Grundschuld fällig durch Insolvenzeröffnung?

  • Hallo Forum,

    wird eine vom Insolvenzschuldner zur Verfügung gestellte Sicherungsgrundschuld eigentlich mit Insolvenzeröffnung gem. § 41 InsO fällig?

    Wir hatten bisher Grundschulden (nach neuem Recht), die wir vor dem Zwangsversteigerungsantrag gem. § 1193 BGB gekündigt haben (Zustellung der Kündigung durch den Gerichtsvollzieher).

    Nun habe ich einen Fall, bei dem die Insolvenz eröffnet wurde und ich mich - vor dem Hintergrund von § 41 InsO - frage, ob ich deshalb nicht auf die Kündigung verzichten kann?
    Klauselumschreibung auf den Ins.verwalter und Zustellung derselben ist erledigt. Jetzt frage ich mich, ob ich auch noch kündigen muss.

    Wie macht ihr das in der Praxis?
    Wir das ZV-Verfahren auch ohne förmlich erfolgte Grundschuld-Kündigung angeordnet?

    Besten Dank

  • Ruzik ZInsO 2008, 1225

    „Die Wartefrist verkürzt sich bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners, weil die Grundschuld als Absonderungsrecht § 41 InsO vorzeitig als fällig gilt und auch vom Gläubiger realisiert werden kann.“

    Selbst noch nie gehabt.

  • Ruzik ZInsO 2008, 1225

    „Die Wartefrist verkürzt sich bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners, weil die Grundschuld als Absonderungsrecht § 41 InsO vorzeitig als fällig gilt und auch vom Gläubiger realisiert werden kann.“

    Selbst noch nie gehabt.

    d.h. also, dass ich mir die Kündigung sparen kann, oder?

  • Ich wäre da eher vorsichtig und würde weiterhin zur Kündigung der Grundschuld raten. Zumindest würde ich mich nicht allein auf einen Aufsatz aus dem Jahr 2008 von einem damaligen Schweizer Referendar stützen. So wird schon über die Frage, ob § 41 InsO überhaupt auf Absonderungsrechte (analog) anwendbar ist, gestritten:

    - Eher pro Fälligkeit: Uhlenbruck/Knof, 15. Aufl. 2019, InsO § 41 Rn. 7-9; MüKoInsO/Bitter, 3. Aufl. 2013, InsO § 41 Rn. 13-16

    - Eher contra Fälligkeit: Kübler/Prütting/Bork/Holzer, 78. EL November 2018, InsO § 41 Rn. 5; Gundlach/Frenzel/Schmidt in: DZWIR 2002, 367, 368

    Ob dies darüberhinaus auch für ein Absonderungsrecht nach § 49 InsO gilt, ist auch mehr als fraglich. So verweist § 49 InsO auf das ZVG, wo insbesondere in § 54 Abs. 1 ZVG eine Anmeldung der Kündigung verlangt wird.

    Schließlich hat das Risikobegrenzungsgesetz eine Kündigung der Sicherungsgrundschuld als unabdingbar festgelegt (§ 1193 Abs. 2 S. 2 BGB), so dann man die Grundschuldfälligkeit kaum über die - ohnehin nur analog anwendbare - Regelung des § 41 InsO wird herbeiführen können.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • "Da steh ich nun, ich armer Tor und bin so klug als wie zuvor" ...

    Nun, um auf Nummer sicher zu gehen, werde ich also vorsorglich doch noch kündigen.

  • Sollte jemand den Heidelberger Kommentar besitzen (ich nicht) -> Lüdtke in HK/InsO, 2. Aufl., § 41 Rn. 10

    Das ist der Hamburger Kommentar und dort beruft sich Lüdtke auch nur auf die "h.L.":

    "Haftet der Insolvenzschuldner hingegen sowohl dinglich als auch persönlich, kommt es i.d.R. auf § 41 nicht an, da § 166 dem Insolvenzverwalter das Verwertungsrecht unabhängig von einer Fälligkeit gibt. Lediglich wenn gem. § 165 oder § 173 das Verwertungsrecht beim Gläubiger liegt, ist letztlich umstritten, ob § 41 eine nach der Sicherungsabrede bestehende spätere Fälligkeit überwindet. Die h.L. bejaht dies zu Recht wegen des Normzwecks der zügigen Verfahrensabwicklung (MK-Bitter § 41 Rn. 16; Jaeger-Henckel § 41 Rn. 12 f.; Uhlenbruck-Uhlenbruck § 41 Rn. 6; a.A. KPB-Holzer § 41 Rn. 5)."


    Auch damit wird sich Rainerle weiter auf den Faust besinnen müssen. ;)

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • "Die Botschaft les ich wohl, allein mir fehlt der Glaube" ...

    Das ist die Fundstelle aus dem Kommentar? :gruebel: Da hätte ich jetzt was anderes erwartet -> IWW ("Besonderheit bei eröffnetem Insolvenzverfahren")

  • "Allwissend bin ich nicht; doch viel ist mir bewusst!"

    Das ist die Fundstelle aus dem Kommentar? :gruebel:

    [Silberkotelett: Kleinlaut] Nein, das Zitat stammt tatsächlich aus der 3. Aufl. des Hamburger Kommentars aus dem Jahr 2009, § 41 Rn. 12. Die 2. Aufl. 2007 habe ich nicht mehr in meinem Repertoire. Vielleicht stand ja in der 2. Aufl. noch etwas anderes drin... :confused:.

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Vielleicht stand ja in der 2. Aufl. noch etwas anderes drin... :confused:.

    Vermute ich aufgrund des Links mal. Es wird schon so sein, dass sich seit den Anfängen des Risikobegrenzungsgesetzes die Sichtweise auf die Dinge geändert hat. Die Frage nach der Kompatibilität von Fälligstellung und Absonderungsrechten war damals mit höchstrichterlichen Argumenten auch noch leichter zu beantworten.

    BGH Urt. v. 11.12.2008, IX ZR 194/07:

    "Zur Konkursordnung hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass für "absonderungsberechtigte Forderungen" § 65 Abs. 1 KO entsprechend anzuwenden sei (BGHZ 31, 337, 341). Stand dem Sicherungsnehmer im Konkurs des Sicherungsgebers dagegen nur ein Absonderungsrecht zu, ohne dass der Sicherungsnehmer zugleich Konkursgläubiger war, sollte § 65 Abs. 1 KO nach einhelliger Meinung im Schrifttum nicht analog angewendet werden können (Jaeger/Lent, KO 8. Aufl. § 65 Anm. 4; Kuhn/Uhlenbruck, KO 11. Aufl. § 65 Rn. 5; Kuhn MDR 1960, 490 f; Serick, Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung Band III § 35 I 3 b; Mohrbutter, Handbuch des gesamten Vollstreckungs- und Insolvenzrechts, 2. Aufl. § 68 I 2 a). Die Literatur zum Insolvenzrecht spricht sich ebenfalls ganz überwiegend dagegen aus, § 41 Abs. 1 InsO für Absonderungsrechte ohne persönliche Haftung des Schuldners entsprechend heranzuziehen (MünchKomm-InsO/Bitter, 2. Aufl. § 41 Rn. 14; Jaeger/ Henckel, InsO § 41 Rn. 13; HmbKomm-InsO/Lüdtke, 2. Aufl. § 41 Rn. 11; Braun/Bäuerle, InsO 3. Aufl. § 41 Rn. 5; FK-InsO/Schumacher, 4. Aufl. § 41 Rn. 2).Diese Ansicht ist richtig."

  • 45: :daumenrau Was mich aber etwas ratlos macht ist das Schweigen der Kommentare zu dieser Frage und die Ruhe hier im Forum. Sollte es tatsächlich noch keinen solchen Fall gegeben haben, in dem die Zwangsversteigerung aus einer ungekündigten Grundschuld nur mit Hinweis auf die Insolvenzeröffnung und § 41 InsO beantragt wurde?! Oder ist die Sachlage gar so eindeutig, dass es keiner Erwähnung bedarf?

    Es wäre dumm zu versuchen, an Gesetzen des Lebens zu drehn. (Peter Cornelius in: Segel im Wind)

  • Es interessiert uns schlichtweg nicht, da es eigentlich eine Sache des Klauselorgans, also in der Regel des Notars, ist, das zu prüfen. Dass die Kündigung nachgewiesen werden muss, ist ja erst 2017 durch den BGH entschieden worden. Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich da je schon mal drauf geachtet habe. Ich hatte in letzter Zeit keine Schuldner, die ein Grundstück im Insolvenzbeschlag hatten.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!