Erweiterung einer Wohnungseigentumsanlage um 3 Wohnungen, Vollzug im Grundbuch

  • Hallo zusammen, ich habe als Grundbuchrechtspfleger folgendes Problem:
    Es sind 5 Wohnungseigentumsrechteeingetragen. In den Blättern 1000 bis 1003 istEigentümer A, in Blatt 1004 ist Eigentümerin B eingetragen.

    Nunmehr wird folgende notarielle Urkunde beim Grundbuchamteingereicht:

    Eigentümerin B überträgt 50/1.000 Miteigentumsanteil vonihrem 200/1.000 Anteil in Blatt 1004 auf Eigentümer A. Auflassung wird erklärt,man ist sich darüber einig, dass der 50./1000 Anteil auf A übergehen soll. Eswird aber nichts darüber ausgesagt, welchem/n der in Blätter 1000 bis 1003eingetragenen Miteigentsumanteile des A dieser 50/1.000Miteigentumsanteil zugeschrieben werden soll.
    Ist eine solche Auflassung ohne Zuordnung des übertragenen Anteils zu einembestehenden Miteigentumsanteil des Erwerbers überhaupt möglich?  


    Sodann erklären A undB in der Urkunde, dass auf dem belasteten Grundstück zu dem bisherigen Gebäudeein fertig gestellter Anbau mit drei weiteren Wohnungen hinzugekommen ist. Aund B erklären eine ‘Änderung/Erweiterung der bestehenden Teilungserklärung‘und bilden jetzt 8 Wohnungseigentumseinheiten.
    In den bestehenden Blättern 1000 bis 1004 sind alle Miteigentumsanteilereduziert, es wird aber nicht erklärt, wohin die jeweils fehlenden Anteile gegangensind.

    Kannich die ‘Änderung/Erweiterung derbestehenden Teilungserklärung‘ in den bestehenden 5 Blättern eintragen und 3neue Blätter anlegen oder kann/muss ich die 5 bestehenden Blätter schließen,das Grundstück mit den beiden Miteigentumsanteilen von A und B zunächst auf einneues Grundbuchblatt übertragen und sodann von dort aus 8 neue Wohnungsgrundbücher anlegen (7 Blätter im Eigentum des A, 1 Blatt im Eigentum der B)?

    Es wird nur de Unbedenklichkeitsbescheinig des Finanzamtes hinsichtlich der Übertragung des 50/1000 Anteil von B auf A vorgelegt.
    Muss nicht auch die UB hinsichtlich der geänderte Teilungserklärung eingereicht werde?

    Vielen Dank für Eure Hilfe.

  • ....In den bestehenden Blättern 1000 bis 1004 sind alle Miteigentumsanteile reduziert, es wird aber nicht erklärt, wohin die jeweils fehlenden Anteile gegangen sind.....

    Wenn in den Blättern 1000 bis 1004 die Miteigentumsanteile reduziert werden, dann werden die abgespaltenen MEA ja offenbar zur Verbindung mit dem SE an den drei neuen Einheiten, die im Eigentum des A stehen sollen, benötigt. An diesen zusätzlich errichteten Einheiten entsteht zunächst einmal Gemeinschaftseigentum; s.
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1075670
    Dieses Gemeinschaftseigentum kann dergestalt in Sondereigentum überführt werden, dass Miteigentumsanteile von einer oder mehreren Wohnungseinheiten abgespalten und mit neu geschaffenem Sondereigentum verbunden werden (s. Kral im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.06.2019, Sonderbereich WEG; RN 163 mwN).

    Der von Blatt 1004 abgetrennte und auf den Eigentümer A übertragene 50/1.000 MEA dient offenbar dem gleichen Zweck. Er muss daher nicht erst mit einem oder allen der in den Blättern 1000 bis 1003 eingetragenen MEA zu einem neuen MEA (verbunden mit dem zugehörigen SE) vereinigt werden, sondern kann sogleich -zusammen mit den von Blatt 1000 bis 1003 abgespaltenen MEA- mit dem SE an den drei neuen Einheiten verbunden werden (s. dazu Armbrüster im Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 14. Auflage 2018, § 2 WEG RN 85; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Auflage 2012, RNern 2967a, 2967b mwN). Die Quotenkorrektur darf lediglich keinen isolierten Miteigentumsanteil zur Folge haben. Andernfalls wäre das Rechtsgeschäft nichtig (M. Müller im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand: 01.05.2019, § 2 WEG RN 406).

    Das BayObLG führt in dem bei Schöner/Stöber in RN 2974 zitierten Beschluss vom 16.04.1993, 2Z BR 34/93, aus:

    „Es ist allgemein anerkannt, dass Wohnungseigentümer untereinander ohne Änderung ihres Sondereigentums ihre Miteigentumsanteile vergrößern und verkleinern können. Dies geschieht in der Weise, dass ein Teil des Miteigentumsanteils eines Wohnungseigentümers von dessen Wohnungseigentumsrecht abgespalten und dem Wohnungseigentumsrecht eines anderen Wohnungseigentümers zugeschlagen wird. ….. Das Verlangen des Grundbuchamts, dass die Auflassungserklärungen erkennen lassen müssen, zu wessen Gunsten und in welcher Größenordnung ein Wohnungseigentumsrecht Miteigentumsanteile verliert, könnte allenfalls im Hinblick auf Belastungen der betroffenen Wohnungseigentumsrechte berechtigt sein. Weil aber die dinglich Berechtigten der Rechtsänderung gemäß §§ 877, 876 BGB zustimmen müssen, rechtfertigen auch Belastungen das Verlangen des Grundbuchamts nicht. …Rechte, mit denen das Grundstück insgesamt belastet ist und die nach Maßgabe des § 4 der Verfügung über die grundbuchmäßige Behandlung der Wohnungseigentumssachen zu buchen sind, werden von der Inhaltsänderung nicht berührt (BayObLGZ 1958, 263/271). … Stimmen im Übrigen die Berechtigten sonstiger Rechte, mit denen diejenigen Wohnungseigentumsrechte belastet sind, deren Miteigentumsanteile sich verringern, der Änderung zu und werden die hinzukommenden Miteigentumsanteile von denjenigen Wohnungseigentümern, deren Miteigentumsanteile sich vergrößern, den bereits bestehenden Belastungen einschließlich Unterwerfungsklauseln unterstellt, so ergeben sich auch im Hinblick auf diese Belastungen keine durchschlagenden Gründe, die dem Vollzug der Rechtsänderung im Grundbuch entgegenstehen könnten. … Es genügt vielmehr, dass feststeht, in welchem Umfang sich der Miteigentumsanteil jedes einzelnen Wohnungseigentumsrechts verkleinert oder vergrößert und dass der Umfang der Verkleinerung insgesamt dem der Vergrößerung entspricht….“

    Da ein Eigentumswechsel nur hinsichtlich des abgespaltenen 50/1.000 Anteil des B auf A eintritt, reicht die vorgelegte steuerliche UB aus.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Danke zunächst einmal für die ausführliche Antwort. Die Ausführungen sind sehr hilfreich.
    Jetzt zum grundbuchlichen Vollzug:
    Was trage ich in Spalten 7 u. 8 der Blätter, die jeweils einen Anteil abgeben, ein? > Miteigentumsanteil von x/1000 übertragen nach Blätter 5000 bis 5002. (Anm: neue WE-Rechte)?
    Oder kann ich Schöner/Stöber, Rand-Nr. 2974, so verstehen, dass die Verschiebungen von den bestehenden in die neuen Blätter nicht angegeben werden müssen?
    Kann dann auch der Vermerk in den neuen Blättern - x/1.000 Miteigentumsanteil von Blätter 1000 bis 1003 hierher übertragen - entfallen?
    Trage ich in die jeweiligen (5 alten und 3 neuen) Bestandsverzeichnisse wirklich nur den neuen Miteigentumsanteil ein ohne Hinweis auf Verschiebung woher bzw. wohin?
    Ich stehe wegen der Formulierung der Eintragungen in den Grundbüchern echt "auf dem Schlauch". Hab so einen Fall noch nie gehabt. Bin für jeden Eintragungsvorschlag dankbar.

    Ein weitere Besonderheit der neuen Teilungserklärung:
    Die beiden teilenden Eigentümer haben die bisherigen Bezeichnungen für die 5 bestehenden Wohnungs- bzw. Teileigentumsrechte vollständig abgeändert:
    Blatt 1000 (Teileigentum Ladenlokal im EG) - bisher (Nr.) 1 > jetzt: B 1 (Erklärung in der Zeichnung: Räume des Betriebes 1 (B 1))
    Blatt 1001 (Teileigentum Ladenlokal im EG) - bisher (Nr.) 2 > jetzt: B 2
    Blatt 1002 (Teileigentum Büroräume im 1. OG) - bisher (Nr. 3) > jetzt: B 4
    Blatt 1003 (Wohnungseigentum im 2. OG) - bisher (Nr. 4) > jetzt: W 3 (Erklärung in der Zeichnung: Räume der Wohnung 3 (W 3))
    Blatt 1004 (Wohnungseigentum im2. OG) - bisher (Nr. 5) > jetzt: W 2
    Die 3 neuen Wohnungs-bzw. Teileigentumseinheiten werden wie folgt bezeichnet:
    Blatt 5000 (Teileigentum - neu erbautes Ladenlokal im EG des neuen Gebäudeteils/Anbau): B 3
    Blatt 5001 (Wohnungseigentum - neu erbaute Wohnung im 1. OG des neuen Gebäudeteils/Anbau): W 1
    Blatt 5002 (Wohnungseigentum - neu erbaute Wohnung im 2. OG des neuen Gebäudeteils/Anbau): W 4
    Ich denke, dass die Änderungen der Bezeichnungen der fünf bestehenden Blätter und die Vergabe der drei neuen Bezeichnungen in Ordnung sind, auch wenn sich die Bezeichnungen nicht 'chronologisch' in den Blättern fortsetzen. Ein ziemliches Durcheinander, aber O.K. - oder?

    Vielen Dank!

  • bei den alten würde ich alles in die Spalte 5/6 packen:

    z.B. "Die Teilungserklärung ist geändert. Es wurden weitere Wohnung- und Teileigentumsrechte gebildet. Der hier gebuchte Miteigentumsanteil ist auch beschränkt durch die Sondereigentumsrechte in Blatt 5000-5002. Die hier gebuchte Wohneinheit beschreibt sich nunmehr wie folgt: x/1000 Miteigentumsanteil verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohneinheit W2. Bezug: Bewilligung vom...",
    (im BV nur röten, was geändert wurde)

    bei den neuen im BV am Ende des Beschriebs:
    "Aus Blatt 1000-1004 hierher übertragen. Eingetragen am..."

  • Ich habe vor, in den bisherigen fünf Wohnungs- Teileigentumsgrundbüchern die lfd. Nr. 1 im Bestandsverzeichnis jeweils komplett zu röten und unter der lfd. Nr. 2 den geänderten Miteigentumsanteil, verbunden mit dem jeweiligen Sondereigentum an einem Geschäftsraum bzw an einer Wohnung neu vorzutragen.
    Das ist doch zulässig und grundbuchtechnisch kein Problem, oder?
    Es ist soviel an der bisherigen Teilungserklärung geändert worden (Miteigentumsanteile, Bezeichnung der TE-WE-Rechte, Aufhebung von Sondernutzungsrechten und Begründung von neuen Sondernutzungsrechten), dass die Bestandsverzeichnisse ansonsten überfrachtet und unübersichtlich würden.

    Ist mir als Rechtspfleger erlaubt, von Amts wegen die fünf bestehenden Grudbuchblätter zu schließen und acht komplett neue Blätter anzulegen?
    Oder muss dafür zunächst das ganze Wohnungs- Teileigentumsrecht durch die Miteigentümer aufgehoben, die Miteigentumsanteile in ein neues Grundbuchblatt übertragen und von dort aus die neue Teilung in acht neue Blätter eingetragen werden?

  • ...Ist mir als Rechtspfleger erlaubt, von Amts wegen die fünf bestehenden Grudbuchblätter zu schließen und acht komplett neue Blätter anzulegen? ..

    Von Amts wegen löschen kannst Du nur, wenn es sich bei den bisherigen Eintragungen um inhaltlich unzulässige Eintragungen handelt. Da Du vermutlich auch kein Datenbankgrundbuch führst, bei dem die Besonderheiten der §§ 71a GBV i.V. mit § 69 Absatz 2 Satz 2 GBV gelten („Im Bestandsverzeichnis soll, soweit zweckmäßig, nur der aktuelle Bestand….dargestellt werden“), wird es Dir nicht erspart bleiben, die Änderungen darzustellen; die Bezugnahme auf den geänderten Aufteilungsplan reicht nicht; s.
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1063455

    Diese Darstellung würde ich bei den bisherigen Einheiten unter Neuvortrag unter BV 2 vornehmen (s. dazu das Muster bei Kral im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand 01.06.2019, Sonderbereich WEG RN 145 (zur Änderung der MEA).

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

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