich hart, oder ist auch sonst noch Geld da?

    Hierbei sind meiner Ansicht nach sehr viele Aspekte zu betrachten und einen einfachen oder eindeutigen Weg wird es nicht geben.


    :daumenrau

  • Vermutlich #455:

    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.02.2019 (I-3 Wx 8/19) "Für freie, d.h. nicht zur Begleichung von Verbindlichkeiten benötigte Kapitalanlagen besteht keine generelle Pflicht zur Umschichtung von nicht mündelsicheren Kapitalanlagen in mündelsichere." "Feste Regeln lassen sich (...) nicht aufstellen. Insbesondere ist es Frage des Einzelfalls und nur unter Würdigung alle Vermögenspositionen zu beantworten ob (...) ein nicht mehr hinnehmbares "Klumpenrisiko" vorhanden ist."

  • Vermutlich #455:

    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.02.2019 (I-3 Wx 8/19) "Für freie, d.h. nicht zur Begleichung von Verbindlichkeiten benötigte Kapitalanlagen besteht keine generelle Pflicht zur Umschichtung von nicht mündelsicheren Kapitalanlagen in mündelsichere." "Feste Regeln lassen sich (...) nicht aufstellen. Insbesondere ist es Frage des Einzelfalls und nur unter Würdigung alle Vermögenspositionen zu beantworten ob (...) ein nicht mehr hinnehmbares "Klumpenrisiko" vorhanden ist."

    Genau. :)

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Der Beitrag von Paulus hilft leider nur bei Neuanlage in Aktien, nicht bei einer schon bestehenden Anlage.

    Ich gehe davon aus, dass die Anlage von der Betreuten selbst noch vor Anordnung der Betreuung eingerichtet wurde? Dann wäre der Betreuer erstmal nicht zwingend verpflichtet die bestehende Anlage aufzulösen.

    Zu beachten ist jedenfalls, dass die Betreute sich damals für diese Anlage entschieden hat und somit auch die nun auftretenden Verluste in Kauf genommen hat.

    Derartige Geldanlagen werden von den Banken oft nur angeboten, um eine Provision zu erhalten. Aus reiner Menschenlieb erfolgt diese Vermittlung jedenfalls nicht. Jeder normale Mensch würde sich bei solch hohen Wertverlusten von einem unabhängigen Sachverständigen beraten lassen, ob er die Aktienanlage behalten soll. Bei genauer Nachfrage bei den Banken wissen diese oft selbst nicht, um welchen Schrott es sich handelt, den sie den Kunden angedreht haben.

    Übrigens: Gibt es eine Entscheidung, dass eine riskante Geldanlage, die der Betreute zu einem Zeitpunkt vorgenommen hat, zu dem die Betreuung noch nicht angeordnet wurde, vom Betreuungsgericht nicht zu überprüfen ist ?

    Du hast sicher Recht mit deiner Argumentation, dennoch kann ich als geschäftsfähiger Mensch mit meinem Geld machen was ich will egal ob andere es für sinnvoll halten oder nicht. Und der mutmaßliche Wille der Betreuten sollte immer eine wichtige Rolle spielen und berücksichtigt werden.

    Außerdem habe ich nicht gesagt, dass eine Anlage, die vor Anordnung der Betreuung erfolgte, nicht überprüft werden muss. Ich sagte lediglich, dass der Betreuer Anlagen beibehalten kann und nicht gezwungen ist, alles aufzulösen und zum Beispiel nach § 1806, 1807 BGB anzulegen. Das kann in allen gängigen Kommentaren nachgelesen werden.

    Um zur Ausgangsfrage zurück zu kommen: Man könnte überprüfen ob § 1837 BGB hilft. Letztendlich ist es ein Haftungsfall für den Betreuer, hierfür müsste dann wohl ein Ergänzungsbetreuer bestellt werden, der diese Ansprüche prüft und durchsetzt.

  • Vermutlich #455:

    OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.02.2019 (I-3 Wx 8/19) "Für freie, d.h. nicht zur Begleichung von Verbindlichkeiten benötigte Kapitalanlagen besteht keine generelle Pflicht zur Umschichtung von nicht mündelsicheren Kapitalanlagen in mündelsichere." "Feste Regeln lassen sich (...) nicht aufstellen. Insbesondere ist es Frage des Einzelfalls und nur unter Würdigung alle Vermögenspositionen zu beantworten ob (...) ein nicht mehr hinnehmbares "Klumpenrisiko" vorhanden ist."

    Es geht hier nicht um Umschichtung von nicht mündelsicheren Kapitalanlagen in mündelsichere, sondern um Umschichtung von riskanten Kapitalanlagen in weniger riskante Geldanlagen. Darüber kann aber erst entschieden werden, wenn ein Sachverständigengutachten vorliegt, das ist eine Maßnahme ordnungsgemäßer Vermögensverwaltung, zu der der Betreuer verpflichtet ist.

    Nochmals: Gibt es eine Entscheidung bzw. Fundstelle, dass eine riskante Geldanlage, die der Betreute zu einem Zeitpunkt vorgenommen hat, zu dem die Betreuung noch nicht angeordnet wurde, vom Betreuungsgericht nicht zu überprüfen ist, d.h. dass das Betreuungsgericht sehenden Auges nichts unternimmt, wenn die Anlage den Bach hinunter geht.

  • Nochmals: Gibt es eine Entscheidung bzw. Fundstelle, dass eine riskante Geldanlage, die der Betreute zu einem Zeitpunkt vorgenommen hat, zu dem die Betreuung noch nicht angeordnet wurde, vom Betreuungsgericht nicht zu überprüfen ist, d.h. dass das Betreuungsgericht sehenden Auges nichts unternimmt, wenn die Anlage den Bach hinunter geht.

    :gruebel: Die Ausgangsfrage ist doch nicht: Muss ich als Rechtspfleger was tun?, sondern vielmehr: Welche Optionen der Intervention verbleiben mir als Rechtspfleger denn überhaupt?

  • ich stelle mir schon die Frage, ob überhaupt eingegriffen werden sollte. Der Betreute hat das Geld risikoreich angelegt. Und wenn man ihn nicht mehr fragen kann und er kein weiteres Vermögen hat ist der Rechtspfleger wohl kaum in der Lage, einen Blick in die Zukunft zu werfen (selbst örn wartet schon länger auf den totalen Zusammenbruch)

  • Dies ist im Rahmen der Prüfung der ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung zulässig.
    Bei der Prüfung von Geldanlagen in Aktienfonds wird sich der Rechtspfleger externen Sachverstands bedienen müssen,was im Rahmen der Amtsermittlungspflicht ohne weiteres zulässig ist, OLGSchleswig, FGPrax 2000, 23

  • Dies ist im Rahmen der Prüfung der ordnungsgemäßen Vermögensverwaltung zulässig.
    Bei der Prüfung von Geldanlagen in Aktienfonds wird sich der Rechtspfleger externen Sachverstands bedienen müssen,was im Rahmen der Amtsermittlungspflicht ohne weiteres zulässig ist, OLGSchleswig, FGPrax 2000, 23


    Im vorliegenden Fall sollen jedoch keine Geldanlage in Aktienfonds erfolgen, sprich genehmigt werden.

    Die entsprechende Anlage seines Vermögens hat die Betreute selbst so vorgenommen.

    Daher wäre es nur dem Betreuer möglich, sich entsprechende Expertise hinsichtlich der Aktienwerte einzuholen.

  • Mir selbst hilft meiner Ansicht nach ein Gutachten nicht weiter. Ich sehe das so wie 15. Meridian - ich frage mich ob ich etwas unternehmen muss/soll/kann und wenn ja ist die Frage das Wie.
    Bzgl. der Frage wie viel Geld sonst noch vorhanden ist, habe ich den fälligen Betreuerbericht angefordert, dann habe ich zumindest einen umfassenden Überblick über die aktuellen Vermögensverhältnisse.

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