Gründung GbR - Landwirtschaftsbetrieb

  • Am hiesigen Gericht soll so ein Fall noch nie vorgekommen sein, deshalb würden mich eure Meinungen interessieren.

    Folgender Fall:

    geschiedener Landwirt verstirbt ohne letztwillige Verfügung; 2 erwachsene Kinder aus seiner Ehe und ein minderjähriges Kind aus der bis zuletzt bestehenden Lebensgemeinschaft

    Folge: gesetzliche Erbfolge, alle Kinder zu je 1/3

    Zusammensetzung Nachlass:

    - Konten mit Guthaben in niedriger fünfstelliger Höhe

    - landwirtschaftliche Flächen, insgesamt über 1 Mio. m²

    - landwirtschaftliche Geräte/Maschinen im Wert von ca. 500.000 € laut Bilanz

    - bestehende Kredite, aufgenommen für den Kauf von Grundstücken und Maschinen


    Ein Verfahren nach § 1640 BGB konnte (bis vor kurzem) nicht eingeleitet werden, da vom auswärtigen Standesamtes keine Sterbefallsmitteilung einging. Vom zuständigen Nachlassgericht kam auch keine Information hinsichtlich des minderjährigen Kindes.

    Weiterführung des Landwirtschaftsbetriebes soll im Nebenerwerb erfolgen, jedoch nicht in Erbengemeinschaft, sondern als GbR. Laut vorliegendem Schreiben des zuständigen Amtes wird für Erbengemeinschaften keine Agrar-Förderung mehr gewährt, da diese auf baldige Auseinandersetzung gerichtet seien. Eine GbR sei hingegen auf den dauerhaften oder zumindest längeren Bestand angelegt.

    Wegen der bald ablaufenden Frist für die Beantragung der Förderung wurde durch die Erben (Kind vertreten durch die Mutter) kurzerhand eine GbR für den Betrieb des landwirtschaftlichen Betriebes gegründet.

    Einen Vertretungsausschluss der Mutter kann ich nicht erkennen oder liege ich da falsch?

    Eine der erwachsenen Töchter habe eine berufliche Ausbildung bzw. einen Studienabschluss in der Landwirtschaftsbranche und soll die Geschäftsführerin der GbR sein. Die Grundstücke werden von der GbR genutzt, bleiben jedoch im Eigentum der Erbengemeinschaft. Die landwirtschaftlichen Maschinen/Geräte wurden wohl in das Eigentum der GbR "übergeleitet".

    Die Geschäftsführerin soll für die Abstimmung in Gesellschafterversammlungen drei Stimmen erhalten, die weitere erwachsene Tochter und das minderjährige Kind lediglich eine. (Also kann die Geschäftsführerin in den Versammlungen beschließen, was sie möchte?) Beteiligung am Gewinn und Verlust für alle Gesellschafter zu gleichen Teilen.

    Was haltet ihr von dieser GbR-Gründung? Was würdet ihr euch für Unterlagen im Genehmigungsverfahren vorlegen lassen? Wie seht ihr die Genehmigungsfähigkeit? Was hätte es für Auswirkungen auf die GbR bei Nichtgenehmigung?

  • Du brauchst auf jeden Fall den Gesellschaftsvertrag.

    Knackpunkt dürfte sein, dass wegen der unbeschränkten Haftung des Kindes nach außen irgendwie Beschränkungen des Vertreters der GbR in den Vertrag hineinmüssen. Ich habe es immer so gemacht (d.h. darauf bestanden), dass die Regelung dahin geht, dass der für die GbR Handelnde im Innenverhältnis dahin beschränkt ist, dass er in keinem höheren Maße handeln darf, als die GbR Aktivvermögen hat.

    Wie alt ist das Kind? Evtl. brauchst Du einen Ergänzungspfleger für das Verfahren (streitig).

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Der Gesellschaftsvertrag liegt mir vor. (Sonst hätte ich die merkwürdige Stimmrechtsverteilung auch nicht erwähnen können.) Zum Notar ist man nicht gegangen, vielleicht wäre das besser gewesen? :gruebel:

    Das Kind ist 12.

    Gerade nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH gehe ich davon aus, dass ein Ergänzungspfleger wohl kaum in Betracht kommt. Ein Interessenkonflikt ist derzeit nicht erkennbar.

  • Ich möchte meinen Beitrag noch einmal nach oben bringen.

    Gibt es noch andere Meinungen bzw. Hinweise zum Sachverhalt?

  • Ohne ihn gelesen zu haben:

    Vielleicht hilft Dir Lüdecke, Vermögensverwaltung unter Beteiligung Minderjähriger, NJOZ 2018, 681 (bei Beck online) weiter.

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  • Leider ist es mit der gesetzlichen Vertreterin eher schwierig. Sie überschaut die rechtliche Problematik (nachvollziehbar) nicht, hat sich allerdings eben auch nicht (gut) beraten lassen (und macht dies offenbar nach wie vor nicht). Daher konnte eine Entscheidung zur Genehmigung bislang nicht getroffen werden.

    Wie geht ihr in entsprechenden Fällen vor?

    Ablehnung, wenn die beanstandeten Regelung im Vertrag nicht geändert werden? Auch wenn dies ggf. zur Rückforderung von Förderungsgeldern führen sollte (Gründung der GbR erfolgte, um diese beanspruche zu können). Oder lieber Genehmigung, auch wenn nicht alle Regelungen im Vertrag optimal für die Minderjährige sind? :gruebel:

  • Auf einen Kuhhandel würde ich mich nicht einlassen wollen. Ich beanstande Passi in einem Vertrag ja nicht aus Spaß, sondern weil sie meiner Ansicht nach so nachteilig für das Kind sind, dass ich den Vertrag deswegen nicht genehmigen kann. Wenn die Passi also nicht dahin geändert werden, dass meine Bedenken gegenstandslos werden (oder dies auf andere Weise geschieht), bleibt mir konsequenterweise nur die Ablehnung. Dann muss halt ggf. das OLG entscheiden.

    Ob dadurch Fördergelder flöten gehen, ist mir erst mal ziemlich egal. Wenn die Leute mit dem Argument kommen, würde ich nachfragen, was sie denn bisher gemacht haben, um Deine Bedenken auszuräumen.

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  • Liegt schon eine Stellungnahme der Landwirtschaftskammer vor? Falls nein, sollte man seitens des Gerichts dazu auffordern. Für die Formulierung der Fragestellung kann man beim Landwirtschaftsgericht mal anrufen bzw. einen Kaffee trinken.

  • Ich glaube das liegt an den Förderrichtlinien der EU. Ich kann heutzutage keinen LW Betrieb ohne diese Fördermittel führen, es sei denn ich bin Multimillionär und habe die nicht nötig. Die Erben steigen mit der Erbschaft aber regelmäßig in laufende Förderprogramme ein. Das ist ziemlich kompliziert.

    Vlt. hilft es beim zuständigen Amt für Landwirtschaft nachzufragen, welche Betriebsstrukturen laut EU Richtlinien gewollt sind.

  • Warum wird nicht eine Kommanditgesellschaft gegründet? Wenn das mj Kind Kommanditistin wird, kann weniger passieren - sagt eine in Familienrecht wenig bewanderte Registerrechtspflegerin.


    Grundsätzlich richtig.

    Praktisch wurde eben einfach die GbR gegründet, ohne dass offenbar (durch den gesetzlichen Vertreter) eine richtige fachkundige Beratung eingeholt wurde.

  • ... und da die Gründung einer GbR auch mit Minderjährigen nicht kraft Gesetzes unwirksam und unmöglich ist, müssen wir uns eben mit der Genehmigungsfähigkeit befassen.

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