VO (EG) 805/2004, Richterzuständigkeit

  • Ich habe jetzt erstmals einen Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung gem. Art. 9 der VO (EG) 805/2004 vorliegen. Bei meinen Recherchen hierzu bin ich auf die Kommentierung zu § 1079 ZPO bei Zöller, ZPO, 32. Aufl., Rdnr. 1 darauf gestoßen, dass die Prüfung und Bestätigung dieses Antrags durch den Richter erfolgen muss. Lediglich die Ausfüllung des Formulars (Anhang I der VO) ist dann Sache des UdG (bzw. in Deutschland wegen § 20 Nr. 11 RPflG des Rechtspflegers). Zöller verweist insoweit auf die Entscheidung des EuGH vom 17.12.2015 (C-300/14), in der dieser diese Richterzuständigkeit ausdrücklich feststellt (vgl. Ziff. 43 ff. der Entscheidung bei juris).
    M.E. muss ich daher doch jetzt die Sache zunächst dem zuständigen Richter, der das VU erlassen hat, vorlegen, der dann zu prüfen hat, ob sämtliche Voraussetzungen für die Bestätigung vorliegen, oder:gruebel:? Erst danach, also nach dem richterlichen Ok, kann ich dann die Bescheinigung erstellen. Sehe ich das so richtig?

  • VGl. Musielak/Voit/Lackmann, 16. Aufl. 2019, ZPO § 1079 Rn. 2:

    Die Bestätigung einer in Deutschland ergangenen Entscheidung als EuVT ist den Stellen übertragen, die die Klausel zu erteilen haben. Für gerichtliche Entscheidungen und Prozessvergleiche ist das Gericht des ersten Rechtszugs oder, solange der Rechtsstreit bei einem höheren Gericht anhängig ist, dieses Gericht zuständig (§§ 724, 797 Abs. 1). Abweichend von §§ 724, 797 Abs. 1 soll funktionell der Rechtspfleger zuständig sein (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 RPflG). Allerdings muss jedenfalls die Bestätigung einer gerichtlichen Entscheidung als EuVT nach Art. 6 EuVTVO dem Richter vorbehalten sein;zur Fussnote 1 insoweit verstößt § 20 Abs. 1 Nr. 11 RPflG gegen europäisches Recht. Für die Bestätigung eines Prozessvergleichs (Art. 24 EuVTVO) sowie die Berichtigung und den Widerruf der Bestätigung (Art. 10 EuVTVO) dürfte dies angesichts des geringeren Prüfungsumfangs nicht gelten. Für öffentliche Urkunden sind die Notare (§ 797) und Behörden (§ 60 S. 3 Nr. 1 SGB VIII) zuständig, die den Titel geschaffen haben.


    Fazit: Es widerspricht (mal wieder...) europäischem Recht, aber es wurde auf den Rpfl übertragen ((§ 20 Abs. 1 Nr. 11 RPflG).


    M.E. prüfst du daher selbstständig das VU anhand der bekannten Vorschriften (Rolli hat das in vielen vorherigen Threads wunderbar geschildert, was genau zu prüfen ist) und erlässt dann die Bescheinigung. Und natürlich vorher den Vorschuss anfordern. :)

  • Zunächst mal vielen Dank für die Antworten. Ich bin allerdings weiterhin der Meinung, dass zumindest nicht zweifelsfrei feststeht, dass ich als Rechtspfleger die Prüfung der Voraussetzungen hier machen darf und muss. Der EuGH stellt in seiner Entscheidung ausdrücklich fest, dass zur Prüfung dieser Voraussetzungen "die juristischen Qualifikationen eines Richters (...) unerlässlich" sind. Ob das jetzt tatsächlich nur für Belgien gilt bzw. ob der deutsche Rechtspfleger diese Qualifikation besitzt, ergibt sich aus der Entscheidung nicht. Diese fordert explizit die Prüfung durch einen Richter.
    Im Übrigen ist in § 20 Nr. 11 RpflG auch nicht von einer Zuständigkeit des Rechtspflegers für die Prüfung der Voraussetzungen, sondern nur für die Ausstellung der Bescheinigung die Rede. Diese kann, wie auch der EuGH ja ausdrücklich feststellt, durch den UdG (bzw. den Rechtspfleger) erfolgen. Auch Geimer in Zöller, 32. Aufl 2018, Rdnr. 1 zu § 1079 ZPO sieht dies offenbar so und stellt ausdrücklich fest, dass die Prüfung "nicht dem RPfleger" obliegt.
    Die Gegenansicht von Rellermeyer ist in dem genannten Aufsatz zwar durchaus nachvollziehbar begründet. Dennoch bleiben m.E. zumindest starke Zweifel an der Wirksamkeit einer Bescheinigung durch den Rechtspfleger ohne vorherige richterliche Prüfung! Werde die Sache daher mit dem zuständigen Richter besprechen bzw. sie ihm zur entsprechenden Prüfung vorlegen!

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