IPR- Erbteilsübertragung

  • ich sitze vor einerNachlasssache und grüble und grüble.
    Es geht um einen zu erteilenden Erbschein.
    Der Erblasser besaß die bosnisch-herzegowinischeStaatsangehörigkeit und hatte seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt inBosnien-Herzegowina. In meinem Bezirk liegt ein Grundstück des Erblassers.

    Der Erblasser hat keine Verfügungen von Todes wegenhinterlassen. Er hinterließ eine Ehefrau (gesetzlicher Güterstand) und vierKinder.
    Demnach würde nach bosnisch-herzegowinische Erbrecht dieEhefrau und die Kinder zu jeweils 1/5 Erben des Erblassers werden.

    Die Witwe hat nun bei einem deutschen Notar einenErbscheinsantrag auf Alleinerbfolge aufnehmen lassen.
    Alle vier Kinder haben Erbschaftserklärungen dahingehendabgegeben, dass sie ihre Erbteile nach ihrem Vater auf ihre Mutter übertragen.(geht meines Wissens nach bosnisch-herzegowinischen Recht schon). Drei Kinderhaben diese Erklärung vor einer bosnisch-herzegowinischen Notarin aufnehmenlassen und in deutsche Sprache übersetzen lassen + Apostille . Eines der Kinderhat ihre handschriftliche Erklärung lediglich von einem deutschen Notarbeglaubigen lassen. (nur UB)
    Folglich stellt sich mir die Frage:

    1) Reichteine einseitige Erklärung des Übertragenden aus?
    2) WelcheForm ist dafür erforderlich?

    Vielen Dank bereits im Voraus.

  • Bevor ich mir zur Form Gedanken machen würde, würde ich über die Rechtsfolge nachdenken.
    Nach deutschem Recht ist eine Erbteilsübertragung ohne Einfluss auf die Erbenstellung. In den Erbschein wären daher trotzdem alle ursprünglichen Erben aufzunehmen.
    Dies wäre nach dem von dir anzuwendenden Recht ebenfalls zu prüfen.

  • Beim IPR muss man leider so weit ausholen, aber ich versuch's mal:

    Darf ich für den Fall davon ausgehen, dass der Erblasser nach dem 17.08.2015 verstorben ist? Es ist zunächst erstmal die Frage ob
    a) überhaupt deutsches Erbrecht anzuwenden ist und
    b) ob du als "deutsches Gericht" zuständig für die Erbscheinserteilung bist.

    Zum materiellen Recht: "Unser" IPR verweist uns für das materielle Recht nach Bosnien-Herzegowina, Art. 21 Abs. 1 EuErbVO, wobei ich eine Ausnahme nach Abs. 2 hier nicht sehe. Eine anderweitige Rechtswahl nach Art. 22 EuErbVO hat er wohl nicht getroffen, wenn es kein Testament gibt. Die Frage ist dann, ob die Verweisung aus Art. 21 uns auch auf das bosnisch-herzegowinische IPR verweist. Der hierfür zu verwendende Art. 34 Abs. 1 EuErbVO ist leider nicht besonders einfach geschrieben...

    Bosnisches IPR anwenden wenn:
    ... das bosnische IPR in das Recht eines EU-Mitgliedstaates zurück-/weiterverweist oder
    ... das bosnische IPR in das Recht eines anderen Drittstaats verweist, der wiederum sein eigenes Recht anwenden würde.

    Bosnisches IPR nicht anwenden wenn:
    ... das bosnische IPR die Verweisung annimmt oder
    ... das bosnische IPR in einen Drittstaat verweist, der wiederum weiterverweisen würde.

    Art. 34 EuErbVO will quasi, dass wir zunächst anschauen, was das bosnische IPR denn hypothetisch tun würde (hypothetisches Erbstatut).

    Das bosnische IPR (Art. 30 IPRG) stellt für die Rechtsnachfolge von Todes wegen auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes ab. Der Erblasser war bosnisch-herzegowinischer Staatsangehöriger, sodass Bosnien aus seinem IPR heraus sein eigenes Recht anwenden würde. Das bosnische IPR nimmt also die Verweisung aus der EuErbVO an.

    Folge und Ergebnis (aus Art. 34 EuErbVO): Die Verweisung des Art. 21 EuErbVO ist eine direkte Verweisung in das materielle bosnische Erbrecht.

    Für deine Frage 1) müsstest du also im bosnischen, materiellen Erbrecht suchen.

    Ob die Erklärungen dann auch formwirksam sind, habe ich jetzt ad hoc nicht mehr raussuchen können. Aber die Form dürfte sich nach Art. 11 Abs. 4 EGBGB richten.

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