Verzinsungszeitpunkt bei Nachfestsetzung nicht berücksichtigter GK-Vorschusse

  • Ich habe folgendes Problem und würde gerne Ihre Meinung hören:

    Nach rechtskräftigem und obsiegenden Abschluss eines Klageverfahrens vor dem Landgericht wurde die verzinsliche Kostenfestsetzung zu Gunsten des von uns vertretenen Klägers beantragt. Neben den Anwaltsgebühren wurden rd. 6.500 € Gerichtskostenvorschüsse mit angegeben und beantragt, weitere Gerichtskosten hinzuzusetzen. Daraufhin erging ein KfB, wobei neben den beantragten Anwaltskosten nur rd. 840 € Gerichtskosten festgesetzt wurden. Aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen wurde der KfB seinerzeit hinsichtlich des geringen Gerichtskostenbetrages nicht geprüft, so dass dieser in Rechtskraft erwachsen ist.

    Die Rechtsschutz des Mdt. fragte nach einiger Zeit an, was mit den restlichen Gerichtskosten ist. Daraufhin wurde die GK-Abrechnung bei Gericht angefordert, die entstandene GK von rd. 12.000 € auswies, die durch Zahlung von weiteren Vorschüssen seitens der RS ausgeglichen waren. Daraufhin wurde zunächst versucht, hinsichtlich dieser Kosten die Berichtigung des KfB nach § 319 ZPO zu erreichen, was misslang. Das Gericht verwies auf die Nachfestsetzung, die jetzt auch erfolgreich war. Hier hat das Gericht allerdings die Verzinsung dieser Kosten auf den Zeitpunkt der beantragten Nachfestsetzung ausgesprochen, womit die RS nicht einverstanden ist. Auch ich bin der Meinung, dass auf den Zeitpunkt des 1. KfA abzustellen ist, da hinsichtlich der Gerichtskosten ja ein Fehler des Gerichts vorliegt.

    Wäre eine sof. Beschwerde erfolgreich?

  • Kommt drauf an. Vielleicht schon.

    Denn entweder sagt das Gericht "stimmt, damals war beantragt alle Gerichtskosten zu berücksichtigen. Wir haben aber leider einen Teil veegessen. Wenn dann kein Rechtsmittel gegen den damaligen KFB vom Antragsteller kommt, hat dieser bzgl der beantragten vergessenen anteiligen Gerichtskosten Pech gehabt." Das kann man zwar so sehen, aber dann stünde einer Nachfestsetzung die Rechtskraft des ersten KFB entgegen, denn ich kann nicht erfolgreich noch mal was beantragen wenn über diesen Anspruch in der Vergangenheit rechtskräftig ablehnend entschieden wurde.

    Dann hätte man mE den neuen Antrag aus Konsequenz zurückweisen müssen. Tut man dies nicht, ist die "Zulassung" eines neuen Antrags widersprüchlich.


    Wenn man aber die Nachfestsetzung zulässt, weil damals bei der ersten Fortsetzung was vergessen wurde, dann muss man aus meiner Sicht auch bzgl. der Zinsen auf den Eingang des ersten Antrags abstellen, da insoweit ja dann noch gar keine Entscheidung getroffen wurde und die Rechtskraft der neuen Festsetzung nicht entgegensteht.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    3 Mal editiert, zuletzt von Ernst P. (6. Mai 2019 um 20:44)

  • Gelöscht

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

    Einmal editiert, zuletzt von Ernst P. (3. Mai 2019 um 20:56) aus folgendem Grund: Doppelpost

  • Nach der Sachverhaltsschilderung würde ich die Nachfestsetzung wohl für unzulässig halten.

    Die Nachfestsetzung wäre m.E. nur möglich, wenn der Antrag auf Festsetzung der weiteren Gerichtskosten versehentlich übergangen wurde, mithin ein Fall des §321 ZPO vorliegt. In diesem Fall wäre nach Ablauf der Ergänzungsfrist m.E. die neuerliche Geltendmachung zulässig (zu den Folgen der Versäumnis der Berichtigungsfrist s. Vollkommer in: Zöller ZPO, 30. Auflage, §321 Rn. 8). Dann wäre folglich die Verzinsung ab Stellung des Nachfestsetzungsantrag auszusprechen.
    Daher ist die Entscheidung des Gerichtes zumindest insoweit konsequent. Eine spätere Festsetzung mit Verzinsung vom ersten Antrag an hielte ich definitiv für unzulässig.

    Da das Gericht hier aber nur ein Teil der verauslagten Gerichtskosten festgesetzt hat (wie auch immer sowas passieren kann), dürfte m.E. jedoch eine konkludente Absetzung des restlichen Teils vor, da der Antrag ja nicht übergangen wurde. Dagegen wäre nach Rechtskraft des KFB nichts mehr zu machen.
    Ohne Kenntnis vom Akteninhalt lässt sich aber natürlich nicht feststellen, ob nicht doch ein Fall des §321 ZPO vorlag.

  • Nach der Sachverhaltsschilderung würde ich die Nachfestsetzung wohl für unzulässig halten.

    Nur hat das Gericht die Nachfestsetzung hier lt. Sachverhalt durchaus vorgenommen, aber die damit einhergehende Verzinsung aus meiner Sicht ab einem inkonsequenten Zeitpunkt ausgesprochen.

    "Der Staat ist vom kühlen, aber zuverlässigen Wächter zur Amme geworden. Dafür erdrückt er die Gesellschaft mit seiner zärtlichen Zuwendung."

  • Ja das Gericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass eine Nachfestsetzung möglich ist.

    Wie ich oben schrieb halte ich in diesem Fall die Verzinsung ab dem Nachfestsetzungsantrag für konsequent. Das ergibt sich aus den Rechtsfolgen der verpassten Frist nach §321 ZPO. Im Hauptsacheverfahren könnte/müsste in diesen Fällen eine neue Klage erhoben werden, weil die Rechtshängigkeit erlischt.
    Das bedeutet für das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend, dass eine Nachfestsetzung möglich ist und da der alte Antrag erloschen ist kann die Verzinsung erst ab dem neuen Antrag zugesprochen werden.

  • Ja das Gericht hat sich auf den Standpunkt gestellt, dass eine Nachfestsetzung möglich ist.


    Wie ich oben schrieb halte ich in diesem Fall die Verzinsung ab dem Nachfestsetzungsantrag für konsequent. Das ergibt sich aus den Rechtsfolgen der verpassten Frist nach §321 ZPO. Im Hauptsacheverfahren könnte/müsste in diesen Fällen eine neue Klage erhoben werden, weil die Rechtshängigkeit erlischt.
    Das bedeutet für das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend, dass eine Nachfestsetzung möglich ist und da der alte Antrag erloschen ist kann die Verzinsung erst ab dem neuen Antrag zugesprochen werden.


    :daumenrau

  • Zu meinem obigen Beitrag möchte ich folgende Rückmeldung geben: 
    Gegen den vom Landgericht festgesetzten Verzinsungszeitpunkt bin ich mit der sofortigen Beschwerde vorgegangen. Nachdem seitens des Landgerichts zwei Nichtabhilfeentscheidungen ergingen, hat das OLG Koblenz nunmehr mit Beschluss vom 28.10.2019 – 14 W 385/19 – der sofortigen Beschwerde in vollem Umfang entsprochen und die Verzinsung auf den Zeitpunkt des 1. Kostenfestsetzungsantrages festgesetzt. Das OLG hat eine fehlerhafte Verfahrensleitung der Rechtspflegerin beim LG festgestellt.

    In dem Beschluss hat das OLG u.a. ausgeführt, dass “kein Fall der Nachfestsetzung vorliegt, weil keine dem Gericht nicht erkennbaren Kosten nachträglich festgesetzt werden sollen, sondern “vergessene” Kostenpositionen. Es war die Rechtspflegerin, die den Kläger – fehlerhaft – aufgefordert hat, seinen Antrag in einen Nachfestsetzungsantrag umzubenennen. An dem materiellen Begehren hat dies nichts geändert. Spätestens mit der sofortigen Beschwerde hat der Kläger dies in beachtlicher Form (§ 571 Abs. 2 ZPO) klargestellt.”.............. “Tatsächlich waren die angefallenen Gerichtskosten nicht nur aus dem Antrag des Klägers vom 10.02.2012, sondern auch aus den Kostenansätzen in der Akte ohne weiteres ersichtlich.”

    Bei dieser Gelegenheit darf ich mich für Ihre Hinweise/Meinungen recht herzlich bedanken. Insbesondere die Stellungnahme von Ernst P. hat mich bewogen, die sof. Beschwerde einzulegen.

  • :2danke für die Rückmeldung!

  • :2danke für die Rückmeldung!

    Dem kann ich mich nur anschließen.

    Nicht anschließen kann ich mich jedoch dem OLG Koblenz. ;)
    Wird sich in der Entscheidung mit der Rechtsfolge aus §321 ZPO überhaupt beschäftigt?
    Offensichtlich hat das OLG ja erkannt, dass die Kosten vergessen wurden. Dann drängt sich die Anwendbarkeit es §321 ZPO ja eig. auf.

  •  Das OLG hat seine Entscheidung wie folgt begründet:

    Die sofortige Beschwerde des Klägers ist nicht nur zulässig, sondern auch begründet. Zu Unrecht verweigert das Landgericht dem Kläger die Verzinsung der Kostenforderung ab dem 13.02.2012, dem Zeitpunkt des Eingangs seines Kostenfestsetzungsantrages vom 10.02.2012.

    Auf Antrag ist nach § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen sind. Einen entsprechenden Festsetzungsantrag hat der Kläger am 10.02.2012, eingegangen am 13.02.2012 gestellt. Diesen Antrag hat der Kläger mit Schreiben vom 20.09.2018 als nicht vollständig beschieden wieder aufgerufen. Das Gericht hat im Jahre 2014 im Wege einer fehlerhaften Sachbehandlung trotz des ausdrücklichen Antrages, die konkret bezeichneten Gerichtskosten zu berücksichtigen, diese nicht mit festgesetzt.

    Anders als die Rechtspflegerin meint, hat der Kläger weder am 20.09.2018 noch im weiteren Verlauf einen Nachfestsetzungsantrag gestellt. Vielmehr zielt sein Rechtsschutzziel eindeutig dahin, dass der ursprüngliche Kostenfestsetzungsantrag abschließend und umfassend beschieden wird. Dabei ging er zunächst von einer offensichtlichen Unrichtigkeit nach § 319 ZPO aus, die das Landgericht aber – ohne jede Begründung – verneint hat. Tatsächlich waren die angefallenen Gerichtskosten nicht nur aus dem Antrag des Klägers vom 10.02.2012, sondern auch aus den Kostenansätzen in der Akte ohne weiteres ersichtlich.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes haben die Gerichte das Verfahrensrecht so anzuwenden, dass den erkennbaren Interessen des rechtsschutzsuchenden Bürgers bestmöglich Rechnung getragen wird (vgl. nur BVerfG v, 29.10.2015, 2 BvR 1493/11). Dem tragen weder die angefochtene Ausgangsentscheidung noch die beiden Nichtabhilfeentscheidungen, die zudem auf einer fehlerhaften Verfahrensleitung der Rechtspflegerin beruhen, Rechnung. Die Hinweise des Senates in seiner ersten Entscheidung vom 02.09.2019 sind unbeachtet geblieben.

    Es wird in der Nichtabhilfeentscheidung verkannt, dass die Entscheidung des Senates vom 22.09.2011 (14 W 545/11) erkennbar nicht einschlägig ist, weil dort ein Antrag auf Rückfestsetzung betroffen war und nicht die hier zu beklagende Situation, dass schon der Ausgangsfestsetzungsantrag nicht alle erkennbaren Kostenpositionen berücksichtigt hat. Auch wird verkannt, dass kein Fall der Nachfestsetzung vorliegt, weil keine dem Gericht nicht erkennbaren Kosten nachträglich festgesetzt werden sollen, sondern “vergessene” Kostenpositionen. Es war die Rechtspflegerin, die den Kläger – fehlerhaft – aufgefordert hat, seinen Antrag in einen Nachfestsetzungsantrag umzubenennen. An dem materiellen Begehren hat dies nichts geändert. Spätestens mit der sofortigen Beschwerde hat der Kläger dies in beachtlicher Form (§ 571 Abs. 2 ZPO) klargestellt. Die Erwägung, die weiteren Gerichtskosten seien im Jahre 2012 nicht berücksichtigungsfähig gewesen, ist unzutreffend.

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes berücksichtigt die bisher aufgelaufenen Zinsen.
    ..

  • Wahrscheinlich hängt sich das Ganze schon am Begriff "Nachfestsetzung" auf. Bei mir galt als Nachfestsetzung auch nur von der Partei vergessene Positionen, die in einem separaten KFA nachgeholt wurden. Hat das Gericht aber Positionen übersehen oder vergessen, so ist das keine Nachfestsetzung, sondern sozusagen eine Vervollständigung des ersten KFB mittels eines zweiten.

  • Wahrscheinlich hängt sich das Ganze schon am Begriff "Nachfestsetzung" auf. Bei mir galt als Nachfestsetzung auch nur von der Partei vergessene Positionen, die in einem separaten KFA nachgeholt wurden. Hat das Gericht aber Positionen übersehen oder vergessen, so ist das keine Nachfestsetzung, sondern sozusagen eine Vervollständigung des ersten KFB mittels eines zweiten.

    Und eben diese "Vervollständigung" sieht das Gesetz in §321 ZPO vor (wenn dies binnen 2 Wochen beantragt wird). ;)
    Wenn diese Frist versäumt wird, erlischt der Antrag. Die Möglichkeit zur Nachfestsetzung bleibt.

    Ich kann der Entscheidung des OLG Koblenz daher nicht folgen.

  • Das wird offenbar unterschiedlich gesehen - nicht nur von Koblenz. Ist die Frist des § 321 ZPO abgelaufen, soll eine Nachfestsetzung in Betracht kommen. Dann kann man sich fragen, weshalb überhaupt der § 321 ZPO mit Ausschlussfrist - nur wegen des Verzinsungszeitpunkts? Zudem würde es dann "2 Arten" der Nachfestsetzung geben. Das sehen nach meiner Kenntnis nicht alle so. Nicht selten wird bei Versäumung der Frist nach § 321 ZPO einer nachfolgenden "Nachfestsetzung" nicht stattgegeben. Leider habe ich momentan keine Rechtsprechung parat.

  • Zumindest das OLG Saarbrücken (9 WF 89/14) hält §321 ZPO auf den KFB für grundsätzlich anwendbar.

    Der Unterschied zwischen einer Ergänzung nach §321 ZPO und einem Entscheidung über einen Nachfestsetzungsantrag liegt beim KFB (nur) im Verzinsungsbeginn.

    Das kann wie der vorliegende Fall zeigt ab durchaus ziemlich relevant sein. Immerhin geht es hier um Zinsen von mehr als 6 Jahren.


    Auch im Klageverfahren kann hinsichtlich eines übergegangener Teils nach Ablauf der Ergänzungsfrist eine neue Klage erhoben werden (s. von mir unter #4 zitierte Fundstelle).

    Das die Nachfestsetzung auch nach Ablauf der Ergänzungsfrist zulässig ist, sahen auch das KG (1 W 3765/79) und das OLG München (11 W 3185/86) so. Dabei wurde die Anwendbarkeit des §321 ZPO vom KG ausdrücklich offen gelassen.
    Natürlich gilt das nur, wenn die Ergänzung überhaupt zulässig gewesen wäre, also das Gericht die Entscheidung vergessen hat.

    Was das OLG Koblenz dazu denkt, teilen sie leider nicht mit. Es steht zu vermuten, dass es dort übersehen wurde. Oder man hielt §321 ZPO für so offensichtlich unanwendbar, dass es nicht erwähnenswert wäre.

    M.E. kann man daher nach Ablauf der Ergänzungsfrist zu einer Verzinsung der Kosten ab Eingang des übergangenen Antrages nur kommen, wenn man die Anwendbarkeit des §321 ZPO ablehnt.

    Perfektion ist eine Illusion.

    Einmal editiert, zuletzt von jfp (5. November 2019 um 17:58) aus folgendem Grund: Formatierung

  • Vielen Dank für die Rechtsprechungshinweise.
    Diese muss ich mir - soweit für mich greifbar - mal zu Gemüte führen. Ich hoffe, dejure.org. ist hilfreich.

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