Feuer im Versteigerungsobjekt vor Gutachtenerstellung

  • Hallo zusammen,

    seit 10 Jahren habe ich nun das erste mal K-Sachen "ergattert" :eek:

    Nun habe ich ein Schätzchen übernommen, das mich vor ...leichte... Schwierigkeiten stellt, die ihr Profis sicher gar nicht so dramatisch empfindet.

    Zum Sachverhalt:

    November 2016 - Anordnung der Zwangsversteigerung
    Dezember 2016 - Bestellung das Sachverständigen
    Januar 2017 - Feuer im Haus

    (Februar 2017 - Anordnung der Zwangsverwaltung)

    Februar 2017 - Erstellung des Gutachtens

    Sodann erfolgte die Anhörung zur Wertfestsetzung und seit dem ist Schweigen im Walde.

    Aus der L-Akte ergibt sich, dass die Versicherung wohl 200.000 € leisten sollte/müsste/könnte. Die Kommunikation mit der Versicherung gestaltete sich wohl schwierig für den Zwangsverwalter. Ausweislich der L-Akte sind einmal 50.000€ und einmal 11.000 € geflossen.

    Unter Bezugnahme auf einen Aufsatz aus dem Rechtspfleger 2005 S. 341 ff. ("Schadenfälle in der Grundstücksversteigerung") sah mein wirklich absolut kompetenter Vorgänger das Problem, dass hier geklärt werden muss, ob es sich um ein gestörtes oder ungestörtes Versicherungsverhältnis handelt (also gab es eine Brandstiftung, die eine Leistung der Versicherung ausschließt). Da bereits geleistet wurde, finde ich im Nachhinein, dass es sich ja nicht um ein gestörtes Verhältnis handeln kann, weil sie dann noch gar nichts gezahlt hätten?!

    Ich stehe nur vor dem Problem, ob mich die Frage wirklich interessiert.

    Ich muss nun als nächstes den Wert festsetzen. Das Gutachten berücksichtigt bereits den ausgebrannten Zustand. Ist es nicht so, dass, sollte noch Geld von der Versicherung fließen, die Gläubigerin gem. § 1127 Abs. 1 BGB unmittelbaren Anspruch auf die Summe hat? Dazu habe ich die BGH Entscheidung vom 09.11.2005 IV ZR 224/03 entdeckt.

    Leider leider wurde die Zwangsverwaltung aufgehoben, sodass ich den Zwangsverwalter auch nicht mehr auf die Versicherung ansetzen kann.

    Also konkret meine Frage : Kann ich den Wert wie im Gutachten angegeben festsetzen (das ist eigentlich mein Favorit) oder muss ich irgendwas wegen dieser ganzen Versicherungsgeschichte beachten.

    Ich danke euch sehr für eure Gedanken!

  • Ich bin jetzt schon wieder einige Jahre aus der K-Abteilung raus, wüsste aber spontan nicht, inwieweit sich irgendwelche Schadensersatzansprüche auf den Wert des Objektes auswirken sollten. Solange das Objekt nicht wieder aufgebaut wird, ist es ja faktisch nur das Wert, was der Gutachter festgestellt hat. Ich würde den Wert also entsprechend dem Gutachten festsetzen und dem Verfahren seinen Lauf geben.
    Wie gesagt, ich bin allerdings aktuell nicht mehr in der Abteilung.

  • Danke für die Einschätzung!

    Der Weg wäre für mich natürlich der beste! Nur hätte mein Kollege dann ja schon vor zwei Jahren weitermachen können. Da er so ein Profi war (und ich ja nicht so richtig), kann ich nicht so richtig glauben, dass er einen Fehler gemacht hat. Aber logisch wäre es für mich, einfach den Wert aus dem Gutachten zu nehmen.

    Nun habe ich gerade noch erfahren, dass der Schuldner verstorben ist. Aber das ist jetzt ja erstmal nicht allzu relevant für mein aktuelles Problem.

  • Grundsätzlich: Versicherungsforderungen können bei der Wertermittlung als "bewegliche Gegenstände" anzusehen sein, auf die sich die Versteigerung erstreckt. Siehe Stöber, Rn 7.5 zu § 74a ZVG und 3.7/3.8 zu § 20 ZVG (20. Aufl., eine neuere liegt mir derzeit nicht vor). Siehe auch LG Hechingen, 09.09.2013, 3 T 76/13 (BeckRS 2014, 458).

    Sind die Erben des Schuldners unbekannt und auch keine Nachlasspflegschaft eingerichtet, kann eine Pflegschaft nach § 779 II ZPO in Betracht kommen.

  • Ach Menno :(:gruebel:

    Ich habe das jetzt alles gelesen. Es ist also so, dass die von der Versicherung zu zahlende Summe in meinem Fall von der Beschlagnahme umfasst ist und ich sie somit bei Festsetzung des Verkehrswertes mit einbeziehen muss (Wert, den der SV festgestellt hat + gezahlte Versicherungssumme = festzusetzender Verkehrswert)? In der Kommentierung steht, dass ich ermitteln muss. Die Versicherung stellt sich ja so quer - im Ergebnis müsste ich aber nun die Versicherung kontaktieren, ob alles gezahlt wurde? Die Forderung besteht ja weiterhin (was ich ja auch nicht weiß), auch, wenn noch nicht in voller Höhe beglichen wurde.

    Danke Kai für die guten Fundstellen, habe sie auch in meiner super neuen Auflage entdeckt. Ich bewege mich allerdings immer noch etwas auf Eiern in dieser Sache.

    Hinsichtlich des Todes bin ich einem anderen Beitrag schon über den § 779 ZPO gestolpert. Die Nachlasspflegschaft ist schon durch das Nachlassgericht angestoßen werden. Danke trotzdem für den Hinweis.

  • Der hat sich erstmal schön 10% davon als Vergütung in die eigene Tasche gezahlt. Die Sache landete vor dem Landgericht. Gestern erzählte mir die zuständige Sachbearbeiterin der betreibenden Gläubigerin, dass nach viel Streiterei der Zwangsverwalter diesen Betrag an die betreibende Gläubigerin überwiesen habe.

    ...hinterlegen kann ich das also eigentlich gar nicht mehr.

  • Der Zwangsverwalter hat die Nutzungen des Grundstücks einzuziehen.
    Ergibt sich eine Surrogation am Grundstück, hier Versicherungsforderung, kann der Verwalter die Nutzungen aus der Versicherungsforderung zur Masse ziehen (also in geraumer Vorzeit mal die Zinsen, die aus der Anlage der Geldsumme entstanden sind).
    Die Versicherungsforderung selbst kann er aber nicht auskehren und die Höhe der Versicherungssumme wirkt sich daher auch nicht auf die Berechnungsmasse seiner Vergütung aus.

    Mit der Aufhebung der Zwangsverwaltung wäre die Summe an den Eigentümer herauszugeben, mit dem Hinweis, dass diese weiterhin der Beschlagnahme des Versteigerungsverfahrens unterliegt.

  • Tja, das ist ja nun nicht erfolgt. Die L-Akte läuft bei meinem Kollegen. Dann muss ich ihn diesbezüglich wohl einmal ansprechen.

  • Zitat

    ... mit dem Hinweis, dass diese weiterhin der Beschlagnahme des Versteigerungsverfahrens unterliegt.

    Ist das so?
    Mit der Auszahlung des Betrages an den Verwalter oder Schuldner wäre die Versicherungsforderung in Höhe des ausgezahlten Betrages erloschen.
    Wie und warum sollte sich der Zwangsversteigerungsbeschlag an dem ausgezahlten Geldbetrag fortsetzen?

  • Wenn die Forderung der Beschlagnahme unterliegt, erscheint/ erschien es mir logisch, dass sich die Beschlagnahme an den, durch Erfüllung der Forderung, erlangten Betrag fortsetzt.

    Logisch muss aber nicht richtig heißen.

    Ich fand auch meine Ausführung zur Herausgabe an den Schuldner komisch, aber im Hinblick der Folgen der Aufhebung der Zwangsverwaltung durch Rücknahme logisch....
    Dass der Schuldner das erlangte Surrogat nunmehr ohne Probleme dem Zugriff der Beschlagnahme entziehen könnte, finde ich wiederum unlogisch :)

  • Zitat

    ... erscheint/ erschien es mir logisch, dass sich die Beschlagnahme an den, durch Erfüllung der Forderung, erlangten Betrag fortsetzt.

    ... ist bestimmt so vertretbar. Als Schuldner würde ich die Kohle aber bestimmt nicht an den Ersteher weiterleiten :)

  • Theorie und Praxis sind halt selten vergleichbar.

    Mein erster Gedanke war, der Zwangsverwalter hinterlegt. Aber für wen und aus welchem Rechtsgrund????
    Wenn der Gl. den Zwangsverwaltungsantrag zurücknimmt und damit dem Schuldner wieder den Zugriff auf den Betrag ermöglicht, ist er selber schuld und darf sich über eine entsprechende Zurückhaltung der Bieter im Versteigerungsverfahren nicht wundern.

  • Die brauchbarste Lösung hätte hier in § 65 ZVG gelegen.

    Aber wenn ich richtig verstehe, ist die bisher gezahlte Versicherungsleistung nicht beim Schuldner gelandet, sondern beim betreibenden Gläubiger. Rechtsgrund? :eek: Vielleicht wollte es ja der nun tote Schuldner so.

  • Ist meine ganze Problematik nicht eigentlich ohnehin hinfällig, da die Gläubigerin inzwischen das Geld hat? Somit ist es doch sowieso ausgeschlossen, dass ich diese Summe für den Verkehrswert berücksichtige. Die Forderung ist ja insoweit erloschen.


    Korrektur: Meine Info stimmte nicht, die 61.000€ liegen beim Insolvenzverwalter (gibt es hier keinen haareraufenden Smiley?).

  • Ich glaube nicht, aber das wären vielleicht Alternativen...
    :akteferti
    :schock:
    :hair:

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • beim Insolvenzverwalter liegen sie doch von den möglichen Alternativen am besten.....

    Dann muss ich diesen Betrag wohl zum Verkehrswert hinzurechnen?! Irgendwie widerstrebt mir das. Ich finde das unlogisch. Ich weiß ja gar nicht, ob die Versicherung noch mehr leisten müsste.

    Das macht doch nur Sinn, wenn der Ersteher am Ende auch Anspruch auf den Betrag hat. Da nun für die abgefackelte Bude jetzt die Versicherungssumme für die Grundschuld, aus der betrieben wird, haftet, hat doch die Gläubigerin Anspruch auf diesen Betrag. Ich schlafe noch einmal das Wochenende darüber und Montag wird etwas festgesetzt. Wozu gibt es die Anhörung?! :)

  • Zitat

    Ist es nicht so, dass, sollte noch Geld von der Versicherung fließen, die Gläubigerin gem. § 1127 Abs. 1 BGB unmittelbaren Anspruch auf die Summe hat?

    Nein.

    § 1127 Abs. 1 BGB stellt klar, dass Forderungen des Eigentümers gegen den Versicherer in den Hypothekenhaftungsverband fallen. Solche Forderungen unterliegen nach Anordnung der Versteigerung der Beschlagnahme, § 20 Abs. 2 ZVG. Wird ein Zuschlag erteilt, erwirbt der Ersteher die Versicherungsforderung und kann jetzt Geld vom Versicherer verlangen, um das beschädigte Objekt aus diesen Mitteln wieder herrichten zu können.

    Der Gläubiger hat im Hinblick auf die Forderungen gegen den Versicherer kein eigenes Verwertungsrecht und ist ohne weiteres auch nicht berechtigt, eine wegen Beschädigung des Zwangsversteigerungsobjektes vom Versicherer zu zahlende Geldentschädigung einzuziehen.

    Was möglich sein müsste: Der Gläubiger kann seinen Zwangsversteigerungsantrag bezogen auf die Versicherungsforderung zurücknehmen und die Forderung anschließend durch Pfändung/Einziehung selbst verwerten.

    Zitat

    Ist meine ganze Problematik nicht eigentlich ohnehin hinfällig, da die Gläubigerin inzwischen das Geld hat?

    Nein.

    Beim Insolvenzverwalter sind ja nur € 61.000,00 und hier bestehen laut Ausgangsthread möglicherweise Forderungen in Höhe von € 200.000,00 gegen den Versicherer.

    Zitat

    Kann ich den Wert wie im Gutachten angegeben festsetzen (das ist eigentlich mein Favorit) ...

    Eher nicht, da der Sachverständige bestimmt nicht den Wert etwaig bestehender Versicherungsforderungen berücksichtigt hat.

    Zitat

    ... oder muss ich irgendwas wegen dieser ganzen Versicherungsgeschichte beachten.

    Ich denke schon, dass möglicherweise noch bestehende Versicherungsansprüche gesondert bei der Wertfindung berücksichtigt werden sollten. Ich glaube allerdings nicht, dass ein "normaler" Immobiliensachverständiger über die dazu erforderliche Sachkunde verfügt. Das dürfte dann eher was für z. B. Rechtsanwälte sein.

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