Zustellung Eröffnungsbeschluss an Gläubiger und / oder Prozessbevollmächtigten

  • Hallo zusammen,

    ein Problem welches wir (Schuldnerberatungsstelle) gar nicht so selten haben ist, dass sich einige Monate nach Insolvenzeröffnung der Verfahrensbevollmächtigte eines Gläubigers mit einer Sachstandsanfrage meldet und sodann bekannt wird, dass dieser keine Information über die Eröffnung des Verfahrens hatte.

    Hintergrund: Insolvenzverwalter stellt den Eröffnungsbeschluss nur dem Gläubiger selbst (§ 30 Abs. 2 InsO, § 8 Abs. 3 ZPO) zu - Adresse hierzu ergibt sich aus Gläubigerverzeichnis bzw. Anlage 7 des Verbraucherinso-Formulars.

    Da außergerichtlich die Korrespondenz fast nur mit den Verfahrensbevollmächtigten geführt wird, können folgende Probleme auftauchen:
    - Gläubiger selbst ist nicht mehr aktuell (nach Abtretung der Forderung o.ä.)
    - Adresse des Gläubigers nicht mehr aktuell
    - Gläubiger erhält zwar den Eröffnungsbeschluss, leitet diesen jedoch nicht weiter o.ä.

    Folge hieraus eventuell (falls mal Masse da ist), dass ein Schaden wegen nicht erfolgter Anmeldung entstehen könnte.

    Wird das wie oben geschildert so korrekt gehandhabt oder müsste nicht der Insolvenzverwalter den Eröffnungsbeschluss auch den aus dem Antrag ersichtlichen Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers zustellen ?

    Oder sind sämtliche Ideen eventueller Schadenersatzansprüche sowieso hinfällig, da die Beschlüsse öffentlich bekannt gemacht werden ?

  • ...tja, genau da liegt ja das Problem.....ist hier gelebte Praxis, dass eben meist nicht an den genannten Verfahrensbevollmächtigten zugestellt wird sondern nur an den benannten Gläubiger.... warum auch immer ?

    Aber die öffentliche Bekanntmachung dürfte das ja dann sowieso heilen.

  • Nach 172 ZPO hat die Zustellung an den Verfahrensbevollmächtigten zu erfolgen. Da es sich um eine gerichtliche Zustellung handelt, die nur dem Verwalter übertragen ist, gilt dies auch. Vielleicht sollte mal jemand Gericht und/oder Verwalter darauf hin weisen.

  • Ich habe von dem Problem auch schon gehört.

    Die Zustellung an den Gläubiger wird nach meiner Erinnerung wie folgt begründet:

    Die durch den Schuldner erfolgende Nennung als Bevollmächtigter im Gläubigerverzeichnis kann keine Legitimation als Verfahrensbevollmächtigter begründen.

    Außergerichtliche Bevollmächtigung bedeutet nicht zwangsläufig, dass auch Vollmacht i.S.d. §§ 80 ff ZPO besteht.

  • Als Verwalter kenne ich den Inhalt der Vollmacht nicht und weiß auch nicht, ob eine Geldempfangsvollmacht vorliegt. Das soll man erst einmal im Verfahren offenlegen.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ja, Inhalt der Vollmacht, Geldempfangsvollmacht usw. sind aber ja erst für den Verfahrensgang nach Forderungsanmeldung relevant.


    Im ersten Schritt geht´s ja nur mal darum, die Information über die Eröffnung zuzustellen.

    Und ja, rein aus den Antragsunterlagen ergibt sich ja nicht zwangsläufig, ob der genannte Bevollmächtigte auch tatsächlich bestellt ist.

    Aber wie oben drauf hingewiesen, dürfte es ja so sein, dass durch die öffentliche Bekanntmachung jeder eventuelle Zustellungsmangel geheilt wird
    "Erfolgt hingegen zwar eine Einzelzustellung, ist diese aber mangelbehaftet, so werden diese Zustellungsmängel spätestens durch die öffentliche Bekanntmachung ex nunc geheilt" (MüKoInsO/Ganter/Lohmann § 8 Rn. 38a; FK-InsO/Schmerbach § 8 Rn. 32; → § 8 Rn. 15). Oder ?

  • Worin soll der Zustellungsmangel begründet sein, wenn der Gläubiger den Eröffnungsbeschluss vom Verwalter bekommt, weil, wie gesagt, der Verwalter nicht weiß, wie weit die Vollmacht reicht.

    Noch netter wird es, wenn der Gläubiger gegen den Schuldner drei Forderungen besitzt, aber nur wegen der ersten Forderung den Anwalt oder das Inkassobüro beauftragt. Das bekommt doch der Schuldner nicht aufgedröselt und sicherlich auch keine Schuldnerberatung. Im Ergebnis wird da wohl immer stehen Chick & Apart AG, vertreten durch das Inkassobüro X, wegen Forderungen 1, 2, 3.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich weiß jetzt nicht ob das ein "Zustellmangel" im eigentlichen Sinne ist, aber was rein praktisch nicht selten vorkommt, ist eben gerade, dass der Gläubiger den Eröffnungsbeschluss eben nicht bekommt, z.B. weil:

    - da außergerichtliche Korrespondenz nur mit dem Verfahrensbevollmächtigten geführt wird, ist die Adresse des Gläubigers selbst manchmal nicht mehr aktuell, z.B. wird die Adresse aus einem 20 Jahre alten Titel übernommen. Wir bitten zwar jeden Bevollmächtigten um Mitteilung der aktuellen Anschrift des Gläubigers und weisen auf das Problem hin aber nicht jeder antwortet hierzu.

    - ebenso ergibt der außergerichtliche Schriftverkehr manches Mal nicht, wer aktuell überhaupt Gläubiger der Forderung ist, d.h. ob Inkassounternehmen bereits selbst oder noch der benannte Gläubiger. Auch hierzu wird immer gefragt aber nicht immer geantwortet.

    - oder aber als Gläubigeradresse wird eine Adresse des Gläubigers genutzt, welche jedoch nicht mit der Forderungsbearbeitung befasst ist und den Eröffnungsbeschluss nicht weiterleitet oder diverse andere Konstellationen.


    Die andere Konstellation, dass wir einen Gläubiger mit 3 Forderung und 3 verschiedenen Bevollmächtigten in einem Insolvenzantrag haben, ist gar nicht so selten.


    Aber mit § 9 InsO "Die öffentliche Bekanntmachung genügt zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten" ist ja eigentlich klar.

    Als Schuldner(Vertreter) muss man natürlich aufpassen, dass in den Anlagen 6 und 7 nicht grob fahrlässig was falsches drin steht, aber ansonsten dürfte die Sache doch klar sein.

  • Als Schuldner(Vertreter) muss man natürlich aufpassen, dass in den Anlagen 6 und 7 nicht grob fahrlässig was falsches drin steht, [...]

    Wenn man bei unklaren Gläubiger- oder Vertretungsverhältnissen dem Antrag ein Begleitschreiben mit entsprechenden Erläuterungen einschließlich unternommener Aufklärungsbemühungen beifügt, dürfte dieses Risiko aber nicht bestehen.

  • die Zustelung ist an den im Insolvenzantrag benannten anwaltlichen Vertreter zu richten, vgl. § 12 BROA

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • die Zustelung ist an den im Insolvenzantrag benannten anwaltlichen Vertreter zu richten, vgl. § 12 BROA

    Man kann natürlich aus dem Hut § 12 BRAO ziehen, der für Insolvenzverwalter gilt, die auch Rechtsanwälte sind, AnwZ (Brfg) 24/14 vom 06.07.2015. Für Nichtinsolvenzverwalter hat diese Regelung aber keine Gültigkeit, Rn. 18.


    Es stellt sich jedoch die Frage, ob die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses eine typische Anwaltstätigkeit ist, wie beispielsweise die Geltendmachung einer Forderung, Rn. 28, 31.

    Weiterhin stellt sich die Frage, ob die Zustellung des Eröffnungsbeschlusses eine insolvenzrechtliche Besonderheit darstellt, wie beispielsweise auch § 97 InsO, Rn. 30.

    Aber hätte das Insolvenzgericht nicht von den Erleichterungen des § 8 III InsO Gebrauch gemacht, hätte man sich an den anwaltlichen Vertreter zugestellt, gelle ?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • sehr feinsinnig von Dir und i.E. zutreffend :D

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