Vollstreckung FA im Range vor Wohnungsrecht aufgrund Leistungsgebot

  • Hallo,
    ich diskutiere gerade mit einem Mitarbeiter des Finanzamtes über die Möglichkeiten der Vollstreckung in ein Grundstück bei dem der Eigentümer und der Berechtigte des Wohnungsrechts die Vollstreckung im Range vor dem eingetragenen Wohnungsrecht dulden muss. Es liegt ein Duldungsbescheid gegen den Eigentümer und ein Leistungsgebot gem. § 254 AO in Verbindung mit § 14 des AnfG vor. Für uns stellt sich die Frage, ob eine Sicherungshypothek mit Rang vor dem Wohnungsrecht auf dieser Grundlage eingetragen werden kann oder wird die Sicherungshypothek ohne Rangvermerk eingetragen und das Wohnungsrecht erlischt mit dem Zuschlag.

    Vielen Dank vorab für die Unterstützung.

  • Also: Vollstreckungsschuldner ist Grundstückseigentümer und Wohnrechtsinhaber ist Duldungsschuldner? Dann geht m.E. die ZwaSi einfach im Rang dem Wohnrecht vor. Auf keinem Fall erlischt aufgrund der Anfechtung das Wohnrecht, weil die dingliche Rechtslage durch die Anfechtung grundsätzlich nicht verändert wird. Der Duldungsschuldner hat nur die Vollstreckung des Anfechtenden zu dulden. Allen anderen gegenüber hat das Wohnrecht weiterhin Bestand.

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Der Duldungsbescheid wurde gegen den Eigentümer erlassen. Das Leistungsgebot gem. § 254 AO in Verbindung mit § 14 AnfG gegen den Wohnungsberechtigten. Die Fälle entstehen in der Regel, wenn ein Schuldner und Grundstückseigentümer das Grundstück auf den Ehegatten überträgt und der andere Ehegatte als Wohnungsberechtigter eingetragen wird.

    Es besteht sicherlich Einigkeit, dass das Wohnrecht nicht erlischt.

    Fraglich ist für mich, ob eine Rangänderung eingetragen wird oder ob nur eine Sicherungshypothek eingetragen wird und das Leistungsgebot bei der Zwangsversteigerung berücksichtigt wird.


  • Fraglich ist für mich, ob eine Rangänderung eingetragen wird oder ob nur eine Sicherungshypothek eingetragen wird und das Leistungsgebot bei der Zwangsversteigerung berücksichtigt wird.


    Ohne da jetzt tief einzusteigen aber was würde es denn schaden, wenn man den Vorrang eintragen würde?

    Ulf

    Alle Äußerungen hier sind als rein private Meinungsäußerung zu verstehen,
    sofern es bei den Beiträgen nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet wird.

  • ...Fraglich ist für mich, ob eine Rangänderung eingetragen wird oder ob nur eine Sicherungshypothek eingetragen wird und das Leistungsgebot bei der Zwangsversteigerung berücksichtigt wird.

    Den Anfechtungsanspruch nach dem AnfG kann die Finanzbehörde entweder mittels Klage vor dem Zivilgericht oder gemäß § 191 Abs. 1 Satz 2 AO durch Duldungsbescheid hoheitlich im Verwaltungsweg durchsetzen (s. Urteil des Finanzgerichts Köln 9. Senat vom 11.10.2017, 9 K 1566/14, Rz. 28 ff mwN
    https://www.justiz.nrw.de/nrwe/fgs/koeln…l_20171011.html

    Wie das OLG München 34. Zivilsenat im Beschluss vom 21.09.2012, 34 Wx 202/12, ausführt, wendet sich ein solcher Duldungsbescheid nicht gegen den Steuerschuldner, sondern gegen den Empfänger der unentgeltlichen Leistung. Auch ein gegen den Dritten ergangener Duldungsbescheid sei vom Grundbuchamt nicht nachzuprüfen (Zitat: OLG Hamm Rpfleger 1983, 481). Die Befugnis zum Ersuchen nach § 38 GBO umfasse folglich nicht nur die Eintragung der Zwangshypothek, sondern auch die Eintragung deren Vorrangs.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • In dem Zusammenhang ist vllt. auch das Urteil des FG München vom 27.09.2018 - 10 K 2927/17 = IBRS 2019, 0860 = BeckRS 2018, 29697 = EFG 2019, 73 m. Anm. Büchter-Hole interessant (Rev. eingelegt (Az. des BFH: VII R 55/18))

    Leitsätze:

    1. Überträgt der Vater in Kenntnis zu erwartender Steuernachforderungen, die er nicht erfüllen kann, im Wege der vorweggenommenen Erbfolge sein Wohnanwesen unter Nießbrauchsvorbehalt auf sein minderjähriges Kind, das durch die nicht mit dem Vater verheiratete Mutter vertreten wird, so liegt eine das FA benachteiligende anfechtbare Rechtshandlung i. S. d. § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 AnfG vor.

    2. Überträgt das minderjährige Kind, vertreten durch seine Mutter, kurz nach Anfechtung der Grundstücksübertragung durch das FA und Erlass eines Duldungsbescheids das Grundstück durch einen Kaufvertrag an einen Angehörigen des Schuldners (hier: Schwester des Vaters) unter Beibehaltung des Nießbrauchs zugunsten des Vaters, Vereinbarung eines nachrangigen, nicht übertragbaren Nießbrauchs zugunsten des Kindes sowie unter Vereinbarung einer Rückauflassungsvormerkung für den Fall der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens über das Grundstück, so kann das FA die Anfechtbarkeit der Grundstücksübertragung durch den Vater auf das minderjährige Kind gem. § 15 Abs. 2 AnfG auch gegen die Angehörige als Rechtsnachfolgerin mit der Wirkung geltend machen, dass sie die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu dulden hat; hierzu ist nicht erforderlich, dass die Anfechtung des Ersterwerbs (hier: Übertragung vom Vater auf den Sohn) rechtskräftig bzw. bestandskräftig geworden ist.

    3. Eine Benachteiligung des FA liegt auch nach Eintritt der Einzelrechtsnachfolge durch die Weiterübertragung des Grundstücks auf die Angehörige vor, wenn eine gegen das Kind als Rechtsvorgänger begründete Anfechtung vorliegt und der durch die anfechtbare Handlung begründete frühere, benachteiligende Zustand durch die Rechtsnachfolge aufrechterhalten wird.

    4. Der Tatbestand für eine Anfechtung nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 AnfG gegen eine dem Schuldner nahestehende Person als Rechtsnachfolger (im Streitfall: Schwester des Schuldners) ist bereits dann erfüllt, wenn der Rechtsnachfolger die Umstände kennt, die die Anfechtbarkeit des Erwerbs des Rechtsvorgängers begründen (im Streitfall: Anfechtbarkeit des Ersterwerbs nach § 4 AnfG). Nicht nötig ist insoweit, dass der Rechtsnachfolger die Voraussetzungen des § 2 AnfG mit Bezug auf den Hauptschuldner kennt.

    5. Unentgeltlichkeit i. S. d. § 4 AnfG liegt vor, wenn die Leistung ohne Rechtspflicht erfolgt und keine Gegenleistung in das Schuldnervermögen gelangt. Die Bestellung eines Nießbrauches ist keine Gegenleistung (vgl. BGH, Urteil v. 7.4.1989, V ZR 252/87, NJW 1989 S. 2122). Bestand jedoch ein Anspruch auf angemessene Gegenleistung, so kann die Zuwendung nicht schon deshalb als unentgeltlich angefochten werden, weil die Gegenleistung unterblieben ist.

    6. Die tatsächliche Geltendmachung der Anfechtung des Ersterwerbs - und nicht auch die erfolgreiche - reicht auch für die Wahrung der Anfechtungsfrist bei der Rechtsnachfolgerin (vgl. OLG Hamm, Urteil v. 28.9.2000, 27 U 176/99).

    7. Sofern nicht anderweitig geregelt, ist für den Erlass eines Duldungsbescheids nach § 24 AO das für den Steuerschuldner zuständige FA örtlich zuständig.

    8. Soweit als Anfechtungsgrund in der Einspruchsentscheidung nur § 15 Abs. 2 Nr. 3 AnfG begründet worden ist, während tatsächlich § 15 Abs. 2 Nr. 2 AnfG einschlägig ist, führt dies nicht zu einem Ermessensfehler des Duldungsbescheids, wenn das FA im Schriftsatzaustausch während des Klageverfahrens auch Begründungen zu § 15 Abs. 2 Nr. 2 AnfG vorgebracht und die Klägerin entsprechend erwidert hat.

    9. Für die Frage, ob bei einer Anfechtung durch Duldungsbescheid die Voraussetzungen der Anfechtungsberechtigung (§ 2 AnfG) erfüllt sind, ist auf den Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung abzustellen. Wird gerügt, das FA habe nicht in noch vorhandene anderweitige Vermögenswerte des Schuldners vollstreckt, so muss substantiiert dargelegt werden, über welche Vermögenswerte der Schuldner verfügt haben soll, in die noch hätte vollstreckt werden können.

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