Vergleich vor dem Nachlassgericht?

  • Guten Morgen, zum Abschluss der Woche mal was Neues:

    Ich habe vom Nachlassgericht eine Akte zugeleitet bekommen mit der Bitte um Mitteilung, ob der darin enthaltene Vergleichsvorschlag grunbuchlich umgesetzt werden könnte. Es geht wohl um einen Streit unter den Beteiligten der so gelöst werden soll, dass 10 zu Erben werden und Nr. 11 erhält vermächtnisweise ein Grundstück. Man möchte neben dieser Einigung gleich die Auflassung erklären.

    Meine Basis-Frage die sich mir jetzt stellt ist:
    Kann man überhaupt vor dem Nachlassrichter einen Vergleich schließen?

    In der Kommentierung finde ich nur Beispiele vor den Gerichten in denen die ZPO sowieso gilt. Das Nachlassverfahren ist aber ein FamFG Verfahren. § 36 Abs. 2 FamFG verweist nur auf die Formvorschriften der ZPO.
    Gleichzeitig fand ich bei der Kommentierung zu 127a BGB (in dem steht dass der Vergleich die Beurkundung ersetzt): Der Vergleich muss zunächst in einem vor einem Gericht rechtshängigen Verfahren geschlossen werden. (BeckOGK/Wollenschläger, 15.4.2019, BGB § 127a Rn. 15). Hierzu § 261 ZPO: Durch die Erhebung der Klage wird die Rechtshängigkeit der Streitsache begründet. Das Erbscheinsverfahren ist aber keine Klageverfahren, also keine Wirkung des 127a BGB.

    Soweit mein Ergebnis. Mit der Kosnequenz, dass ein Vergleich vor dem Nachlassrichter nicht der Form des 19 GBO entspricht. Richtig?

  • Ich habe auch noch den alten Stöber hier aus dem Jahr 2008, und da stand drin, dass für diese Auseinandersetzung der Rechtspfleger zuständig ist. Hier geht es aber um ein streitiges Erbscheinsverfahren vor dem Richter, also ganz anderes Verfahren.

  • Die wird es sicher geben, denn die Richterin hat (was nicht jeder bedenkt) schon darauf hingewiesen, dass alle anwesend sein müssen wenn die Auflassen rein soll.

    Super, Danke, schönes Wochenende.

  • Das Erbscheinsverfahren ist aber keine Klageverfahren, also keine Wirkung des 127a BGB.

    Wenn hier der § 363 FamFG nicht den Rahmen für den Vergleich bildet und auch nicht des reine Erbscheinsverfahren, was eigentlich dann? Die protokollierte mündliche Verhandlung allein wird nicht genügen. Sonst könnte auch im Prozeßkostenhilfeverfahren eine Auflassung erklärt werden (§ 118 Abs. 1 S. 3 ZPO). Es fehlt noch das "insoweit" nach Schöner/Stöber a.a.O.

  • Ich habe vom Nachlassgericht eine Akte zugeleitet bekommen mit der Bitte um Mitteilung, ob der darin enthaltene Vergleichsvorschlag grunbuchlich umgesetzt werden könnte. Es geht wohl um einen Streit unter den Beteiligten der so gelöst werden soll, dass 10 zu Erben werden und Nr. 11 erhält vermächtnisweise ein Grundstück. Man möchte neben dieser Einigung gleich die Auflassung erklären.

    BayObLG, aus Beschluß vom 14.07.1997, 1Z BR 39/97:

    "... Das Gesetz sieht für mehrere Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ausdrücklich vor, daß ein gerichtlicher Vergleich abgeschlossen und hieraus nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung vollstreckt werden kann (vgl. z. B. § 53 a Abs. 4 FGG für den Ausgleich des Zugewinns, § 53 g Abs. 3 FGG für den Versorgungsausgleich, § 45 Abs. 3 WEG, § 16 Abs. 3 HausratsV, § 31 LwVG, § 14 VertrHiG).

    Auch in anderen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit können die Beteiligten, soweit der Gegenstand der Vereinbarung ihrer Disposition unterliegt, nicht nur Vereinbarungen im Sinne des § 779 BGB schließen, sondern diese auch vor Gericht und mit dessen Mitwirkung zum Gegenstand von Prozeßhandlungen machen (Verfahrensvergleich). Dies gilt auch für das Erbscheinsverfahren. So können sich die Beteiligten verfahrensrechtlich über die Zurücknahme eines Erbscheinsantrags oder eines Rechtsmittels oder auch über einen Rechtsmittelverzicht einigen, materiellrechtlich zwar nicht über die Erbenstellung selbst (BayObLGZ 1966, 233/236 m. w. N.), aber doch über die Ausübung von Gestaltungsrechten, die die Erbfolge beeinflussen, z. B. die Ausschlagung einer Erbschaft oder die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung. Dabei können auch Gegenstände mitgeregelt werden, die selbst nicht Verfahrensgegenstand sind, wie z. B. die Zahlung einer Abfindung oder die Auseinandersetzung des Nachlassens (vgl. OLG Stuttgart OLGZ 1984, 131). ..."

  • Bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten einer letztwilligen Verfügung kann Gegenstand eines solchens Vergleichs auch die Verständigung auf eine dieser Möglichkeiten sein (Auslegungsvertrag). Mit Rechtsmittelverzicht hinsichtlich des Erbscheins und Abfindungsanspruch. Unter Umständen hat man hier an etwas in der Art gedacht. Statt der Abfindung gleich die Vermächtniserfüllung. Da läge dann der "innere Zusammenhang".

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