gesetzliche Unterhaltspflicht für die Prüfung, ob 25 Jährige mittellos ist

  • Hallo an alle,

    ich bin eine rechtliche Berufsbetreuerin für eine 25 Jährige Betreute. Die Betreute lebt von Jobcenterleistungen.

    Vermögensverzeichnis habe ich entsprechend als mittellos ausgefüllt, bzw. bezieht Jobcenterleistungen. 25 Jährige ist aktuell zu ihren Eltern zurückgezogen, weil sie keine Wohnung hat.
    Die Betreute ist nicht verheiratet und hat 2 Kinder. (Kinder sind in Obhut genommen.)

    Die Rechtspflegerin schreibt mir, ich muss die Eltern auffordern ihre wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen.

    "Unterbleit eine solche Aufforderung, wird eine Zahlungspflicht der Staatskasse nicht begründet" (Zitat der Rechtspflegerin)

    Meine erste Abrechnung habe ich auf mittellos und zu Hause gestellt: 351,50 €. (Altverfahren!)

    Ich mache diesen Job seit 6 Jahren, habe das so noch nie gehabt.


    Über Ihre Unterstützung würde ich mich sehr freuen.

  • Das Betreuungsgericht hat im Festsetzungsverfahren nicht zu prüfen, ob die Unterhaltsansprüche tatsächlich bestehen, Palandt § 1836d BGB, Rz. 6, BayObLG FamRZ 2002,417, OLG Düsseldorf Rpfleger 2003,28, OLG Hamm BtPrax 2003, 225, OLG Schleswig FamRZ 2005, 1579. Es reicht, wenn sie gegenüber dem Betreuten dem Grunde nach bestehen, LG Kleve FamRZ 2002,1290.
    Erst im Rahmen der Einziehung durch die Staatskasse (LOK) wird geprüft, ob die Zahlungsverpflichtung des Unterhaltspflichtigen tatsächlich besteht oder ob Billigkeitserwägungen die Durchsetzbarkeit des Anspruchs hindern, LG Kleve FamRZ 2002,1290,
    OLG Hamm BtPrax 2003, 225.


    Der aus der Festsetzung gemäß §§ 168, 292 FamFG, § 1 Abs. 1 Nr. 4b JBeitrO, sich ergebende Titel ist nur die Grundlage für die Pfändung möglicher Unterhaltsansprüche zur Einziehung und Überweisung (BayOblG FamRZ 2002, 417) durch die Staatskasse, was im Festsetzungsbeschluss ausdrücklich erwähnt werden muss.

    Die LOK wird über solche Beschlüsse sehr erbaut sein !

    Siehe auch Betreuungslexikon unter „Unterhalt als Einkommen“
    https://www.bundesanzeiger-verlag.de/betreuung/wiki/Mittellosigkeit

    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…3%9F#post746973

    Keine Ermittlung von Unterhaltspflichtigen, wenn der Betreute seit Jahren Sozialhilfe bezieht, LG Essen,
    Beschluss vom 03.04.1997 - 7 T 195/97, Palandt §1836 d, Rz. 6

    11 Mal editiert, zuletzt von ollik (9. April 2019 um 07:49)

  • Vielen Dank für die Rückmeldungen.

    Letzte Fragen:
    Reicht denn aus, dass ich die Eltern anschreibe und sie einfach auffordere ihre wirtschaftlichen Verhältnisse dazulegen?
    Müssen die Eltern ein Formular ausfüllen? oder formlos die Einkünfte und Ausgaben einreichen?
    Wem müssen die Eltern die Einkünfte vorlegen? Mir oder dem Amtsgericht (Betreuugnsgericht) ?

  • Sehen das alle so?
    Ich bin der Meinung, dass eine Entscheidung, dass der/die Betroffene mittellos i. S. von § 1836 d Nr. 2 BGB ist, erst getroffen werden kann, wenn die Unterhaltspflichtigen zumindest aufgefordert wurden. Ergibt sich daraus zweifelsfrei, es ist nichts zu holen, dann Vergütung aus der Staatskasse und auch kein Regress. Ergeben sich Anhaltspunkte für eine Unterhaltspflicht oder Auskunft wird verweigert, dann ebenfalls Vergütung aus der Staatskasse, aber zusätzlich Regress und dann ist die Justizkasse dran, die Unterhaltsansprüche geltend zu machen.
    Die Regelungen § 1836 c, d BGB sind grausam und ich verstehe nicht, warum man hier nie eine Änderung in Erwägung gezogen hat.

  • mal so als Betreuungsahnungsbefreiter:
    Ergibt sich aus dem Umstand, dass die Betreuter SGB II-Leistungen erhält nicht eine hinreichende Vermutung, dass ein Unterhaltsanspruch nicht besteht?
    Und würde ein etwaig bestehender Unterhaltsanspruch nicht eh Kraft Gesetztes auf den Jobcenter übergehen?

  • Sehen das alle so?
    Ich bin der Meinung, dass eine Entscheidung, dass der/die Betroffene mittellos i. S. von § 1836 d Nr. 2 BGB ist, erst getroffen werden kann, wenn die Unterhaltspflichtigen zumindest aufgefordert wurden. Ergibt sich daraus zweifelsfrei, es ist nichts zu holen, dann Vergütung aus der Staatskasse und auch kein Regress. Ergeben sich Anhaltspunkte für eine Unterhaltspflicht oder Auskunft wird verweigert, dann ebenfalls Vergütung aus der Staatskasse, aber zusätzlich Regress und dann ist die Justizkasse dran, die Unterhaltsansprüche geltend zu machen.
    Die Regelungen § 1836 c, d BGB sind grausam und ich verstehe nicht, warum man hier nie eine Änderung in Erwägung gezogen hat.

    :daumenrau

    Vom Gesetz her sieht es tatsächlich so aus.

  • Sehen das alle so?
    Ich bin der Meinung, dass eine Entscheidung, dass der/die Betroffene mittellos i. S. von § 1836 d Nr. 2 BGB ist, erst getroffen werden kann, wenn die Unterhaltspflichtigen zumindest aufgefordert wurden. Ergibt sich daraus zweifelsfrei, es ist nichts zu holen, dann Vergütung aus der Staatskasse und auch kein Regress. Ergeben sich Anhaltspunkte für eine Unterhaltspflicht oder Auskunft wird verweigert, dann ebenfalls Vergütung aus der Staatskasse, aber zusätzlich Regress und dann ist die Justizkasse dran, die Unterhaltsansprüche geltend zu machen.
    Die Regelungen § 1836 c, d BGB sind grausam und ich verstehe nicht, warum man hier nie eine Änderung in Erwägung gezogen hat.

    Warum soll sich hier das Betreuungsgericht das Leben schwer machen ? Wie will denn das Betreuungsgericht feststellen, in welcher Höhe jemand unterhaltspflichtig ist ? Hierzu müssen u.U. noch Prozesse geführt werden. Die o.a. Rechtsprechung ist für das Betreuungsgericht doch optimal. Ist jemand da, der dem Grunde nach unterhaltspflichtig ist, dann einfach einen Regressbeschluss erlassen, den schwarzen Peter hat dann die LOK.
    Ich habe jedoch noch in keinen Betreuungsakten - auch in denen, die übernommen wurden - gesehen, dass solche Beschlüsse erlassen wurden. Auch wurde dies noch nie vom Bezirksrevisor (wegen Unwissenheit ?) beanstandet. Wenn man das machen würde, würde eine Lawine ungeahnten Ausmaßes losgetreten.

  • Ich habe die Entscheidungen vom gesamten Inhalt her nicht vor Augen. Nach meiner Erinnerung haben sich die Entscheidungen aber noch nie darüber Gedanken gemacht, wann man genau von Mittellosigkeit ausgehen kann.
    Ich habe den Eindruck, dass Du immer nur auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Betroffenen schaust. Ist nichts oder wenig vorhanden, ist der Betreute scheinbar nach Deiner Auffassung mittellos. Wenn Dir Unterhaltspflichtige bekannt sind, machst du zusätzlich einen Regress. Dies gibt für mich § 1836 d BGB nicht her, da er ausdrücklich sagt: Mittellosigkeit nur wenn im Wege gerichtlicher Geltendmachung .... aufbringen kann.
    Nur am Rande: Wenn ich einen Regress wg. möglicher Unterhaltsansprüche gemacht habe, kam nach zwei Wochen schon die Niederschlagsmitteilung der Landeskasse. in dieser Zeit haben die gewiss nicht die Ansprüche geprüft. Die Arbeit war also für die Katz.

  • Reicht denn aus, dass ich die Eltern anschreibe und sie einfach auffordere ihre wirtschaftlichen Verhältnisse dazulegen?
    Müssen die Eltern ein Formular ausfüllen? oder formlos die Einkünfte und Ausgaben einreichen?
    Wem müssen die Eltern die Einkünfte vorlegen? Mir oder dem Amtsgericht (Betreuugnsgericht) ?

    Ich würde die (Nicht)zahlung von Barunterhalt von Seiten der Eltern schriftlich nachweisen lassen und das dann so mit dem Vergütungsantrag einreichen. Wie Eddie schon schrub, ist die Frage für § 1836d BGB nur ob Geld fließt.

    Die Geltendmachung des etwaigen Anspruchs ist dann im Regress zu prüfen und ja, je nach Land kann da die LOK oder LJK oder sonstwer zuständig. Das hilft der Fragestellerin nicht wirklich.

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  • ich merke an den Beiträgen, dass ich keine Juristin bin ;) smilie

    nun für "Dummies" wie mich, was und wie genau soll ich jetzt machen?
    was ist bedeutet LOK ?

    Reicht ein einfache Aufforderungsschreiben "bitte legen Sie ihre wirtschaftlichen Verhältnisse dem Betreuungsgericht offen" ?
    Die Bereute und ihre Eltern sind Migranten und sprechen ein sehr einfaches deutsch. Ich gehe davon aus, dass die nicht genau verstehen was sie jetzt machen sollen.
    Sollen die Eltern Kontoauszüge einreichen? Wenn ja ab wann? oder wie?

    Ich freue mich über "einfache" Antworten.

  • LOK= Landesoberkasse, in anderen Ländern auch LJK= Landesjustizkasse
    Die ziehen für den Justizfiskus das Geld ein (Kosten, Regreß, PKH etc.).

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • @ Blume:
    Da hört sich so an als würden die Eltern in irgendeiner Form Sozialleistungen bekommen. Ich denke, da wird der zuständigen Rechtspflegerin die Vorlage eines entsprechenden Bescheides genügen, ggf. einfach mal mit der Rechtspflegerin abstimmen.

  • @ Blume:
    Da hört sich so an als würden die Eltern in irgendeiner Form Sozialleistungen bekommen. Ich denke, da wird der zuständigen Rechtspflegerin die Vorlage eines entsprechenden Bescheides genügen, ggf. einfach mal mit der Rechtspflegerin abstimmen.

    Eddie Macken:

    Den Jobcenter Bescheid meiner Betreuten habe ich der Rechtspflegerin geschickt, sie antwortete, dass das Jobcenter nicht automatisch die Unterhaltspflicht prüft.

    Ich schreibe jetzt die Eltern offizell an. und schicke die Kopie davon an die Rechtspflegerin.

    Ich hoffe dass sie dann mein Vergütungsantrag "mittellos" bewilligt. :hoffebete

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