Verfahrenspflegschaft bei Immobilienverkauf

  • Hallo,

    als gesetzlicher Betreuer werde ich manchmal auch mit Verfahrenspflegschaften betraut; vorwiegend bei Immobilienverkäufen durch d. Betreuer.
    Der Aufgabenbereich wird dann i.d.R. als "Stellungnahme zum notariellen Kaufvertrag" bezeichnet.
    Bisher waren die betr. Fälle relativ einfach zu beurteilen, da die Verkäufe zwecks Finanzierung von Heimkosten notwendig und die Verkaufserlöse angemessen erschienen.
    Gemäß der mir vorliegenden Fachliteratur gehen die betr. Stellungnahmen der Verfahrenspfleger immer mit einer Entscheidung einher. Entweder einem Verkauf wird zugestimmt oder er wird abgelehnt. Solche klare Aussagen sind m.E. aber als Verfahrenspfleger nicht immer ohne Bedenken zu treffen, da - aus Sicht d. Betreuten - oftmals keine Entscheidung ohne ein "aber" möglich ist und ich als Verfahrenspfleger in meiner Stellungnahme dann lediglich eine Abwägung von Pro und Contra vornehmen kann. Oder geht man als Rechtspfleger hinsichtlich der Entscheidung über eine Genehmigung davon aus, dass der Verfahrenspfleger immer eine klare Zu- oder Absage erteilt? Letztendlich entscheidet doch das Gericht.
    mfg

  • Kann nicht nach Sachverhalts- und Umfeldermittlung eine Tendenz abgegeben werden, wie der mutmaßliche Wille d. Betroffenen aussehen könnte? Zweifel und Ideen kann der Pfleger doch bringen - dann muss halt der Betreuer nochmal ran und eine Umsetzung prüfen.

    Als Betreuungsrechtspfleger ist das Statement (egal ob als Zustimmung oder Ablehnung oder sonstwie benannt) doch nur ein Baustein der Gründe des Genehmigungsbeschlusses.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Ein klares Ja oder Nein ist nicht erforderlich. Die Stellungnahme des Verfahrenspflegers ist ja nicht entscheidend für das Gericht. Eine Entscheidung gegen den Verfahrenspfleger ist ohne weiteres möglich, schließlich ist der Verfahrenspfleger beschwerdeberechtigt. Dementsprechend ist der genannte Aufgabenbereich auch Unfug. Der Verfahrenspfleger wird für das jeweilige Verfahren bestellt, hier also für das gesamte Genehmigungsverfahren.

  • Danke für die (bisherigen) Antworten.

    Zusatzfrage in diesem Zusammenhang: Wäre bei einem beabsichtigten Hausverkauf (incl.Grundstück) in Höhe von ca. 400.000,-- Euro denn nicht mindestens ein Gutachten des gemeindlichen Gutachterausschusses empfehlenswert oder nicht sogar erforderlich? In dem betr. Fall wurde lediglich ein Expose des Maklers herangezogen, der den Verkaufswert - obwohl er 50.000 unter dem Expose liegt - immer noch für ordentlich hält und den Verkauf empfohlen hat.

    mfg

  • Ich denke, dass die Gerichte die Tätigkeiten eines Verfahrenspflegers häufig überspannen (wollen). Entweder absichtlich oder aus Unwissenheit. Beides ist schlimm, liegt aber sicherlich an dem leider allgemeinen Trend alles outsourcen zu wollen.


    Zum Gutachen: Wenn man eins hat ist schön, aber nirgens steht, dass eins vorliegen muss. Auch steht nirgends, dass es von den Beteiligten beizubringen ist. Grds ist es ein Verfahren von Amts wegen.

    Ich habe schon alles gesehen: sehr gute, aussagekräftige Gutachten und bedruckte Blätter, die diesen Namen nicht verdienten. Manchnal sind Exposés sogar besser als Gutachten.

    Ferner: was nützt mir ein Gutachten mit einem plausiblen Wert X, wenn niemand bereit ist, diesen Preis zu zahlen, sondern alle nur (viel) weniger zahlen wollen?
    Oder was nützt mir ein Gutachten, wenn die Leute auf den ermittelten Wert noch jede Menge drauf packen? Dann gibt der Gutachtenwert quasi nur den Mindestwert an.

    Viel wichtiger ist in meinen Augen:

    Seit wann wurde das Objekt zu welchem Preis angeboten?
    Wie war die Resonanz?
    Warum soll unbedingt an Käufer XY verkauft werden? (Höchstes Angebot?) oder wird an den erst besten verkauft?

    Wenn ein Makler beteiligt ist: hat man den Eindruck dieser hat ein Interesse (Courtage) daran, einen möglichst hohen Preis zu erzielen oder will er nach Spatz-Hand/Taube-Dach verkäufen?

    Gibt es Miteigentümer? Wenn ja, was sind deren Gründe für eine (Nicht-)Wirkung?

    Eigene Erfahrung: Würde ich selbst dieses Objekt zu dem Preis kaufen? Welchen Preis würde ich als Verkäufer erzielen wollen?

    Was sagt die Bodenrichtwertkarte? Was das Internet (zu vergleichbaren Objekten)?

    (finanzielle) Notwendigkeit des Verkaufs?
    Hat der Vertretene ein Interesse am Erhalt?
    Alternativen zum Verkauf vorhanden (zB Belastung, Vermietung etc.)?


    Was ich damit sagen will: Ein Gutachten ist nur ein Baustein...

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    2 Mal editiert, zuletzt von Ernst P. (8. April 2019 um 08:14)

  • So sehe ich es auch das Gutachten ist ein Anhaltspunkt was grundsätzlich als erzielbar angesehen wird. Meine Erfahrung ist doch schon die das die Bankgutachten in höheren Bereichen weniger aussagekräftig und nachvollziehbar sind. Hier bevorzuge ich dann schon ein Gutachten vom SV oder Gutachterausschuss. Wenn ich mit dem Antrag dann auch noch, wie bereits geschehen, 20 Seiten mit Namen von Interessenten bekomme die sich die Immobilie angesehen haben, aber letztlich nicht gekauft haben, verliert das Gutachten schon etwas an Relevanz für mich.

    Entscheiden muss letztlich immer ich nach besten Wissen und Gewissen. Verfahrenspfleger, Anhörung und Vorbringen des Betreuers sind Bausteine können meine eige Entscheidung jedoch nicht ersetzen.

  • Kann den Vorrednern nur zustimmen, wobei ich zuletzt nicht mehr auf ein Gutachten verzichtet habe. Völlig daneben halte ich folgende Verfahrensweise, die ich schon oft gesehen habe: Verfahrenspfleger sagt ja/nein, dann sage ich auch ja/nein.

  • M.E. muss der Verfahrenspfleger aufgrund seiner Stellung im Genehmigungsverfahren -nichteinmal auf ausdrückliche Anforderung des Gerichts- eine Stellungnahme abgeben.

    Er er nur hat die Interessen des Betroffenen ins Verfahren einzubringen. Er ist nicht Hilfsperson des Gerichts.

    Und wenn sich der Betroffene selbst im Verfahren sich nicht äußern muss, muss bzw. kann sich der Verfahrenspfleger auch nicht äußern.

    Letztendlich muss allein das Gericht hat ermitteln und auch allein entscheiden.

  • M.E. muss der Verfahrenspfleger aufgrund seiner Stellung im Genehmigungsverfahren -nichteinmal auf ausdrückliche Anforderung des Gerichts- eine Stellungnahme abgeben.

    Er er nur hat die Interessen des Betroffenen ins Verfahren einzubringen. Er ist nicht Hilfsperson des Gerichts.

    Und wenn sich der Betroffene selbst im Verfahren sich nicht äußern muss, muss bzw. kann sich der Verfahrenspfleger auch nicht äußern.

    Letztendlich muss allein das Gericht hat ermitteln und auch allein entscheiden.

    Wie muss ich mir das Einbringen der Interessen ins Verfahren ohne jedwede Stellungnahme vorstellen?


  • ... aus meiner Sicht aber ein sehr wichtiger.

    Die Bodenrichtwertkarte gibt nur den Wert des (hypothetisch unbebauten) Grundstücks wieder. Sehr wichtig ist für den Verkauf jedoch (auch) der Zustand des darauf befindlichen Hauses und damit dessen Wert.

    Diesen können Betreuer und Rechtspfleger mangels entsprechender (technischer) Kenntnisse eher nicht richtig einschätzen. Und wenn sich Interessenten finden, muss der Betreuer diesen ja bekanntgeben, ob sie mit ihrem Gebot eine Chance haben oder eher nicht. Wobei hiesige beruflich tätige Betreuer ohnehin lieber ein Gutachten einholen und mit dem Verkehrswert (oder etwas darüber) als Kaufpreis inserieren.

    Es kommt aber sicher auch auf die Gegend und den Zustand des Objekts an, ob die Interessenten Schlange stehen oder der Betreuer auch nach sechs Monaten nicht mehr als zwei potentielle Käufer gefunden hätte. Und diese Zeit ist normalerweise nicht vorhanden, wenn der Verkauf zur Deckung der Heimkosten erfolgen muss.

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