§ 16 II BORA, Keine Pflicht zur Beantragung von Beratungshilfe

  • Hallo!

    Mich würde interessieren, wie mit nachträglichen Anträgen auf Bewilligung von Beratungshilfe umgegangen wird, sofern der beteiligte Rechtsanwalt / die beteiligte Rechtsanwältin sich weigert, einen Beratungshilfeantrag zu stellen.

    Eine gesetzliche Verpflichtung dazu besteht auf Grund von § 16 a II BORA ja nicht.

    In der Praxis wird die Beratungshilfepartei regelmäßig zu mir ( RAST ) geschickt, um nachträglich Beratungshilfe zu beantragen.
    Dabei
    - fehlen in der Regel Unterlagen, weil diese schon beim Anwalt vorliegen
    - können stellenweise nicht alle notwendigen Angaben zur Rechtssache gemacht werden
    - ist oftmals die Einhaltung der Frist des § 6 II BerHG unklar

    Ich behelfe mir damit, dass ich ein Verfahren in der hiesigen Datenbank anlege, einen Vermerk aufnehme, dass auf Grund von nicht ausreichenden Angaben eine weitergehende Prüfung nicht stattfinden konnte und händige dem Antragsteller / der Antragstellerin ein Hinweisblatt zur Weiterleitung an den Rechtsanwalt aus.
    Darin bitte ich darum, einen nachträglichen Antrag nebst Belegen und Sachvortrag einzureichen.

    Im Regelfall läuft das, allerdings machen Anwälte vereinzelt eine Dienstaufsichtsbeschwerde daraus, da man ja nicht dazu verpflichtet sei, einen Beratungshilfeantrag zu stellen, ich möge von meiner rechtsirrigen Auffassung doch bitte Abstand nehmen.

    Wie wird da in der Praxis bei anderen Gerichten mit umgegangen?

  • Dem § 16 Abs. 2 BORA kann ich überhaupt nichts zur (angeblich nicht gegebenen) Pflicht des RA entnehmen? :gruebel: Nach Abs. 1 der Vorschrift muss der RA auf die Möglichkeit der BerH hinweisen.

    Vereinzelt kommt es bei uns auch zum nachträglichen Erscheinen von Antragstellern in der RAST, um einen Schein trotz bereits erfolgter Beratung zu beantragen. Wir behelfen uns damit, in dem wir den Schein direkt an den RA senden. Eine Bewilligung kommt natürlich nur in Betracht, wenn der Gegenstand der Beratung durch den Erschienenen dargelegt werden kann.

    Da solche nachträglichen Anträge in der RAST nur vielleicht 2 % der Beratungshilfesachen ausmachen, dürfte es ggf. doch eine gesetzliche Pflicht für den RA geben, den nachträglichen Antrag selbst zu stellen? :gruebel:

    (Jedenfalls bekommt er bei dieser Variante seine Vergütung schneller als wenn er erst auf die Zusendung des BerH-Scheines warten muss und anschließend mit diesem den Vergütungsantrag einreicht. Vielleicht könnte man die "sich weigernden" Rechtsanwälte damit überzeugen?)

  • Wie du schon selbst schreibst, ist es oftmals schwierig, bei bereits begonnenem Mandatsverhältnis noch einen BerH-Schein zu erteilen, weil Unterlagen schon beim RA sind, der Fristbeginn unklar ist und Ähnliches.
    Zudem sagt unser Aufnahmeformular noch standardmäßig "Ich versichere, dass mir in der Sache BerH bisher weder gewährt, noch versagt wurde" (was natürlich abgeändert werden kann, aber eben für die Regelfälle entworfen wurde).

    Ich nehme den Antrag auf, sofern die Frist kurz vorm Ablaufen erscheint ("Wann waren Sie denn beim Rechtsanwalt?" - "Och, das ist bestimmt schon fast nen Monat her...") oder der Antragsteller aus anderen Gründen darauf besteht, aber entscheide ihn eben nicht direkt, sondern schicke eine Zwischenverfügung an den angegebenen RA mit der Bitte um Übersendung der fehlenden Unterlagen und Stellungnahme zum Beginn der Beratungshilfetätigkeit.
    Direkt einen Schein mitnehmen ist in dem Fall nicht drin, ich entscheide dann - wie bei den direkt schriftlich eingegangenen Anträgen - durch Beschluss.

    In der Regel fruchtet aber der Hinweis, dass die schriftliche nachträgliche Antragstellung ebenso möglich ist und ich dann eher entscheiden kann, weil dann die Unterlagen ja direkt mitgeschickt werden können. Den oben beschriebenen Fall habe ich genau einmal bisher gehabt.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Die Vorschrift finde ich interessant.
    Schließlich beantragt ja nicht der RA Beratungshilfe, sondern der Mandant. Auch das amtliche Formular ist zwingend vom Mandanten selbst zu unterschreiben.

    Mein Vater sagt gern: "Die deutsche Sprache ist sehr präzise" - und ich entgegne ihm dann gerne "Wenn man sie denn richtig verwendet"... ;)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Aber Du schickst doch den Antragsteller weg, damit er den Antrag von seinem RA stellen lässt.

    Wir haben uns das extra in unsere Satzung geschrieben, damit wir es Euch unter die Nase halten können wenn einer fragt.:teufel:

    *über* oder *durch*, aber nicht *von* ;) Den Antrag stellt weiterhin der Antragsteller.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Ehrlich gesagt verstehe ich dieses Zur-RAST-Geschicke nach erfolgter Beratung nicht, auch wenn es grundsätzlich zulässig ist. Damit ist doch niemandem gedient...:nixweiss:

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Aber Du schickst doch den Antragsteller weg, damit er den Antrag von seinem RA stellen lässt.

    Wir haben uns das extra in unsere Satzung geschrieben, damit wir es Euch unter die Nase halten können wenn einer fragt.:teufel:

    Ich will hier ja selber Niemandem etwas unter die Nase halten.

    Streng genommen könnte ich den (unvollständigen) Antrag auch direkt zurückweisen.
    Oder ne Zwischenverfügung erlassen, mit dem Hinweis auf die Antragsmängel.
    Wen schreibe ich dann an?
    Antragsteller oder den Anwalt?
    Letzterer meckert dann gerne schon mal, dass der Schriftverkehr mit ihm zu führen sei.

    Ich verstehe meinen Hinweisblatt als Hilfe, um die Kuh vom Eis zu kriegen, denn ich möchte dem Publikum hier gerne im rahmen meiner Möglichkeiten helfen.
    Der Rechtsanwalt ist in der Regel um ein Vielfaches besser darin, einen Beratungshilfeantrag zu formulieren.

  • Ehrlich gesagt verstehe ich dieses Zur-RAST-Geschicke nach erfolgter Beratung nicht, auch wenn es grundsätzlich zulässig ist. Damit ist doch niemandem gedient...:nixweiss:

    Ich hab ja hier schon öfter mal erklärt, warum ich das mache. Und sag es gern nochmal - ich bin nicht bereit und nicht in der Lage, für 35 EUR netto auch noch den Kampf um den BerH-Schein zu führen. Das ist nicht mein Mandat. Die ganze BerH ist eh schon ein Verlustgeschäft, allein das Akteanlegen ist eigentlich schon zu viel. Wer in BerH-lastigen Rechtsgebieten tätig ist, muss das irgendwie kanalisieren.

  • Ich finde es völlig ok, wenn Anwälte die Antragsteller vorab zu Gericht schicken, das sorgt für klare Verhältnisse bei allen Beteiligten.

    Aktuell habe ich hier aber einen Fall liegen, in dem:
    - der Anwalt zur Partei gesagt hat, man solle sich keine Sorgen um die Kosten machen
    - der Anwalt bereits Widerspruch gegen einen Bescheid des Jobcenters eingelegt hat und
    - der Anwalt letztlich der Partei schreibt, ohne Vorlage eines Berechtigungsscheines werde er nicht weiter tätig.

  • Ehrlich gesagt verstehe ich dieses Zur-RAST-Geschicke nach erfolgter Beratung nicht, auch wenn es grundsätzlich zulässig ist. Damit ist doch niemandem gedient...:nixweiss:

    Ich hab ja hier schon öfter mal erklärt, warum ich das mache. Und sag es gern nochmal - ich bin nicht bereit und nicht in der Lage, für 35 EUR netto auch noch den Kampf um den BerH-Schein zu führen. Das ist nicht mein Mandat. Die ganze BerH ist eh schon ein Verlustgeschäft, allein das Akteanlegen ist eigentlich schon zu viel. Wer in BerH-lastigen Rechtsgebieten tätig ist, muss das irgendwie kanalisieren.


    Merkwürdigerweise stellen die hiesigen hauptsächlich für BerH-Mandanten tätigen RAe nachträgliche Anträge (fast) immer im schriftlichen Verfahren.

    Nach erfolgter Beratung wird der Mandant eher von Kanzleien zum Gericht geschickt, die mit BerH nicht so oft befasst sind.


    @ Adora Belle:

    Es hilft dir nicht wirklich, wenn du nach erfolgter Beratung die Mandanten zum Gericht schickst, damit diese sich selbst um den BerH-Schein kümmern.

    Sinn hat es eigentlich nur, wenn du dies vor der Beratung machst.

  • Sinn hat es eigentlich nur, wenn du dies vor der Beratung machst.

    Im Hinblick auf die Sicherheit meiner Vergütung hast Du sicherlich Recht.

    Hinsichtlich der Tatsache, dass das Ausfüllen des Antrags und das Beibringen der erforderlichen Unterlagen erhebliche Zeit in Anspruch nehmen kann, ist die Vorgehensweise der Kollegin nicht von der Hand zu weisen.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."

  • Ich sehe bei der ganzen Diskussion keinen Zusammenhang zum Anwalt an sich.

    Bei der in #1 geschilderten Situation hat der Anwalt mit der Angelegenheit überhaupt nichts zu tun. Der Rechtssuchende stellt den Antrag und hat die entsprechenden Unterlagen vorzulegen - unabhängig davon, ob die Beratung bereits begonnen hat oder nicht. Wenn er die erforderlichen Unterlagen nicht vorlegt, wird nach einigem hin und her der Antrag zurückgewiesen.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Sinn hat es eigentlich nur, wenn du dies vor der Beratung machst.

    Im Hinblick auf die Sicherheit meiner Vergütung hast Du sicherlich Recht.

    Hinsichtlich der Tatsache, dass das Ausfüllen des Antrags und das Beibringen der erforderlichen Unterlagen erhebliche Zeit in Anspruch nehmen kann, ist die Vorgehensweise der Kollegin nicht von der Hand zu weisen.

    Dann frage ich mich allerdings, wie die Kollegin - die im Prinzip die gleichen Prüfungspflichten treffen wie den Rechtspfleger und die dann ja schon BerH gewährt - bei der Beratung feststellen will, ob die Voraussetzungen für BerH vorliegen oder nicht, falls die Unterlagen nicht vollständig sind. Den Antrag muss ohnehin die Partei selbst ausfüllen (wobei ich zugebe, dass es schon hilfreich ist, wenn der Anwalt hierbei Hilfestellung gibt).

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

  • Die Kollegin prüft gar nix. Die berät, und erklärt was passiert, wenn ihr ein Beratungshilfeschein vorgelegt wird, und wenn kein Beratungshilfeschein vorgelegt wird. Ob der Mandant erst den Schein beantragen will, entscheidet er selbst.

    Aber lasst uns mal nicht vom Thema abkommen. Nerma hat ja nicht gefragt, was andere Anwälte so machen, sondern wie andere Gerichte damit umgehen. :cool:

  • Die Kollegin prüft gar nix. Die berät, und erklärt was passiert, wenn ihr ein Beratungshilfeschein vorgelegt wird, und wenn kein Beratungshilfeschein vorgelegt wird. Ob der Mandant erst den Schein beantragen will, entscheidet er selbst.

    Aber lasst uns mal nicht vom Thema abkommen. Nerma hat ja nicht gefragt, was andere Anwälte so machen, sondern wie andere Gerichte damit umgehen. :cool:

    Die Sicht von Euch Anwälten ist ja jetzt auch nicht ganz uninteressant... ;)
    Ich kann Euch verstehen, weil die Sachen Arbeit machen und nicht wirklich großartig vergütet werden.
    Das Aber: der Direktzugang zum Anwalt sollte an sich abgeschafft werden, meines Wissens waren es die Rechtsanwaltsverbände, die auf der Beibehaltung gepocht haben.
    Ich frage mich wieso bzw. habe ich noch keinen Anwalt getroffen, der den Direktzugang toll findet... ;)

    Was mich an dem ganzen Procedere jedoch stört:
    Die an sich Hilfebedürftigen kommen unter die Räder, im Zweifel wird ihnen Beratungshilfe versagt.
    Wenn dies auch am nicht vorhandenen Mitwirkungswillen des Anwaltes liegt, finde ich das schade.
    Sich auf den Standpunkt "selber schuld" zu stellen ist mir zu einfach: beim Beratungshilfepublikum handelt es sich ja nicht selten um Menschen, die mehr als nur einen Rechtsrat als Hilfe gebrauchen könnten.

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