Motivationsrabatt bezüglich der Erbschaftsobliegenheit

  • Hi @ all,
    das Thema "Motivationsrabatt" hatten wir schon mal an anderer Stelle, da es dort aber um andere Fragen ging, mach ich mal einen neuen thread auf.

    Gem. § 292Abs. 1 S.4 (a.F.) ist von den Beträgen, die er - ergänzt: der Treuhänder - durch die Abtretung erlangt, und den sonstigen Leistungen hat er an den Schuldner nach Ablauf von vier Jahren seit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens zehn vom Hundert und nach Ablauf von fünf Jahren seit der Aufhebung fünfzehn vom Hundert abzuführen.
    In dem Zusammenhang dann auch forlgender Fall:
    Verfahren nach "altem Recht"; Verahren aufgehoben, Schuldner aht den hälftigen Erbschaftserwerb herausgegeben. Der Anfall der Erbschaft lag nach dem 4. Jahr. Der Treuhänder geht davon aus, dass daher die Regelung betr. des Motivationsrabattes anwendbar ist.

    Der "Motivationsrabatt" ist aufgrund es Rechtsausschusses eingefügr worden, um "die Motivation, die siebenjährige Wohlverhaltsnsperidoe durchzustehen" (vgl. Balz/Landfermann, die neuen Insolvenzgesetze S. 415).
    Vom normalsprachlcien Verständnis könnte davon ausgegangen werden, dass der Motivationsrabatt sämtliche an den Treuhänder fließende Leistungen umfasst.
    So wohl auch die Kommentarliteratur zum Erbschaftsereb. Hierzu ist nur zu sagen, irgend jemand hat es behauptet, wurde dann x-mal abgeschrieben (jeweils null differenziert).
    M.E. soll der Motivationsrabatt der Anreiz sein, entsprechenden Arbeitsverhältnissen nachzugehen bzw. die Obliegenheit der Abführung bei selbständiger Tätigkeit zu erfüllen. Ein Erbschaftserwerb und ide Obliegenheit hälftiger Herausgabe bedarf keiner "Motivation". Entweder auschlagen oder annehmen !
    Bin mal auf die Meinung des hohen Hauses des Forums gespannt.

    PS: zu insolvenzrechtlichen Kommentaren: wenn der erste schriebe, die Erde wäre eine Scheibe, hätte wir schnell ne h.M. dazu :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Anders herum: warum denn nicht allgemein "die Obliegenheiten zu erfüllen"? Warum das auf die Abführung der pfändbaren Bezüge bzw. Analog beschränken?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich denke auch es geht um sämtlichen Erwerb, nicht nur aus Lohn. Der Gesetzestext spricht ja ausdrücklich auch von sonstigen Leistungen, wenn es nur um die pfändbaren Beträge ginge, wäre dieser Zusatz unnötig.

  • Ich bin da (auch) bei Queen und sehe das genauso. Wenn der Gesetzgeber es hätte anders wollen, dann hätte er es vielleicht auch so formulieren sollen.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Die Auffassung, welche den an den Treuhänder erlangten erbrechtlichen Erwerb von der Berechnung ausnehmen will, ist nicht mit dem eindeutigen Gesetzeswortlaut zu vereinbaren, der von „sonstigen Leistungen“ spricht und damit auf § 295 Abs. 1 Nr. 2 verweist.
    (MüKoInsO/Ehricke, 3. Aufl. 2014, InsO § 292 Rn. Randnummer 36)

  • Hier einen Motivationsrabatt zu erwägen ist für mich undenkbar- der Schuldner muss in diesem Fall nicht motiviert werden: Der "Motivationsrabatt" besteht bereits darin, dass von diesen Dingen von ihm bereits die Hälfte - anders als beim pfändbaren Gehaltsanteil- behalten werden darf.

    Eine zusätzliche Motivation wäre meines Erachtens nicht erforderlich und meiner Ansicht nach nicht im Sinne des Gesetzgebers. Ich denke nicht, dass mit sonstige Leistungen auch die Erbschaftsleistungen umfasst sind, da die Erbschaftsleistungen - anders als andere sonstige Leistungen- hier bereits mit 50% "Motivationsrabatt" behaftet sind.

    Ich würde hier einen Motivationsrabatt daher verneinen, möge die übergeordnete Instanz ggf. anders entscheiden und damit für genau diesen speziellen Einzelfall passende Rechtsprechung schaffen. (Ich gehe davon aus, dass diese noch nicht vorhanden ist- sonst wäre diese zu Rate zu ziehen)


    Hinweis: ich bearbeite keine Insolvenz, die Antwort entspringt meinem Rechtsgefühl.

  • Die Literatur ist sich uneins, teilweise ändert sich die Auffassung auch noch in der Folgeauflage.

    Die augenblicklich für mich "rundeste" Begründung finde ich im HamKo, § 292, Rn. 6: Berechnungsgrundlage ist Summe aller für die Insolvenzgläubiger bestimmter Beträge, egal aus welcher Quelle diese gespeist werden.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Ich würde hier einen Motivationsrabatt daher verneinen, möge die übergeordnete Instanz ggf. anders entscheiden und damit für genau diesen speziellen Einzelfall passende Rechtsprechung schaffen. (Ich gehe davon aus, dass diese noch nicht vorhanden ist- sonst wäre diese zu Rate zu ziehen)

    Der Rechtspfleger hat überhaupt nicht darüber zu entscheiden, ob ein Motivationsrabatt gewährt wird oder nicht.

    Das ist wieder so ein insolvenztypisches Scheinproblem, bei dem Beaufsichtigung des IV/TH auf die Umsetzung eigener Vorstellungen, wie das Verfahren zu bearbeiten ist, erweitert wird.

  • Hi All,
    großen Dank für die Rückmeldungen.
    Erfreulich, dass das Meinungsbild - wenn auch der wohl weitgehend vertretenen Kommentarauffassungen - folgend, nicht eindeutig ist.
    @ Rainer Danke für die Entscheidung, ich roll mich jetzt noch ab
    @ Breamer
    "Der Rechtspfleger hat überhaupt nicht darüber zu entscheiden, ob ein Motivationsrabatt gewährt wird oder nicht."
    -> dies ist zutreffend, hierauf hat Queen aber zutreffend geantwortet: Fazit: es wäre im Prüfungsvermerk als anderweitige Auffassung festzuhalten.

    Das ist wieder so ein insolvenztypisches Scheinproblem, bei dem Beaufsichtigung des IV/TH auf die Umsetzung eigener Vorstellungen, wie das Verfahren zu bearbeiten ist, erweitert wird.
    -> nein ! m.E. zu trennen:
    1. kein "Scheinproblem", weil eine Rechtsfrage, deren Beantwortung nicht - das ist zutreffend - nicht dem Insolvenzgericht überantwortet ist (richtigerweise)

    2. ein irgendwie gearteter Anwurf, es ginge um die Umsetzung eigener Vorstellung muss ich sowohl für mich persönlich (Du müsstest mich besser kennen !) als auch für den Ansatz meiner fallberarbeitenden Kollegin von uns weisen !

    3. ich bin der Meinung, dass wir hier insovlenzrechtliche Probs diskutieren können, auch wenn deren "Entscheidung" außerhalb rechtspflegerischer Zuständigkeit liegt (lieber Breamter, dies ist allgemein zu verstehen und nicht persönlich gemeint)

    @ all
    Die Rechtsfrage zu klären, wäre nur darüber möglich, dass der Verwalter den "Motivationsrabatt" zurückhielte und sich verklägen ließe. Da ich das Zahlenmaterial einmal weggelassen habe: wäre für die Schuldnerin unfug, sie würde sich fragen, "soll ich den Rest des Erbschaftserwerb noch riskieren....
    Umgekehrt würde "die Masse" wiederum ein Prozesskostenrisiko haben, welches nicht unerheblich ist.

    Aber dennoch: das Prob ist dem (Abtreungs-) Treuhänder erstmal als "Denksportaufgabe" (vor Ausschüttung !) aufgegeben worden.
    Mal schauen was wird
    greez Def

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  • 2. ein irgendwie gearteter Anwurf, es ginge um die Umsetzung eigener Vorstellung muss ich sowohl für mich persönlich (Du müsstest mich besser kennen !) als auch für den Ansatz meiner fallberarbeitenden Kollegin von uns weisen !

    Ich wollte Deine Gefühle nicht verletzen! [Blockierte Grafik: https://cosgan.de/images/midi/traurig/a025.gif]

    Wie könnte ich nur! :eek: Wenn ich eine Sache vermisse, dann Berlin mit DAV im Frühjahr und VID im Herbst. Und damit meine ich jetzt nicht nur das inhaltliche Programm. :D Ich habe nicht vergessen, dass wir da auch manche tiefschürfende Erörterungen hatten. :cool:

    Ich werde noch eine Qualitätsantwort verfassen plus nichtöffentliche Sichtweisen per E-Mail, kann aber bis zum Wochenende dauern. :tipptipp

  • BREamter

    alles gut; ich bin ja selber kein Fan davon, dass Gerichte ihre Moralvorstellungen in ihre Verfahrensweisen einfließen lassen :D
    Yepp, der Austausch bei den Veranstaltungen mit Dir fehlt mir auch, wir bleiben in Kontakt.

    BG
    Def

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