Erbschein erforderlich?

  • Eheleute schließen 1970 einen Erbvertrag. 2007 ein gemeinschaftliches Testament.
    Im Testament wird folgendes bestimmt: Wir haben 1970 (Datum, Ur. Nr.) ein Testament (was ja nicht stimmt, sondern Erbvertrag) errichtet. Dieses Testament wollen wir nicht aufheben, sondern nur ergänzen. In dem vorgenannten Testament haben wir uns wechselseitig zum Alleinerben eingesetzt. Hierbei soll es bleiben.

    Dann folgen Vermächtnisse, die im Erbvertrag nicht vorhanden sind. Sodann werden die Kinder als Erben des Längstleben bestimmt.

    Im Erbvertrag haben sich die Eheleute gegenseitig zu befreiten Vorerben eingesetzt und die Abkömmlinge (Kinder gab es damals nch nicht) als Nacherben.

    Im GB-Verfahren sind die letzwilligen Verfügungen rechtlich zu würdigen
    Hier jedoch müsste ich doch tatsächliche Ermittlungen über den Erblasserwillen (Vollerbe oder Vorerbe) anstellen, so dass ein EB notwendig wäre?

  • In denke mal das derzeit der 1. Erbfall eingetreten ist und somit der der Erbvertrag maßgebend und eindeutig ist. Im weiteren Testament haben die Beteiligten nun eine Regelung nach dem Tod des Erstverstorben festgehalten, die vorher im Erbvertrag nicht enthalten war. Dies wäre auch erst beim 2. Erbfall relevant. Ich sehe keine Notwendigkeit für einen ES.

  • Das sehe ich anders. Natürlich ändert das Testament die im Erbvertrag angeordnete Erbfolge auch für den ersten Erbfall ab. Während im Erbvertrag der Überlebende (nur) zum befreiten VE eingesetzt wurde, soll er laut Testament nun unbeschränkter Alleinerbe sein. Dennoch halte auch ich einen Erbschein wohl für entbehrlich. Nach dem Sachverhalt ist im Testament doch wohl eindeutig und unmissverständlich festgelegt, dass der Überlebende Alleinerbe und nicht VE sein soll.
    Oder handelt es sich bei dem späteren Testament lediglich um ein privatschriftliches? Dann wäre ein Erbschein m.E. nötig, da die Erbfolge (zumindest auch) auf diesem Testament und nicht (nur) auf dem Erbvertrag beruht, vgl. Schöner/Stöber, 15. Aufl., Rdnr. 794!

  • Im gemeinschaftlichen Testament steht jedoch, dass sie sich zu Alleinerben eingesetzt haben und hierbei soll bleiben. Im Erbvertrag wurde jedoch befreite Vor- und Nacherbschaft angeordnet. Einen Erbvertrag können die Eheleute auch durch ein gemeinschaftliches Testament aufheben. Was war ihr Wille? Vollerbschaft oder Vor- und Nacherbschaft?

    Oder hebt das gemeinschaftliche Testament den Erbvertrag nicht auf, weil sie dies ausdrücklich erwähnen? Jedoch gehen die Eheleute davon aus, dass auch nach dem Erbvertrag Vollerbschaft des überlebenden eingetreten ist.

    Edit: hat sich überschnitten.

    Dann hätte ich zwei sich widersprechende letzw. Verfügungen.

  • So wie ich den SV verstehe wurde im Testament keine weitere Regelung bzgl. des 1 Erbfalles vorgenommen, sondern nur bzgl. des 2. Erbfalles. Der Erbvertrag ist den Beteiligten bekannt gewesen und es wird darauf verwiesen, dass der bestehen bleiben soll. Vielleicht ist die Bezeichnung "Alleinerbe" missverständlich, aber der Überlebende ist ja auch Alleinerbe mir der Beschränkung einer Nacherbschaft. Was wurde denn beantragt?

  • Im notariellen Testament schreiben die Eheleute, dass sie sich ihm Testament von 1970 zu Alleinerben eingesetzt haben. Haben sie aber nicht. Sie haben sich im Erbvertrag zu befr. Vorerben eingesetzt. Meines Erachtens hatten sie keine Abschrift des Erbvertrages bei Protokollierung des not. Testamentes vorliegen. Sonst wären diese Abweichungen aufgefallen. Und der Erbvertrag ev. diesbezüglich geändert worden. Oder auch nicht.

    Noch nichts. Das Verfahren nach § 82 GBO ist durchzuführen und in diesem Rahmen teile ich mit, ob die vorliegenden Unterlagen ausreichend sind oder nicht. Daher muss ich wissen, ob ich einen Erbschein benötige oder nicht.

  • Auch im Erbvertrag haben sich die Eheleute zu alleinigen Erben eingesetzt, allerdings mit der Beschränkung der Anordnung einer Vorerbschaft. Nur diese Beschränkung der Erbenstellung haben sie im Testament m.E. (relativ) eindeutig aufgehoben. Ob man darin nun eine komplette Aufhebung des Erbvertrages gem. § 2292 BGB oder lediglich eine Modifizierung desselben sieht, ist m.E. für das Endergebnis (unbeschränkte Alleinerbschaft des überlebenden Ehegatten) irrelevant.

  • m.E. (relativ) eindeutig aufgehoben

    Das bezweifle ich nach der jetzigen Darstellung des SV, aber das Testament liegt mir natürlich nicht vor.

    Für mich würde die Vorerbschaft noch greifen und würde aber den Antrag abwarten, was eingetragen werden soll. Bei unterschiedlicher Auffassung über eine mgl. Nacherbenbeschränkung kann dann ein ES gefordert werden. (BeckOK GBO/Wilsch GBO § 35 Rn. 123)

  • m.E. (relativ) eindeutig aufgehoben

    Das bezweifle ich nach der jetzigen Darstellung des SV, aber das Testament liegt mir natürlich nicht vor.

    Für mich würde die Vorerbschaft noch greifen und würde aber den Antrag abwarten, was eingetragen werden soll. Bei unterschiedlicher Auffassung über eine mgl. Nacherbenbeschränkung kann dann ein ES gefordert werden. (BeckOK GBO/Wilsch GBO § 35 Rn. 123)

    Die Frage kann man letztlich natürlich nur beantworten, wenn man den genauen Wortlaut der letztwilligen Verfügungen kennt. Sofern Zweifel bleiben, ob der Überlebende unbeschränkter Allein- oder Vorerbe sein soll, wäre ein Erbschein zu verlangen!

  • Ich werde nicht auf einen Antrag des Erben warten, den die Entscheidung ob der Nachweis durch die vorliegenden letzw Verfügungen geführt wird oder ob ein Erbschein notwendig ist, obliegt mir. Und wenn die letztw. Verfügungen ausreichen, muss ich auch entscheiden welche wirksam ist. Und dies würde ich dem Erben schreiben und den Antrag entsprechend formulieren. Falls er dann einer anderen Meinung ist, muss er dies mitteilen.

    Denn Wortlaut habe ich exakt widergegeben. Die Änderung bezieht sich auf Vermächtnisse (wertmäßig sehr gering) zugunsten der Kinder.

    Das ist die Frage, wurde mit dem notariellem Testament der Erbvertrag aufgehoben, oder wurde der Erbvertrag -wie schriftlich bestimmt- nicht aufgehoben, sondern nur ergänzt hinsichtlich der Vermächtnisse. Wenn ich sage, dass Testament hebt den Erbvertrag auf, steht dies im Widerspruch zu der Aussage: Der Erbvertrag wird nicht aufgehoben. Sage ich, der Erbvertrag wurde ausdrücklich nicht aufgehoben, habe ich eine Vor- und Nacherbschaft.

    Dem widerspricht m.E. dass die Eheleute den Inhalt des Erbvertrages im Testament falsch darstellen und von einer unbeschränkten Alleinerbschaft -auch laut Erbvertrag- ausgehen. Aber was ist bzw. war ihr Wille? Führe ich eine rechtliche Würdigung oder tatsächliche Ermittlung ? Im Erbscheinsverfahren würde ich den Erben anhören.

  • Ich werde nicht auf einen Antrag des Erben warten, den die Entscheidung ob der Nachweis durch die vorliegenden letzw Verfügungen geführt wird oder ob ein Erbschein notwendig ist, obliegt mir. Und wenn die letztw. Verfügungen ausreichen, muss ich auch entscheiden welche wirksam ist. Und dies würde ich dem Erben schreiben und den Antrag entsprechend formulieren. Falls er dann einer anderen Meinung ist, muss er dies mitteilen.

    Denn Wortlaut habe ich exakt widergegeben. Die Änderung bezieht sich auf Vermächtnisse (wertmäßig sehr gering) zugunsten der Kinder.

    Das ist die Frage, wurde mit dem notariellem Testament der Erbvertrag aufgehoben, oder wurde der Erbvertrag -wie schriftlich bestimmt- nicht aufgehoben, sondern nur ergänzt hinsichtlich der Vermächtnisse. Wenn ich sage, dass Testament hebt den Erbvertrag auf, steht dies im Widerspruch zu der Aussage: Der Erbvertrag wird nicht aufgehoben. Sage ich, der Erbvertrag wurde ausdrücklich nicht aufgehoben, habe ich eine Vor- und Nacherbschaft.

    Dem widerspricht m.E. dass die Eheleute den Inhalt des Erbvertrages im Testament falsch darstellen und von einer unbeschränkten Alleinerbschaft -auch laut Erbvertrag- ausgehen. Aber was ist bzw. war ihr Wille? Führe ich eine rechtliche Würdigung oder tatsächliche Ermittlung ? Im Erbscheinsverfahren würde ich den Erben anhören.

    Nochmal: Ist das gemeinschaftliche Testament notariell oder handschriftlich?

  • Ich werde nicht auf einen Antrag des Erben warten, den die Entscheidung ob der Nachweis durch die vorliegenden letzw Verfügungen geführt wird oder ob ein Erbschein notwendig ist, obliegt mir. Und wenn die letztw. Verfügungen ausreichen, muss ich auch entscheiden welche wirksam ist. Und dies würde ich dem Erben schreiben und den Antrag entsprechend formulieren. Falls er dann einer anderen Meinung ist, muss er dies mitteilen.

    Denn Wortlaut habe ich exakt widergegeben. Die Änderung bezieht sich auf Vermächtnisse (wertmäßig sehr gering) zugunsten der Kinder.

    Das ist die Frage, wurde mit dem notariellem Testament der Erbvertrag aufgehoben, oder wurde der Erbvertrag -wie schriftlich bestimmt- nicht aufgehoben, sondern nur ergänzt hinsichtlich der Vermächtnisse. Wenn ich sage, dass Testament hebt den Erbvertrag auf, steht dies im Widerspruch zu der Aussage: Der Erbvertrag wird nicht aufgehoben. Sage ich, der Erbvertrag wurde ausdrücklich nicht aufgehoben, habe ich eine Vor- und Nacherbschaft.

    Dem widerspricht m.E. dass die Eheleute den Inhalt des Erbvertrages im Testament falsch darstellen und von einer unbeschränkten Alleinerbschaft -auch laut Erbvertrag- ausgehen. Aber was ist bzw. war ihr Wille? Führe ich eine rechtliche Würdigung oder tatsächliche Ermittlung ? Im Erbscheinsverfahren würde ich den Erben anhören.


    Wie du in deinem letzten Satz richtig schreibst, gehen die Eheleute (fälschlich) davon aus, dass sie sich im Erbvertrag gegenseitig zu unbeschränkten Alleinerben eingesetzt haben. Diese (tatsächlich so nicht vorhandene) Anordnung bestätigen sie ausdrücklich im (offenbar notariellen?) Testament! Sie sagen somit m.E. ausdrücklich und eindeutig, dass sie sich gegenseitig zu unbeschränkten Alleinerben einsetzen wollen!

  • Dem widerspricht m.E. dass die Eheleute den Inhalt des Erbvertrages im Testament falsch darstellen und von einer unbeschränkten Alleinerbschaft -auch laut Erbvertrag- ausgehen. Aber was ist bzw. war ihr Wille? Führe ich eine rechtliche Würdigung oder tatsächliche Ermittlung ? Im Erbscheinsverfahren würde ich den Erben anhören.

    Steht das wortwörtlich so im Testament drin?

    Oder ist nur angegeben, dass die Alleinerbeneinsetzung bestehen bleiben soll?

  • Das Testament ist notariell beurkundet (Habe ich oben öfters erwähnt)

    Der Text lautet: Wir haben am ..... vor dem Notar ....zu Ur. Nr. .... ein Testament errichtet -hier müsste Erbvertrag stehen-. Dieses Testament wollen wir nicht aufheben, sondern nur ergänzen. In dem vorgenannten Testament haben wir uns wechselseitig zu Alleinerben eingesetzt. Hierbei soll es bleiben.


    Dann kommen die Vemächtnisse, die es im Erbvertrag nicht gibt.

    Dann der Satz: Erbe des Letztversterbenden von uns beiden sind unsere Kinder zu je 1/4.

    Im Erbvertrag wurden die Abkömmlinge als Nacherben bestimmt. (Die Kinder gab es noch nicht) -siehe auch post#1-

  • Also ich bleibe bei meiner Meinung, gebe aber natürlich zu das man dies auch ganz anders sehen kann.

    :einermein
    Und wenn schon mehrere in Nachlasssachen hochqualifizierte Rechtspfleger sich nicht sicher sind, wie denn nun die Erbfolge zu verstehen ist, erscheint eine endgültige Klärung im Erbscheinsverfahren vielleicht ganz sinnvoll:D!

  • Mir stellt sich hier auch die Frage, ob man einen Erbschein verlangen muss.

    Mutter macht einen Erbvertrag mit ihren Kindern. Ein Kind davon ist noch minderjährig (12 Jahre) und wird von der Mutter vertreten. In diesem Erbvertrag setzt die Mutter ihre Kinder zu gleichen Erben ein und bestimmt welche Grundstücke jedes Kind erhalten soll. Die Erben verzichten auf Ausgleichzahlungen.
    Danach folgen weitere handschriftliche Testamente. U.a. wird Testamentsvollstreckung angeordnet.

    Die TV Anordnung ist meines Erachtens unwirksam, da sie die Erben beeinträchtigt.

    Was mir nur nicht klar ist, ob der Erbvertrag überhaupt wirksam ist. Durch den Verzicht auf Ausgleichzahlungen ist es für den minderjährigen wohl nicht mehr lediglich vorteilhaft und die Mutter könnte somit nicht vertreten. Ergänzungspfleger oder familiengerichtliche Genehmigung liegt nicht vor.

    Somit wären doch weitere Ermittlungen vorzunehmen, die dem Nachlassgericht vorbehalten sind und ein Erbschein vorzulegen wäre. Oder habe ich hier irgendwo einen Denkfehler?


  • Mutter macht einen Erbvertrag mit ihren Kindern. Ein Kind davon ist noch minderjährig (12 Jahre) und wird von der Mutter vertreten.

    Hat diesen "Erbvertrag" ein Notar beurkundet? Auf den ersten Blick kann ich das nicht nachvollziehen. Wurde 2275 BGB beachtet? Was ist mit 2229 BGB? Was soll das überhaupt mit der "Vertretung" im Erbrecht (2064 BGB)? Und zuletzt: 1822 Nr. 2, 1795, 181 BGB?


  • Mutter macht einen Erbvertrag mit ihren Kindern. Ein Kind davon ist noch minderjährig (12 Jahre) und wird von der Mutter vertreten.

    Hat diesen "Erbvertrag" ein Notar beurkundet? Auf den ersten Blick kann ich das nicht nachvollziehen. Wurde 2275 BGB beachtet? Was ist mit 2229 BGB? Was soll das überhaupt mit der "Vertretung" im Erbrecht (2064 BGB)? Und zuletzt: 1822 Nr. 2, 1795, 181 BGB?

    Wer sonst außer einem Notar soll den Erbvertrag beurkundet haben? Und der "weitere Vertragsschließende" kann sich beim Abschluß eines Erbvertrages sehr wohl vertreten lassen. Das Vertretungsverbot betrifft nur denjenigen, der Verfügungen von Todes wegen trifft, also den Erblasser selbst.

    Wenn also nur die Mutter in der Urkunde Verfügungen von Todes wegen trifft, ist Vertretung der anderen Vertragsschließenden möglich, sogar aufgrund formloser Vollmacht, erst recht durch gesetzliche Vertreter. Was Minderjährige angeht, so sind diese typischerweise im Erbvertrag bindend eingesetzt - das ist ein rechtlicher Vorteil. Ansonsten (wobei dann aber nicht klar wäre, warum sie überhaupt beteiligt sind) wäre das Rechtsgeschäft rechtlich für sie neutral.

    Auf die Ausgleichung haben die Kinder übrigens wohl kaum "verzichtet" - die Erblasserin wird angeordnet haben wer was bekommt und dass es dafür keine Ausgleichung gibt, (§ 2048 BGB), falls die Bewertung der zugewendeten Gegenstände dazu führt, dass zwar Erbquoten bestimmt sind, aber die Erben aufgrund der Teilungsanordnung mehr oder weniger erhalten, als ihnen nach Quote zustünde. Das ist im Zweifel schlicht ein Vorausvermächtnis, und keine Verfügung oder Verzicht der "anderen Vertragssschließenden". Wer dadurch unter den Pflichtteil gedrückt wird, möge nach dem Tod des Erblassers seine gesetzlichen Rechte geltend machen (Pflichtteil) - andere Rechte hat er nach deutschem Erbrecht nicht. Es gibt kein Recht auf eine bestimmte Mindestbeteiligung am Nachlass oder auf die Zuwendung bestimmter Gegenstände - wo soll also der rechtliche Nachteil für den Minderjährigen herkommen?

    Anders wäre es nur, wenn ein Erb- oder Pflichtteilsverzicht beurkundet würde. Aber das ist nach Sachverhalt nicht der Fall.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

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