Was geht hier schief?

  • Die Arbeit im öffentlichen Dienst ist ein echtes Geschenk für alle die Mitarbeiter, die sich in Achtsamkeit üben möchten. Wahrnehmen was da ist, ohne zu bewerten. ;)

    Ich persönlich liebe meinen Job. Den Umgang mit den vielen Menschen, von denen jeder irgendwie anders ist. Meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Mein Büro für mich alleine zu haben. Den Fachbereich wechseln zu können. Zeitlich flexibel zu sein, wenn meine Kinder brauchen. Ein Gehalt mit dem ich fest rechnen kann und das ausreichend ist, um ohne Not zu leben. Und das auch noch weiter gezahlt wird, wenn ich krank bin. Und noch so vieles mehr.

    Zu viel Arbeit für zu wenig Zeit, zu wenig Gehalt für die Verantwortung, fehlende Aufstiegschancen, zu wenig Anerkennung, zu wenig Lob usw. ... das gibt es nicht nur im öffentlichen Dienst, das gibt es überall, jeder aus meinem Bekanntenkreis kennt und bestätigt das. Egal ob Sekretärin, Wissenschaftler, Lehrer, Arzt oder Manager.

    Man kann die Umstände nicht ändern. Aber seine Sichtweise darauf. Wenn im Frühling das erste Mal so richtig schön die Sonne in meine Küche scheint, sind meine Fenster gruselig dreckig. Aber es liegt allein in meiner Hand, mich über die dreckigen Scheiben zu ärgern oder über die Sonne zu freuen, wenn ich keinen Lappen zum Putzen habe.

    Oft macht man sich das Leben schwer, obwohl es gar nicht nötig wär. ;)

  • Naja, es ist halt hier festzustellen, dass sich die jungen Leute ein Haus mit saubereren Fenstern suchen, oder zumindest da nicht wohnen wollen.

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    Man kann die Umstände nicht ändern. Aber seine Sichtweise darauf. Wenn im Frühling das erste Mal so richtig schön die Sonne in meine Küche scheint, sind meine Fenster gruselig dreckig. Aber es liegt allein in meiner Hand, mich über die dreckigen Scheiben zu ärgern oder über die Sonne zu freuen, wenn ich keinen Lappen zum Putzen habe.

    Naja, es ist halt hier festzustellen, dass sich die jungen Leute ein Haus mit saubereren Fenstern suchen, oder zumindest da nicht wohnen wollen.

    Manch Altgedienter sagt sich aber auch: Lass ich halt die Rollläden geschlossen bis jemand mit nem Lappen kommt. :D

    ... denn in Gottes Auftrag handeln jene, die Steuern einzuziehen haben. Römer 13,6

  • Manch Altgedienter ...

    Nö, nö, es betrifft schon die jungen Hupfer. Die da jetzt zum nächsten Haus weiterziehen, hätten nämlich meine nächsten Kolleginnen sein können. Es geht auch nicht darum, dass "Rechtspfleger" für die Anwärter nicht mal die schönste Arbeit der Welt geworden wäre, sondern darum, sie irgendwie so lange zu halten, bis sie das begreifen.

    3 Mal editiert, zuletzt von 45 (24. Juni 2019 um 17:05)

  • Mal unter einer etwas anderen Perspektive betrachtet: Momentan haben wir seit etwa zehn Jahren eine Hochkonjunkturlage mit annähernder Vollbeschäftigung. In so einer Situation ist es durchaus verständlich, dass der Nachwuchs lieber Studiengänge mit Aussicht auf finanziell einträchtige Jobs wählt und dafür die Sicherheit eines Beamtenstatus in den Hintergrund tritt. Kippt die Konjunktur, wird sich das auch wieder ändern. Anderen juristischen Berufen geht es übrigens ähnlich: Die Länder senken mangels Bewerber kontinuiertlich die Notengrenzen für das Richteramt, ein VB braucht man nur noch in wenigen Bundesländern. In Berlin konnten Staatsanwaltsstellen nicht annähernd vernünftig besetzt werden, weil es keine hinreichend qualifizierten Bewerber gab. Selbst die bedeutendsten Großkanzleien können es sich nicht mehr erlauben, 2 x ein VB zu fordern. Als Projektjurist findet man selbst mit schlechtem Abschluss Jobs mit einem Einkommen von etwa 70k Euro.

    -Vanitas vanitatum et omnia vanitas -



  • Zitat von DeliriumDriver:

    "In so einer Situation ist es durchaus verständlich, dass der Nachwuchs lieber Studiengänge mit Aussicht auf finanziell einträchtige Jobs wählt und dafür die Sicherheit eines Beamtenstatus in den Hintergrund tritt. Kippt die Konjunktur, wird sich das auch wieder ändern."


    :daumenrau- erst bei schlechter Konjunktur werden wir merken, auf welchem Niveau wir gemeckert und wie gut wir es gehabt haben/immer noch haben.

  • und bei jeder Diskussion über Gehaltserhöhungen wird uns genau das wieder vorgeworfen, insbesondere wenn die Konjunktur einbricht.

  • Wenn du deshalb Angst vor dem Urlaub und der damit einhergehenden Vertretung der Kollegin hast...

    Ich muss dazu ganz klar sagen, dass das Urlaubsthema für mich ein wesentlicher Vorteil des Umstandes ist, dass ich nicht mehr bei der Justiz tätig bin. Das bezieht sich nicht nur auf Vertretung, sondern auch auf Fragen wie Planung überhaupt, z.B. Anwesenheit an Brückentagen oder zwischen Weihnachten und Neujahr. Man hat ja beim Gericht auch vor dem eigenen Urlaub manchmal ein schlechtes Gefühl, wenn man nicht noch diese oder jene Akte erledigt hat. Das hat sich für mich in meinem jetzigen Umfeld darauf reduziert, dass ein bestimmter Kollege und ich nicht gleichzeitig mehr als ein paar Tage abwesend sein sollten, das war es dann aber auch.

  • Gestern kam mir zu Ohren, ob es stimmt weiß ich latürnich nicht, dass in einem OLG Bezirk schon 12 Anwärter des Jahrganges 2019 aufgegeben haben.

    Sollte das stimmen, ist es eine Katastrophe und die Verantwortlichen sollten endlich mal aufwachen. Ein "weiter so" sollte es nicht mehr geben.

  • Zitat

    Gestern kam mir zu Ohren, ob es stimmt weiß ich latürnich nicht, dass in einem OLG Bezirk schon 12 Anwärter des Jahrganges 2019 aufgegeben haben.

    Das stimmt auf jeden Fall für den Jahrgang 2018 aus dem OLG Bezirk Köln. Dort sind wirklich einige abgesprungen. Soweit ich weiß mittlerweile sogar 13 - und das eben nur aus Köln.

  • Es wäre vielleicht schon mal ein Anfang, wenn man (in NRW) das Prinzip der Bedarfsdeckung bei der Einstellung abschaffen und mehr AnwärterInnen ausbilden würde, als gebraucht werden. Jeder Durchfaller/ Abbrecher ist eine Stelle, die nicht besetzt werden kann, was die Praxis langsam an den Rand des Möglichen bringt.

  • Es wäre auch eine Hilfe wenn so viele eingestellt werden, dass die PEBB§Y Zahl 100 erreicht werden könnte. (auch wenn sie dann wegen der Durchfaller nicht erreicht wird)

    Es ist nicht nachvollziehbar, warum für die Erstellung einer solchen Belastungszahl zur Personalbedarfsrechnung (wahrscheinlich sehr hohe) Gelder ausgegeben werden, nur um dann diese Zahl völlig (zumindest in der Personalbeschaffung) zu ignorieren. Es sei denn, man will sich damit in der Personalbeschaffung damit brüsten "Schaut mal, der Laden läuft mit 600 Leuten weniger! Mann, was wir da sparen, weil die Deppen das mit sich machen lassen- fantastisch! Jeder andere Arbeitgeber hätte schon längst die Gewerkschaft am Hals und Streiks ohne Ende - aber hier läuft es!"

    Sprüche einer Ministerin zur Funktion der Justiz wie: dass"die, die für uns arbeiten, über das erwartbare Maß belastbar" sind, sind ein Armutszeugnis, denn übersetzt heißt dies:

    1. Ich habe erwartet, dass so wenig Personal die Aufgaben nicht erfüllen kann (da das Maß der Belastbarkeit dies nicht hergibt) und es trotzdem so weit kommen lassen.
    - es wurde also erwartet, dass die Justiz in Niedersachsen zusammenbricht.

    2. Trotzdem habe ich mit so wenig Personal weitergemacht und erwartet dass der Laden zusammenbricht, denn es wurde nichts getan, um die Belastung zu senken.
    3. Der Laden ist wider erwarten nicht zusammengebrochen, da das Personal "über das erwartbare Maß belastbar" ist (denn nur mit Belastung über ein erwartbares Maß lässt sich das herausfinden- willkommen im Versuchslabor niedersächsische Justiz).
    4. Das finde ich gut- wir belasten das Personal einfach so weiter bzw. noch mehr. Das wird schon gutgehen und das Personal uns jährlich neu überraschen.

    Und da wundert sich jemand noch über Mangel an Freiwilligen zum Verheizen? Das ist, wie sich als Rote-Uniform-Träger bei Kirk zur Außenmission melden.

  • Es wäre vielleicht schon mal ein Anfang, wenn man (in NRW) das Prinzip der Bedarfsdeckung bei der Einstellung abschaffen und mehr AnwärterInnen ausbilden würde, als gebraucht werden. Jeder Durchfaller/ Abbrecher ist eine Stelle, die nicht besetzt werden kann, was die Praxis langsam an den Rand des Möglichen bringt.

    Also in Hessen sind wir über diesen Rand schon längst drüber... Kann natürlich an meinem Gericht liegen, aber hier ist es schon seit ein paar Jahren nicht mehr möglich, die Arbeit zu schaffen... :nixweiss:

  • Es wäre auch eine Hilfe wenn so viele eingestellt werden, dass die PEBB§Y Zahl 100 erreicht werden könnte. (auch wenn sie dann wegen der Durchfaller nicht erreicht wird)

    Es wäre schön, wenn PEBB§Y die tatsächliche Arbeitsbelastung widerspiegeln würde. Nach PEBB§Y sind wir in Bayern nämlich eigentlich überbesetzt. Der Arbeitsalltag zeigt aber leider etwas anderes.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Naja, Pepsi ist ja kein Personalberechnungsprogramm. Es ist nicht dazu da, Personalbedarf zu begründen, sondern dient nur dazu, das vorhandene Personal gerecht zu verteilen.

    So hieß es damals bei uns bei der Einführung, heute bleibt mir das Lachen darüber im Halse stecken.

  • Nein, Pebb§y ist ein Personalbedarfsberechnungssystem. Es soll tatsächlich der Ermittlung des Personalbedarfs dienen und Futter für die Anmeldung beim Finanzminister liefern. Leider hat unser Finanzministerium das nur als Planungsgrundlage akzeptiert, als es Einsparpotential aufzeigte. Als sich Bedarf abzeichnete, wurde die Eignung als Planungsgrundlage plötzlich in Frage gestellt. Ein Schelm, wer...

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Nein, Pebb§y ist ein Personalbedarfsberechnungssystem. Es soll tatsächlich der Ermittlung des Personalbedarfs dienen und Futter für die Anmeldung beim Finanzminister liefern. Leider hat unser Finanzministerium das nur als Planungsgrundlage akzeptiert, als es Einsparpotential aufzeigte. Als sich Bedarf abzeichnete, wurde die Eignung als Planungsgrundlage plötzlich in Frage gestellt. Ein Schelm, wer...

    so kenn ich das auch!

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Die Justiz muss sich doch nicht ernsthaft über Personalabwanderung wundern.
    Man kann kein Personal binden, wenn man - gerade auch für Leute mit ziemlich gutem Abitur - außer einer leidlich guten Vereinbarkeit von Familie und Beruf kaum Attraktives zu bieten hat.

  • Es wäre vielleicht schon mal ein Anfang, wenn man (in NRW) das Prinzip der Bedarfsdeckung bei der Einstellung abschaffen und mehr AnwärterInnen ausbilden würde, als gebraucht werden. Jeder Durchfaller/ Abbrecher ist eine Stelle, die nicht besetzt werden kann, was die Praxis langsam an den Rand des Möglichen bringt.


    Woher nehmen? Die Anforderungen sind bereits gesenkt worden und es ist trotzdem schwer überhaupt die jetzigen Plätze zu besetzen.

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