Versteigerung von ideellen Miteigentumsanteilen

  • Hallo,

    ich habe eine Diskussion mit einem Kollegen betreffend die Versteigerung von ideellen Miteigentumsanteilen.

    Die Konstellation ist so (Beispiel):

    Die Eheleute X sind zu 1/20stel bzw. 1/10tel Miteigentümer der 4 auf demselben Grundbuchblatt eingetragenen Grundstücke 1, 2, 3 und 4. Die Belastungen sind identisch. Die Grundstücke selbst liegen weder direkt nebeneinander noch sind sie einheitlich bebaut oder anderweitig wirtschaftlich verbunden (voneinander abhängig). Zudem weisen sie unterschiedliche Nutzungen und Werte auf.

    Was wäre(n) hier eigentlich das/die Versteigerungsobjekt(e) im Sinne der/des erforderlichen Einzelausgebote (s)?

    Alternative I: jeweils der 1/20 und 1/10 MEA an jedem Einzelgrundstück (also 8 Objekte),
    Alternative II: jeweils der 1/20 und 1/10 MEA an allen vier Grundstücken zusammen (also 2 Objekte)?

    Ist es eigentlich ohne weiteres möglich, die wirtschaftliche Einheit dieser 2 MEA-Einheiten der Eheleute anzunehmen und diese (unabhängig von AI oder AII) zu 3/20stel (Gesamtausgebot) zusammenzufassen?

  • Hier ist jeder Bruchteil an jedem Grundstück als gesondertes Versteigerungsobjekt anzusehen. Also Alternative 1, d.h. 8 Versteigerungsobjekte.
    Die Frage einer wirtschaftlichen Einheit stellt sich im Zwangsversteigerungstermin nicht, soweit es um Ausgebotsarten geht. Hier entscheidet allein § 63 ZVG.
    Dieser besagt unter anderem:
    1) Jedes Versteigerungsobjekt ist einzeln auszubieten.
    2) Mehrere Objekte, die mit einem einheitlichen Gebäude bebaut sind, dürfen von Amts wegen gemeinsam ausgeboten werden.
    3) Im Übrigen bedarf es für ein Gesamtausgebot des Antrags eines Beteiligten.
    4) Der Verzicht auf Einzelausgebote setzt die Zustimmung aller anwesenden Beteiligten voraus, die ein Recht außerhalb des geringsten Gebots haben.

    Da Du Sachverständiger bist: Es bedarf einer Bewertung jedes einzelnen Versteigerungsobjekts. Nach Auffassung des BGH bestimmt sich der Wert eines Grundstücksbruchteils nach dem anteiligen Wert des Gesamtgrundstücks. (Anders gesagt, man hat darüber hinwegzugehen, dass es für Bruchteile an Grundstücken regelmäßig keinen Markt gibt.)

  • Zunächst mal vielen Dank für die Antwort. Das bestätigt meine Meinung.

    Nach Auffassung des BGH bestimmt sich der Wert eines Grundstücksbruchteils nach dem anteiligen Wert des Gesamtgrundstücks. (Anders gesagt, man hat darüber hinwegzugehen, dass es für Bruchteile an Grundstücken regelmäßig keinen Markt gibt.)

    Wenn Du V ZB 221/17 meinst, so verstehe ich das durchaus anders. Zunächst: der BGH hat lediglich generelle Abschläge für unsachgemäß gehalten und dabei auf die grundsätzliche Möglichkeit der Teilungsversteigerung verwiesen. Dennoch seien Abschläge in begründeten Fällen möglich. Und diese Abschläge sind eigentlich fast immer gerechtfertigt, zumindest in Höhe der Kosten einer Teilungsversteigerung. Mit dem Verkehrswert nach § 194 BauGB hätte die ganze Sache sonst nicht mehr viel gemein, schließlich würde der Kauf ausschließlich durch (wohlwollende!) Miteigentümer fingiert, die nach Meinung des BGH generell bereit seien, den anteiligen Wert zu bezahlen, weil nicht auf eine TV angewiesen. Allerdings ist schon das eine vermutlich eine teilweise realitätsferne Grundannahme, vielmehr werden dann häufig Freundschaftspreise verlangt, bis hin zu Schenkungen. Nur leider sind dazu keine empirischen Daten bekannt, wie auch nicht zum Kauf von MEA durch Dritte (mit denen man einen Abschlag begründen könnte).

    Die Logik leuchtet mir ohnehin nicht ganz ein. Schön, man will Verschleuderung verhindern. Wenn es nun aber keinen Markt gibt und niemand für das Objekt etwas bezahlen will (schon gar nicht den fiktiven Preis des anteiligen Werts), wo bitte wird dann was verschleudert? Eher werden die MEA doch zum hartnäckigen Begleiter des zuständigen Rechtspflegers. Selbst bei Einfamilienhäusern: es fällt mir schwer, mir einen durchschnittlichen Häuslekäufer vorzustellen, der zum rechnerischen Wertanteil einen MEA erwirbt, um dann eine (kostspielige und langwierige) TV durchzuziehen und dann immer noch ein Restrisiko zu haben (plötzlich erscheinende Mietverträge, Härtefälle usw. usf). Eines sollte man auch nicht vergessen: Dereliktion von MEA ist nicht möglich.

  • Danke für die weitere Erläuterung.
    Ich teile Deine Ansicht nicht, dass - im Regelfall - die Kosten einer Teilungsversteigerung abzuziehen wären. Wenn man den Wert eines Objekts dergestalt nach seinem Veräußerungswert bestimmen wollte, müssten immer die Kosten der Veräußerung abgezogen werden. Hinzu kommt, dass die Kosten der Teilungsversteigerung vorab aus dem Versteigerungserlös entnommen würden und somit den Bruchteil nur zu einem Anteil der Gesamtkosten belasteten.

    Die Versteigerung von Bruchteilseigentum gibt es selten, wenn man die Fälle der Versteigerung sämtlicher Bruchteile (zumeist im selben Verfahren) mal nicht mitzählt. Es gibt freilich auch Bruchteilseigentum, bei dem die Aufhebung der Gemeinschaft von den Beteiligten nicht gewollt, ja manchmal gar gänzlich ausgeschlossen ist; man denke an Bruchteilseigentum an Ferienwohnungen mancherorts an der Nordsee (wo die WEG-Begründung durch kommunale Satzung erschwert oder ausgeschlossen ist) oder an ideelle Anteile an einem Zufahrtsweg.

    Curiosity is not a sin.

    2 Mal editiert, zuletzt von 15.Meridian (10. August 2019 um 16:46) aus folgendem Grund: Es war nicht heiß, es war nicht spät, ich habe trotzdem geschusselt.

  • Wenn man den Wert eines Objekts dergestalt nach seinem Veräußerungswert bestimmen wollte, müssten immer die Kosten der Veräußerung abgezogen werden.

    Richtig. Das sind sie allerdings bereits. Der normale Käufer kalkuliert sein Kaufangebot unter Berücksichtigung der Transaktionskosten. Damit sind diese im Verkehrswert enthalten. Nicht enthalten sind jedoch zusätzliche Kosten, die im normalen Geschäftsverkehr (darauf stellen die Daten der Gutachterausschüsse ab) nicht anfallen. Diese wären zusätzlich zu berücksichtigen (und würden in vielen Fällen von MEA den Verkehrswert auf Null drücken).

  • Es gibt freilich auch Bruchteilseigentum, bei dem die Aufhebung der Gemeinschaft von den Beteiligten nicht gewollt, ja manchmal gar gänzlich ausgeschlossen ist; man denke an Bruchteilseigentum an Ferienwohnungen mancherorts an der Nordsee (wo die WEG-Begründung durch kommunale Satzung erschwert oder ausgeschlossen ist) oder an ideelle Anteile an einem Zufahrtsweg.

    Gut. Die Sache mit den FeWos an der Nordsee kenne ich zwar nicht. Aber klar, der Wert der MEA sieht schon ganz anders aus, wenn damit in rechtlich durchsetzbarer Form bestimmte Nutzungen oder Rechte verbunden sind. Die MEA sind dann veräußerbar und haben einen Wert, wenn sie auch nach § 1010 BGB dann möglicherweise nicht versteigerbar sind. Im Falle der Wohnungen: da ist die Summe der Einzelwerte garantiert (aber so was von) höher als der Wert des fiktiv ungeteilten Gesamtobjekts:gruebel:. Wie bei ETW.

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