Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen nach Räumung

  • Hallo zusammen!

    Folgender Fall, der mir als Rechtspflegerin der M-Abteilung vorliegt:

    Die Gerichtsvollzieherin hat in den Geschäftsräumen einer Hausverwaltung eine Räumung durchgeführt. Nun lagern bei ihr bzw. bei der Spedition nach Ablauf der Abholungsfrist des § 885 IV ZPO noch Geschäftsunterlagen, die trotz Aufforderung niemand abgeholt hat. Da sie nicht weiß, ob die Unterlagen der mehrjährigen Aufbewahrungspflicht nach § 257 HGB, § 147 AO unterliegen oder vernichtet werden dürfen, möchte sie eine Entscheidung des Gerichts, wie sie damit weiter verfahren soll.

    Mir war das vollkommen neu und ich frage mich nun als erstes, ob ich überhaupt zuständig bin.
    Beim Suchen bin ich auf einen BGH-Beschluss vom 21.02.2008, I ZB 53/06, gestoßen, in dem der BGH die Frage entschieden hat, wer die Kosten der weiteren Einlagerung der aufbewahrungspflichtigen Geschäftsunterlagen zu tragen hat. Daraus lässt sich so nebenbei entnehmen, dass das Vollstreckungsgericht darüber zu entscheiden hat, ob die Unterlagen auf Staatskosten weiter einzulagern oder zu vernichten sind. Also, dass Vollstreckungsgericht ist zuständig.

    Aber der Richter oder der Rechtspfleger?
    Hat den Fall schon mal jemand gehabt, und wenn ja, nach welche Kriterien habt ihr entschieden???

    Bereits jetzt schon mal vielen Dank für eure Antworten!

  • Hallo, ich hatte das schon mal vor etwa einem halben Jahr. Leider habe ich mir kein Muster davon aufgehoben, aber wir waren uns in der Abteilung einig, dass es Rechtspflegerzuständigkeit ist. Der ZV-RPfl entscheidet durch Beschluss (soweit so klar:)). Die Geschäftsunterlagen sind u.a. für das Finanzamt längstens 10 Jahre aufzubewahren (vor allem sämtliche Rechnungen und Kontoauszüge), also würde ich mich daran orientieren und je nachdem, aus welchem Jahr die Unterlagen sind die Aufbewahrung bis zum Ablauf der 10-Jahres-Frist anordnen. Ob wirklich alles aufbewahrungswürdig ist, was die Gerichtsvollzieherin vorgefunden hat, könnte man nur erkennen, wenn man die Unterlagen selbst sichtet - dafür sehe ich die Zuständigkeit doch eher bei der Gerichtsvollzieherin.

    quidquid agis prudenter agas et respice finem. (Was immer Du tust, tue klug und bedenke das Ende.) :akten

  • Hallo, ich hatte das schon mal vor etwa einem halben Jahr. Leider habe ich mir kein Muster davon aufgehoben, aber wir waren uns in der Abteilung einig, dass es Rechtspflegerzuständigkeit ist. ....


    Ich halte das nicht für zutreffend.

    Eine Rechtspflegerzuständigkeit liegt m. E. nicht vor, da der Richter für Erinnerungen nach § 766 ZPO bezüglich Maßnahmen der Gerichtsvollzieher zuständig ist. Daher muss dem Richter auch die Möglichkeit gegeben werden, dem GVZ eine entsprechende Anweisung zu erteilen.

  • Auch bei uns ist das Problem bei einer Räumung eines Steuerberaters aufgetreten. Letztlich ist es nunmehr - auch im Hinblick auf die Entscheidung des BGH - so geregelt, dass die Behandlung des Räumungsgutes (inkl. Geschäftsunterlagen) in der Verantwortlichkeit des Gerichtsvollziehers liegt. Das Vollstreckungsgericht hat damit gar nichts zu tun (weder Re noch Ri).

    Unsere Gerichtsvollzieher schreiben nach Auffinden von Geschäftsunterlagen das zuständige Finanzamt, das Insolvenzgericht, ggf. irgendwelche Kammern usw. an, ob die die Unterlagen haben wollen. Im Falle der Nichtübernahme der Geschäftsunterlagen sind die Geschäftsunterlagen 10 Jahre, beginnend mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Unterlagen sichergestellt worden sind, auf Kosten des Schuldners zu verwahren und können erst nach Ablauf dieser Frist vernichtet werden.
    Bei den Kosten, die nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist des § 885 Abs. 4 ZPO für die weitere Einlagerung der dem Vollstreckungsschuldner gehörenden Geschäftsunterlagen entstehen, handelt es sich nicht um notwendige Zwangsvollstreckungskosten, für die der Vollstreckungsgläubiger nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 GVKostG als Kostenschuldner einzustehen hat.
    Können die Auslagen ohne Verschulden des Gerichtsvollziehers nicht eingezogen werden, findet § 7 Abs. 3 GVO i. V. m. § 57 GVO Anwendung (soll heißen Landeskasse).

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    Zum Zeitpunkt des Postens war ich all meiner 5 Sinne (Stumpfsinn, Schwachsinn, Wahnsinn, Irrsinn und Unsinn) mächtig.

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