Bestimmung Pfändungsschutzkonto

  • Hallo,

    ich habe als Vollstreckungsgericht einen Antrag vom Hauptzollamt auf Bestimmung eines Pfändungsschutzkontos gem. § 850 K Abs.9 ZPO. Der Schuldner hat offenbar zwei P-Konten.
    Nun sind diese Konten durch Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom Hauptzollamt gepfändet.
    Gehe ich richtig in der Annahme, dass dennoch ich für diesen Antrag zuständig bin obwohl normalerweise gilt, dass die ausstellende Behörde (hier Hauptzollamt) die Anträge bzgl. des P-Kontos bearbeiten muss (also §§850k,f,g, usw)?

  • Ich denke hier muss ausnahmsweise das Vollstreckungsgericht tätig werden, denn das HZA ist nicht nur Vollstreckungsgericht sondern auch Gläubiger, es sollte diesem daher nicht möglich sein eine solche Bestimmung zu treffen (Interessenskollision).

    Es wäre nicht nachzuvollziehen, wenn der Gläubiger selbst einen Antrag an sich selbst richtet, diesen selbst prüft und dann den Beschluss erlässt.

  • Die vollstreckende Behörde ist selbst für die Bescheidung zuständig, wie sich aus § 319 AO ergibt.

    Die direkte Zuständigkeit der Vollstreckungsgerichte für öffentlich-rechtlich vollstreckte Forderungen ist gemäß § 309 Absatz 3 AO ausschließlich für den Fall der Anordnung der Unpfändbarkeit des Kontos gemäß § 850l ZPO vorgesehen.
    .
    Da auch das Gericht bei einer Entscheidung nach § 850k Abs. 9 ZPO an die Bestimmung durch den Gl. gebunden ist und nicht einmal eine Anhörung erfolgt, sehe ich gerade bei diesem Fall keine Interessenkollision.

  • Ich denke, dass es hier es bei der Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts bleibt. Ich bin da bei Insulaners Argumentation.

    Lasst ja die Kinder viel lachen, sonst werden sie böse im Alter. Kinder, die viel lachen, kämpfen auf der Seite der Engel.
    Hrabanus Maurus


    Nach manchen Gesprächen mit einem Menschen hat man das Verlangen, eine Katze zu streicheln, einem Affen zuzunicken oder vor einem Elefanten den Hut zu ziehen.
    Maxim Gorki



  • Dem kann ich leider nicht folgen WinterM:

    319 AO gilt für Unpfändbarkeiten , laut Gesetzestext:

    "Beschränkungen und Verbote, die nach §§ 850 bis 852 der Zivilprozessordnung und anderen gesetzlichen Bestimmungen für die Pfändung von Forderungen und Ansprüchen bestehen, gelten sinngemäß."


    Hier handelt es sich um die Bestimmung des P-Konto, meines Erachtens nicht um eine Beschränkung oder Verbot der Zwangsvollstreckung- in der AO habe ich keine Verweisung gefunden, die der Vollstreckungsbehörde diese Entscheidung erlaubt.

    Deine Aussage:
    "Die direkte Zuständigkeit der Vollstreckungsgerichte für öffentlich-rechtlich vollstreckte Forderungen ist gemäß § 309 Absatz 3 AO ausschließlich für den Fall der Anordnung der Unpfändbarkeit des Kontos gemäß § 850l ZPO vorgesehen."

    bitte ich dich zu begründen, denn das gibt der § 309 gar nicht her: Er sagt lediglich aus :

    "Bei Pfändung des Guthabens eines Kontos des Vollstreckungsschuldners bei einem Kreditinstitut

    gelten die §§ 833a und 850l der Zivilprozessordnung entsprechend .2 § 850l der Zivilprozessordnung gilt mit der Maßgabe, dass Anträge bei dem nach § 828 Abs. 2 der Zivilprozessordnung zuständigen Vollstreckungsgericht zu stellen sind."

    Über die Zuständigkeit sagt § 309 nur etwas zu dem in § 309 als anwendbar erklärten 850l aus- die von dir angegebene Ausschließlichkeit der Zuständigkeit beeinhaltet er nicht- die Aussage gilt nur für den 850 l, für nichts anderes. In Verbindung mit § 319 kann er maximal so gesehen werden, dass bezüglich Beschränkungen und Verbote diese Ausschließlichkeit gilt, sprich alle anderen Beschränkungen und Verbote durch das HZA erfolgen und nur 850 l Beschränkungen durch das Vollstreckungsgericht, aber wie gesagt- es handelt sich meiner Ansicht nach nicht um eine Beschränkung oder ein Verbot sondern um die Bestimmung des P-Konto.


    Interessenkollision - ja das kann man so oder so sehen- jedoch fehlt meines Erachtens hier weiterhin überhaupt die Befugnis des HZA die Bestimmung des P-Konto überhaupt vorzunehmen.


    Ich bin aber gerne bereit mich überzeugen zu lassen- gibt es hier zufällig jemanden, der einen Kommentar zur AO hat und dies bitte nachschlagen kann?

  • Ich denke, dass es hier es bei der Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts bleibt. Ich bin da bei Insulaners Argumentation.


    Dem kann ich nicht folgen.

    Wenn es um die Interessenkollision geht, müsste für Anträge des Schuldners auf Erhöhung des pfändungsfreien Betrages (z. B. wegen einmaliger Nachzahlungen von Sozialleistungen) auch stets das Vollstreckungsgericht zuständig sein.

    Das ist aber hinsichtlich durch das HZA ausgebrachter Pfändungen nicht der Fall.

  • Zuständigkeit der Vollstreckungsgerichts? Spontan, ohne groß geforscht zu haben würde ich meinen: Vollstreckung ist meiner Ansicht nach generell Gerichtssache. Nur in Ausnahmefällen dürfen andere diese Aufgabe wahrnehmen und dann nur soweit Ihnen es erlaubt ist. Spontaner Kommentarfund, wenn auch nur zu den Schutzbestimmungen:


    Die Pfändungsschutzbestimmungen sind für Zwecke der AO lediglich „sinngemäß“ anzuwenden. Dabei ist zu beachten, dass die Pfändung von Geldforderungen nach der AO durch Pfändungsverfügung iSd § AO § 309 Abs. AO § 309 Absatz 1 – und mithin durch einen von der Vollstreckungsbehörde selbst zu erlassenden Verwaltungsakt – erfolgt, während in der ZPO dem Vollstreckungsgericht (§ ZPO § 828 ZPO) – als von Vollstreckungsgläubiger und -schuldner unabhängiger Akteur – wesentliche Aufgaben zugewiesen sind. In der Folge werden, soweit der über § ZPO § 319 eröffnete Anwendungsbereich der ZPO reicht, die dem Vollstreckungsgericht eingeräumten Befugnisse durch die Vollstreckungsbehörde wahrgenommen. Rechtsschutz gegen die Maßnahmen der Vollstreckungsbehörde wird nach Maßgabe der AO und der FGO und nicht nach der ZPO gewährt.

    BeckOK AO/Martini AO § 319 Rn. 7-23.1


    Und ebenso in Niedersachsen:

    [h=2]§ 76 Verweisungen[/h]

    Soweit in diesem Gesetz auf Vorschriften der Zivilprozessordnung verwiesen wird und nicht etwas anderes bestimmt ist, treten an die Stelle des Vollstreckungsgerichts die Vollstreckungsbehörde und an die Stelle eines nach der Zivilprozessordnung erforderlichen vollstreckbaren Titels die in § 2 Abs. 1 bis 4 genannten Vollstreckungsurkunden, soweit für sie die Vollstreckungsvoraussetzungen des § 3 vorliegen.


    Eine Verweisung für die Bestimmung des P-Konto habe ich jedoch nicht gefunden...




    Roter Satz, Umkehrschluss: wenn der Anwendungsbereich über 319 nicht eröffnet ist, können die Befugnisse von der Vollstreckungsbehörde nicht wahrgenommen werden und sind weiterhin die dem Vollstreckungsgericht eingeräumten Befugnisse- sprich auch von diesem wahrzunehmen.


  • § ZPO § 319 eröffnete Anwendungsbereich der ZPO

    Da stimmt definitiv was nicht in der Verlinkung. Es geht ja um den § 319 AO.

    Im Übrigen empfehle ich einen Blick in die Liste der zu § 319 AO ergangenen Entscheidung. Da wird schnell Winters Sicht bestätigt.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • So, nachdem ich nun auch etwas intensiver geschaut habe, habe ich keine Rechtsgrundlage für die Bestimmung des P-Kontos durch die Verwaltungsbehörde finden können, leider auch keinerlei Rechtsprechung zu dem Thema. Überall heißt es Rechtspflegerzuständigkeit und Vollstreckungsgericht (Stöber, 850k Rn: 18- der Gläubiger hat ein Bestimmungsrecht, es ist gegenüber dem Vollstreckungsgericht auszuüben).


    @ Felgentreu: Mit dem Tip: Im Übrigen empfehle ich einen Blick in die Liste der zu § 319 AO ergangenen Entscheidung. Da wird schnell Winters Sicht bestätigt.


    konnte ich leider nichts anfangen- welche Liste meinst du ?

    Ich bleibe also bei der Ansicht: Ich denke, die Bestimmung kann das HZA mangels durch Verwaltungsvorschrift dafür gegebene Befugnis nicht durchführen.

    Da ich keine Verwaltungskommentare hier habe, verfolge ich dies hier weiter- vielleicht hat ja jemand etwas für genau die Maßnahme (Bestimmung des P-Konto) einschlägiges. Die von WinterM genannte Zuständigkeit für diese Maßnahme habe ich in der angegebenen Randnummer 11 nicht finden können.

    Ggf. kann ja die Themanstarterin mal beim Hautzollamt anfragen, auf welcher Grundlage die Bestimmung begehrt wird.

    @Miba: wärst du so nett?

  • Im Übrigen empfehle ich einen Blick in die Liste der zu § 319 AO ergangenen Entscheidung.

    Wenn Du auf den verlinkten Paragraphen gehst, zeigt Dir im unteren Bereich auch der Anbieter versch. Entscheidungen zu dem Thema, u.a. VG Freiburg Beschluß vom 9.5.2018, 6 K 2172/18 - dort einschlägig Rn. 10 und 11.

    Gleichfalls Rn. 10 der Folgeentscheidung VGH Baden-Württemberg Beschluß vom 28.8.2018, 2 S 1254/18

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Danke, dies bezieht sich aber leider nur auf die Zuständigkeit für die Schutzbestimmungen und bestätigt die Sticht, dass eine Interessenkollision im HZA nicht vorliegen wird.

    Bleibt weiterhin die Hauptfrage: Wer darf das P-Konto bestimmen?

  • Danke, dies bezieht sich aber leider nur auf die Zuständigkeit für die Schutzbestimmungen und bestätigt die Sticht, dass eine Interessenkollision im HZA nicht vorliegen wird.

    Bleibt weiterhin die Hauptfrage: Wer darf das P-Konto bestimmen?

    Loose in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 156. Lieferung 04.2019, § 319 AO, Randnummer 75a
    (zu finden bei Juris)
    Auch hier wird von der Vollstreckungsbehörde gesprochen und nicht vom Vollstreckungsgericht

  • Danke, dies bezieht sich aber leider nur auf die Zuständigkeit für die Schutzbestimmungen und bestätigt die Sticht, dass eine Interessenkollision im HZA nicht vorliegen wird.

    Bleibt weiterhin die Hauptfrage: Wer darf das P-Konto bestimmen?

    Ich bin derselben Ansicht wie WinterM: Es hat die Vollstreckungsbehörde zu entscheiden (s. auch Koenig/Fritsch AO § 319 Rn. 42a a. E., beck-online).

    Einmal editiert, zuletzt von AlissaKiu (9. Juli 2019 um 14:37) aus folgendem Grund: Fundstelle korrigiert

  • Der Grundsatz ist: In der Verwaltungsvollstreckung tritt die Vollstreckungsbehörde an die Stelle des Vollstreckungsgerichts, soweit die AO diesbezüglich keine Ausnahme bestimmt.

    Ich glaube du klammerst dich zu sehr an "Beschränkungen und Verbote" und liest es so, dass nur die den Schuldner nützenden Normen anwendbar sind.

    Über § 319 AO kommt man jedoch auch z.B. dazu, dass die Vollstreckungsbehörde Anordnungen nach § 850c Abs. 4 ZPO treffen kann, vgl. z.B. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.02.2003 – 5 K 2441/01

    Immer in Kombi mit dem jeweiligen Verwaltungsvollstreckungsgesetz
    für das Land Nordrhein-Westfalen (Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW - VwVG NRW),
    § 48:
    Beschränkungen und Verbote, die nach den §§ 850 bis 852 der Zivilprozessordnung und anderen gesetzlichen Bestimmungen für die Pfändung von Forderungen und Ansprüchen bestehen, gelten auch für das Zwangsverfahren….
    Die in diesen Bestimmungen vorgesehenen Befugnisse des Vollstreckungsgerichts nimmt die Vollstreckungsbehörde wahr….

  • In der von Alissa genannten Kommentarstelle steht genau das, was ich vor einer Entscheidung auch gern gehabt hätte (zweitletzter Satz):

    Dass, wenn die Vollstreckungsbehörde gepfändet hat, diese anordet, welches Konto als P-Konto verbleibt.


    Mehr denke ich braucht die Themenstarterin auch nicht- eine für genau diesen Fall zitierbare Kommentarstelle.

    Damit kann man erstmal arbeiten. Ggf. mag das HZA etwas besseres finden und vortragen.


  • wobei ich es durchaus erheiternd finde, dass einem (nicht näher belegten oder begründeten) Satz in einem Kommentar offenbar ein höheres Gewicht beigemessenen wird, als irgendeiner Aussage in der bisherigen Diskussion.....

    So leicht wäre ich nicht zu beeindrucken :strecker

  • Ich hab auch nicht gesagt, dass ich überzeugt wäre. Und gewichten tue ich es auch nicht. Klar kann dieses Meinung eine Mindermeinung sein oder total falsch.

    Wenn mir jemand -der es besser wissen muss als ich- nämlich die Vollstreckungsbehörde selbst, einen Antrag vorlegt und damit erklärt nicht zuständig zu sein, dann möchte ich gern für eine Antwort etwas eindeutiges, genau auf den Fall bezogenes antworten. ( Ich gehe ja davon aus, dass diejenigen mit mehr Ahnung in Verwaltungsvollstreckung, sprich diejenigen im HZA §319 AO als erstes geprüft haben, das ist deren täglich Brot- mit negativem Ergebnis)

    Denn auf die bisherigen Antworten aus der Diskussion konnte das HZA genau so antworten wie ich es bereits getan habe : 319 AO betrifft Beschränkungen und Verbote, der Auslegung des AG schließen wir uns nicht an, da sich es sich bei der Bestimmung des Kontos nicht um eine Beschränkung oder ein Verbot handelt. Die angeführte Rechtsprechung betrifft den vorliegenden Fall- die Bestimmung des P-Konto- eben gerade nicht. Es wird gebeten die dortige Rechtsauffassung zu begründen. Und dann bin ich wieder am Anfang, ich antworte sehr ungern mit Rechtsprechung, die einen anderen Fall betrifft und in meinen Augen nicht eindeutig genug ist -da ich mir schon denken kann, was als Antwort kommt.

    Auf die zitierte Kommentarstelle kann so etwas nicht geantwortet werden, da sie genau die Zuweisung des Kontos behandelt. Hier muss schon genauer geantwortet werden, begründet werden warum dem Kommentar nicht gefolgt wird. Was auch immer kommt- damit kann ich weiterarbeiten. (ich glaube ja nicht, dass etwas kommt- dies ist in der normalen Vollstreckung schon ein Sonderfall, bei der Verwaltungsvollstreckung wird es ebenso sein,der Bearbeiter war ratlos und wollte von uns einen Grund genannt bekommen, warum er das darf- der wird froh sein seine folgende Entscheidung begründen zu können und gut ist)

    Mit der Kommentarstelle (egal ob ich sie gut finde oder nicht, sie für richtig halte oder nicht) kann ich also arbeiten, die Akte ist vom Tisch- mehr will ich doch eigentlich nicht.

    Und: wie du schon erwähntest- das Endergebnis wäre egal bei welcher Zuständigkeit das Gleiche.

  • Bei der Entscheidung nach § 850 k Abs. 9 ZPO handelt es sich m.E. nicht um eine Entscheidung bezüglich einer konkreten Vollstreckungsmaßnahme (diese wäre durch das HZA durchzuführen), sondern vielmehr um eine gestaltende Entscheidung über ein Konto mit möglicherweise mehrenen anhängigen anderweitigen Vollstreckungsmaßnahmen anderer, auch privater, Gläubiger (und da haben wir noch keine Insolvenz :teufel:). Es ist daher mehr als fraglich, ob das HZA hierzu entsprechende Entscheidungsbefugnisse hat.

    Analog einer Entscheidung nach § 850 l ZPO wirkt sich eine Entscheidung auf alle Gläubiger aus. Gerichtszuständigkeit ist daher m.E. gegeben.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!