Beratungshilfe für eine anwaltliche Bescheinigung

  • Hallo zusammen,

    ich habe einen Beratungshilfeantrag vorliegen, da der Sozialleistungsträger im Rahmen der Beantragung von SGB II Leistungen eine "Bestätigung von einem Rechtsanwalt über dauerndes Getrenntleben (vom Ehemann)" verlangt.

    Löst das Erstellen dieser Bestätigung den Anspruch auf Bewilligung von Beratungshilfe aus? :confused: ich komm mir da gerade voll dumm vor...

    Vielen Dank für eure Antworten!

  • Nein, natürlich nicht. Es handelt sich nicht um ein rechtliches Problem. Nur hilft das dem Antragsteller nicht weiter, wenn das Amt auf stur stellt.

    Am besten schreibst Du ihm, dass BerH nicht bewilligt werden kann, weil der RA hier nur Schreibhilfe wäre. Denn er kann ja nur das aufschreiben, was der Antragsteller ihm mitteilt: "Ich habe mich von meinem Bedarfsgemeinschafts-Partner getrennt und will mich nach Ablauf des Trennungsjahres scheiden lassen." Und das Jobcenter müsste bei realistischer Betrachtung diesen Satz dem Antragsteller genauso glauben, wie dem Rechtsanwalt, der hier stille Post spielen soll.

    Mit diesem Schreiben kann der Antragsteller dann bei Jobcenter vorsprechen. Ich hatte gehofft, diese dämlichen Bescheinigungen würden inzwischen nicht mehr verlangt, aber es findet sich wohl immer noch ein Sachbearbeiter, der den Schuss nicht gehört hat.

  • Nein, natürlich nicht. Es handelt sich nicht um ein rechtliches Problem. Nur hilft das dem Antragsteller nicht weiter, wenn das Amt auf stur stellt.

    Am besten schreibst Du ihm, dass BerH nicht bewilligt werden kann, weil der RA hier nur Schreibhilfe wäre. Denn er kann ja nur das aufschreiben, was der Antragsteller ihm mitteilt: "Ich habe mich von meinem Bedarfsgemeinschafts-Partner getrennt und will mich nach Ablauf des Trennungsjahres scheiden lassen." Und das Jobcenter müsste bei realistischer Betrachtung diesen Satz dem Antragsteller genauso glauben, wie dem Rechtsanwalt, der hier stille Post spielen soll.

    Mit diesem Schreiben kann der Antragsteller dann bei Jobcenter vorsprechen. Ich hatte gehofft, diese dämlichen Bescheinigungen würden inzwischen nicht mehr verlangt, aber es findet sich wohl immer noch ein Sachbearbeiter, der den Schuss nicht gehört hat.


    :daumenrau

    Vermutlich geht es hier mal wieder um das leidige Thema Bedarfsgemeinschaft (insbesondere: Regelbedarf Alleinstehender ja/nein, Verteilung der Wohnkosten usw.). Der Sachbearbeiter traut wohl dem Antragsteller nicht wirklich und vermutet, dass der Antragsteller mehr Leistungen beantragt, als ihm tatsächlich zustehen.
    Wie Adora Belle schon festgestellt hat, ist das noch kein rechtliches Problem. Erst wenn das Jobcenter höhere Leistungen wegen der fehlenden Bescheinigung versagt, gäbe es Beratungshilfe (aber nicht für das Ausstellen dieses Schriebs :teufel:).

    Nebenbei bemerkt: Selbst wenn man bewilligen würde, wäre diese Bestätigung Unfug. Woher soll der Rechtsanwalt, der den Antragsteller im Zweifel das erste (und eventuell das letzte) Mal sieht, denn bitte wissen, dass der dauerhaft getrennt lebt? Der Anwalt könnte allenfalls mitteilen, dass ihm sein Mandant glaubhaft versichert hat, dass er getrennt lebt. Dieses Schreiben hätte zwar im Zweifel eine ansprechendere Form aber den gleichen Beweiswert wie ein Schreiben des Antragstellers.

  • Danke für die Antworten!

    Ich habe jetzt auch nochmal mit dem Leistungsträger gesprochen und dort wurde mir die Auskunft gegeben, dass es halt "die Vorgabe von oben" sei...

  • Leidiges Thema (macht bei uns das Jugendamt). Meistens hat irgendjemand eine Handlungsanweisung (!) verfasst in die es diese ominöse Bescheinigung geschafft hat. Für den jeweiligen Sachbearbeiter hat das dann Gesetzeskraft. Ich bewillige meist um sich im Hinblick auf die Erforderlichkeit einer derartigen Bescheinigung beraten zu lassen.


  • Erst dann wenn das Amt wegen der "fehlenden" Bescheinigung tatsächlich Leistungen verweigert.

    Und in der Zwischenzeit … :gruebel:.

    Das Problem für den Betroffenen ist doch, dass er (wegen fehlender Mitwirkung) dann über einen kürzeren oder längeren Zeitraum ohne Leistungen dasteht.

    "Für das Universum ist die Menschheit nur ein durchlaufender Posten."


  • Erst dann wenn das Amt wegen der "fehlenden" Bescheinigung tatsächlich Leistungen verweigert.

    Und in der Zwischenzeit … :gruebel:.

    Das Problem für den Betroffenen ist doch, dass er (wegen fehlender Mitwirkung) dann über einen kürzeren oder längeren Zeitraum ohne Leistungen dasteht.

    Sehe ich auch so.

    Auch wenn ich bei SGB II Sachen grundsätzlich die Linie fahre: "Problem gibt's erst, wenn ein Bescheid da ist" gibt es halt Ausnahmen.

    Die Verzögerung von Auszahlungen von Leistungen welche den Mindestlebensunterhalt des Antragstellers sicherstellt ist sehr wohl ein erhebliches rechtliches Problem.
    Auf Spielchen wie: "Ich werde dort Vorstellig und sage, dass ich das nicht erbringen kann um wenigstens einen geringeren Betrag beschieden zu bekommen und dann im Widerspruch mit BerH zu agieren" würde ich mich da nicht einlassen.

    "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen."

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    -Die Seenotretter, DGzRS-

  • Der bessere Weg ist doch aber, das Amt zu überzeugen, nicht mehr solche sinnlosen Bestätigungen zu verlangen.

    Wurde hier schon versucht. Klappt nicht... Gibt's keine Rechtssprechung? Das Problem scheint ja nicht so selten zu sein.

  • Der bessere Weg ist doch aber, das Amt zu überzeugen, nicht mehr solche sinnlosen Bestätigungen zu verlangen.

    Da geb ich dir natürlich recht, aber ich denke die Ausführungen der doppelten Halbtagskraft sind stimmig. Dort gibt es eine entsprechende Hierarchie, mein Sachbearbeiter ist gebunden an die Meinung des Behördenleiters, und wie soll ich den überzeugen?

    Ich presche mal vor und stelle fest, dass das ganz offensichtlich grobes Unrecht ist, was da verlangt wird.
    Und dann sollte auch der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz über die BerH möglich sein.

    Schade und beschämend ist das, ohne Zweifel.

    Aber bei all der manchmal berechtigten Nörgelei über unsere Antragsteller dürfen wir den Blick für den Menschen nicht ganz verlieren.


    Unsere ach so beliebte Hightech Hartz 4 Kanzlei aus dem Norden mit einleuchtender Internetadresse hat damals unter anderem damit für Aufsehen gesorgt, dass die den menschenverachtenden Schwachsinn, eine Antragstellerin müsse eine detaillierte Auflistung ihrer Sexualpartner einreichen, gestoppt hat.

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  • Ein sprachfähiger Antragssteller kann durchaus wieder an das fordernde Amt verwiesen werden mit dem Hinweis, dass die BerH dafür keine Kostenerstattung vorsieht ("Anweisung von oben, quasi Gesetzgeber.")

    Soll er doch mit einem Gutschein vom Amt für den Anwalt sein Glück probieren.

    "Ändere die Welt, sie braucht es." Brecht

    K. Schiller: "Genossen, lasst die Tassen im Schrank"


    "Zu sagen, man müsste was sagen, ist gut. Abwägen ist gut, es wagen ist besser." Lothar Zenetti

  • Das ist doch kein Argument fürs Amt. Dann soll der Anwalt den Schriebs halt kostenlos ausstellen, sind doch nur 5 Minuten. Oder der Antragsteller muss eben dafür bezahlen, nix ist umsonst, und irgendwo in den 409 EUR ist es sicher eingepreist.

    An der Stelle verstehe ich Euch wirklich nicht. Es gibt so viele Fälle, in denen keine BerH bewilligt wird, obwohl das sehr viel sinnvoller und kostensparender wäre, als den Antragsteller zb ins PKH-Verfahren laufen zu lassen. Und hier, wo kein rechtliches Problem vorliegt, wollt Ihr BerH bewilligen, nur weil ein Amt verrückt spielt? Warum kann man nicht mit meinen o.g. Gründen den Antrag schriftlich ablehnen? Wenn das Amt 5-6 mal dieselben Ablehnungsgründe von Euch liest, tut sich vielleicht doch was.

  • Das Problem ist bei mir (noch) nicht aufgetaucht.

    Fakt ist aber folgendes. Wenn vom Amt geforderte Unterlagen (angeblich) nicht eingereicht werden dauert es meist ewig, bis über den Antrag entscheiden ist.
    Das bedeutet, dass die Leute Monate lang ohne Einkommen überleben müssen.

    SGB ist ein Thema, von dem ich kaum Ahnung habe.
    Spontan würden sich mir folgende Fragen stellen.
    Kann man das Amt irgendwie zwingen zeitnah über den Antrag zu entscheiden?
    Können Leistungen bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts eventuell darlehensweise gewährt werden?

    Nachdem ich das aber nicht selbst beantworten kann, müssten sich die Leute mit diesem Anliegen an einen RA wenden. Deshalb würde ich für den hier geschilderten Sachverhalt Beratungshilfe bewilligen. Ich würde in den Berechtigungsschein: "der Sozialleistungsträger verlangt im Rahmen der Beantragung von Leistungen nach dem SGB ... eine "Bestätigung von einem Rechtsanwalt" über dauerndes Getrenntleben vom Ehemann (der Antrag wurde am... gestellt, bis jetzt hat der Rechtsuchende keine Leistungen erhalten)".

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Interessant ist ja schon, wie unterschiedlich die Versagungsgründe sind:

    Bei Felgentreu ist es die Mutwilligkeit ("Ein sprachfähiger Antragssteller kann durchaus wieder an das fordernde Amt verwiesen werden")
    Bei Adora Belle ist es die Tatsache, dass kein rechtliches Problem vorliegt ("Und hier, wo kein rechtliches Problem vorliegt, wollt Ihr BerH bewilligen, nur weil ein Amt verrückt spielt?")

    Was die Mutwilligkeit angeht, da lass ich ja noch mit mir diskutieren, das mag aber auch viel von den jeweiligen Behörden vor Ort abhängen.

    Aber dass hier so viele kein rechtliches Problem sehen wundert mich. Es ist doch augenscheinlich (zumindest nicht von der Hand zu weisen, dass berechtigter Verdacht besteht), dass das Amt seine Kompetenzen sogar wissentlich ("ich weiß das ist blöd, aber ich bin weisungsgebunden") überschreitet und damit ggf. haarscharf an der Behördenwillkür vorbeisegelt.

    Und wie schon zu Anfang gesagt: Was will der Anwalt denn sagen?????
    Der Anwalt ist keine Urkundsperson o.ä.
    Konkret gebe ich natürlich insoweit recht, die Beratungshilfe sollte Abzielen auf "tatsächliche Notwendigkeit einer anwaltlichen Bescheinigung" so, oder so ähnlich. Nicht "Erlangung einer anwaltlichen Bescheinigung"


    Das Jobcenter kann doch örtliche Ermittlungen durchführen, entsprechende Wohnungsbesuche.

    burkinafaso: :dafuer:

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    -Die Seenotretter, DGzRS-

  • Ich möchte mich ergänzt wissen, dass auch mir die Voraussetzung einer rechtlichen Problemstellung fehlt. ;)

    Und gleichzeitig denke ich an die arme Träufin, die vor mir mit verweinten Augen sitzt und weder aus noch ein weiß.

    Obendrein jedoch schwingt der Gedanke "gleiches Recht für alle" stets mit und so muss auch, auf welchem Wege auch immer, dem Amt signalisiert werden, dass sowas nicht (mehr) geht.

    Je nachdem, wie die Gemengelage ist, kann ich

    • gleich zurückweisen
    • mit dem Amt Ping-Pong spielen
    • bewilligen, weil....

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  • Das ist doch kein Argument fürs Amt. Dann soll der Anwalt den Schriebs halt kostenlos ausstellen, sind doch nur 5 Minuten. Oder der Antragsteller muss eben dafür bezahlen, nix ist umsonst, und irgendwo in den 409 EUR ist es sicher eingepreist.

    An der Stelle verstehe ich Euch wirklich nicht. Es gibt so viele Fälle, in denen keine BerH bewilligt wird, obwohl das sehr viel sinnvoller und kostensparender wäre, als den Antragsteller zb ins PKH-Verfahren laufen zu lassen. Und hier, wo kein rechtliches Problem vorliegt, wollt Ihr BerH bewilligen, nur weil ein Amt verrückt spielt? Warum kann man nicht mit meinen o.g. Gründen den Antrag schriftlich ablehnen? Wenn das Amt 5-6 mal dieselben Ablehnungsgründe von Euch liest, tut sich vielleicht doch was.

    Grundsätzlich hast du ja recht. Aber die Leute werden immer von A nach B geschickt und gefühlt hilft ihnen niemand. Und so gar kein rechtliches Problem würde ich hier nicht annehmen. In meinen Augen kann man nur über den Zeitpunkt der Bewilligung (erst nach Ablehnung oder schon davor) diskutieren. Deshalb bleibe ich bei meiner Praxis. Ob der RA dann einfach eine "Bescheinigung" ausstellt oder dem jeweiligen Amt mitteilt, dass es für diese "Bescheinigung" keine Grundlage gibt und ggf. ins Widerspruchsverfahren geht, ist mir dann egal.

  • Wenn man in dieser Situation BerH bewilligt dann für etwas wie "Durchsetzung von Ansprüchen auf Zahlung von SGB II-Leistungen". Meiner Meinung nach muss der Schein so gestaltet sein, dass man das Ausstellen dieser unseligen Bestätigung vergütungsrechtlich nicht darunter subsumieren kann. Ich fürchte sonst, dass einige Anwälte sagen "na dann stelle ich halt diese sinnlose Bestätigung aus, Hauptsache mein Mandant bekommt sein Geld". Auch wenn ich ein gewisses Verständnis für diese Ansicht habe (der Anwalt will seinem Mandanten ja schnell und unkompliziert helfen), wird sich auf diese Art das Problem nie lösen lassen. Es ist dann eher zu befürchten, dass dieser Unsinn dann um sich greift.

    Besonders viel kann man da halt außergerichtlich nicht machen. Der Anwalt kann dem Jobcenter zwar schreiben, dass deren Ansicht rechtswidrig ist, aber wenn die das nicht schlucken (was ja offenbar der Fall) ist, bleibt nur noch der Gang ans Sozialgericht (eA).

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