Fluggastrechtliche Probleme im Zivilverfahren

  • Guten morgen Zusammen,
    grundsätzlich ist es in Fluggastrechtsachen im Kostenfestsetzungsverfahren ja so, dass die Erhöhungsgebühr nach VV1008 nicht anfällt, da es sich nicht um identische Ansprüche der Fluggäste bei Personenmehrheit handelt. „Der Mehraufwand der anwaltlichen Tätigkeit wird vielmehr durch Addition der Streitwerte abgegolten“.(vgl. BeckOK/Maruhn, Fluggastrechte-VO, 5. Edition, Stand 01.01.2018, Art. 7 VO (EG) 261/2004, Rn.33)

    Soweit so gut und verständlich.
    Jetzt kommen einige Anwälte mit einem Trick um die Ecke, diese Absetzung der 1008 zu umgehen bzw. noch mehr aus dem Verfahren herauszuholen und reichen für jede Person eine Klage ein (während die Anwälte, die sich bei uns auf Fluggastrechtsachen spezialisiert haben weiterhin Klage für Personenmehrheiten einreichen).
    Das Ganze wäre mir auch gar nicht aufgefallen, wenn nicht ein Anwalt für sich selbst, seine Frau und sein minderjähriges Kind eine eigene Klage eingereicht hätte, und zwar unter gleichem Datum, identischer Klageschrift (bis auf die Namen natürlich) und am gleichen Tag eingereicht.
    Ich bin bei der Recherche auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 11.09.2012 (VI ZB59/11) gestoßen, hier heisst es, wenn ein „identischer Lebenssachverhalt“ vorliegt (und das ist bei einer gemeinsamen Reise meiner Meinung nach der Fall) dürften diese nicht ohne sachlichen Grund in getrennten Prozessen geführt werden. Ich habe also dem Anwalt eine Zwischenverfügung geschickt, dass ich gedenke, ihn in der Kostenfestsetzung so zu behandeln, als sei nur ein Verfahren mit addiertem Streitwert geführt worden.


    Die Sache ist zurzeit noch zur Anhörung bei der Gegenseite, ich habe auch den Plan, das ganze wie dem Anwalt schon mitgeteilt, festzusetzen, was dazu führt, dass ich in dem einen Verfahren eine Erinnerung provoziere, in dem anderen eine sofortige Beschwerde. Ich wollte aber hier vorab dennoch mal nachfragen, ob mit dieser Materie irgendwelche Erfahrungswerte vorhanden sind.
    Leider bezieht sich die Entscheidung des BGH auf eine Einstweilige Verfügungssache. Ich bin aber der Ansicht, dass sich eine Anwendbarkeit hier ergeben müsste.
    Kann mir jemand etwas dazusagen? Bin ich komplett auf dem falschen Dampfer? Irgendeinen Grund muss es doch geben warum die größeren Rechtsanwaltskanzleien nicht so vorgehen. Wir haben ja ohnehin schon so genug Fluggastrechtsachen, dass wir uns gar nichtmehr davor retten können…

    Auf jeden Fall schonmal danke fürs Lesen und einen schönen Resttag :)

    Einmal editiert, zuletzt von Nupsi (4. April 2019 um 08:04)

  • Wie sind die Klagen denn ausgegangen und welche Kostenentscheidungen gibt es?

    Wenn beide Sachen rechtskräftig sind und es verschiedene Kostenentscheidungen gibt, finde ich es schon ... wenn ein Rechtspfleger hier die Kostenfestsetzung vereiteln möchte.

    Wer Schmetterlinge Lachen hört, der weiß wie Wolken schmecken.
    Carlo Karges

  • Identische Kostenentscheidungen weil in beiden Sachen ein Kostenanerkenntnis ergangen ist.

    Das Problem das sich mir stellt besteht im Zusammenhang mit der zitierten BGH-Entscheidung wo es um eben jene Frage der Erstattungsfähigkeit ging.

    Ergänzung: Mein natürlich in allen drei Sachen

    Einmal editiert, zuletzt von Nupsi (4. April 2019 um 14:49)

  • Ich habe die BGH Entscheidung zwar jetzt nicht gelesen, aber ich bin der Meinung, daß du hier nichts mehr machen kannst, da alles rechtskräftig ist. Ich würde mich als Anwalt da jetzt auch kräftig wehren.

    Wer Schmetterlinge Lachen hört, der weiß wie Wolken schmecken.
    Carlo Karges

  • Die BGH-Entscheidung besagt eindeutig, dass eine rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen ist.

    Dies wäre im Einzelfall zu prüfen. In deinem Fall kommt das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs m.E. in Betracht.

    Es handelt sich zwar um drei verschiedene Kläger, doch diese haben auch jeweils den selben Rechtsanwalt, welche offensichtlich auch zusammen bearbeitet hat. Das legt m:E. schon einen Rechtsmissbrauch nah.

    Ich würde hier von den Klägern verlangen darzulegen, welche sachlichen Gründe es für die Einreichung von drei Klagen gegeben haben soll.
    Und wenn das nicht überzeugend gelingt werden die Mehrkosten abgesetzt. Allerdings würde ich, da es sich um drei verschiedene Kläger handelt in jedem Verfahren 1/3 der notwendigen Kosten festsetzen. Der Rechtsmissbrauch muss den Klägern zu gleichen Teilen angelastet werden.

  • Wenn die Gegenseite Kostenanerkenntnisse abgegeben hat, sehe ich nicht, warum Du jetzt deren Kämpfe ausfechten solltest. Die wissen doch wohl selbst am besten, was sie zahlen wollen und was nicht. Es wäre m.E. allenfalls Sache des Richters gewesen, die parallele Geltendmachung in der Kostenentscheidung zu berücksichtigen.

    Nicht zuletzt hat ja wohl die Gegenseite Anlass zur Klage gegeben.

    Und dass es zu viele derartige Verfahren gibt, mag Deine Privatmeinung sein, ist aber keine gute Begründung dafür, irgendwelche Kosten absetzen zu wollen.

  • Wenn der Richter entscheidet, dass eine Partei "die Kosten des Rechtsstreits" zu tragen hat, dann sind davon nur die notwendigen Kosten im Sinn des § 91 ZPO erfasst. Bei einem Anerkenntnis kann m.E. nichts anderes gelten.

    Ob und in welcher Höhe die Kosten notwendig waren wird vom Rpfl im Kostenfestsetzungeverfahren geprüft. Der Richter braucht sich bei seiner Entscheidung darüber gar keine Gedanken zu machen.

    Wäre ich der Threadstarter, würde ich dem Antragsteller meine Meinung mitteilen und Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Wenn mich die Stellungnahme nicht vom Gegenteil meiner Meinung überzeugt, dann würde ich wie von jfp vorgeschlagen festsetzen.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Die BGH-Entscheidung besagt eindeutig, dass eine rechtsmissbräuchliche Rechtsverfolgung im Kostenfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen ist.

    Dies wäre im Einzelfall zu prüfen. In deinem Fall kommt das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs m.E. in Betracht.

    Es handelt sich zwar um drei verschiedene Kläger, doch diese haben auch jeweils den selben Rechtsanwalt, welche offensichtlich auch zusammen bearbeitet hat. Das legt m:E. schon einen Rechtsmissbrauch nah.

    Ich würde hier von den Klägern verlangen darzulegen, welche sachlichen Gründe es für die Einreichung von drei Klagen gegeben haben soll.
    Und wenn das nicht überzeugend gelingt werden die Mehrkosten abgesetzt. Allerdings würde ich, da es sich um drei verschiedene Kläger handelt in jedem Verfahren 1/3 der notwendigen Kosten festsetzen. Der Rechtsmissbrauch muss den Klägern zu gleichen Teilen angelastet werden.


    Danke, das bekräftigt mich schonmal in meiner Annahme dass da ein Problem vorliegt :D
    Dass eine 1/3 Festsetzung pro Verfahren erfolgen müsste ist ein guter Ansatz, so in der Art habe ich das dem Anwalt auch schon mitgeteilt. Leider ist in einem Verfahren bereits ein KFB über den vollen Betrag ergangen... Die Kuh kriege ich aber mit einer ordentlichen Begründung bestimmt irgendwie vom Eis... Habe ihm jetzt erstmal mitgeteit, dass ich gedenke, ihn so zu behandeln, als hätte er ein Verfahren für alle 3 geführt. Seine Antwort war relativ karg: "Es handelt sich um persönliche Ansprüche, die man aus Datenschutzrechtlicher Sicht nicht zusammen verfolgen darf. Um Rechtsmittelfähige Entscheidung wird gebeten." Meiner Meinung nach kein überzeugende Gegenargumentation.

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