Gütergemeinschaft und Nacherbenvermerk

  • Folgender Fall:
    A und B lebten in Gütergemeinschaft. A starb. Erben von A wurden die Kinder C und D. Es ist Vor- und Nacherbfolge angeordnet. Nacherben sind namentlich benannte Kinder von C und D.
    Im GRundbuch wurde eingetragen in Folge des Todes von A: B, C und D, in aufgelöster, nicht auseinandergesetzter (aber keine fortgesetzte!) Gütergemeinschaft. Im Grundbuch eingetragen wurden Nacherbenvermerk und (hier wohl nicht interessierend) Testamentsvollstreckervermerk.

    B ist nachverstorben. Gemäß Erbschein beerbt worden von C und D; erneut Vor- und Nacherbfolge angeordnet (im Erbschein sind jetzt aber namentlich nicht benannte Abkömmlinge genannt, trotz identischem Testaments. Vermutlich wurde beim zweiten Erbschein unsorgfältig gearbeitet).

    Jetzt geht es um Grundbuchberichtigung. Ich vermute, dass die Gesamthandsgemeinschaft auch durch den Tod des zweiten Ehegatten nicht einfach aufhört zu existieren, vielmehr weiterhin nach § 1471 BGB eine Auseinandersetzung nötig ist. Dann gelten die Grundsätze der "doppelten Gesamthandsgemeinschaft".

    Ist es richtig, dass nach der Rechtsprechung jedenfalls der erste Nacherbenvermerk nicht hätte eingetragen werden dürfen? (BayObLG Rpfleger 1996, 150)? Wenn das so ist (Vorrang der Gütergemeinschaft), dann darf doch jetzt wohl auch nicht der Nacherbenvermerk eingetragen werden (die Liquidations-Gütergemeinschaft besteht doch jetzt weiterhin, nur eben mit C und D) Der erste Nacherbenvermerk wäre dann doch auf Antrag zu löschen bzw. ein Amtswiderspruch einzutragen?

    Die Erben sind sich hier mit den Nacherben (Kinder) einig und wollen auch nicht verkaufen etc. Es sollte doch möglich sein, jetzt sich einfach darauf zu beschränken, gegen Vorlage des Erbscheins die Grundbuchberichtigung in Folge des Todes von B durch Eintragung ihrer Erben zu beantragen, richtig?

    Für Einschätzungen/praktische Empfehlungen wäre ich dankbar. Möglicherweise ist es auch sinnvoll, einen neuen Erbschein zu beantragen, in welchem die Nacherben namentlich eingetragen sind. Wenn das Nachlassgericht nach dem Tod von A die Nacherben namentlich in den Erbschein einträgt, nunmehr aber nur die Kinder nennt, obwohl die maßgebliche Verfügung identisch ist (ein jeder von uns setzt ein....), muss ja irgendwo ein Fehler liegen.

    Danke für alle Einschätzungen.
    Gruß
    Andydomingo

  • Ich würde den (ursprünglich unzulässigerweise, s. OLG München, Beschl. v. 14.3.2016 – 34 Wx 239/15) eingetragenen Nacherbenvermerk bestehen lassen.

    Da eine Fortsetzung der Gütergemeinschaft (§ 1483 BGB) offenbar ausgeschlossen wurde, hat die Gütergemeinschaft mit dem Tod des letztverstobenen Gemeinschafters geendet. Wie der Anteil des Erstverstorbenen wurde auch der Anteil des Letztverstorbenen am Gesamtgut Bestandteil des jeweiligen Nachlasses, welcher nach den Regeln des Erbrechts zu verteilen ist.

    Die verstorbenen Gesamthänder wurden jeweils durch eine Erbengemeinschaft (Kinder C und D) beerbt. Diese Beerbung führte zur Verzahnung der Gesamthandsgemeinschaften (s. OLG Stuttgart, Urteil vom 19. März 1996, 17 UF 113/95). Es überschneiden sich die Gemeinschaft der Miterben am Nachlass des Ehegatten, in den sein Anteil am Gesamtgut fällt, und die Gemeinschaft am Liquidationsgesamtgut.

    Zwar genießt die Auseinandersetzung des Gesamtguts der Gütergemeinschaft (als Liquidationsgemeinschaft) den Vorrang, denn erst die Teilung des Gesamtgutes fixiert das Vermögen, das die Miterben auseinanderzusetzen haben (OLG Stuttgart aaO unter Zitat Gernhuber/Coester-Waltjen, Lehrbuch des Familienrechts, 4. Aufl., § 38 IX unter Hinweis auf BayObLGZ 32, 486; RGZ 85, 1).

    Wenn aber nach der Teilung des Gesamtguts die Miterbengemeinschaft auseinanderzusetzen ist, dann hat mE der Nacherbfolgevermerk noch insoweit seine Bedeutung.

    Zwar ist bis zur Auseinandersetzung des Gesamtguts der Gütergemeinschaft § 2113 BGB nicht anwendbar, die Miterbengemeinschaft nach den verstorbenen Gütergemeinschaftern, also die „Vorerben“, könnten das Grundstück als Bestandteil des Gesamthandsvermögen des Gesamtguts auch ohne Mitwirkung der Nacherben veräußern (Müller-Christmann im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 01.03.2019, § 2113 BGB RNern. 17, 18 mwN in Fußn. 39).

    Unterbleibt die Veräußerung hat der Nacherbfolgevermerk jedoch für das Vermögen Bedeutung, das die Miterben nach Teilung des Gesamtguts auseinanderzusetzen haben.

    Ich würde das im Grunde genommen so sehen wollen, wie bei einem sog. „schlafenden Nacherbfolgevermerk“ (s. dazu Jung, Rpfleger 1995, 9; Böhringer, Rpfleger 2007, 260 (lt. juris: ..“Ein solcher sog. schlafender Nacherbenvermerk habe die Funktion eines Klarstellungsvermerks und entfalte bis zum Nacherbenfall keine Rechtswirkungen, sodass insbesondere keine Verfügungsbeschränkung bestehe).

    Fraglich erscheint mir auch, ob es im Abwicklungsstadium überhaupt noch einer Interessenabwägung zwischen dem Schutz der Nacherben und der Vorerben als Mitglieder der Liquidationsgemeinschaft an einer unbeschränkten Verfügungsfreiheit bedarf.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (10. April 2019 um 13:57) aus folgendem Grund: Schreibversehen korrigiert

  • Vielen Dank. Das Abwägungsargument ist ja auch nach dem zweiten Erbfall deswegen entfallen, weil der Gesichtspunkt der Beeinträchtigung der nicht nacherbengebundenen Mitgesamthänder entfallen ist: Alle Vorerben unterliegen bzgl. jedes Gütergemeinschaftsanteils einer auf einem identischen Testament beruhenden Nacherbenbindung.

    Jetzt kommt noch das weitere Problem, dass der erste Erbschein wohl gesichert falsch war, weil im Testament als Nacherben die Kinder des Vorerben eingetragen waren (ohne namentliche Nennung) und das Nachlassgericht einfach bei Erbschein 1 die im Zeitpunkt von Ehegatten 1 noch vorhandenen Kinder als Nacherben namentlich eingetragen und benannt hat.

    Kurze Folgefrage, auch wenn eigentlich im Nachlassforum zugehörig: Wenn der alte Erbschein eingezogen wird - kann der alte Antrag noch verwendet werden (der Antrag war richtig - das Nachlassgericht hatte eigenmächtig die Kinder namentlich benannt), damit das Nachlassgericht sogleich einen richtigen Erbschein erteilt? Ich konnte in den KOmmentierungen zu § 2361 BGB nichts finden. Falls nein, müsste dann im Grundbuch in der Zwischenzeit ein Amtswiderspruch eingetragen werden?

  • Ich hätte kein Problem damit, die GB-Berichtigung zurückzustellen, bis die Ausfertigung eines berichtigten Erbscheins vorgelegt wird. Würde ich die Unrichtigkeit erkennen, würde ich ja selbst das Nachlassgericht kontaktieren. Der GB-Berichtigungsantrag sollte dann schon dem neu Dokumentierten angepasst werden.

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