Anderkonto Nachlasspflegschaft

  • Der Nachlasspfleger hat im Rahmen seiner Abrechnung mitgeteilt, dass er einen Betrag in Höhe von knapp 20.000,00 € auf seinem Geschäftskonto verwaltet.
    Ich habe ihm daraufhin mitgeteilt, dass die Nutzung von Treuhandkonten wegen der Vermischung von Geldern und im Hinblick auf §1805 BGB unzulässig ist und er
    ein Konto einrichten soll, das als Inhaber die "unbekannten Erben des XY" ausweist.

    Er teilt mit jetzt mit, dass beide seiner Hausbanken die Einrichtung eines solchen Kontos ablehnen, da die unbekannten Erben keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzen und das Geldwäschegesetz die Benennung einer natürlichen Person als wirtschaftlichen Berechtigten vorschreibt.

    Was meint ihr dazu?

  • Zu Beginn der Nachlasspflegschaft bestand der Nachlass nur aus einem Anspruch. Dieser Anspruch wurde inzwischen realisiert und das Geld wurde auf dem Geschäftskonto des Nachlasspflegers eingezahlt. Konten des Erblassers gibt es keine.

  • Bestelmeyer Rpfleger 2014, 641, 650:

    Das OLG Köln hat zutreffend entschieden, dass das Nachlassgericht dem Pfleger nicht vorschreiben kann, bei welcher Bank er vorhandene Nachlassgelder anzulegen hat.[156] Nicht zugestimmt werden kann aber der Annahme des Senats, dass ein anwaltlicher Pfleger auch in der Entscheidung frei ist, ob er ein nach § 1809 BGB versperrbares Nachlasskonto oder ein unversperrtes Anderkonto[157] eröffnet, weil dies auf die Außerkraftsetzung der im Interesse der Erben zu wahrenden gesetzlichen Schutzmechanismen und auf eine Kapitulation vor der unrichtigen Sachbehandlung mancher Banken hinausläuft, die sich zu Unrecht weigern, ein auf die unbekannten Erben lautendes Konto zu eröffnen,[158] aber gleichzeitig ein bereits vom Erblasser unterhaltenes Konto nach dem Erbfall ohne weiteres für die unbekannten Erben fortführen. Die zutreffende Verfahrensweise besteht somit darin, die Banken zu veranlassen, sich an die bestehenden gesetzlichen Vorgaben zu halten und nicht darin, dass sich das Nachlassgericht nicht an sie hält, nur weil sich die Banken nicht an sie halten wollen.


    [156] OLG Köln ZEV 2014, 357.
    [157] Wobei offen bleibt, ob nicht auch ein Anderkonto mit einem Sperrvermerk versehen werden könnte.
    [158] Vgl. Nr. 4 AEAO zu § 154 AO (BStBl. 2014 I, 290), wonach es für die Kontoeröffnung zugunsten unbekannter Erben ausreicht, dass Gewissheit über die Person des Nachlasspflegers besteht.

    Bestelmeyer Rpfleger 2016, 694, 708:

    In einem überaus praxisrelevanten Aufsatz erörtern Schulz/Schmitz die im Zusammenhang mit der Kontoführung des Nachlasspflegers auftretenden rechtlichen Probleme.[219] Dabei vertreten die Autoren die zutreffende Ansicht, dass die Einrichtung von Anderkonten für Nachlassgelder (als Sammelkonto oder als Sondereinzelkonten) wegen der mit ihrer Führung verbundenen Vermischung von Eigen- und Fremdgeldern und wegen des möglichen Vollstreckungszugriffs der Gläubiger des Nachlasspflegers unzulässig ist,[220] dass sich der Pfleger nur zu Beginn seines Amtes gegenüber der Bank durch Vorlage seiner Bestallungsurkunde zu legitimieren hat[221] und dass die Auflösung eines Girokontos sowie die Entgegennahme des Giroerlöses keiner nachlassgerichtlichen Genehmigung bedarf, weil der Pfleger nach § 1813 Abs. 1 Nr. 3 BGB ohnehin unbegrenzt über Giroguthaben verfügen könnte.[222]


    [219] Schulz/Schmitz ZEV 2015, 80.
    [220] Schulz/Schmitz ZEV 2015, 80, 82; a. A. OLG Köln ZEV 2014, 357 (hiergegen bereits Bestelmeyer Rpfleger 2014, 641, 650).
    [221] LG Münster ZEV 2015, 100; Schulz/Schmitz ZEV 2015, 80, 81.
    [222] LG Hamburg NJW-RR 2011, 513; Schulz/Schmitz ZEV 2015, 80, 81; Zimmermann ZEV 2014, 76, 77.

    Zur Unzulässigkeit jedenfalls des Sammelanderkontos vgl. neuestens BGH FGPrax 2019, 80.

    Es empfiehlt sich dringend, regelmäßig Fachzeitschriften zu lesen.

  • Man muss zwischen dem Nachlasspfleger als Person und dem Nachlasspfleger als Vertreter der gesetzlichen Erben unterscheiden.

    Auf einen Verstorbenen oder dessen unbekannte Erben kann mangels ausreichender Legitimation nach geltendem Recht kein Konto eröffnet werden. Aber auf den Pfleger als Vertreter der unbek. Erben. Das ist dann als Treuhandkontovariante so ausgestattet, dass Eigengläubiger des Pflegers keinen Zugriff haben. Auch bei dessen Insolvenz nicht. Der Pfleger als Person ist nicht Eigentümer der Forderung sonder er in seiner Eigenschaft als gerichtlich bestellter gesetzlicher Vertreter.

    Fällt der Pfleger weg (Tod oder Austausch), tritt der neue Pfleger in das Rechtsverhältnis ein. Fällt die Pflegschaft insgesamt durch Aufhebung weg, sind die Erben, für die der Pfleger gesetzlicher Vertreter war, verfügungsbefugt, sofern sich diese legitimieren können.

    Letztlich nicht anders wie beim Konto für einen Minderjährigen. Da wird als dessen gesetzlicher Vertreter auch der Sorgeberechtigte legitimiert, ohne dass dieser selbst Eigentümer oder Berechtigter des Kontos wird oder dessen Gläubiger darauf Zugriff nehmen könnten.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • Vielen Dank für eure Beiträge. Die Aufsätze kannte ich (zumindest teilweise) bereits. Es heißt ja, dass es sich hierbei um eine gängige Praxis handelt. Das konnte ich aber nicht beurteilen, da ich einen solchen Fall zum ersten Mal auf dem Tisch hatte.

    Verzeiht mir wenn ich Nachfrage, aber der Beitrag von TL widerspricht ja dem von Cromwell, oder? Nach TL ist ja die Errichtung eines solchen Kontos gerade doch zulässig, oder?
    so ganz kann ich da tatsächlich noch nicht folgen.

    Fest steht aber, das Geld (gemeinsam mit Fremdgeldern) auf dem Geschäftskonto des Nachlasspflegers zu verwalten wie es der Nachlasspfleger aktuell tut ist unzulässig. Richtig?

    Ich weise den Nachlasspfleger jetzt also an, doch ein neues Konto zu errichten. Zunächst einmal würde ich mich auf Nr. 4 AEAO zu § 154 AO berufen, wonach es ausreicht, dass die Gewissheit über die Person des Pflegers besteht und schicke den Nachlasspfleger damit zur Bank. Sollten diese eine solche Errichtung ablehnen, könnte ich den Nachlasspfleger anweisen, ein Anderkonto zu errichten, das auf den Nachlasspfleger als Vertreter der unbekannten Erben lautet.
    Ist irgendwo ein Denkfehler? Ich bin mir bei solchen Dingen tatsächlich sehr unsicher.

  • Man muss zwischen dem Nachlasspfleger als Person und dem Nachlasspfleger als Vertreter der gesetzlichen Erben unterscheiden.

    Auf einen Verstorbenen oder dessen unbekannte Erben kann mangels ausreichender Legitimation nach geltendem Recht kein Konto eröffnet werden. Aber auf den Pfleger als Vertreter der unbek. Erben. Das ist dann als Treuhandkontovariante so ausgestattet, dass Eigengläubiger des Pflegers keinen Zugriff haben. Auch bei dessen Insolvenz nicht. Der Pfleger als Person ist nicht Eigentümer der Forderung sonder er in seiner Eigenschaft als gerichtlich bestellter gesetzlicher Vertreter.

    Fällt der Pfleger weg (Tod oder Austausch), tritt der neue Pfleger in das Rechtsverhältnis ein. Fällt die Pflegschaft insgesamt durch Aufhebung weg, sind die Erben, für die der Pfleger gesetzlicher Vertreter war, verfügungsbefugt, sofern sich diese legitimieren können.

    Letztlich nicht anders wie beim Konto für einen Minderjährigen. Da wird als dessen gesetzlicher Vertreter auch der Sorgeberechtigte legitimiert, ohne dass dieser selbst Eigentümer oder Berechtigter des Kontos wird oder dessen Gläubiger darauf Zugriff nehmen könnten.

    :daumenrau Danke TL

    Endlich mal eine Darstellung der ich folgen kann. Du hast hier expliziet die Treuhandkonten angesprochen. Passt.

    Die Herausforderung ist aber mein Fremdgeld(sammel)konto, auf welchem ich Kleinbeträge aus Gutschriften von aufgelösten Versicherungen oder anderen ehemaligen Vertragspartnern der Verstorbenen sammle. Da halte ich es mit es mit Schulz in der NL Prax 01/19: " Im Rahmen von Nachlasspflegschaften kann bei Kleinguthaben die Verbuchung auf einem Sammelanderkoto ... sinnvoll sein" Auch unter dem Gesichtspunkt des Aufwand-Nutzen-Verhältnisses der Kontoeröffnung in den vielen Einzelfällen. Der Nachlass bleibt ja meist Mittellos und der Bezirksrevisor freut sich, wenn ich jedesmal 5-6 Stunden für die Kontoführung wegen 22,33 € gegen die Staatskasse abrechne.

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  • Antwort zu #1 Kasu

    Du solltest Dir vielleicht aus dem Internet den AEAO (Anwendungserlass zur Abgabenordnung) herunterladen und bei den Anwendungshinweisen zu § 154 AO nach dem Nachlasspfleger suchen, der dort als Kontoeinrichter aufgeführt wird. Die Namen usw. der unbekannten Erben dürfen nachgereicht werden. Das würde ich den Banken entgegenhalten. Sie kriegen mit dem GwG und den Finanzern keine Probleme bei Einrichtung des Anderkontos für unbekannte Erben. Sobald die Erben feststehen, müssen dann die Kontodaten ergänzt werden.

  • Ich habe das geprüft (siehe die o.g. Aufsätze). Die Eröffnung eines Kontos auf die unbekannten Erben eines bestimmten Erblassers ist ohne weiteres möglich und zulässig. Einige Banken machen es nur nicht gerne und behaupten dann einfach, es ginge nicht, obwohl der besagte Anwendungserlass genau das Gegenteil aussagt.

    Es bedarf also insoweit keines Anderkontos. Das Konto wird für die unbekannten Erben eingerichtet und der Nachlasspfleger ist lediglich die vertretungs- bzw. verfügungsbefugte Person.

    Wie bereits mitgeteilt, hat der BGH Sammelanderkonten kürzlich für unzulässig erklärt und sehe nicht, weshalb für Einzelanderkonten etwas anderes gelten sollte. Es besteht auch schlichtweg kein Bedürfnis für ein Anderkonto, wenn die Einrichtung eines Kontos für die unbekannten Erben möglich ist.

  • Cromwell:

    Mag sein, aber zeige mir eine Bank, die auf unbekannte Erben das Konto eröffnet.

    Bei der Hoeba sind bei NLP-Konten als wirtschaftlich Berechtigte die unbekannten Erben hinterlegt. Der Nachlasspfleger (im Rahmes seines Amtes) wird aber als deren gesetzlicher Vertreter aufgenommen und auf Ihn die Kontoeröffnung durchgeführt. Das Konto ist sicher vor Gläubigern des Pflegers und insolvenzfest. Das ist insoweit kein echtes Anderkonto bei dem es ein Treuverhältnis gibt.

    Lass uns mal dazu telefonieren bzw. bitte schicke mir die Ergebnisse deiner Recherchen, damit ich das den Verantwortlichen für die Konten zuleiten kann. Danke!

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  • Nr. 7.2 des Abschnitts 118 AEAO zu § 154 AO (BStBl. 2014 I, 290) i.d.F. des BMF-Schreibens vom 11.12.2017, Gz. IV A 3 - S 0325/17/10001, Dok. 2017/1030825 (vorher inhaltsgleich bereits unter Nr. 4 AEAO zu § 154 AO):

    "Wird ein Konto auf den Namen eines verfügungsberechtigten Dritten errichtet, müssen die Angaben über Person und Anschrift sowohl des Kontoinhabers als auch desjenigen, der das Konto errichtet, festgehalten werden. Steht der Verfügungsberechtigte noch nicht fest (z. B. der unbekannte Erbe), reicht es aus, wenn das Kreditinstitut sich zunächst Gewissheit über die Person und Anschrift des das Konto Errichtenden (z. B. des Nachlasspflegers) verschafft; die Legitimation des Kontoinhabers ist sobald wie möglich nachzuholen."

    Da es somit nach diesem Anwendungserlass für eine Konto- oder Depoteröffnung ausreicht, dass Gewissheit über die Person des konto- oder depoteinrichtenden Nachlasspflegers besteht, kann somit keine Rede davon sein, dass der Nachlasspfleger aus Rechtsgründen daran gehindert wäre, Nachlasskonten oder ein Nachlassdepot auf die Inhaberschaft der unbekannten Erben eines bestimmten Erblassers neu einzurichten.

  • Ich glaub, dass wir das genau so machen...

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  • Zur Info:

    Es wird immer schwieriger, als Nachlasspfeger eine Bank zu finden, die einem ein neues Nachlasspflegschaftskonto eröffnet, auf dem man dann den Nachlass zusammenziehen kann. Es gibt ja viele Gründe, dass man nicht das alte Konto weiterführen möchte/kann.

    Zum Beweis möchte ich darauf hinweisen, dass die "Sparhier"-Banken (;-) aktuell die Nachlasspfleger darüber informieren, dass in Zukunft für alle Konten eines Nachlasspflegers (egal ob fortgeführte alte, oder neu angelegte Konten) pauschal mindestens 20 € Kontoführungsgebühr pro Monat erhoben werden.

    Dies deswegen, weil diese Konten den Banken immens Arbeit machen und damit schon deswegen sehr unbeliebt sind. Hinzu kommt, dass die Banken aktuell 0,5 % Negativzinsen an die Bundesbank zahlen müssen, weil dort idR. die täglich fälligen Kundengelder der Banken registriert/verwahrt werden. Hat eine Bank also z.B. insgesamt z.B. 40 Mio. € auf solchen Nachlasspflegschaftskonten (und bei solchen Banken wie der "Sparhier" dürfte es noch weit mehr sein), dann fallen alleine dafür 200.000 € p.a. Negativzinsen an, die die Bank an die Bundesbank zahlen muss. Ein Wahnsinn! Wie sollen die Banken bei der Zinslage noch Geld verdienen? Mit Nachlasspflegschaftskonten jedenfalls nicht.

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    2 Mal editiert, zuletzt von TL (22. Oktober 2019 um 13:08)

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