RA als Betreuer, Geschäftsgebühr tituliert

  • Hallo!
    Ich habe einen außergewöhnlichen Fall zur Vergütung und komme nicht weiter.
    Der anwaltliche Betreuer hat ein Verfahren für den Betroffenen gegen einen Bekannten des Betroffenen geführt und gewonnen. Hierbei sind auch außergerichtliche Kosten (eine Geschäftsgebühr) entstanden, welche mit eingeklagt und gegen den Bekannten tituliert wurden. Nun wünscht der Betroffene nicht, dass der Titel vollstreckt wird. Er war von Anfang an gegen das Verfahren. Die Betreuung wird voraussichtlich in Kürze aufgehoben. Der Betreuer möchte nun die Geschäftsgebühr dem Girokonto des Betroffenen entnehmen. Dieser ist aber nicht vermögend. Alternativ bittet er um Auszahlung aus der Staatskasse. Der Bezirksrevisor hat hiergegen Bedenken, weil er keinen Grund sieht, den Titel nicht zu vollstrecken. Wenn die Betreuung aber nächste Woche schon aufgehoben wird -wonach es im Moment aussieht- wird der Betreuer ja definitiv nicht mehr an sein Geld kommen.
    VKH wurde übrigens beantragt und bewilligt, umfasst ja aber keine außergerichtlichen Gebühren.
    Müsste man den betroffenen aufgrund des Titels als vermögend betrachten, sodass die Entnahme korrekt wäre? Oder müsste die Auszahlung aus der Staatskasse -evtl. nach Aufhebung- erfolgen? Gäbe es dann eine Art Übergang?

  • Ich hätte Bedenken gegen die Entnahme der Geschäftsgebühr aus dem Vermögen des Betroffenen.

    Der Betreuer wäre verpflichtet gewesen, Beratungshilfe für die außergerichtliche Tätigkeit zu beantragen, OLG Frankfurt, 16.07.2009 - 20 W 147/06.

    M. E. könnte er somit aus der Staatskasse allenfalls den BerH-Satz vergütet erhalten.

  • Ich wäre da zunächst pragmatischer.

    Vor dem Hintergrund, dass die Geschäftsgebühr im Verhältnis Anwalt - Betroffener entstanden ist und die ergangene Entscheidung nunmehr (nur) ausspricht, dass den unterlegene Gegner eine Erstattungspflicht trifft, wäre die Gebühr aus dem Vermögen des Betroffenen zu zahlen.
    Ob man ihm gleichzeitig die von Frog genannte Entscheidung mit an die Hand gibt hinsichtlich der Deckelung seines Anspruchs, mag der Fragesteller selbst entscheiden.

    Auch eilt diese Geschichte nicht, da er den originären Anspruch auch außerhalb seiner Betreuerbestellung durchsetzen kann.

    Gleichzeitig kann und muss anhand des erlangten Titels der VKH-Bewilliger entscheiden, ob Rückforderungsmöglichkeiten bestehen - diese Prüfung ist unabhängig vom Willen des Betroffenen.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Ich wäre da zunächst pragmatischer.

    Vor dem Hintergrund, dass die Geschäftsgebühr im Verhältnis Anwalt - Betroffener entstanden ist und die ergangene Entscheidung nunmehr (nur) ausspricht, dass den unterlegene Gegner eine Erstattungspflicht trifft, wäre die Gebühr aus dem Vermögen des Betroffenen zu zahlen.

    Aber muss der Betreuer nicht gemäß § 1835 Abs. 4 BGB seine Aufwendungen gegen die Staatskasse geltend machen, wenn der Betroffene mittellos ist?

  • Der Betreuer soll dem Betreuten in den Angelegenheiten helfen, die dieser selbst nicht besorgen kann.

    Der Wille des Betreuten ist immer zu berücksichtigen.

    "Er war von Anfang an gegen das Verfahren." - wenn dem so ist, hätte der Betreuer das Verfahren nicht führen dürfen- es war der Wille des Betroffenen zu berücksichtigen.

    Da er das Verfahren nicht hätte führen dürfen, hat er auch keine Ansprüche, ich nehme mal an es gab auch keine Prozessvollmacht, da der Betreute das Verfahren nicht wollte.

    Auf welcher Grundlage ist der Anwalt tätig geworden und warum?

    Also wenn er kraft eigener Arroganz

    gegen den Willen des Betreuten

    ohne Auftrag

    einen Prozess geführt hat - dann würde ich zu dem Ergebnis kommen, dass ihm gar nichts zusteht- und vom Betreuungsgericht schon mal ganz und gar nicht. Von der Verpflichtung für den Betreuten Beratungshilfe/Verfahrenskostenhilfe zu beantragen mal ganz abgesehen.

    Einen Beratungshilfesatz aus der Staatskasse ohne Antrag- sorry, no way.

    Aber das habe ich erst einmal nicht zu prüfen- wenn der Betreuer in seiner Betreuereigenschaft eine Rechnung von sich selbst bezahlt (vorausgesetzt AK Vermögenssorge) habe ich daran nichts zu rütteln und vermerke das ggf. bei der Prüfung der Rechnungslegung.

    Wenn der Antrag an mich gestellt würde: "können Ihnen anwaltliche Tätigkeiten, die Sie entgegen § 1901 Absatz 2 und 3 BGB ausführten nicht vergütet bekommen, da es sich dann nicht um Aufgaben aus der Betreuungstätigkeit handelt".
    (Voraussetzung: Ein Wille des Betreuten gegen das Verfahren kann glaubhaft gemacht werden)


  • Aber muss der Betreuer nicht gemäß § 1835 Abs. 4 BGB seine Aufwendungen gegen die Staatskasse geltend machen, wenn der Betroffene mittellos ist?

    Ja, in der Tat, sofern auch § 1835 Abs. 3 BGB erfüllt ist. Ich hatte halt die Hoffnung - auch aus dem Grund, da mir schleierhaft erscheint, wieso das Kostentragungsrisiko, was ja zunächst auf der Seite des Betroffenen liegt, der Staatskasse übergeholfen werden soll - es fällt keinem auf. ;)

    Aber wir warten dann einfach, bis der Betroffene aus dem Urteil vollstreckt und der Staatskasse diesen Betrag selbstfreilich erstattet.

    Im Ergebnis: Gegen die Staatskasse gedeckelt auf BerH-Beträge.

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  • Der Betreuer soll dem Betreuten in den Angelegenheiten helfen, die dieser selbst nicht besorgen kann.

    Der Wille des Betreuten ist immer zu berücksichtigen.

    "Er war von Anfang an gegen das Verfahren." - wenn dem so ist, hätte der Betreuer das Verfahren nicht führen dürfen- es war der Wille des Betroffenen zu berücksichtigen.

    Da er das Verfahren nicht hätte führen dürfen, hat er auch keine Ansprüche, ich nehme mal an es gab auch keine Prozessvollmacht, da der Betreute das Verfahren nicht wollte.

    Auf welcher Grundlage ist der Anwalt tätig geworden und warum?

    Der Betroffene steht unter Einwilligungsvorbehalt in Vermögensangelegenheiten. Es wurde laut Aktenvermerk in einer gemeinsamen Anhörung wohl zwischen Richter und Betreuer vereinbart, das Verfahren zu führen, weil der Betroffene auf das Geld angewiesen ist.
    Die Betreuung soll aufgehoben werden, weil der Betroffene dies wünscht und noch (teilweise) frei willensbestimmt ist.

  • Am Rande: Hat er im VKH-Vergütungsverfahren Aussagen zu § 58 RVG gebracht?

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  • Es handelt sich um eine titulierte Forderung gegen einen Dritten. Vorausgesetzt der Dritte ist solvent, handelt es sich mithin um einen verwertbaren Vermögensgegenstand, der gem. §§ 1835 Abs. 4, 1836c Nr. 2 BGB i.V.m. § 90 Abs. 1 SGB XII für die Auslagen einzusetzen ist. Wir fragen doch auch z.B. bei vorhandenem Sparvermögen nicht danach, ob der Betreute diese Regelung gut findet. Ich sehe im Moment den Unterschied nicht.

    2 Mal editiert, zuletzt von SiGI (10. Juli 2019 um 15:30) aus folgendem Grund: Vergütung durch Auslagen ersetzt

  • Na, da dies geklärt ist, bleibe ich bei:

    "Aber das habe ich erst einmal nicht zu prüfen- wenn der Betreuer in seiner Betreuereigenschaft eine Rechnung von sich selbst bezahlt (vorausgesetzt AK Vermögenssorge) habe ich daran nichts zu rütteln und vermerke das ggf. bei der Prüfung der Rechnungslegung."

    Sprich der Betreuer zahlt seine in seiner Eigenschaft als Anwalt an den Betreuten gestellte Rechnung. Eine Prüfung bezüglich mittellos oder Vermögend kommt hier (meines Erachtens) nicht in Betracht, da es sich um die Zahlung einer Rechnung und nicht um die Betreuervergütung handelt (kann man anders sehen, ich denke jedoch: Das Gericht hat zugestimmt den Rechtsstreit zu führen, der Betreuer hat es selbst gemacht- er kann jetzt nicht schlechter gestellt werden als ein anderer Anwalt, den er mit der Aufgabe betraut hätte. Das würde sonst dazu führen, dass Betreuer (mit den Kenntnissen über das Verfahren) immer Rechtssachen an andere Anwälte abgeben, (da sie mit Nichtbezahlung rechnen müssen)

    In die Rechnungslegung kommt dann ggf. der Vermerk, dass hier Beratungshilfe hätte beantragt werden können. Evtl. Rückforderungen obliegen dann dem Betreuten.

    Wenn man es anders sieht ist natürlich die Forderung aus dem Titel als Vermögen bei der Berechnung zu betrachten,sofern der Beklagte nicht offensichtlich leistungsunfähig ist.

  • Es haben sich neue Informationen zu der Sache ergeben:
    1. Die Betreuung wird wohl doch nicht aufgehoben, sondern es soll nur ein Betreuerwechsel erfolgen.
    2. Der Beklagte ist wohl mittellos, also die Forderung voraussichtlich nicht eintreibbar.
    3. BerH wurde beantragt und gewährt, aber bislang aufgrund der Titulierung der Geschäftsgebühr nicht abgerechnet.
    4. Die Geschäftsgebühr wurde beim VKH-Vergütungsantrag angegeben, aber nicht angerechnet (da bisher nicht gezahlt). Die Entscheidung über die VKH-Vergütung steht noch aus.

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