"Mithaftentlassung" bezüglich einer Vormerkung

  • Ich habe folgenden Fall:

    Auf einem Grundstück ist zugunsten X eine Rückauflassungsvormerkung eingetragen. Sodann wird Wohnungseigentum gebildet und die Vormerkung entsprechend auf alle Einheiten übertragen. Nun wird die erste Einheit verkauft und es wird beantragt, dass diese Einheit bezüglich der Vormerkung aus der Mithaft entlassen wird.

    Ist es möglich, dass die Vormerkung nur an einer Einheit gelöscht wird, obwohl der ursprüngliche Anspruch sich auf Rückübertragung des gesamten Grundstücks richtet?
    Vielen Dank vorab!

  • Ja, ist möglich. Der Berechtigte verzichtet materiell-rechtlich auf seinen Auflassungsanspruch an der fraglichen Sondereigentumseinheit und bewilligt daher die Teillöschung an dieser.

    Niemand ist unersetzbar. Die Friedhöfe liegen voll von Leuten, die sich für unersetzbar hielten (H.-J. Watzke). :cool:

  • Ich denke, wir reden aneinander vorbei. Die Vormerkung ist an allen Blättern einzutragen (s. Nachweise im o.a. Link; BayObLG, Beschluss vom 07.02.2002, 2Z BR 166/01). Löscht man die Vormerkung jetzt lediglich an einem Blatt, würde man dadurch die restlichen Blätter unrichtig machen.

  • Also müsste man, wenn man den Anspruchsgegenstand ändern möchte, neue Vormerkungen eintragen?

    Der Anspruch soll doch aber gar nicht geändert werden. Man wollte vermutlich wie bei einer Gesamtgrundschuld die Wohnungen sukzessive von der Vormerkung freistellen. Nur dass das aus den genannten Gründen bei der Vormerkung nicht geht. Ist sie mal bezüglich einer Wohnung erloschen, tut sie es auch in Ansehung des Restes.

  • Gäbe es denn eine Möglichkeit, dass man die Vormerkung nur an einer Einheit löschen könnte, indem man den Anspruch ändert oder ist sodann eine Neubestellung notwendig?

  • Da die Vormerkung auch anfänglich so begründet werden könnte, wird auch eine nachträgliche Änderung dahingehend möglich sein. Die Erfüllung des Anspruchs setzt allerdings eine Teilung des Grundstücks voraus, die die Mitwirkung aller Eigentümer erforderlich macht. Siehe: Schöner/Stöber Rn 1505 mit Nachweisen in Fn 143. Hält man deswegen die Vormerkung für unzulässig, tut man das erst recht im Hinblick auf die Anspruchsanderung. Die Aufhebung von Sondereigentum ist hier vermutlich kein Thema, weil der Grundstücksteil unbebaut sein wird. Die Frage ist jetzt aber rein akademisch, oder?

  • Die Frage ist ja, ob das alles dem Grundbuchamt nicht völlig egal sein kann, denn da die Vormerkung am verbleibenden Anteil inhaltlich nur schwerlich unzulässig sein dürfte, ist das Ergebnis möglich und mangels anderer Vorschrift per Bewilligung herbeiführbar. Die Bewilligung muss zum materiellrechtlichen Hintergrund nichts enthalten. Einretende Grundbuchunrichtigkeit wäre von uns erst mal zu beweisen.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Die Novation setzt voraus, dass sich Eigentümer und Anspruchsberechtigter darüber einig sind, dass der Vormerkung ein anderer, gleichgerichteter Anspruch zugrundgelegt wird. Grundbuchverfahrensrechtlich bedarf es der Bewilligung des Grundstückseigentümers, bei einer Änderung zulasten des Vormerkungsberechtigten auch dessen Bewilligung (§ 19 GBO); s. Reymann, MittBayNot 2013, 456 ff:
    https://www.notare.bayern.de/fileadmin/file…yNot_2013_6.pdf

    Von einer neuen (auch formlosen) Bewilligung des Grundstückseigentümers und des Vormerkungsberechtigten ist vorliegend aber nicht die Rede.

    Der Eigentümer muss an der Freigabe der EtW aus der AV auch nicht beteiligt sein, weil die Freigabeerklärung entsprechend § 875 I 2 BGB auch gegenüber dem GBA abgegeben werden kann (zur analogen Anwendung des § 875 BGB bei der AV siehe Gursky im Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 886 RNern 31 ff, 34).

    Auch setzt die Wiederverwendung der Vormerkung nach den Beschlüssen des BGH vom 3. 5. 2012 – V ZB 112/11, v. 10. 5. 2012 – V ZB 156/11, vom 27. 9. 2012 – V ZB 57/12 und vom 21. 3. 2013 – V ZB 74/12 voraus, dass der neue Anspruch mit dem ursprünglich gesicherten deckungsgleich (kongruent) ist. Er muss gleichartig und nur graduell abgestuft sein, nicht andersartig, so dass das Vergleichsobjekt ein Minus, aber kein Aliud ist (s. Amann, DNotZ 2014, 178, 190 unter b „Argumentum a maiore ad minus?“)

    Der bisherige Anspruch geht auf Rückübereignung des Grundstücks. Nach der Freigabe einer einzelnen Wohnung kann er nur noch auf die Rückübereignung der restlichen Sondereigentumseinheiten gerichtet sein, die vom Rückerwerbsgrund betroffen sind.

    Wurde etwa bislang vereinbart, dass der Rückübereignungsanspruch bei einer abredewidrigen Belastung des Grundstücks besteht, dann kann sich der Rückübereignungsanspruch nach Freigabe einer einzelnen Einheit nur noch auf eine abredewidrige Belastung der restlichen Sondereigentumseinheiten beziehen.

    Konnte bislang der Vormerkungsberechtigte die Rückübereignung des Grundstücks verlangen, wenn etwa ohne sein Einverständnis einem Dritten an einer Fläche des gemeinschaftlichen Grundstücks ein Überbaurecht eingeräumt wurde, hat er diese Befugnis nicht mehr, wenn sich sein Rückübertragungsanspruch auf einzelne Sondereigentumseinheiten beschränkt.

    Ich denke daher, dass ein Anspruch auf Übereignung einer Sondereigentumseinheit ein echtes Aliud zum ursprünglich gesicherten Rückerwerbsanspruch darstellt.

    Auch das DNotI hält es im Gutachten vom 14. November 2013; Abruf-Nr. 127690
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…036f8b33a7bcaf3
    für möglich, dass der Anspruch auf Übereignung einer Sondereigentumseinheit ein echtes Aliud zum ursprünglich gesicherten Rückerwerbsanspruch darstellt.

    Dann könnten aber die noch eingetragenen Vormerkungen nicht zur Wiederaufladung (Novation) verwendet werden.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • ... dass der neue Anspruch mit dem ursprünglich gesicherten deckungsgleich (kongruent) ist ...

    Kongruenz bestünde bestenfalls bei zeitgleicher Änderung des Belastungsgegenstandes (= Teillöschung) und des Anspruchs.

    Andernfalls wüßte man aufgrund der Ausführungen von Prinz positiv, dass mit der Teillöschung die übrigen Grundbuchblätter unrichtig würden und sie daher unzulässig ist.

  • Vielen Dank für die Antworten! Ich muss mir alles nochmal in Ruhe durchlesen, habe noch nicht alles verstanden, allerdings wird in meinem Fall die Vormerkung nun an allen Einheiten gelöscht.

  • Ich habe folgenden Fall: Auf einem Grundstück ist zugunsten X eine Rückauflassungsvormerkung eingetragen. Sodann wird Wohnungseigentum gebildet und die Vormerkung entsprechend auf alle Einheiten übertragen. Nun wird die erste Einheit verkauft und es wird beantragt, dass diese Einheit bezüglich der Vormerkung aus der Mithaft entlassen wird.  Ist es möglich, dass die Vormerkung nur an einer Einheit gelöscht wird, obwohl der ursprüngliche Anspruch sich auf Rückübertragung des gesamten Grundstücks richtet?  Vielen Dank vorab!


    Mein Fall ist seinerzeit doch in die Beschwerde gegangen. Das OLG Frankfurt am Main hat mich gehalten. Die Entscheidung ist unter folgendem Az.: 20 W 252/19 ergangen. Veröffentlicht ist sie meines Wissens nach noch nicht. Die Rechtsbeschwerde wurde zugelassen.

  • Genau. Eine Anspruchsänderung kommt ebenfalls nicht in Betracht, da es sich bei dem Anspruch auf Übertragung der übrigen Einheiten um ein Aliud handelt.

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