Frage zur Grundaktenführung/Antragsliste

  • Ich würde gern die Abläufe beim Grundbuchamt besser verstehen und daher "Praktiker" fragen. Es geht um die Behandlung eingehender Anträge. Ausgangspunkt ist natürlich die GBO; jeweils ergänzt um die GBV, die ggf. vorhandene Grundbuchgeschäftsanweisung sowie die AktO des jeweiligen Landes.

    Nehmen wir als Beispiel folgenden Fall: Es wird die Eintragung einer Grundschuld mit Vollstreckungsunterwerfung beantragt. Wenn ich es richtig verstehe, sieht der Geschäftsgang im Grundbuch meist wie folgt aus:

    Der Antrag ist ja erst eingegangen, wenn er einer zuständigen Person vorgelegt wird (§ 13 Abs. 2 S. 2 GBO). Dies ist nach § 13 Abs. 3 GBO der Grundbuchführer und gemäß der Organisationsanordnung zumeist die Geschäftsstelle des GBA. Das heißt, ich vermute, alle Eingangspost landet erst bei der Wachtmeisterei und wird dann, soweit an das Grundbuchamt adressiert, der Geschäftsstelle ausgehändigt. Dort werden die Umschläge geöffnet und, soweit es sich um Anträge handelt (und nicht Beschimpfungen, Dienstaufsichtsbeschwerde etc), der Vermerk nach § 13 Abs. 2 S. 1 GBO angebracht. Ist das so richtig? Das heißt, die Geschäftsstelle tätigt eine erste Prüfung (sie legt aus, ob etwas ein "Antrag" ist).

    Bei elektronischer Antragstellung wird der Stempel ja automatisch angebracht, § 136 Abs. 1 S. 2 GBO. Gleichwohl denke ich, dass elektronische Anträge "erstmal" ausgedruckt werden und auch der Geschäftsstelle übergeben werden, richtig?

    Sodann müsste ja "eigentlich" die unverzügliche elektronische Erfassung erfolgen (vgl. § 13 Abs. 1 Grundbuchgeschäftsanweisung NRW). Dies bedeutet die Aufnahme in die Antragsliste, richtig? Geschieht das händisch über SolumStar? Könnte ein elektronischer Antrag bei entsprechender XML-Struktur automatisch dort überführt werden, und wird das so gemacht?

    Dann wird es dem Grundbuchführer vorgelegt (und zwar ein "Schriftstück" - offenbar werden dann doch auch elektronische Anträge ausgedruckt), § 13 Abs. 2 Geschäftsanweisung. Dieser stellt fest, ob noch weitere Anträge eingegangen sind und trifft hierüber einen Vermerk. Er verfährt mit dem Antrag dann weiter nach § 21 AktO NRW und erledigt den Antrag dann.

    Das Verfahren ist sehr verkürzt dargestellt. Zum Teil ist es so, dass die Antragsliste nicht zuverlässig ist. Ohne Kritik zu üben oder Ursachenforschung zu betreiben, frage ich mich, wie denn die Grundbuchämter verfahren, die die Antragsliste nicht führen: Überspringen sie dann einfach den Schritt nach § 13 Abs. 1 Geschäftsanweisung und legen den Antrag dem Grundbuchführer vor?

    Sind unerledigte Anträge stets in den "losen Blättern" der Grundakten aufzubewahren und was ist dafür die Rechtsgrundlage?

    Gibt es substantielle Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Ländern (vermutlich nicht, weil GBO/GBV ja schon recht engmaschig sind und für alle gelten).

    Für Feedback hierzu wäre ich dankbar.
    Gruß
    Andydomingo

  • Für Bayern:

    Der Antrag ist ja erst eingegangen, wenn er einer zuständigen Person vorgelegt wird (§ 13 Abs. 2 S. 2 GBO). Dies ist nach § 13 Abs. 3 GBO der Grundbuchführer und gemäß der Organisationsanordnung zumeist die Geschäftsstelle des GBA. Das heißt, ich vermute, alle Eingangspost landet erst bei der Wachtmeisterei und wird dann, soweit an das Grundbuchamt adressiert, der Geschäftsstelle ausgehändigt. Dort werden die Umschläge geöffnet und, soweit es sich um Anträge handelt (und nicht Beschimpfungen, Dienstaufsichtsbeschwerde etc), der Vermerk nach § 13 Abs. 2 S. 1 GBO angebracht. Ist das so richtig? Das heißt, die Geschäftsstelle tätigt eine erste Prüfung (sie legt aus, ob etwas ein "Antrag" ist).

    Ja.

    Zitat

    Bei elektronischer Antragstellung wird der Stempel ja automatisch angebracht, § 136 Abs. 1 S. 2 GBO. Gleichwohl denke ich, dass elektronische Anträge "erstmal" ausgedruckt werden und auch der Geschäftsstelle übergeben werden, richtig?


    Solange wir keine elektronische Akte haben, wird alles ausgedruckt werden müssen.

    Zitat

    Sodann müsste ja "eigentlich" die unverzügliche elektronische Erfassung erfolgen (vgl. § 13 Abs. 1 Grundbuchgeschäftsanweisung NRW). Dies bedeutet die Aufnahme in die Antragsliste, richtig? Geschieht das händisch über SolumStar? Könnte ein elektronischer Antrag bei entsprechender XML-Struktur automatisch dort überführt werden, und wird das so gemacht?

    "Antragsliste" - ja. Überführung wird an fehlender elektronischer Akte scheitern. "Unverzüglich" ist relativ, die Geschäftsstelle bei uns hat einen beträchtlichen Telefon- und Parteiverkehr zu bewältigen. Es kommt oft vor, dass vor Mittag gar nichts eingetragen ist, immer wieder (v.a. bei Absenzen) auch erst am Folgetag.

    Bayern hat keine Grundbuchführer, das entfällt also. Über weitere Eingänge gibt es keine Vermerke, sie werden halt vom Rechtspfleger (bzw. dem Urkundsbeamten) nach § 17 GBO abgearbeitet.

    Zitat

    Das Verfahren ist sehr verkürzt dargestellt. Zum Teil ist es so, dass die Antragsliste nicht zuverlässig ist. Ohne Kritik zu üben oder Ursachenforschung zu betreiben, frage ich mich, wie denn die Grundbuchämter verfahren, die die Antragsliste nicht führen: Überspringen sie dann einfach den Schritt nach § 13 Abs. 1 Geschäftsanweisung und legen den Antrag dem Grundbuchführer vor?


    Was die Antragsliste (hier: Fallübersicht) nicht bringt, lässt sich nur dadurch beheben, dass man alles Papier zuverlässig und baldigst in die jeweilige Grundakte einsortiert. Dort sieht der Sachbearbeiter ja dann, was Sache ist. Wenn man jede Akte zum Verfahren beizieht, die irgendwie benötigt wird, kann man dann eigentlich nicht über weitere Anträge stolpern, die in anderen Akten sind.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Die eigentlich anzubringenden Vermerke über konkurrierende Anträge werden hier oft nicht gemacht, da man beim Aufschlagen der Akte ja sieht (sehen sollte), ob solche Anträge vorliegen (und sei es durch eine Verweisung). Formal korrekt ist das nicht...
    In Brandenburg ist der elektronische Rechtsverkehr zu den Grundbuchämtern noch nicht zugelassen, so daß ich dazu nichts beitragen kann.
    Je nach Belastungssituation kann es durchaus Tage dauern, bis ein Antrag in der Markentabelle von SolumSTAR auftaucht und damit für die Notare von außen einsehbar ist. Präsentiert und der Grundakte beigefügt sollte er aber schon unverzüglich sein (und was unverzüglich übersetzt bedeutet, wissen wir ja).

    Beginne den Tag mit einem Lächeln. Dann hast Du es hinter Dir. (Nico Semsrott)

    "Das Beste an der DDR war der Traum, den wir von ihr hatten." Herrmann Kant in einem Fernsehinterview

  • Ich hätte hierzu noch eine Ergänzungsfrage:
    Ertl DNotZ 1969, 650, 658 ff hat im Jahr 1969 einmal dargestellt, wie der Eingangsvermerk nach § 13 Abs. 1 S. 2 GBO technisch angebracht wird und wie die Grundakten im Einzelnen geführt werden. Er hat dabei nach einer Umfrage bei den GBA folgende „Verfahren“ festgestellt:
    1. Grundbuchplombe (schon damals nur von „wenigen“ Grundbuchämtern praktiziert): Die Einlauflistennummer oder Ordnungsnummer oder UR-Nr wird mit Bleistift entweder auf dem Titelblatt oder in Abt. I des Grundbuchs vermerkt. Vorteil: Nur wenn eine „Plombe“ vorliegt, muss man die Grundakten einsehen. Nachteil: Kein Urkundsbeweiswert.
    2. Vorblattmethode: Jeder Eingang wird in einem Vorblatt eingetragen, das in jedem Grundakt ist. Bei Betroffenheit mehrerer Blätter: Eintragung entweder auf allen Blättern oder nur bei einem Grundakt und im Übrigen nach Vermerkblatt.
    3. Vermerkblattmethode: Eingang wird mit schriftlichem Vermerk, ob weitere Anträge vorliegen; sind mehrere Grundakten betroffen, kommt Vermerk zu allen Akten.
    4. „Einfache Methode“ (damals das häufigste): Eingang wird zu Grundakten gelegt; sind mehrere betroffen, werden sie zusamengebunden oder in einen Sammelumschlag gelegt.
    Inwieweit sind 50 Jahre später im Zeitalter des elektronischen Rechtsverkehrs und der Pflicht zur elektronischen Aufnahme und ggf. erfolgter weiterer Änderungen der jeweiligen AktO/GBGAnwG diese Verfahren noch aktuell?
    Denn trotz Elektronik wird es Papier ja immer noch geben (Ersuchen nach § 39 GBO; Anträge von Naturalparteien).
    Danke und Gruß
    Andydomingo

  • Hier haben wir noch keine elektronische Grundbuchakte und auch keinen elektronischen Rechtsverkehr im Grundbuchamt, so dass ich Dir diese Fragen mangels Praxis nicht beantworten kann.

    Juppheidi, juppheida, Erbsen sind zum Zählen da ...

  • Hier wird solumStar verwendet. Neu eingehende Anträge werden mit den Urkundsdaten erfasst und sind dann über die sog. Markentabelle sichtbar. Diese Markentabelle ist rechtlich nicht bindend, aber für die Notariate wichtig. Der Eintrag in die Markentabelle soll möglichst zeitnah erfolgen.

    Der Antrag kommt zur führenden Akte, in die Akten der übrigen beteiligten Blätter wird ein Vermerkblatt gelegt (sog. Rotzettel). Soweit ein Blatt auch in einem anderen Fall mit beteiligt ist, wird diese Beteiligung zudem in solumStar über die sog. Mehrfacheinträge angezeigt.

  • Bei uns auch wie bei Kai, mit Ergänzung:
    Durch das Fenster "Mehrfacheinträge" kann auch gesehen werden, ob ggf. schon Folgeanträge zu diesem Grundbuchblatt erfasst wurden.
    Dies ist hier relataiv häufig bei Baugebieten, in denen 5 bis 10 Anträge im Block eingereicht werden. Das macht es mir einfacher, keinen Antrag zu vergessen oder ggf. die falsche Eintragung aus einem anderen Fall zu bearbeiten.

    Das klappt bei uns super, ist aber natürlich abhängig von der Geschwindigkeit der Geschäftsstellen bei der Erfassung. Auch dfas ist bei uns superschnell.

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