Vergütung - Betreuung aufgehoben und wieder neu angeordnet

  • Wie seht Ihr das?
    Es lief eine Betreuung von Juli 2010 bis April 2019. Im April 2019 wurde sie aufgehoben (hätte eigentlich nicht sein dürfen. Die Richterin hat aber so entschieden).
    Im Mai 2019 wurde die Betreuung natürlich wieder angeordnet und ein neuer Betreuer bestellt. Der Betreuer beantragt jetzt seine Vergütung für das 1. Quartal.
    Ist das jetzt ein ganz neues Verfahren? Oder gilt der alte Zeitraum auch für den neuen Betreuer, da der Zeitraum von Aufhebung bis Neuanordnung nur ganz kurz war?

  • Ansichtssache...

    Nach der herrschenden Meinung kommt es hierbei auf die Dauer der Vakanz an (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.03.2007, 11 Wx 137/06, Rn 8 bei juris). In der Rechtsprechung existiert eine Vielzahl von Einzelfallentscheidungen, die zumindest als grober Anhaltpunkt dienen können:


    • Vakanz von 2, 5 Monaten: Neubetreuung (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.März 2007 – 11 Wx 137/06)
    • Vakanz von 9 Monaten: Neubetreuung (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 21. Februar 2006 – 3 W 8/06)
    • Vakanz von weniger als 3 Monaten: Altbetreuung (OLG München, FamRZ 2006, 647)
    • Vakanz von ca. 2 Wochen: Altbetreuung (LG Kassel, Beschluss vom 31. Januar 2018 – 3 T 37/18)

    Wobei die oben genannten Entscheidungen i.d.R. dann ergangen sind, wenn derselbe Betreuer die Betreuung nach der Unterbrechung fortgeführt hat. Zudem handelte es sich immer um Fälle, in denen die vorläufige Betreuung ausgelaufen ist (meiner Meinung nach ist der hier vorliegende Sachverhalt aber vergleichbar). Wird nach der Unterbrechung ein anderer Betreuer bestellt, hielte ich es für vertretbar regelmäßig eine Neubetreuung anzunehmen. Aber wie gesagt: Es ist immer Ansichtssache bzw. eine Einzelfallentscheidung.

  • Das Gesetz sieht eine Ausnahme, weil bereits vor kurzem eine Betreuung bestand, meines Wissens nicht vor.

    Also bekommt bei neuer Anordnung einer Betreuung bei mir der Betreuer die reguläre Vergütung ab Anordnung DIESER Betreuung. Sprich ab Monat 1.

    Möge sich der Betreute (bei vermögend) bzw. der Bezirksrevisor (bei mittellos) ggf. an den Richter wenden , der die Betreuung aufhob...

    (Aber auch der wird gute Gründe gehabt haben.)

    Der Rechtsprechung folge ich, sobald mein Beschwerdegericht oder der BGH was entschieden haben...

  • Die von Corypheus aufgelistete Rechtsprechung meint (mit einer Ausnahme) Fälle, in denen eine Betreuung im Wege der einstweiligen Anordnung anhängig war, die Befristung auslief und erst - Tage, Wochen, Monate später - eine Betreuung im Hauptsacheverfahren angeordnet wurde. Lediglich beim OLG München war im laufenden Betreuungsverfahren der Betreuer gestorben und wurde nach einer Vakanz ein neuer Betreuer bestellt.

    Der hier zur Diskussion stehende Fall ist anders. Die Betreuung wurde durch richterlichen Beschluss aufgehoben, es ist also nicht nur die Befristung abgelaufen. Hier sehe ich keinen Anhaltspunkt, von einer Fortgeltung des ursprünglichen Betreuungsverfahrens auszugehen, und würde daher für die neue Betreuung (die wohl unter neuem Aktenzeichen bearbeitet wird, bei der bei Aufgabenkreis Vermögenssorge ein neues Vermögensverzeichnis zu erstellen ist) auch die Vergütung für eine Neubetreuung bewilligen.

  • Die von Corypheus aufgelistete Rechtsprechung meint (mit einer Ausnahme) Fälle, in denen eine Betreuung im Wege der einstweiligen Anordnung anhängig war, die Befristung auslief und erst - Tage, Wochen, Monate später - eine Betreuung im Hauptsacheverfahren angeordnet wurde. Lediglich beim OLG München war im laufenden Betreuungsverfahren der Betreuer gestorben und wurde nach einer Vakanz ein neuer Betreuer bestellt. Der hier zur Diskussion stehende Fall ist anders. Die Betreuung wurde durch richterlichen Beschluss aufgehoben, es ist also nicht nur die Befristung abgelaufen. Hier sehe ich keinen Anhaltspunkt, von einer Fortgeltung des ursprünglichen Betreuungsverfahrens auszugehen, und würde daher für die neue Betreuung (die wohl unter neuem Aktenzeichen bearbeitet wird, bei der bei Aufgabenkreis Vermögenssorge ein neues Vermögensverzeichnis zu erstellen ist) auch die Vergütung für eine Neubetreuung bewilligen.

    Ich habe ja selbst geschrieben, dass die Entscheidung die Fälle betreffen, in denen die eA ausgelaufen ist.
    Die Gerichte argumentieren aber wie folgt:
    Läuft die eA aus und wird zügig eine neue Betreuung angeordnet, ist der Aufwand für den Betreuer geringer, da er den Fall ja schon kennt und die Verhältnisse des Betroffenen schon in Ordnung gebracht hat. Daher sei der Aufwand geringer und man können daher unter Umständen vergütungsrechtlich von einer Altbetreuung ausgehen. Das OLG Karlsruhe führt ja selbst aus, dass die Rechtsprechung nicht nur für ausgelaufene eAs gilt:

    (..) Wie zu verfahren ist, wenn eine Betreuung endet, abläuft oder aufgehoben wird und später erneut ein Betreuer bestellt wird, ist im VBVG nicht ausdrücklich geregelt. Die Begründung des Gesetzentwurfes führt hierzu aus, in Fällen, in denen eine Betreuung aufgehoben und kurze Zeit später erneut ein Betreuer bestellt werde, sei im Einzelfall zu klären, ob es sich jeweils um eine Erstbetreuung mit der Folge der erhöhten Anfangsvergütung handle.
    (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14. März 2007 – 11 Wx 137/06 –, Rn. 8, juris)

    Daher kann man die Rechtsprechung meiner Meinung nach schon heranziehen. Vermutlich würde ich im vorliegenden Fall, jedenfalls wenn ein Betreuerwechsel stattgefunden hat, auch von einer Neubetreuung ausgehen.

    Einmal editiert, zuletzt von Corypheus (16. September 2019 um 14:44) aus folgendem Grund: Mit Beleg versehen und Grammatik korrigiert

  • Ich denke bei einem Betreuerwechsel im Rahmen der Neuanordnung kann man über einen vergütungsrechtlichen Neustart sicher reden, da er wohl nur teilweise von den Vorarbeiten des vormaligen Betreuers profitieren kann, unter Umständen hat der Betroffene die Zeit der Vakanz auch "genutzt" um ein ziemliches Chaos zu veranstalten und die Vorarbeit ist dann mehr oder minder nicht mehr nutzbar.

  • Ich finde, dass dein Fall durchaus mit den Fällen - vorher vorläufige Betreuung, jetzt entgültige - bzw. - vorher ehrenamtlicher, jetzt Berufsbetreuer - vergleichbar ist.

    Hier gibt es eine Entscheidung des BGH, deren Begründung m. E. auch auf deinen Fall anwendbar sein dürfte: BGH, Beschluss vom 09.05.2012, XII ZB 481/11, juris = FamRZ 2012, 1211 = Rpfleger 2012, 528.

    Demnach würde ich die erste Betreuung zählen lassen. Es war schließlich der Fehler der Richterin, dafür können der Betroffene bzw. die Staatskasse nicht bestraft werden. Und ob nun die Betreuung aufgehoben und wieder angeordnet wird oder ob eine Vakanz zwischen einer vorläufigen Betreuung und der entgültigen Anordnung besteht...

  • Ich sehe es so wie 15. Meridian. Wenn die Befristung ausläuft und in absehbarer Zeit danach die Verlängerung beschlossen wird, kann man mit gutem Willen dazu kommen, dass es sich im Grunde um eine ununterbrochene Betreuung handelt, bei der der Verlängerungsbeschluss halt nur verspätet getroffen worden ist. Wenn das Gericht die erste Betreuung aber durch Beschluss aufhebt, ist dieses Verfahren beendet. Durch den Beschluss bekommt diese Beendigung auch Außenwirkung. Wenn die Neuanordnung nicht im Rahmen einer Beschwerde gegen die Aufhebung erfolgt ist, würde ich mich sehr schwer tun zu begründen, warum das erste und das zweite Verfahren zusammen ein zusammenhängendes Betreuungsverfahren bilden sollen.

  • Wie wird folgender Fall gesehen?

    Die Betreuung wurde im Februar 2019 aufgehoben. Gegen die Aufhebung wurde Beschwerde eingereicht. Der Beschwerde wurde im September 2019 abgeholfen und eine neue Betreuerin bestellt.

    Die alte Betreuerin hat sich krankheitsbedingt 7 Monate nicht um die Angelegenheiten des Betroffenen gekümmert, so dass die neue Betreuerin sehr viel aufzuarbeiten hatte.

    Die neue Betreuerin beantragt Stufe I abzurechnen. Die Betreuung wurde 2013 erstmals eingerichtet.

    Meiner Meinung nach kann Sie nur Stufe V abrechnen.

    Könnte in diesem Fall eine Ausnahme gemacht werden, da die Angelegenheiten 7 Monate nicht bearbeitet wurden?

  • Mit welcher Begründung? Die Aufhebung wurde aufgehoben- die alte Betreuerin (die wahrscheinlich diese Zeit auch abrechnet) war da. Die Betreuung bestand durchgehend, ein Grund eine andere Stufe abzurechnen rechtlich gesehen nicht einmal im Ansatz erkennbar.

    Klar kann ich das verstehen: Dass die Betreuerin wie bei einer Neueinrichtung agieren musste und daher mehr Geld verständlich wäre- eine rechtliche Grundlage dafür kann ich jedoch nicht finden.

    Das ist halt Mist, es geht ja leider anderen Betreuern auch nicht anders. Denjenigen, die eine Betreuung von einem unfähigen und deshalb entlassenen Betreuer übernehmen...Die fangen auch bei Null und Vergütungsstufe X-Monate an...

  • Mit welcher Begründung? Die Aufhebung wurde aufgehoben- die alte Betreuerin (die wahrscheinlich diese Zeit auch abrechnet) war da. Die Betreuung bestand durchgehend, ein Grund eine andere Stufe abzurechnen rechtlich gesehen nicht einmal im Ansatz erkennbar.

    Klar kann ich das verstehen: Dass die Betreuerin wie bei einer Neueinrichtung agieren musste und daher mehr Geld verständlich wäre- eine rechtliche Grundlage dafür kann ich jedoch nicht finden.

    Das ist halt Mist, es geht ja leider anderen Betreuern auch nicht anders. Denjenigen, die eine Betreuung von einem unfähigen und deshalb entlassenen Betreuer übernehmen...Die fangen auch bei Null und Vergütungsstufe X-Monate an...


    Sehe es auch so.

    Nicht so gelungen finde ich allerdings, dass es bis zur Entscheidung über die Abhilfe sieben Monate dauerte. Da sind die hiesigen Betreuungsrichter zum Glück schneller.

  • ...Das ist halt Mist, es geht ja leider anderen Betreuern auch nicht anders. Denjenigen, die eine Betreuung von einem unfähigen und deshalb entlassenen Betreuer übernehmen...Die fangen auch bei Null und Vergütungsstufe X-Monate an...

    :daumenrau

    Genau um solche Fälle kämpft der BVfB eV. Es gab ja bei der letzten/ersten Vergütungsanpassung letztes Jahr wenigstens eine Berücksichtigung beim Wechsel zu/von ehrenamtliche Betreuer.

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