Eigentümerwechsel in Vorkriegszeiten, aber bisher nicht eingetragen

  • Hallo,

    ich habe hier ein kleines Problem, bei dem ich nicht so Recht weiter weiß.
    Folgender Sachverhalt:
    Im Grundbuch als Eigentümer eingetragen ist der evangelisch lutherische Schulverband, aus A-Hausen, Ortsteil B-Berg.
    Nun meldete sich bei mir die Gemeinde A-Hausen und fragte, wie sie denn als Eigentümer eingetragen werden könne. Auf dem Grundbesitz der für den evangelisch lutherischen Schulverband eingetragen ist, steht die Schule des Ortes B-Berg und die wäre ja schon ewig im Eigentum der Gemeinde... Sie bräuchten jetzt unbedingt die Umschreibung auf die Gemeinde, weil diese wegen eines Erweiterungsbaus Baulasterklärungen abgeben soll, aber das können sie ja nicht, weil sie nicht als Eigentümer im Grundbuch stehen.

    Der evangelisch lutherische Schulverband hat im Jahr 1907 die Grundstücke zum Neubau einer Schule von der Kirche erhalten, dieser Vertrag ist in unseren Grundakten vorhanden. In dem Vertrag treten der Kirchenvorsteher als Vertreter der Kirche auf und ein Lehrer als Vertreter des Schulverbands, beide haben eine Vollmacht. Die Vollmachten sind beide von fast den gleichen Leuten erteilt worden, einmal traten diese als Schulvorstand auf und einmal als Kirchenvorstand. Beide Vollmachten hat der Pastor bestätigt. Außerdem liegt eine Genehmigung des Regierungs-Präsidenten vor, dass die Kirche die Grundstücke zum Schulhausneubau an die Schulgemeinde in B-Berg abtreten darf.
    Daraufhin wurden die Grundstücke für den evangelisch lutherische Schulverband eingetragen.
    Danach ist Grundbuchtechnisch mit den Grundstücken nicht mehr wirklich was passiert, außer, dass das Grundbuch 1984 einmal umgeschrieben worden ist.

    Die Gemeinde hat mir nunmehr ein Schriftstück vom 23.09.1927 der Regierung, Abteilung für Kirchen- und Schulwesen vorgelegt, in dem es heißt, dass im Einvernehmen mit dem ev. luth. Landeskirchenamt die Verbindung von Kirchendienst mit der ersten evangelisch-lutherischen Schulstelle in B-Berg ab dem 01.10.1927 für aufgehoben erklärt wird.
    Des weiteren wurde ein Schriftstück vom 26.03.1927 vorgelegt, in dem die Regierung Abteilung für Kirchen und Schulwesen unter anderem als letzten Satz feststellt, das die jetzige Schule (in B-Berg) bereits früher als Alleineigentum der politischen Gemeinde B-Berg anerkannt worden ist.
    Des Weiteren haben sie im Archiv noch einen Versicherungsschein gefunden, in dem das Schulgebäude am 26.07.1910 von der politischen Gemeinde B-Berg bei der Brandkasse versichert wurde.
    Ein Schreiben (vom 08.12.1939) des Landrats an den Bürgermeister von B-Berg, dass der Regierungspräsident, Abteilung für Kirchen und Schulen, keine Einwände gegen den Einbau von Abortanlagen in zwei Stockwerkwohnungen der Schule keine Bedenken hat und sie einen Anteil der Kosten tragen werden.
    Ansonsten hat mir die Gemeinde A-Hausen (jetzt zuständig, seit Zusammenfassung mehrerer Gemeinden mit der Gemeinde B-Berg) noch mitgeteilt, dass die Mieteinnahmen für die Lehrerwohnungen an die politische Gemeinde geflossen sind. Auch die Grundsteuern zahlen sie schon ewig für die Schulgrundstücke.

    Die Kirche hat laut Aussage der Gemeinde A-Hausen keine Aufzeichnungen mehr und einen evangelisch lutherischen Schulverband gibt es nicht mehr. Ob das Regierungspräsidium noch Aufzeichnen hat, konnte ich noch nicht in Erfahrung bringen.

    Die eingereichten Unterlagen sprechen dafür, dass die Gemeinde Eigentümerin der Grundstücke, welche mit der Schule bebaut sind sein dürfte. Aber eintragen kann ich es ja schlecht auf dieser Grundlage.
    Soweit ich bisher recherchieren konnte, dürfte ein Aufgebotsverfahren nicht gehen, es handelt sich ja um eine juristische Person und die evangelische lutherische Kirche gibt es noch. Oder geht es doch, der Kollege, der hier Aufgebotssachen macht ist natürlich zur Zeit im Urlaub und da wir ein kleines Gericht sind, gehe ich mal davon aus, dass da nicht besonders viel Erfahrung mit solchen Sachverhalten vorhanden ist.

    Hat irgendjemand eine Idee, wie man die Gemeinde als Eigentümerin ins Grundbuch bekommt?
    Ach so, falls das noch wichtig ist, die Sache spielt in Niedersachsen.

    Vielen Dank schon mal an alle Kollegen,
    RinaKa

    Ich bin für alle Anregungen dankbar, die Gemeinde nervt nämlich, dass es furchtbar eilig sei.... (super, wenn man denn mal nach 100 Jahren merkt, dass der falsche Eigentümer im Grundbuch steht.

  • Ich verstehe deine Überschrift nicht.
    Eingetragener Eigentümer ist der ev.-luth. Schulverband. Eine Rechtsnachfolge der Gemeinde ist nicht ersichtlich, eine Auflassung ist nicht erfolgt.
    Weshalb gehst Du von einem Eigentumswechsel in Vorkriegszeiten aus? Man wird doch nicht durch Zahlung von Steuern und Versicherungen und das Kassieren von Mieten Eigentümer.
    Die Rechtsnachfolge des Schulverbandes muss sich klären lassen, mag dann der Rechtsnachfolger auflassen. Wenn man tatsächlich nichts findet, dann können ja die Kirchengemeinde, der Kirchenkreis und die Landeskirche zusammen an die Gemeinde übertragen. Einer von den Dreien ist vermutlich der Rechtsnachfolger.
    Mag die Gemeinde sich rechtlich beraten lassen (nicht durchs GBA).

  • Der von mir gewählte Titel des Themas ist in der Tat etwas blöd, hätte es lieber vermuteter Eigentumswechsel... nennen sollen, kann es jetzt aber anscheinend nicht mehr ändern.

    Dass ich keinen grundbuchlichen Nachweis des Eigentumswechsels habe und dementsprechend die Gemeinde momentan nicht eintragen kann, ist mir bewusst.
    Auch, dass für einen Eigentumswechsel im Normalfall eine Einigung und Eintragung notwendig ist ;-).

    Ich dachte nur, vielleicht hatte schon mal jemand sowas, vielleicht gibt es ja auch irgendwelche außergrundbuchlichen Übergänge, die alle derartigen Schulverbände betreffen könnten, von denen ich noch nichts gehört hab.

    Trotzdem schon mal danke, dass ihr mich zumindest soweit bestätigt, dass ich zur Zeit nichts machen kann.

  • Das mit dem "Schriftstück" erscheint mir nicht ganz abwegig. Normalerweise hätte ich ebenfalls die Veröffentlichung in irgendeinem Verkündungsblatt erwartet mit dem Inhalt: "Der Schulverband ... wird aufgelöst. Die Stadt ... ist Rechtsnachfolgerin des Verbandes." Ähnlich wie bei der Rechtsnachfolge von Kirchengemeinden, wo ich das aufgrund so einer Veröffentlichung schon eingetragen habe. Das Beibringen irgendwelcher Aufzeichnungen beim Regierungspräsidium würde ich allerdings der Gemeinde überlassen. Wenn man den Antragsteller in die Pflicht nimmt, ist das erfahrungsgemäß plötzlich gar nicht mehr so eilig.

  • Das mit dem "Schriftstück" erscheint mir nicht ganz abwegig. Normalerweise hätte ich ebenfalls die Veröffentlichung in irgendeinem Verkündungsblatt erwartet mit dem Inhalt: "Der Schulverband ... wird aufgelöst. Die Stadt ... ist Rechtsnachfolgerin des Verbandes." Ähnlich wie bei der Rechtsnachfolge von Kirchengemeinden, wo ich das aufgrund so einer Veröffentlichung schon eingetragen habe. Das Beibringen irgendwelcher Aufzeichnungen beim Regierungspräsidium würde ich allerdings der Gemeinde überlassen. Wenn man den Antragsteller in die Pflicht nimmt, ist das erfahrungsgemäß plötzlich gar nicht mehr so eilig.

    Sehe ich auch so: entweder gelingt es den Beteiligten den Nachweis eines Eigentumsübergangs außerhalb des Grundbuchs beizubringen, oder sie müssen halt jetzt den Weg über die reguläre Auflassung gehen.

    Komplizierte Probleme heißen komplizierte Probleme, weil es keine einfachen Lösungen für sie gibt, sonst hießen sie einfache Probleme.

    - Frank Nägele, KStA v. 25.3.17 -

  • Dürfte rechtlich wie ein Zweckverband zu behandeln sein, wenn man Schulverband etc. googelt bzw. beckelt. Da gibt es bei euch so ein Gesetz wo §§ 17 Abs. 3 und 4 sowie 6 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 6 maßgeblich sein könnten (öffentliche Bekanntmachung der Auflösung usw.).

    Niedersächsisches Gesetz über die kommunale Zusammenarbeit (NKomZG)

  • Das niedersächsiche Gesetz kann ein Hinweis sein, aber es kann nicht vor 1949 gegolten haben. Lass lieber die Gemeinde gucken, die müssen dir ihren Eigentumserwerb nachweisen, du musst nicht ihre Behauptung belegen.

  • Das niedersächsiche Gesetz kann ein Hinweis sein, aber es kann nicht vor 1949 gegolten haben. Lass lieber die Gemeinde gucken, die müssen dir ihren Eigentumserwerb nachweisen, du musst nicht ihre Behauptung belegen.

    Da gibt es auch noch einen Staatsvertrag wo drin steht, dass der auch für alle schon bestehenden Verbände gilt. Insulander hat grundsätzlich schon recht, aber wenn sie mit den vorhandenen Unterlagen einen Antrag stellen, dann musst du ihnen per Zwischenverfügung aufgeben, was sie beibringen müssen, bzw. eine Zurückweisung sollte man auch begründen. Vielleicht komm ich auf dem Weg nach Borkum mal vorbei und schau mir die Sache an :D

  • ...aber wenn sie mit den vorhandenen Unterlagen einen Antrag stellen, dann musst du ihnen per Zwischenverfügung aufgeben, was sie beibringen müssen, bzw. eine Zurückweisung sollte man auch begründen.


    Eine Zwischenverfügung scheidet aus. Da kein Unrichtigkeitsnachweis in der Urkundsform des § 29 I GBO geführt wurde, käme allenfalls eine Berichtigungsbewilligung in Betracht, deren Vorlage aber -ebenso wie eine fehlende Auflassung (s. zuletzt OLG Braunschweig 1. Zivilsenat, Beschluss vom 16.04.2019, 1 W 59/17)
    http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal…true#focuspoint
    nicht im Wege der Zwischenverfügung aufgegeben werden kann (s. zuletzt OLG Düsseldorf 3. Zivilsenat, Beschluss vom 05.12.2018, 3 Wx 139/18)
    https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/dues…s_20181205.html
    Mir scheint auch die Möglichkeit eines Eigentumswechsels außerhalb des Grundbuchs nicht in Betracht zu kommen.

    Eingetragener Eigentümerin ist der evangelisch-lutherische Schulverband, also offenbar eine kirchliche Körperschaft des öffentlichen Rechts. Gibt es einen Rechtsübergang zufolge Aufhebung, Zusammenlegung oder Aufteilung der Körperschaft, dann ist zwar streitig, ob es dazu der Auflassung bedarf oder ob er durch oder aufgrund eines Kirchengesetzes erfolgen kann (s. Grün im BeckOK BGB, Stand 01.05.2018, § 925 RN 8 mwN). Das betrifft jedoch nur den innerkirchlichen Bereich. Ist nicht lediglich dieser Bereich betroffen, bedarf es (jedenfalls dann, wenn der Rechtsübergang nicht gesetzlich angeordnet war) in jedem Fall der Auflassung (s. BVerfG (Vorprüfungsausschuß ), Beschluss vom 01.09.1980, 2 BvR 197/80).

    Und dass ein Rechtsübergang gesetzlich angeordnet war, scheint angesichts des Umstandes, dass die Regierung, Abteilung für Kirchen- und Schulwesen ein Schreiben vorgelegt hat, in dem es heißt, dass im Einvernehmen mit dem ev. luth. Landeskirchenamt die Verbindung von Kirchendienst mit der ersten evangelisch-lutherischen Schulstelle in B-Berg ab dem 01.10.1927 für aufgehoben erklärt wird, nicht verständlich. Denn dann hätte gleichzeitig auf die Gesetzeslage hingewiesen werden müssen. Außerdem müsste ein solcher Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs in der Berichtigungsbewilligung schlüssig dargelegt werden.

    Einen Überweisungsbeschluss nach § 27 des preußischen Gesetzes betreffend die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen vom 28. Juli 1906 hat es offenbar auch nicht gegeben; s.
    https://books.google.de/books?id=eXqcD…verband&f=false
    (dort nach oben scrollen).

    Vorliegend ist lediglich die Anhörung zur beabsichtigten Antragszurückweisung geboten.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Möglich. Beim Erwerb 1907 lag (Zitat) „eine Genehmigung des Regierungs-Präsidenten vor, dass die Kirche die Grundstücke zum Schulhausneubau an die Schulgemeinde in B-Berg abtreten darf“. Für eine innerkirchliche Abtretung hätte es vermutlich keiner Genehmigung des Regierungspräsidenten bedurft. Also kann eigentlich nur die Abtretung an eine kommunale Schulgemeinde (mit der Untergliederung in den Schulverband; s. zur Rechtslage in Bayern das Gutachten des DNotI vom 01.01.2001, Gutachten/Abruf-Nr: 11191)
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…cbd96a3849a5d10
    gemeint sein. Dazu ist es aber offenbar nicht gekommen, sonst hätte es vermutlich den genannten Überweisungsbeschluss nach § 27 des (zumindest in Teilen des heutigen Niedersachsens gegoltenen) preußischen Gesetzes betreffend die Unterhaltung der öffentlichen Volksschulen vom 28. Juli 1906 gegeben. Da zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht die Weimarer Verfassung mit dem Selbstorganisationsrecht der Kirchen galt (s.
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…l=1#post1068745
    kann die Genehmigung des Regierungspräsidenten allerdings auch aus anderen Gründen erforderlich gewesen sein. Das habe ich nicht geprüft.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (13. August 2019 um 22:28)

  • wow, vielen Dank für eure vielfältigen Antworten, dann will ich mal dem Ansprechpartner der Gemeinde die Hiobsbotschaft überbringen bzw. weiter die bisher von mir geäußerte, dass es so leicht nicht ist, dass sie ins Grundbuch kommen.
    Das gute ist jedoch, dass die Gemeinde bisher verständnisvoll reagiert hat, hoffen wir, dass es so bleibt....

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