35 % und falsche Auskunft des Treuhänders

  • Hallo miteinander :).

    Wir haben hier aktuell folgenden Fall: Der Schuldner wollte vorzeitig RSB durch Zahlung der 35%- Quote und Deckung der Verfahrenskosten. Aus diesem Grund hat der beim Treuhänder nach dem Betrag gefragt, den er bzw. ein Dritter für ihn leisten muss, um die Voraussetzungen für die vorzeitige Restschuldbefreiung zu schaffen.
    Der Treuhänder teilte ihm diesem Betrag mit (streitet dies auch nicht ab). Der Betrag wurde geleistet, die Verfahrenskosten für das eröffnete Verfahren waren schon bei Aufhebung des Verfahrens gedeckt, der Verwalter entnimmt sich die Mindestvergütung und verteilt an die Gläubiger. 35 % sind erreicht- so weit so gut.
    Jetzt ist dem Treuhänder eingefallen, dass er ja die Vergütung 5 % aus dem vereinnahmten Betrag gem. § 14 I, II InsVV hätte fordern können. Die Dreijahresfrist ist verstrichen. Das Geld ist verteilt an die Gläubiger. Kontostand 0 Euro.
    Der Treuhänder beantragt jetzt die Festsetzung der Vergütung nach § 14 I, II InsVV und droht, einen Versagungsantrag zu stellen, sofern der Schuldner nicht zahlt. Nachdem es ja kein Fall der Mindestvergütung ist und die abgeführten Beträge ja ausgereicht hätten, um die Vergütung zu decken, kommt § 298 InsO m.E. nicht in Betracht.

    Wie sehr Ihr das? Nachdem der Treuhänder selbst den Betrag ausgerechnet hat, den der Schuldner zahlen soll, ist der Treuhänder m.E. selbst an seiner Misere der nicht gedeckten Vergütung schuld.

  • Ich denke, §298 InsO scheidet aus, wie du auch schreibst.

    Aber: Die Treuhändervergütung gehört ja zu den Kosten des Verfahrens i.S.d. §300 I InsO
    Wenn die nicht (auch) gedeckt ist, kann nach 3 Jahren nicht über die RSB entschieden werden.

    Ganz unabhängig davon hat der Treuhänder einen Verteilungsfehler begangen, weil er verteilt hat, bevor die Kosten des Verfahrens gedeckt waren

    Wenn man das ganze konsequent zu ende gehen möchte, führt das denke ich dorthin:
    Egal was der Schuldner jetzt macht, die (bereits entstandene!) Vergütung des Treuhänders war zum Ende der 3 Jahre nicht gedeckt
    Es kann noch nicht über die Restschuldbefreiung entschieden werden. (Uhlenbruch InsO, §300 RN 15)

    Nach 5 Jahren kann über die RSB entschieden werden, wenn bis dahin die Kosten gedeckt werden.

    Wenn die Kosten auch dann nicht gedeckt sind, auch nach 5 Jahren nicht
    => 6 Jahre WVP, an deren Ende gesehen werden muss, dass der Treuhänder durch seine verfrühte Verteilung einen Schaden verursacht hat, der bereinigt werden muss (Versuch der Rückforderung von den GL?, ansonsten eigene Tasche und die Kosten (die eigene Vergütung) ausgleichen)

    Ob sich der Treuhänder durch seine Fehlinformation ersatzpflichtig gegenüber dem Schuldner gemacht hat: keine Ahnung, soll der Schuldner versuchen vom Treuhänder geltend zu machen.

    Lösung vielleicht: Der Schuldner zahlt dem Treuhänder direkt Geld (die Vergütung) und der Treuhänder verzichtet gegenüber dem Gericht auf seine Vergütung, sodass die Kosten nach Ablauf der 3 Jahre gedeckt waren

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Wieviel war vor Verteilung da? Hätte das gereicht um 35% zu decken und die richtigen Kosten, dann kann die RSB ja erteilt werden. Die falsche Verteilung ist dann Treuhänders Problem.

    Wenn nicht, dann ist es nicht ganz so einfach, kann im Ergebnis auch nicht anders sein, denn der Treuhänder hat ja verbindlich seinen Kostenanteil schon mitgeteilt, dh. er hat festgelegt wie hoch die Verfahrenskosten sein werden. Und diese Summe ist ja offensichtlich gedeckt gewesen. Ich würde eine weitergehende Festsetzung ablehnen und RSB wäre auch in diesem Fall zu erteilen.

  • War die Mindestvergütung denn schon festgesetzt? Dann kann er aber nicht mehr umschwenken.

    Eine verfrühte Verteilung sehe ich dann nicht, wenn im Turnus die eingenommenen Beträge verteilt worden sind.

    Allerdings hätte man wohl, analog BGH vom 20.11.2014, IX ZB 16/14, eine Rückstellung bilden müssen.

    Wie wäre man vorgegangen, wenn es nicht um die vorzeitige RSB gegangen wäre und der Verwalter brav alles an die Gläubiger verteilt hätte und nachher aufgrund der Verfahrenskostenstundung, die Vergütung von der Staatskasse hätte haben wollen? Klarer Fall von dumm gelaufen und der Schuldner hätte sich wegen § 298 InsO mit dem TH im Streit befunden, § 280 BGB.

    M.E. sollte der TH hier den Mantel des Schweigens drüber decken.

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • Die 35 %- Quote sowie die vom TH ermittelten Kosten (Mindestvergütung) waren gedeckt. Auf die Möglichkeit der erhöhten Vergütung ist der TH wohl erst später gekommen. Soweit ich weiß (Verfahren gehört nicht mir), war die Mindestvergütung noch nicht festgesetzt.

    @LFdC: In Deinem Fall würde ich einen § 298 InsO ablehnen, wenn der TH verteilt hätte und nach dem Verteilen feststellt, dass er sich ja hätte die Vergütung entnehmen können. Es wäre ja die Mindestvergütung durch die vereinnahmten Beträge gedeckt gewesen. Und aus der Staatskasse würde der TH in diesem Fall auch nichts bekommen. Wäre ein Fall von : Selbst schuld.

  • Und der Treuhänder besteht tatsächlich in diesem Fall auf sein Recht? Ich sehe das auch so wie La Flor; da sollte der doch wirklich in diesem Verfahren verzichten. Das kann doch kein wirklich hoher Betrag sein?! Wenn nicht, ist das ja ein sehr sehr ärgerlicher Fall. Da wird es wohl darauf ankommen, wie verbindlich die Mitteilung des TH war. Wie immer in Insolvenzverfahren kann man es wohl so oder so machen. Ich persönlich finde, es entspricht doch überhaupt nicht dem Gerechtigkeitssinn, wenn der Treuhänder dem Schuldner seine Vergütung mitteilt, bereits die Verteilung vornimmt und jetzt noch mit einer Nachforderung kommt. Ich persönlich würde tatsächlich erteilen. Denn vor Verteilung der Masse hätte seine Vergütung "berichtigt" sein müssen. Damit ist m.E. nach der Verteilung eine Ergänzung nicht mehr möglich. Man hat den TH ja auch sicherlich angehört zu dem Antrag. dann hätte er das vorbringen müssen.

    Sich selbst nicht auf die gesetzlichen Vorgaben zu halten, dann aber nach eigenen Fehlern mit gesetzlichen Vorgaben zu drohen, finde ich nebenbei - gelinde gesagt- schäbig.

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    " Die Titanic wurde von Profis erbaut... Die Arche Noah aber von 'nem Amateur. Verstehen Sie, was ich meine?" (Bernd Stromberg)

  • Das passt hier nur beschränkt, aber in der Entscheidung vom 24.03.2011, IX ZB 67/10, Rn. 7, wird dem Schuldner bei einer Verfahrenseinstellung nach § 213 InsO ein Auskunftsanspruch gegen den Verwalter bezüglich der noch aufzubringenden Verfahrenskosten nicht abgesprochen, was ja auch sinnvoll ist. Wer sollte es auch sonst wissen können?

    [SIGPIC] [/SIGPIC] Vertrauue miiir (Kaa: Das Dschungelbuch, 4. Akt, 3. Szene)

  • ein Sch- fall !
    Im Thread ist das von der Problemlage schon mal sauber danach geschieden worden, ob nun die RSB zu erteilen ist und was mit dem Vergütungsanspruch sei.
    So: nun mal bösartig: die RSB ist jetzt nicht zu erteilen, da die gesetzlichen Vorausstzungen nicht erfüllt sind.

    So: nun mal "steile" These:

    lässt sich der Vergütungsansruch von der 3-Jahres-Regel abstrahieren ?
    Also die Vergütung wird verdient mit der Tätigkeit, fällig mit Beendigung des Amtes und konkretisiert durch die gerichtliche Festsetzung.
    Vor der Festsetzung sind jedenfalls die Vorschüsse einzubeziehen.

    Ich denke, die h.A. geht davon aus, dass alles innerhalb der 3 Jahre im "Pott" sein muss, und meine These damit irjendswie (sorry, Rheinländer) nur äußerst schwer argumentariv zu vertreten wäre (als Schuldnervertreter würde ich dies aber tun :D ).


    Begründet liegt das Prob zuvorderst in der Vergütungsregelung betr. der zugesteuerten Drittmittel. Ich wäre kurz davor, diese Regelung als rechtspolitisch verfehlt einzuordnen, aber so einfach ist es nicht ! Bei den meisten Verfahren reden wir über peanuts, aber das muss nicht zwangsläuig so sein. Da hat der Treuhänder rücksichtlich der zugesteuerten Drittmittel - auch je nach Höhe - eine erhebliche Verantwortung.
    Die Auskunftsproblematik - ich durfte zweimal zu diesem Unter-thema referieren - ist "heikel".

    Also einen SEA des Schuldners oder des Dritten sehe ich nicht so mal eben gegeben, der Schuldner hat immer noch die Verpflichtung, sich zu Fragen seiner vorzeitigen RSB-Erteilung umfassend zu informieren, mithin auch durch Rückfrage an das Gericht.
    ABER: hinsichtlich der Kalkulation der Vergütung ist der Treuhänder der Ansprechpartner !
    Diesbezüglich ist das Gericht auch nicht in einer Beratungsfunktion, 139 ZPO ist m.E. da auch raus.

    Auf den Fall gewendet:
    Sofern man mal nicht den Weg der oben skizzierten These gehen will: der Antrag auf vorzeitige RSB wäre zurückzuweisen.
    Sinnvoll wäre ein entsprechender reduzierter Vergütungsantrag um das Teil zu heilen.

    - bin mal auf die Einschätzung des Plenums gespannt (kollege hat grad so ein teil auf dem tisch, da geht es um ein gap i.hv. knapp 40,--)

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
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    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • ...dann stell ich mal als spitzfindiger juristischer Laie folgende Überlegung in den Raum:

    Wie sind die Voraussetzungen für § 300 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ?

    A) "Hat der Schuldner die Kosten des Verfahrens berichtigt..."
    B) "3 Jahre... verstrichen und dem Insolvenzverwalter oder Treuhänder......ein Betrag zugeflossen ist, der eine Befriedigung .....in Höhe von mindestens 35% ermöglicht"

    Frage: Sind alle Voraussetzungen erfüllt ?

    A) Ja, der Schuldner hat die Kosten auf dem richtigen Weg (schuldbefreiend ?) an den Treuhänder gezahlt.
    B) Ja, dem Insolvenzverwalter / Treuhänder ist so viel zugeflossen, dass die Befriedigung 35 % ermöglicht war.

    Dass sich nun im Nachhinein rausstellt, dass der Treuhänder die Beträge zu A und B falsch verteilt hat, kann doch nicht dem Schuldner angelastet werden oder sollte zumindest einen SEA gegenüber dem Treuhänder (pfändbarer Anteil der Jahre 4 und 5 abzüglich der zusätzlichen Kosten ;) entstehen lassen.


    Anders formuliert: Den Satz "Hat der Schuldner die Kosten berichtigt" könnte man sich bei der 35% Frage sogar komplett sparen, da aufgrund der Verteilreihenfolge: erstmal Kosten decken, dann Ausschüttung an die Gläubiger und der Notwendigkeit der Rückstellung für die Treuhandphase, die Kosten in den Fällen in denen eine 35 % Quote erreicht werden kann, immer automatisch (wenn der Treuhänder keinen Fehler macht) gedeckt sind.


    Aus der Praxis kann ich im übrigen berichten, dass ich auch bereits einzelne Fälle hatte, in denen mit dem Treuhänder abgestimmt werden sollte, welche Sonderzahlung notwendig ist um die 35% Quote zu erreichen und auch dabei zunächst treuhänderseits immer nur die Mindestgebühr prognostiziert wurde, was bei darauf basierender Umsetzung das ein oder andere mal zu einer 34,xx % Quote geführt hätte.

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