Original europäisches Nachlasszeugnis ausreichend für GB-Berichtigung?

  • Anstelle einer beglaubigten Abschrift legt unser Notariat ein österreichisches ENZ im Original zur Eintragung der Erbfolge vor.

    Beim Erbschein hätte ich mit der Urschrift kein Problem, aber das widerspricht ja Art. 70 Abs. 1 EuErbVO, wonach die Urschrift bei der ausstellenden Behörde bleibt. Entsprechende ist auch keine Gültigkeitsdauer angegeben (ausgestellt wurde es am 20.07.2019).

    Nach Müko zu Art. 69 EuErbVO RNr. 3 regelt die Verordnung nicht den Zeitpunkt, ab dem die Entscheidungen wirksam werden.
    In begl. Abschriften wird ein Gültigkeitsdatum genannt. Hier aber weiß ich doch gar nicht, ob es überhaupt Gültigkeit erlangt hat (und auch nicht, wie lange es gülitg wäre).
    Oder würdet Ihr mit der Urschrift eine Berichtigung vornehmen?

  • Die Richtigkeitsvermutung des Art. 69 Abs. 2 EuErbVO gilt nur während der Gültigkeitsdauer des ENZ. Die Gültigkeitsfrist beginnt aber mit der Ausstellung der beglaubigten Abschrift des ENZ (§ 42 Satz 1 IntErbRVG). Also ist die beglaubigte Abschrift zum Nachweis der Gültigkeit vorzulegen. Das sieht auch das Formblatts V der DurchfVO Nr. 1329/2014 vor, wonach beglaubigte Abschriften des Nachlasszeugnisses mit einem „Verfallsdatum”, d. h. der auf sechs Monate begrenzte Wirkung (Art. 70 Abs. 1 und 3 Satz 1 EuErbVO; § 42 IntErbRVG) zu versehen sind. Wie Lange in seiner Abhandlung Europäisches Nachlasszeugnis – Antragsverfahren und Verwendung im deutschen Grundbuchverkehr“ in der DNotZ 2016, 103 ff. ausführt, liegt darin ein entscheidender Unterschied zum deutschen Erbschein, der in Urschrift ausgehändigt werden kann und zeitlich unbegrenzt gilt.

    Zwar kann das ENZ nicht wie ein deutscher Erbschein eingezogen oder für kraftlos erklärt werden; nach Art. 71 II EuErbVO, § 38 IntErbRVG kann aber ein unrichtiges ENZ auf Antrag oder von Amts wegen geändert oder widerrufen werden (s. Döbereiner, „Das Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein“, NJW 2015, 2449/2451). Darüber gibt aber das vorgelegte Original keine Auskunft.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Nach Art. 70 Absatz 2 EuErbVO führt die Ausstellungsbehörde über die Ausstellung beglaubigter Abschriften für die Zwecke des Artikels 71 Absatz 3 und des Artikels 73 Absatz 2 EuErbVO ein Verzeichnis der Personen, denen beglaubigte Abschriften nach Absatz 1 ausgestellt wurden. Das soll es ihr ermöglichen, der Unterrichtungspflicht nachzukommen, wenn das ENZ berichtigt, geändert oder widerrufen wird (Art. 71 Abs. 3 EuErbVO) oder seine Wirkungen ausgesetzt werden (Art. 73 Abs. 2 UAbs. 1 EuErbVO). Daher sollten in das Verzeichnis nicht nur die Namen der Personen, denen eine beglaubigte Abschrift ausgestellt wurde, sondern auch deren Kontaktdaten aufgenommen werden (Nordmeier in Hüßtege/Mansel, BGB, Rom-Verordnungen - EuErbVO – HUP, 3. Auflage 2019, EuErbVO Art. 70 RN 8).

    Auch daraus ergibt sich mE, dass der Erbnachweis anhand einer (noch gültigen) beglaubigten Abschrift des ENZ zu führen ist.

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  • s. dazu auch den Beschluss des KG Berlin 1. Zivilsenat vom 03.09.2019, 1 W 161/19
    http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal…hl=1#focuspoint

    Leitsatz:

    Der Nachweis der Bewilligungsbefugnis eines Erben kann durch ein Europäisches Nachlasszeugnis nur durch Vorlage einer von der Ausstellungsbehörde ausgestellten beglaubigten Abschrift des Zeugnisses geführt werden, deren Gültigkeitsfrist im Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch noch nicht abgelaufen ist. Das gilt auch bei Ablauf der Gültigkeitsfrist nach Antragstellung beim Grundbuchamt.

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  • s. dazu auch den Beschluss des KG Berlin 1. Zivilsenat vom 03.09.2019, 1 W 161/19
    http://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/portal…hl=1#focuspoint

    Leitsatz:

    Der Nachweis der Bewilligungsbefugnis eines Erben kann durch ein Europäisches Nachlasszeugnis nur durch Vorlage einer von der Ausstellungsbehörde ausgestellten beglaubigten Abschrift des Zeugnisses geführt werden, deren Gültigkeitsfrist im Zeitpunkt der Eintragung im Grundbuch noch nicht abgelaufen ist. Das gilt auch bei Ablauf der Gültigkeitsfrist nach Antragstellung beim Grundbuchamt.

    Viel Spaß beim EuGH. Bei etlilchen Grundbuchämtern hätte das zur Folge, dass man mit dem ENZ gar nicht mehr umschreiben kann (weil allein die Zeit zwischen Antrag und Eintragung überlicherweise länger als sechs Monate liegt), und einen deutschen Erbschein für Sachverhalte, in denen nach EuErbVO ein Gericht im Ausland zuständig ist, bekommt man nicht. Finde den Fehler!

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Der Fehler liegt mE dann aber eher in der Verordnung. Der Wortlaut von 70 Abs. 3 ist mE eindeutig. Die Lösung besteht doch darin, nach 70 III 2 zu verfahren (längere Frist wegen Ausnahmefall).

    Was meinst Du was hier los wäre, wenn jemand eine längere Gültigkeitsdauer zB für Bulgarien will, weil da alles so lang dauert?
    Und andersherum geht es genauso. Die Deutschen, die allen immer erklären, wie es besser geht (man muß es nur genau so machen wie in Deutschland) schaffen es in sechs Monaten nicht, ein Grundbuch zu berichtigen? Nicht unser Problem!

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  • Häufig ist es ja nicht so, dass das ENZ am Tag 1 nach seiner Ausstellung vorgelegt wird, sondern erst viel später. Aber ich gebe Dir Recht - sechs Monate für GBBerichtigung ist übermäßig. Bei reiner Erbfolge ohnehin, aber auch wenn das ENZ einen schwierigeren Fall darstellt, sollte das eigentlich genügen. Gleichwohl sehe ich das praktische Problem nicht - Verlängerung geschieht doch formlos und gleichsam auf Knopfdruck?!

  • ...(weil allein die Zeit zwischen Antrag und Eintragung überlicherweise länger als sechs Monate liegt) ...

    Ich hätte nicht erwartet, dass es überhaupt ein Grundbuchamt gibt, dass für den Vollzug eines eintragungsreifen Antrags länger als 6 Monate benötigt, geschweige denn für eine simple Grundbuchberichtigung. Dass das üblich sein soll, kann hoffentlich nur die Ausnahme sein, kenne ich so tatsächlich nicht.

  • Gleichwohl sehe ich das praktische Problem nicht - Verlängerung geschieht doch formlos und gleichsam auf Knopfdruck?!


    Ich habe gerade bei einem deutschen Amtsgericht 4 Monate auf eine Verlängerung gewartet ("wir wissen nicht wie das geht") und dann die Kopie der ersten beglaubigten Abschrift mit einem Stempel "beglaubigte Abschrift" bekommen (aber ohne neues Gültigkeitsdatum).

    Die in Deutschland verwendeten ENZs müssen übrigens durch die Ausstellungsbehörde (im Ausland) neu ausgestellt werden. "Mal eben vorbeifahren" ist da in der Regel nicht möglich.

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  • Das heißt dann wohl praktisch, dass die sonst mögliche "Verweisung auf die Nachlassakten" nicht geht, wenn ein ENZ im Raum steht?!

    Die Frage stelle ich mir auch gerade :gruebel: ... ich habe die Nachlassakte "meines" Nachlassgerichtes vorliegen mit dem Original-ENZ - aber eben keine beglaubigte Abschrift und ohne Angabe Gültigkeitsdauer (wobei das Zeugnis erst am 29.01.2021 ausgestellt wurde) ?!

    Alle Menschen sind klug – die einen vorher, die anderen nachher. Voltaire


  • Das heißt dann wohl praktisch, dass die sonst mögliche "Verweisung auf die Nachlassakten" nicht geht, wenn ein ENZ im Raum steht?!

    Die Frage stelle ich mir auch gerade :gruebel: ... ich habe die Nachlassakte "meines" Nachlassgerichtes vorliegen mit dem Original-ENZ - aber eben keine beglaubigte Abschrift und ohne Angabe Gültigkeitsdauer (wobei das Zeugnis erst am 29.01.2021 ausgestellt wurde) ?!

    Die beglaubigte Abschrift würde ausgehängt. Das Gericht hat das Original in der Akte.

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  • Das heißt dann wohl praktisch, dass die sonst mögliche "Verweisung auf die Nachlassakten" nicht geht, wenn ein ENZ im Raum steht?!

    Die Frage stelle ich mir auch gerade :gruebel: ... ich habe die Nachlassakte "meines" Nachlassgerichtes vorliegen mit dem Original-ENZ - aber eben keine beglaubigte Abschrift und ohne Angabe Gültigkeitsdauer (wobei das Zeugnis erst am 29.01.2021 ausgestellt wurde) ?!

    Die beglaubigte Abschrift würde ausgehängt. Das Gericht hat das Original in der Akte.

    Irgendwie hilft mir das gerade nicht weiter oder ich stehe komplett auf dem Schlauch:gruebel: ... .
    Mir ist bewusst, dass mir das Original des ENZ in der Akte vorliegt. Beim Erbschein würde mir die Verweisung auf den in den Nachlassakten befindlichen Erbschein (Original) genügen, wenn das Grundbuchamt und das Nachlassgericht (wie aktuell hier) zum gleichen Amtsgericht gehören.
    Aber wenn ich alles, was ich bisher gelesen habe (auch die vorstehenden Posts), richtig verstehe, muss mir zur beantragten Grundbuchberichtigung eine beglaubigte Abschrift des ENZ, welches eine Angabe zur Gültigkeitsdauer enthält, vorliegen (wurde auch einem Erben erteilt). Hieße aber, dass das Original (in der Nachlassakte) nicht ausreicht ... :gruebel:.
    Vielleicht noch zur Ergänzung: GB-Berichtigungsantrag von zwei der drei Erben ist in der Nachlassakte (wurde vor Erteilung des ENZ -mit dessen Beantragung- gestellt) und vom Nachlassgericht samt Akte (und darin enthaltem ENZ) zum Vollzug des Berichtigungsantrages an das GBA weitergeleitet.

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  • Ich habe schon auf die Erben umgeschrieben, wenn mir die Nachlassakte mit Original-ENZ vorgelegen hat.

    Anders als in #1, wo offenbar nur das Original vorlag, lag mir die ganze Nachlassakte vor. Es erscheint mir nicht richtig, in einem solchen Fall eine beglaubigte Abschrift des mir vorliegenden Originals für erforderlich, das Original selbst aber für nicht ausreichend zu halten.

    Dem Rechtsverkehr sollen nur befristet gültige beglaubigte Abschriften zur Verfügung gestellt werden, damit die Ausstellungsbehörde die Kontrolle über die in der Welt befindlichen Zeugnisse behält (MüKoBGB/Dutta EuErbVO Art. 70 Rn. 1).

    Wenn mir die ganz normale und unspektakuläre Nachlassakte aus dem eigenen Gericht vorliegt, ist doch nach menschlichem Ermessen gar kein Raum dafür da, dass das (Original-)Zeugnis nicht mehr rechtswirksam sein könnte. Ich sehe in Bezug auf die Verweisung auf die Nachlassakte keinen Unterschied zur Verweisung bei Erbscheinen.

  • Das sehe ich anders.

    Die EuErbVO ist insoweit ganz eindeutig. Der Nachweis muss im Rechtsverkehr durch eine beglaubigte Abschrift des ENZ mit Gültigkeitsfrist erfolgen.

    Muss einem nicht gefallen (wie manches andere bei der EuErbVO auch nicht), ist aber halt so.

  • Wenn ich aus der Nachlassakte erkennen kann wer Erbe ist, brauche ich weder Erbschein noch ENZ. Wenn ich einen Erbschein oder ein ENZ brauche, muss er/es in Ausfertigung bzw. gültiger begl. Anschrift vorliegen.

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  • Wenn ich aus der Nachlassakte erkennen kann wer Erbe ist, brauche ich weder Erbschein noch ENZ.

    Ich habe nicht behauptet, das man keinen förmlichen (Original)Erbnachweis braucht.

    Wenn ich einen Erbschein oder ein ENZ brauche, muss er/es in Ausfertigung bzw. gültiger begl. Anschrift vorliegen.

    Die Möglichkeit einer Verweisung auf die Nachlassakte im Hause ist zumindest für einen Erbschein meines Erachtens nicht wirklich strittig.

  • Habe ich auch schon gelten lassen :oops: Der Rechtsschein geht doch nur in Zusammenhang mit der beglaubigten Abschrift verloren, nicht in Bezug auf das Original. Und der 35 GBO verlangt nur ein ENZ als solches. Warum soll den in so einem Fall der Hinweis auf die Nachlassakte vor Ort unzulässig sein?

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