Bescheinigung nach Art. 53 EuGVVO - Zug um Zug

  • GutenMorgen,

    ich habe meinen ersten Antrag auf Bescheinigung nach Art. 53 EuGVVO vorliegen.Als Titel werden ein Versäumnisurteil und ein Kostenfestsetzungsbeschlussvorgelegt.

    Nun stolpereich bei der Prüfung im Leitfaden direkt über den Punkt, dass es sich um eineGeldforderung handeln muss, damit die Bescheinigung erteilt werden kann. Imvorliegenden Fall enthält der Titel eine Zahlungsforderung des Klägers an dieBeklagte (einen niederländischen Händler) Zug um Zug gegen Übergabe der Ware.Es geht also um die Rückabwicklung eines Kaufvertrags.

    Hindert dieser Zug umZug Passus die Erteilung der Bescheinigung? Oder ist es egal, wenn auch der(deutsche) Kläger eine Leistung zu erbringen hat? Ich stehe gerade etwas aufdem Schlauch und wäre für erhellende Kommentare sehr dankbar.

    Herzliche Grüße


  • 1.
    Mit der begehrten Bescheinigung nach Art. 53 EuGVVO (EU-Verordnung Nr. 1215/2012 (Büssel Ia-Veordnung) kann die Gläubigerpartei unmittelbar die Zwangsvollstreckung aus dem deutschen Schuldtitel im EU-Ausland betreiben.
    Die Gläubigerpartei benötigt dazu folgende Unterlagen:

    (vollstreckbare) Ausfertigung des Schuldtitels,
    Zustellungsbescheinigung zu dem vorgenannten Schuldtitel,
    Ausfertigung der Bescheinigung in der Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats (Formbatt I EuGVVO),
    Zustellungsnachweis zu der vorgenannten Bescheinigung (Formblatt I EuGVVO),
    aktuelle Forderungsaufstellung,
    ggfs. Übersetzung der Unterlagen in der Amtssprache des Vollstreckungsmitgliedstaats.

    Die Vorlage des Schuldtitels in Ausfertigung reicht im Regelfall aus.

    Ob trotz der Vorlage der gerichtlichen Bescheinigung (Formblatt I EuGVVO) die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtites erforderlich ist, hängt davon ab, ob der Gesetzgeber im EU-Vollstreckungsmitgliedstaat auf die Vorlage einer vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels verzichtet hat (Parallelbestimmung zu § 1112 ZPO im EU-Ausland)?

    Die Bescheinigung (Formlatt I EugVVO) entspricht funktional der Vollstreckungsklausel. Diese gibt Titelinhalt in standardisierter Form wieder und bescheinigt die unionsweit geltende Vollstreckbakeit des Vollstreckungstitels. Die Bescheinigung ist vom Rechtspfleger zu erteilen, da mit der Bescheinigung unmittelbar aus dem deutschen Schuldtitel im EU-Ausland vollstreckt werden kann, § 20 Zi. 11 RpflG.

    Die Bescheinigung wird ohne Anhörung der Schuldnerpartei erteilt;
    eine Ausfertigung der Bescheinigung wird der Schuldnerpartei von Amts wegen zugestellt, § 1111 I S. 2 ZPO.

    2.
    Folgende Voraussetzungen müssen für die Erteilung der vorgenannten Bescheinigung vorliegen:

    2.1
    Es muss ein Antrag der Gläubigerpartei auf Erteilung der Bescheinigung vorliegen.

    2.2
    Das gerichtliche Verfahren muss nach dem 09.012015 eingeleitet worden sein (Klageerhebung oder Beantragung des Mahnbescheids nach dem 09.01.2015).

    2.3
    Es muss sich um eine Zivil- oder Handelssache im Sinne des Art. 1 EuGVVO handeln.

    2.4
    Die Schuldnerpartei muss im EU-Ausland ihren Rechtssitz oder Wohnsitz haben.

    2.5
    Die Entscheidung ist eine Entscheidung im Sinne des Art. 2 EuGVVO.

    2.6
    Der Schuldtitel muss vollstreckbar und von keiner Bedingung abhängig sein oder die Bedingung muss bereit eingetreten sein. (Entscheidung muss bedingungslos vollstreckbar sein).

    3.
    Weitere Einzelheiten zur Brüssel Ia-Verordnung (EU-Verordnung Nr. 1215/2012) können der Info im Justizportal NRW entnommen werden:
    https://www.justiz.nrw.de/BS/rechtim...v/1/eugvvo.pdf

    8 Mal editiert, zuletzt von rolli (14. Mai 2019 um 23:27)

  • Habe jetzt auch einen ersten Antrag nach der VO 1215/2012 vorliegen. Allerdings geht es bei mir um ein VU, in dem der in Polen ansässige Beklagte nicht zur Zahlung von Geld, sondern gem. § 888 ZPO zur Löschung von Bilddateien, die sich in seinem Besitz befinden, sowie zur Freistellung des Klägers von dessen vorgerichtlichen RA-Kosten verurteilt wurde. Kann ich zu einem solchen Titel eine Bescheinigung erteilen? M.E. doch wohl allenfalls unter Punkt 4.6.3 der Bescheinigung ("sonstige Entscheidungsarten"), oder:gruebel:?
    Was gebe ich ggf. unter 4.7 (Kosten) an? Dem Beklagten wurden die Kosten im Urteil auferlegt, ein KFB ist bislang noch nicht erlassen. Was ist unter 4.7.3 anzugeben? Sind dort die Gerichtsgebühren und RA-Kosten des Klägers anzugeben? M.E. doch wohl eher nicht, weil die ja erst durch den noch zu erlassenden KFB tituliert werden, oder:gruebel:?
    Schließlich will der Klägervertreter die Bescheinigung auf dem Formblatt I in polnischer Sprache haben, da die Vollstreckung ja in Polen erfolgen soll. M.E. ist die Bescheinigung jedoch auf dem deutschen Vordruck zu erteilen, da Gerichtssprache nun einmal deutsch ist, oder:gruebel:?

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