Alte Kontenpfändungen. Urteil BGH vom 21.09.2017 (IX ZR 40/17)

  • Nach dem oben genannten BGH-Urteil, besteht bzgl. alten Pfändungen die Verstrickung fort. Diese muss durch Einlegen einer Erinnerung nach § 766 ZPO beseitigt werden. Laut BGH betrifft dies Pfändungsmaßnahmen, die innerhalb der Frist der Rückschlagsperre oder danach entstanden sind. Bei Kontopfändungen ist nicht die Zustellung des PfüBs an den Drittschuldner, sondern der jeweilige Eingang der Gutschrift maßgebend, so dass auch für vor der Frist der Rückschlagsperre erlassene PfüBs bezüglich Gutschriften, die innerhalb oder nach der Frist der Rückschlagsperre eingegangen sind, die Pfändung aufzuheben ist. Über die Erinnerung entscheidet das Insolvenzgericht (Richter) wegen § 89 Abs. 3 InsO.
    Jetzt meine Frage: Wie sieht denn eurer Meinung nach der genaue Verfahrensablauf aus? Der Insolvenzverwalter (oder ggf. auch der Schuldner, keine Ahnung, ob der auch antragsberechtigt ist) muss Erinnerung gegen den PfüB des Vollstreckungsgerichts einlegen. Die Erinnerung muss beim Insolvenzgericht eingelegt werden. Ich als Rechtspfleger des Insolvenzgerichts kann die Akte aber nicht direkt dem Insolvenzrichter vorlegen, weil ja zunächst der Rechtspfleger abhelfen kann. Muss der Rechtspfleger des Insolvenzgerichts oder des Vollstreckungsgericht über die Abhilfemöglichkeit entscheiden? (Dazu steht leider nichts in der BGH-Entscheidung noch habe ich etwas in irgendeiner Kommentierung gefunden). Meines Erachtens muss derjenige, der den PfüB erlassen hat (also der Rechtspfleger des Vollstreckungsgerichts) über die Abhilfe entscheiden. Nur wenn dieser nicht abhilft, entscheidet der Richter des Insolvenzgerichts über die Erinnerung?!
    Das hieße dann ja, dass die Erinnerung beim Insolvenzgericht eingeht. Das Insolvenzgericht leitet die Sache an das Vollstreckungsgericht wegen der Möglichkeit der Abhilfe weiter. Das Vollstreckungsgericht (falls es nicht abhilft) leitet die Sache wieder an das Insolvenzgericht. Oder wie läuft das bei euch ab?

  • Erinnerung wird beim Insolvenzgericht eingereicht. Der Richter ist zuständig. Entscheidet der Richter, alles gut, entscheidet er nicht, geht die Akte an den zuständigen Rechtspfleger beim Vollstreckungsgericht.

    Als InsoRpfl ist man fein raus. :strecker


    AG Köln, 04.11.2010, 73 IN 206/10

    Zur Entscheidung über die Abhilfe nach § 766 ZPO, § 89 InsO ist der Rechtspfleger des Erlassgerichts als Vollstreckungsgericht berufen.(Rn.11)

  • strange ! § 89 III InsO ist ein Sonderfall des § 766 ZPO, ergo bedarf es vorher der "Nichtabhilfe" des judex a quo......

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • die Ahilfeinstanz abzuschaffen ist dennoch "strange" :D

    herrschendes Recht ist das Recht der herrschenden
    Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern! (K.M.)
    Ich weiß, dass ich nicht weiß (Sokrates zugeschrieben); jeder der mein Wissen erfolgreich erweitert, verbreitert mein Haftungsrisiko (nicht sokrates, nur ich)
    legalize erdbeereis
    :daumenrau

  • Ich hänge mich mal hier ran:

    Bzgl. der alten Kontenpfändungen, welche lange vor der Rückschlagsperre erwirkt worden sind, besteht meinerseits noch Klärungsbedarf.

    Wie richtig ausgeführt worden ist, ist bei Kontopfändungen nicht die Zustellung des PfüBs an den Drittschuldner, sondern der jeweilige Eingang der Gutschrift maßgebend, so dass auch für vor der Frist der Rückschlagsperre erlassene PfüB`s bezüglich Gutschriften, die innerhalb oder nach der Frist der Rückschlagsperre eingegangen sind, die Pfändung aufzuheben ist.

    Ist nun also die Pfändungsmaßnahme aufzuheben, also die konkrete Geldpfändung, oder der ganze Pfändungs- und Überweisungsbeschluss?

    Mein Richter hat den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgehoben.

  • sinnhafterweise wäre der PfÜB insoweit aufzuheben, als die Pfändung sich auf Gutschriften ab dem ..... erstreckt.

    Im Ergebnis ist es zumeist unwahrscheinlich, dass auf dem Konto noch Gutschriften sind, die vor dem Termin eingegangen sind und dem Gl. damit absonderungsberechtigt machen, so dass eine vollständige Aufhebung des PfÜB den Gl. wahrscheinlich nicht diesbezüglich beeinträchtigt.


  • Mein Richter hat den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss aufgehoben.

    Das ist schlecht und ich hoffe, der Gläubiger(vertreter) kriegt das mit.

    Wenn eine Pfändung außerhalb der Rückschlagsperrfrist erfolgt, hat der Gläubiger weiterhin Rechte, die nur ausgesetzt werden können für den Zeitraum ab Eröffnung bis - in Verfahren über das Vermögen natürlicher Personen - Erteilung der RSB (oder deren Versagung, wenn´s halt so kommt).

    Ich meine, das hatte der BGH in seinem Beschluss auch quasi angedeutet, hab aber gerade nicht die Zeit, das noch mal zu eruieren.... :gruebel:

  • Ja, ich sehe das auch so. Deswegen hatte mich die Richterentscheidung auch gewundert.

    Ich soll in der Insolvenzsache jetzt die Kosten gegen den Gläubiger festsetzen- zugunsten des Insolvenzverwalters, da der Gl. gem. Richterentscheidung die Kosten zu tragen hat.

  • Ja, ich sehe das auch so. Deswegen hatte mich die Richterentscheidung auch gewundert.

    Ich soll in der Insolvenzsache jetzt die Kosten gegen den Gläubiger festsetzen- zugunsten des Insolvenzverwalters, da der Gl. gem. Richterentscheidung die Kosten zu tragen hat.

    Ist die Sache rechtskräftig? :gruebel: Das wäre wirklich schade.

  • Die Rechtskraft ist im Ergebnis unerheblich, da mit der Aufhebung das Pfandrecht erloschen ist (sofern der Beschluss nicht von seiner Rechtskraft abhängig gemacht wurde).

    Auch in der Rechtsmittelinstanz kann das erloschene Pfandrecht nicht wieder hergestellt werden.

  • Auch in der Rechtsmittelinstanz kann das erloschene Pfandrecht nicht wieder hergestellt werden.

    Das verstehe ich jetzt nicht. Wenn die Entscheidung falsch ist und der Gläubiger sich dagegen wehrt.....? Kannst du mir da bitte mal auf die Sprünge helfen? Der ursprüngliche Stand muss doch wiederherstellbar sein, wenn die Aufhebung falsch war? :gruebel:

  • Im Normalfall kann durch die Entscheidung der Rechtsmittelinstanz nur ein neues Pfandrecht (mit entsprechenden Rangverlust) begründet werden. (was einmal weg ist, ist weg....)
    Deshalb bietet es sich an, in streitigen Sachen die Aufhebung von der Rechtskraft abhängig zu machen.

    Ob durch den Umstand des Vollstreckungsverbots nach § 89 InsO aber des möglich ist, kann ich auf die Schnelle nicht sagen.

    Die Beeinträchtigung des Gläubigers für die Zukunft hält sich in Grenzen, da diese nur zum Tragen käme, sofern dem Schuldner die RSB versagt werde würde.

    Rechtlich bedenklicher finde ich dem Umstand, dass mit dem Beschluss ein bestehendes Absonderungsrecht an alten Kontoguthaben beseitigt wurde.

  • Hm... ist mir heute irgendwie zu hoch..... Ich dachte immer, dass man durch ein erfolgreiches Rechtsmittel den alten Rechtszustand wiederherstellt....

    :gruebel:

  • Hm... ist mir heute irgendwie zu hoch..... Ich dachte immer, dass man durch ein erfolgreiches Rechtsmittel den alten Rechtszustand wiederherstellt....

    :gruebel:


    Das klappt eben nicht, wenn durch die gerichtliche Entscheidung eine materiell-rechtliche Außenwirkung eingetreten ist, die Folge des Beschlusses ist.

    Ein ähnlicher Fall könnte im Zusammenhang mit einem Kontrollbetreuer eintreten, der ermächtigt wurde, die Vorsorgevollmacht ggf. zu widerrufen. Wenn er dies gemacht hat, hilft es dem Betroffenen auch nicht, dass anschließend die Bestellung des Kontrollbetreuers im Rahmen der Beschwerdeentscheidung aufgehoben wird.
    Die Vorsorgevollmacht ist dennoch hinfällig und müsste neu erteilt werden (wozu der Betroffene gesundheitlich meist nicht mehr in der Lage ist).

  • Hm... ist mir heute irgendwie zu hoch..... Ich dachte immer, dass man durch ein erfolgreiches Rechtsmittel den alten Rechtszustand wiederherstellt....

    :gruebel:


    Das klappt eben nicht, wenn durch die gerichtliche Entscheidung eine materiell-rechtliche Außenwirkung eingetreten ist, die Folge des Beschlusses ist.

    Woraus ergibt sich sowas? Ich merke gerade: 25 Jahre beim Anwalt und immer noch deppert.... :gruebel::wechlach:

    Kann doch irgendwie nicht sein, wenn die Entscheidung falsch ist....

  • z.B. Stöber Forderungspfändung Rn. 741
    Quintessenz: mit dem Beschluss erlischt das Pfandrecht. Mit Aufhebung des Beschlusses lebt das erloschene Pfandrecht nicht wieder auf, da es unwiderruflich vernichtet wurde, es kann nur durch neuerliche Pfändung wieder hergestellt werden.

    oder einfach: BGH, Beschluss vom 21. Februar 2013 - VII ZB 9/11 -

  • z.B. Stöber Forderungspfändung Rn. 741 Quintessenz: mit dem Beschluss erlischt das Pfandrecht. Mit Aufhebung des Beschlusses lebt das erloschene Pfandrecht nicht wieder auf, da es unwiderruflich vernichtet wurde, es kann nur durch neuerliche Pfändung wieder hergestellt werden. oder einfach: BGH, Beschluss vom 21. Februar 2013 - VII ZB 9/11 -

    Ich lese es und verstehe es nicht. :gruebel:

    Richter macht ´nen Fehler und der Gläubiger guckt in den Mond? Da stimmt doch was nicht? :confused:

    Der Schuldner / Drittschuldner erhebt Erinnerung, der Gläubiger wird nicht angehört und schwupss ist die Pfändung tot? Sorry, das macht mich gerade sprachlos...

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!