Übertragung Gesundheitssorge auf Pflegeeltern

  • Hallo zusammen,

    mir wurde heute folgender Vorgang vorgelegt:
    Das Jugendamt, welches im Jahre 2009 zum Vormund bestellt wurde (weil den Eltern die elterl. Sorge entzogen wurde), teilt folgendes mit:
    " in pp. wünschen sich die Pflegeeltern ..., die Gesundheitsfürsorge für ... zu erhalten. Aus Sicht des Jugendamts spricht nichts dagegen, den Pflegeeltern die Gesundheitsfürsorge zu übertragen".

    Meine Vertreterin hat die Akte dann dem Richter m. d. B. um w. V. vorgelegt (hätte ich wohl erstmal genauso gemacht).

    Der Richter schreibt mir die Akte wieder zu: "Für Entscheidungen nach § 1887 BGB ist der Rechtspfleger zuständig".

    Ich frage mich nun, aufgrund welcher Norm ich den Pflegeeltern die Gesundheitssorge übertragen kann und wie es dann weitergeht. § 1630 Abs. 3 scheitert daran, dass dem Jugendamt als Vormund kein Antragsrecht zusteht. Ist § 1887 BGB auch auf Teilbereiche d. elterl. Sorge anwendbar?

    Möglicherweise kann der Vormund auch eine Vollmacht für diesen Bereich auf die Pflegeeltern ausstellen.

    Vielleicht hatte ja jemand schon einmal einen vergleichbaren Fall. Ich bin für Anregungen dankbar.

  • Hallo, ich hatte einen ähnlichen Fall tatsächlich auch schon (Jugendamt als Pfleger für Personensorge), habe aber die Meinung vertreten, dass die gewünschte "Aufspaltung der Personensorge" nicht möglich ist, da der Grundsatz der "einfachen Pflegschaft" gilt.

    Ich hatte das Jugendamt um Prüfung gebeten, inwieweit die Pflegeeltern geeignet seien, die Personensorge umfassend auszuüben, sodass ein vollständiger Wechsel vorgenommen werden könnte. Dies wurde letztlich verneint und es blieb beim Jugendamt als Pfleger.

    Über § 1775 BGB entnehme ich, dass es bei der Vormundschaft im Grunde ähnlich sein soll, also grundsätzlich nur 1 Vormund...

  • Laut Sachverhalt ist die elterliche Sorge seinerzeit entzogen worden. Nun soll ein Teil der elterlichen Sorge zurück übertragen werden. Dafür ist eindeutig der Richter zuständig. § 1887 BGB regelt nur den Fall, dass der Vormund entlassen und durch einen anderen ersetzt werden soll, nicht jedoch die Konstellation, dass die Vormundschaft als solche ganz oder teilweise aufgehoben wird.

    "Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht." (Abraham Lincoln)

  • Nun soll ein Teil der elterlichen Sorge zurück übertragen werden.

    Nein, es soll ein Teil auf Dritte (Pflegeeltern) übertragen werden. Die Kindeseltern bleiben "sorgenfrei".

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!

  • Im § 1775 BGB heißt es doch "Im Übrigen soll das Familiengericht, sofern nicht besondere Gründe für die Bestellung mehrerer Vormünder vorliegen, ...."

    Von "nicht möglich" ist da nicht die Rede. Es müsste ja zumindest erörtert werden, wieso bei diesem Kind kein "besonderer Grund" vorliegt.

    Die "Aufspaltung der Personensorge" ist bei Pflegefamilien ja schon von Gesetzes wegen vorbereitet, siehe § 1688 BGB.

  • Im § 1775 BGB heißt es doch "Im Übrigen soll das Familiengericht, sofern nicht besondere Gründe für die Bestellung mehrerer Vormünder vorliegen, ...."

    Ein Vormund ist aber immer Inhaber der vollen Sorge. Es können mehrere Personen mit dieser Befugnis bestellt werden, aber durch eine Aufspaltung kämen wir de facto zu einer Pflegschaft.

    Zitat

    Von "nicht möglich" ist da nicht die Rede. Es müsste ja zumindest erörtert werden, wieso bei diesem Kind kein "besonderer Grund" vorliegt.

    Umgekehrt: Es ist zu begründen, warum ein besonderer Grund für die Bestellung mehrere Vormünder vorliegen müsste.

    Zitat

    Die "Aufspaltung der Personensorge" ist bei Pflegefamilien ja schon von Gesetzes wegen vorbereitet, siehe § 1688 BGB.

    Jein. Es ist eine gesetzliche Vollmachtsfiktion. Die Personensorge bleibt beim Inhaber der elterlichen Sorge, wird aber von den Pflegefamilien faktisch ausgeübt, sie ist hierzu durch die von dir genannte Vorschrift ermächtigt. An der Inhaberschaft der Personensorge ändert die Vorschrift nichts.

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!


  • :daumenrau

    Und regelmäßig wird bei Kindern in Pflegefamilien (zumindest am hiesigen Gericht) von der Möglichkeit des § 1630 Abs. 3 BGB Gebrauch gemacht.

  • Im § 1775 BGB heißt es doch "Im Übrigen soll das Familiengericht, sofern nicht besondere Gründe für die Bestellung mehrerer Vormünder vorliegen, ...."

    Ein Vormund ist aber immer Inhaber der vollen Sorge. Es können mehrere Personen mit dieser Befugnis bestellt werden, aber durch eine Aufspaltung kämen wir de facto zu einer Pflegschaft.

    Nein, es bliebe im genannten Fall (und auch in ähnlich gelagerten Konstellationen) bei der Vormundschaft, die Pflegeeltern würden hier Mitvormund der Gesundheitssorge, das Jugendamt wäre weiterhin Vormund mit Ausnahme der Gesundheitssorge.

    Ansonsten :zustimm:

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)


  • Nein, es bliebe im genannten Fall (und auch in ähnlich gelagerten Konstellationen) bei der Vormundschaft, die Pflegeeltern würden hier Mitvormund der Gesundheitssorge, das Jugendamt wäre weiterhin Vormund mit Ausnahme der Gesundheitssorge.

    Ansonsten :zustimm:

    Formell richtig.
    De facto hieße das: Ein gesetzlicher Vertreter mit einem Aufgabenkreis (Gesundheitssorge), ein gesetzlicher Vertreter mit einem anderen Aufgabenkreis (alles außer Gesundheitssorge) - und das ist doch stark vergleichbar mit einer Pflegschaft.

    De lege ist es eine Vormundschaft weiterhin. Aber in ihrer tatsächlichen Folge wäre es wie die Bestellung zweier verschiedener Pfleger (heißt nur anders). Das wollte ich zum Ausdruck bringen ;)

    Wer "A" sagt, muss nicht auch "B" sagen. Er kann auch feststellen, dass "A" falsch war oder es auch noch "C" gibt.

    Wir Zauberer wissen über sowas Bescheid!


  • Nein, es bliebe im genannten Fall (und auch in ähnlich gelagerten Konstellationen) bei der Vormundschaft, die Pflegeeltern würden hier Mitvormund der Gesundheitssorge, das Jugendamt wäre weiterhin Vormund mit Ausnahme der Gesundheitssorge.

    Ansonsten :zustimm:

    Formell richtig.
    De facto hieße das: Ein gesetzlicher Vertreter mit einem Aufgabenkreis (Gesundheitssorge), ein gesetzlicher Vertreter mit einem anderen Aufgabenkreis (alles außer Gesundheitssorge) - und das ist doch stark vergleichbar mit einer Pflegschaft.

    De lege ist es eine Vormundschaft weiterhin. Aber in ihrer tatsächlichen Folge wäre es wie die Bestellung zweier verschiedener Pfleger (heißt nur anders). Das wollte ich zum Ausdruck bringen ;)

    Ja, dann sind wir ja doch einer Meinung...:cool:

    "Es ist nicht wahr, dass die kürzeste Linie immer die gerade ist."
    (Gotthold Ephraim Lessing)

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