Eltern möchten familiengerichtliche Genehmigung nicht

  • Hallöchen,

    ich habe folgendes Problem:
    Die Erbengemeinschaft besteht aus 4 Personen. Darunter ist ein minderjähriges Kind. Das Grundstück aus der Erbmasse soll veräußert werden.
    Die Erbengemeinschaft wird durch einen Nachlassabwickler vertreten. Dieser hat den notariellen Kaufvertrag geschlossen und auch die familiengerichtliche Genehmigung beantragt.

    Dies wurde den Eltern und dem minderjährigen Kind (über 14 J.) so mitgeteilt. Nun werden Einwendungen erhoben, dass der Kaufpreis nicht angemessen sei und das vorgelegte Gutachten unstimmig sei.
    Das ganze ging mit diversen Stellungnahmen nun hin und her. Nun ist es soweit, dass der Nachlassabwickler die Vertretung nicht mehr machen möchte und die Vollmachten zurückgeschickt hat.

    Nun meine Frage:
    Was mache ich nun? :confused:
    Ich kann doch eigentlich keinen Vertrag genehmigen, die die Eltern des Kindes nicht möchten. Aber wenn die Eltern des Kindes den Vertrag nicht möchten, können diese den doch einfach widerrufen? Wenn sie ihn nicht widerrufen, erteile ich dann die Genehmigung? (sofern das RG dem Kindeswohl entspricht)

  • Wenn die Eltern das Rechtgeschäft nicht für sinnvoll halten, würde ich keine Genehmigung erteilen. Selbst wenn du eine erteilst, würden sie ja keinen gebrauch davon machen. Der Vertrag wird also nicht wirksam. Die Eltern sollen ihre Entscheidung allen Vertragsparteien mitteilen und dann schließt du die Akte.

  • Wenn die Eltern das Rechtgeschäft nicht für sinnvoll halten, würde ich keine Genehmigung erteilen. Selbst wenn du eine erteilst, würden sie ja keinen gebrauch davon machen. Der Vertrag wird also nicht wirksam. Die Eltern sollen ihre Entscheidung allen Vertragsparteien mitteilen und dann schließt du die Akte.

    :daumenrau

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Na ja: Was ist, wenn der Nachlassabwickler eine realistischere Einschätzung des Verkehrswerts hat als die Eltern? Offensichtlich ist ein Vertrag in Vorbereitung (gewesen) und es liegt ein Genehmigungsantrag vor. Grundsätzlich würde ich da schon das Kindeswohl ermitteln.

    Was gibt es denn bislang noch für Unterlagen über den Verkehrswert? Maklerexposé? Gutachten? Diverse gescheiterte Verkaufsversuche? Wie hat denn der bisherige Abwickler den Wert erläutert?

    Kann sein, dass die Eltern vielleicht ein allzu idealistisches Bild des Nachlassgegenstands haben? Vielleicht dient es dann dem Kindeswohl, die Eltern und das verfahrensfähige Kind aufzuklären und die Veräußerung doch zu vollziehen?
    Kann aber auch sein, dass die Eltern Recht haben und das Grundstück unter Wert verscherbelt werden sollte. Dann wäre eine Genehmigung zu versagen.

    Aber ganz so leicht würde ich es mir nicht machen. Auch wenn die Ausgangslage schon kurios ist und die Eltern wie bereits erwähnt von einer Genehmigung keinen Gebrauch machen müssen.

  • Es liegt ein Gutachten vom Gutachterausschuss vor über 283.000 €. Verkauft werden soll für 280.000 €.

    Meiner Meinung nach entspricht das Rechtgeschäft schon dem Kindeswohl. Das Grundstück sollte über die Immobilienabteilung bei der Sparkasse verkauft werden. Es wurden einige Angebote für das Grundstück abgegeben, jedoch maximal 250.000 €. Die 280.000 € sind nun das höchste Angebot. Ich halte den Kaufpreis daher insbesondere in Anbetracht der BGH Entscheidung vom 30.11.2016, XII ZB 335/17 für angemessen, da die Abweichung lediglich 3.000,00 € beträgt.

    Ich glaube die Eltern haben einfach ein Problem mit den restlichen Mitgliedern der Erbengemeinschaft und wollen sich wohl nicht ohne Probleme einigen.

  • Dann dürfte, wenn Du genehmigst und die Eltern von der Genehmigung keinen Gebrauch machen oder sonstwie untätig bleiben, ein weiteres Verfahren nach § 1666 BGB (Entzug der Vermögenssorge oder von Teilen hiervon) einzuleiten sein.

    Vielleicht aber erst mal einen Erörterungstermin anberaumen?

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Wenn das Familiengericht feststellt, dass der Kaufpreis dem Kindeswohl entspricht, den Kaufvertrag genehmigt, und die Eltern machen dann NICHT davon Gebrauch, weil sie auf die anderen Miterben stinkig sind oder sich mit ihnen über sonstwas streiten, siehst Du keinen Handlungsbedarf? :confused:

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    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Eine Gefährdung, welche einen Eingriff nach § 1667 BGB rechtfertigen würde, sehe ich auch nicht.

    Soweit noch nicht geschehen, würde ich mir die Eltern und den betroffenen Jugendlichen mal persönlich anhören und deren Gründe erfragen. Dabei würde ich auch auf die möglichen Folgen einer Verweigerung hinweisen: Bei einer Teilungsversteigerung auf Antrag eines Miterben wäre der Erlös sicher niedriger und dann müsste die Erbengemeinschaft ja auch dem Versteigerungsgericht sagen, wie der Erlös verteilt werden soll, was schlimmstenfalls weitere Klagen mit Kosten nach sich ziehen könnte...

    Weil die Erteilung der Genehmigung ja die gleiche Arbeit macht wie eine Versagung und weil der Verkauf dem Kindeswohl dient, würde ich tendentiell die Genehmigung erteilen. Dann können die Eltern damit machen, was sie wollen.

  • Okay, Eure Argumentation ist schon schlüssig. Aber spätestens dann:

    Bei einer Teilungsversteigerung auf Antrag eines Miterben wäre der Erlös sicher niedriger und dann müsste die Erbengemeinschaft ja auch dem Versteigerungsgericht sagen, wie der Erlös verteilt werden soll, was schlimmstenfalls weitere Klagen mit Kosten nach sich ziehen könnte...

    hätte man doch einen Vermögensschaden, oder?

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    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • ob in einer Teilungsversteigerung weniger Erlös rauskommt, ist derzeit in Blick in die Kristallkugel.
    In meinem Gebiet habe ich in den letzten 12 Monaten 2 Objekte (knapp) unter dem Verkehrswert zugeschlagen und ca. 30 für 130%-200% des Verkehrswertes....

    Die Verteilung des Übererlöses ist letztlich, genau wie die Verteilung eines Kaufpreises, Teil der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft.

    Die Familie ist ein Grundrecht nach Art. 6 GG und das Gericht sollte sich gut überlegen, ob es in dieses Grundrecht eingreift, weil ein "hätte, wäre, könnte, vielleicht" im Raum steht, oder weil das Handeln der Eltern nicht den Interessen anderen Mitgliedern einer Gesamthandsgemeinschaft entspricht. Dafür braucht es schon etwas Konkretes.

  • Eine familiengerichtliche Genehmigung ergeht m. E. nicht (nur) auf Antrag, sondern von Amts wegen. Allerdings geht die h. M. in den Kommentaren davon aus, dass das Gericht keine Genehmigung (mehr) erteilen soll, wenn der Vormund bzw. die Eltern nicht mehr an dem Rechtsgeschäft festhalten will/wollen. Kommt vermutlich (wie immer) auf den Einzelfall an.

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    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Eine familiengerichtliche Genehmigung ergeht m. E. nicht (nur) auf Antrag, sondern von Amts wegen. Allerdings geht die h. M. in den Kommentaren davon aus, dass das Gericht keine Genehmigung (mehr) erteilen soll, wenn der Vormund bzw. die Eltern nicht mehr an dem Rechtsgeschäft festhalten will/wollen. Kommt vermutlich (wie immer) auf den Einzelfall an.

    Kannst Du hierfür eine Fundstelle angeben ? Dankeschön...

  • ob in einer Teilungsversteigerung weniger Erlös rauskommt, ist derzeit in Blick in die Kristallkugel.
    In meinem Gebiet habe ich in den letzten 12 Monaten 2 Objekte (knapp) unter dem Verkehrswert zugeschlagen und ca. 30 für 130%-200% des Verkehrswertes....

    Die Verteilung des Übererlöses ist letztlich, genau wie die Verteilung eines Kaufpreises, Teil der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft.

    Die Familie ist ein Grundrecht nach Art. 6 GG und das Gericht sollte sich gut überlegen, ob es in dieses Grundrecht eingreift, weil ein "hätte, wäre, könnte, vielleicht" im Raum steht, oder weil das Handeln der Eltern nicht den Interessen anderen Mitgliedern einer Gesamthandsgemeinschaft entspricht. Dafür braucht es schon etwas Konkretes.


    :daumenrau

  • Eine familiengerichtliche Genehmigung ergeht m. E. nicht (nur) auf Antrag, sondern von Amts wegen. Allerdings geht die h. M. in den Kommentaren davon aus, dass das Gericht keine Genehmigung (mehr) erteilen soll, wenn der Vormund bzw. die Eltern nicht mehr an dem Rechtsgeschäft festhalten will/wollen. Kommt vermutlich (wie immer) auf den Einzelfall an.

    Kannst Du hierfür eine Fundstelle angeben ? Dankeschön...


    Das dürfte in jedem umfangreicheren Kommentar zum § 1643 BGB zu finden sein, z. B. hier:

    "... die Genehmigung darf jedoch nicht – veranlasst etwa durch einen Geschäftspartner des Kindes – gegen oder ohne den Willen der Eltern erteilt werden (BGH DNotZ 1967, 320; BayObLG FamRZ 1977, 141 [144]; Staudinger/Heilmann, 2016, Rn. 54; NK-BGB/Rakete-Dombek Rn. 15)."
    (BeckOK BGB/Veit, 49. Ed. 1.2.2019, BGB § 1643 Rn. 24)


    Aus praktischer Sicht leuchtet das auch ein. Was bringt es ein - ggf. umfangreiches und Kosten verursachendes - Genehmigungsverfahren durchzuführen, wenn die Eltern signalisieren, von einer familiengerichtlichen Genehmigung ohnehin nicht Gebrauch machen zu wollen.

  • Würde eine Vermögensgefährdung hinsichtlich den Kosten entstehen oder besteht gar kein Schadensersatzanspruch der Käufer? Der Vertrag wird ja erst mit Erteilung der familiengerichtlichen Genehmigung wirksam, also können die Käufer doch keine Ansprüche gegen die Erbengemeinschaft geltend machen, da der Vertrag ja "noch" schwebend unwirksam ist oder sehe ich das falsch?

  • Aus meiner Sicht siehst Du das nicht falsch. Der Vertrag wurde im Wissen um die immanente Möglichkeit, daß er nicht wirksam zustande kommt, geschlossen. Welchen Anspruch sollte ein Käufer daraus herleiten können? Mir fällt jedenfalls keiner ein...

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

    Einmal editiert, zuletzt von FED (16. April 2019 um 16:59) aus folgendem Grund: Schreibfehler

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