Vergütung Nachlasspfleger

  • Der Nachlasspfleger beantragt die Festsetzung seiner Vergütung; dabei wird die Erforderlichkeit einzelner Tätigkeiten des Nachlasspflegers von einem- erst später ermittelten- Miterben in Frage gestellt: U. a.  hat der Nachlasspfleger Zeiten für Besprechungen mit einigen Miterben angesetzt und eine Versammlung der bis dahin bekannten Erben einberufen, um mit diesen die komplexe Angelegenheit zu besprechen  die Verwandtschaftsverhältnisse zu klären und fehlenden Urkunden  zu erbitten. Auch die Erforderlichkeit der Fertigung eines Entwurfes für einen Erbscheinsantrag wird in Abrede gestellt. Ich bin mir nicht sicher, inwieweit ich überhaupt die Positionen der Abrechnung des Nachlasspflegers auf Erforderlichkeit überprüfen muss. Falls er meint, dass diese Tätigkeiten für seine Ermittlungen hilfreich war, reicht das nicht?
    Wie seht ihr das?

  • Alles was im Wirkungskreis gemacht wurde, ist vergütungsfähig. Auch Tätigkeiten, die ggf. nur für einen von mehreren Erben erbracht wurden.

    Fraglich ist aber tatsächlich, ob die Erstellung eines Erbscheinsantragsentwurfes noch vom Wirkungskreis "Erbenermittlung" gedeckt ist. Mit entsprechender Begründung kann man das vielleicht schon so sehen. Grundsätzlich geht den NLP der Erbscheinsantrag nichts an. Dennoch ist z. B. (so nenne ich das bei mir) aber die Erstellung einer Erbenermittlungsübersicht (ESA :) und ein damit verbundener Bericht schon vergütungsfähig.

    Ich kann übrigens so undankbare und herumnörgelnde Erben nicht so leiden. Manchmal ärgert man sich dann schon, dass man erfolgreich war...na ja.

    -------------------------:aktenEine wirklich gute Idee erkennt man daran, daß ihre Verwirklichung von vorn herein ausgeschlossen erschien. (Albert Einstein):gruebel: ------------------------------------

    Nachlass-Kanzlei / Büro für gerichtliche Pflegschaften / Nachlasspflegschaften, Nachlassverwaltungen, Testamentsvollstreckungen, Nachlassbetreuungen /
    Nachlasspfleger Thomas Lauk - http://www.thomaslauk.de

  • So ganz würde ich TL hier nicht zustimmen wollen:

    "Die besondere Fürsorgepflicht des Nachlassgerichts (...) beinhaltet auch die Pflicht, zum Schutz des Erben die Vergütungsvorstellungen des Nachlasspflegers nicht ungeprüft zu übernehmen." (OLG Celle, 6 W 19/18)

    Wie ist nun die Vergütungsfähigkeit einzelner Positionen zu prüfen? Ich finde hier die Formulietung von Zimmermann (Die Nachlasspflegschaft, 4. Aufl., 2017, Seite 456 Rdnr. 789) sehr treffend:
    "Vergütungsfähig ist die aufgewandte Zeit, begrenzt durch die erforderliche Zeit. Es muss sich um Tätigkeiten während der Dauer der Pflegschaft und innerhalb des Aufgabenkreises handeln."

    D.h hier: Die Formulierung eines Erbscheinantrags ist nicht vergütungsfähig, da schon vom Aufgabenkreis nicht umfasst. Wenn der Nachlasspfleger Rechtsanwalt ist, kann er solche Tätigkeiten privat mit den Erben vereinbaren.

    Die anderen bemängelten Positionen lassen sich nur mit Kenntnis des gesamten Sachverhalts beurteilen. Sollten sie vom Aufgabenkreis umfasst sein, so reicht das allein -entgegen der Auffassung von TL- noch nicht für die Vergütungsfähigkeit.
    Die Tätigkeiten sowie der angesetzte zeitliche Umfang sind vom Nachlassgericht zusätzlich auf ihre Erforderlichkeit zu prüfen (OLG Frankfurt, 4 WF 292/16). Wobei man hier berücksichtigen muss, dass der Nachlasspfleger die Pflegschaft eigenverantwortlich führt. Insofern sind Tätigkeiten oder der zeitliche Umfang nicht mehr vergütungsfähig, wenn sie sich nicht mehr im Rahmen eines verständigen Ermessens bewegen.

    Ich sehe das nicht so emotional wie TL. Es geht hier nicht um "Nörgeln" oder "Undankbarkeit", sondern nur darum, in welchem Umfang geltend gemachte Vergütungsansprüche berechtigt sind.
    Dass alzu kreativ abrechnende Nachlasspfleger hier ab und an mal eingebremst werden, finde ich gut.

  • Herzlich willkommen im Rechtspflegerforum, mein lieber Montgelas!


    Es freut mich, dass du deinen ersten Beitrag mir widmest, wenngleich ich damit schon etwas zu bemängeln habe. Es ist nämlich keinesfalls so, dass ich der Fragestellerin etwas anderes sagen würde als du! Im Prinzip vertreten wir die gleiche Ansicht! Und mit der Anwendung deiner Feststellungen kommen wir ja zum gleichen Ergebnis. Mit dem Unterschied, dass ich eine klare Aussage treffe und du nach der schönen Nennung von Rechtsprechung es leider verpasst, konkret auf die Frage bezogen eine Antwort zu geben.


    Es geht hier eigentlich um zwei bzw. drei Fragen:


    1. Ist die Erstellung eines Erbscheinsantrages noch vergütungsfähig?

    2. Ist die Besprechung mit Erben, zum Zwecke der Information und auch der Erbenermittlung vergütungsfähig bzw. auch die Abhaltung eines „Erbentreffens“ und (3.) muss dann ein später ermittelter Erbe auch solche Kosten für Tätigkeiten des NLP tragen, die nicht für Ihn, sondern einer konkret zuordenbaren anderen Erbengruppe entstanden sind?



    Ich habe gesagt, dass die Erstellung des ESA grundsätzlich nicht im Wirkungskreis des NLP liegt und deswegen nicht vergütungsfähig ist.


    Also ist noch die Frage offen, ob es notwendig und vergütungsfähig war, ein Treffen mit Erben zum Zwecke der Besprechung und Ermittlung abzuhalten, wenn zum damaligen Zeitpunkt offenbar noch nicht alle Erben ermittelt waren.


    Da sage ich, dass diese Tätigkeiten grundsätzlich im Wirkungskreis des NLP liegen und auch vergütungsfähig sind. Du wirfst in den Ring, man müsse die Erforderlichkeit besonders prüfen. Das stimmt! Nur sagst du leider nichts dazu, zu welchem Ergebnis deine Prüfung kommt. Du meinst, man müsse mehr Sachverhalt wissen. OK, aber ich habe eben konkret zum aufgezeigten SV geantwortet. Der reicht hier m.E. auch aus. Eine Meinung gegen keine Meinung ist zwar auch ein Unterschied, aber noch keine gegenteilige Auffassung.


    Du hast alles Grundsätzliche toll aufgezeigt, aber das Entscheide nicht getan! Etwas dazu zu sagen, was im konkreten Fall nun deine Meinung ist. Also: Durfte der NLP diese Besprechung abhalten? Ja! War sie erfordelich? Ganz schwer zu sagen....und das ist der Punkt! Ja, sie war es, weil zumindest bei vernünftigem Ermessen keine wesentlichen Gründe dafür sprechen, dass man sowas als Nachlasspfleger nicht macht. Bekommt der NLP nun also dafür die Vergütung? Ja!


    Muss ein Miterbe auch die Kosten der NLP tragen, die ihn nicht direkt betreffen oder weit vor seiner Ermittlung entstanden sind? Ja natürlich!


    Ist das auch deine Meinung? Weshalb willst du denn „mir nicht zustimmen wollen“? Nur wenn nicht, vertreten wir eine gegenteilige Auffassung. Deine konkrete Auffassung zur Frage ist aber leider bisher noch nicht deutlich geworden. Eher das, was du über mich und „kreativ abrechnende“ Nachlasspfleger denkst.

    P.S.
    Schön, dass du hier mitmachen willst. Ich hoffe wir haben viele Gelegenheiten, uns auseinanderzusetzen und mit Argumenten zu begegnen. Montgelas war ja ein Bayer. Mit Cromwell aus Bayern haben wir hier ja schon unsere Freude. Ich möchte dich also motivieren, dich einzubringen und mitzumachen. Wirklich!


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    5 Mal editiert, zuletzt von TL (13. Oktober 2019 um 09:35)

  • Das Zitat passte einfach, auch wenn es vom strengen OLG Celle ist. Die können ja auch mal richtig liegen. Und ich glaube das spezielle Zitat würden alle OLGs und der BGH teilen.

    Jetzt nochmal zu TL. Ich habe widersprochen

    a, weil in seinem ersten Beitrag das Kriterium der Erforderlichkeit nicht vorkam. Danach hatte Birgit ja gefragt. Es hieß ja, dass alles was im Wirkungskreis gemacht würde, sei vergütungsfähig. In dieser Kürze war/bin ich nicht einverstanden.

    b, mir das mit dem Erbscheinsantrag zu relativierend war. Auch mit entsprechender Begründung wird das niemals vergütungsfähig. Insofern von mir ein klares nicht vergütungsfähig ohne jede Einschränkung.

    c, und dann fand ich das mit den undankbaren und nörgelnden Erben nicht fair. Denn wenn ein Miterbe im Rahmen des ihm zu gewährenden rechtlichen Gehörs eine Stellungnahme abgibt, sollte das ein Nachlasspfleger respektieren. Hier scheint es ja auch so, dass substanziiert Einwendungen vorgetragen wurden, die nicht aus der Luft gegriffen ist.

    Die zweite Frage (später ermittelter Erbe, für andere Erbengruppe) stellt sich so nicht bzw ich würde sie anders stellen bzw beantworten:

    Der Vergütungsanspruch des Nachlasspflegers richtet sich gegen den Nachlass insgesamt und nicht gegen einzelne Miterben. Eine Zuordnung der Vergütung auf einzelne Miterben/Miterbenanteile findet bei der Vergütungsfestsetzung nicht statt (nur im Innenverhältnis bei einer Teilnachlasspflegschaft findet ein Ausgleich zwischen den Miterben statt, aber auch hier hat das auf das Außenverhältnis keine Auswirkungen).

    Auch wenn der Nachlasspfleger mit einzelnen potentiellen Miterben, Beteiligten oder Dritten spricht, um etwa Auskünfte im Rahmen der Erbenermittlung einzuholen, kommt es nur darauf an, ob diese Tätigkeit sich in seinem Aufgabenkreis bewegt und erforderlich ist.

    Die Durchführung von Versammlungen (potentieller) Erben halte ich grundsätzlich für nicht erforderlich und damit einen dadurch entstehenden
    (zusätzlich) Zeitaufwand des Nachlasspflegers grundsätzlich für nicht vergütungsfähig. Es sei denn der Nachlasspfleger kann das im Einzelfall speziell begründen.

    Die Angabe, dass der Nachlasspfleger die "komplexe Angelegenheit" auf einer Versammlung mit einem Teil der (potentiellen) Miterben besprochen hat, reicht noch nicht für eine Beurteilung der Vergütungsfähigkeit.

    Die Beschaffung von Urkunden ist lediglich so lange vom Aufgabenkreis als Reflex umfasst wie sie der Erbenermitllung dienen. Wenn sie nur noch zur Vorbereitung des Erbscheinantrags gedient haben sollten, dann wäre das nicht mehr vom Aufgabenkreis umfasst.

    Telefonische Besprechungen mit einzelnen (potenziellen) Miterben (und Dritten) oder auch persönlich, wenn kein besonderer Zeitaufwand entsteht, würde ich prinzipiell als vergütungsfähig ansehen. Aber entscheidend für die Vergütungsfähigkeit solcher Besprechungen ist, dass sie sich im Aufgabenkreis bewegen und zum damaligen Zeitpunkt (auch im zeitlichen Umfang) erforderlich gewesen sein müssen.

    Bei Zweifeln muss das Nachlassgericht den Sachverhalt ermitteln (§ 26 FamFG). Die Darlegungslast trifft den Nachlasspfleger.

    P.S. Dass Graf von Montgelas bekannt ist, hat mich sehr gefreut. Da kommt mein bayerischer Patriotismus etwas durch. Und auch andere triviale Errungenschaft wie Oktoberfeste oder auch der "Samstag" (statt Sonnabend wie in den meisten Gesetzen) breiten sich stetig in den Norden aus.

    4 Mal editiert, zuletzt von Montgelas (13. Oktober 2019 um 12:58)

  • Darf ich eine Frage stellen? Hast du jemals eine Nachlasspflegschaft selbst geführt und auch noch dabei mal z.B. in III. Ordnung mehr als 20 Erben ermittelt? Hast du eine Vorstellung davon, was passiert, wenn man als NLP mit Ermittlung des letzten Erben seine Hände in den Schoß legt und still abwartet, bis irgendwie und irgendwann einmal ein Erbscheinsantrag gestellt und das Erbscheinsverfahren abgeschlossen ist? Ich glaube, dann würde ich noch heute viele Pflegschaften „bearbeiten“ bzw. würde ständig zur Aufhebung der Pflegschaft hinterlegen.

    Viel Spass den Erben! Das meine ich mit „undankbar“ und herumnörgelnd. Oft haben die Leute keine Ahnung was die Konsequenz wäre, wenn man nicht mehr tut, als man ganz korrekt nur müsste.

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    Einmal editiert, zuletzt von TL (13. Oktober 2019 um 13:39)

  • Ja, ich habe Erfahrungen damit.

    Wie aber eine Versammlung von (potentiellen) Miterben in der III. Ordnung funktionieren soll und was für einen Sinn eine solche Versammlung für den Aufgabenkreis eines Nachlasspfleger macht, ist mir schleierhaft.
    Ich würde schon bezweifeln, dass die Miterben überhaupt in relevater Anzahl erscheinen. Da sind immer (sehr) betagte Miterben dabei. So viele Miterben wohnen auch nie auf einem Fleck, die kennen sich i.d.R nicht komplett etc. Und auch das Verständnis der Miterben, um was es geht, ist naturgemäß sehr unterschiedlich.
    Außerdem braucht es doch keine Versammlung, um die benötigten Informationen für die Erbenermittlung zu bekommen. Da reicht es doch vollkommen, wenn der Nachlasspfleger die bekannten Auskunftspersonen (z.B. Miterben) anschreibt. Erbenermittler laden doch auch nicht zu Versammlungen ein (zumindest ist mir das noch nicht bekannt geworden). Persönlichen Kontakt sucht ja auch ein Erbenermittler allenfalls nur dann, um ggf. im Wettlauf mit Konkurrenten eine Unterschrift für einen Erbenermittlungsvertrag/Vollmacht zu bekommen -das entfällt ja bei einem Nachlasspfleger. Außerdem sind die bekannten Miterben nicht die einzige Quelle im Rahmen der Erbenermittlung.

    Wenn es um eine Erbschaft in der II. Ordnung geht, ist ja die Nachlasspflegschaft durch Ermittlung der Erben i.d.R. schnell beendet. Auch hier erschließt sich mir derSinn einer solchen Versammlung nicht.

    Ein Nachlasspfleger ist nicht dazu da innerhalb der Erbengemeinschaft etwas zu organisieren. Das müssen die Miterben selbst regeln (oder einen Dritten bevollmächtigen). Der Dritte kann auch die Person des Nachlasspflegers sein (im Rahmen des RDG), aber eben nicht in seiner Eigenschaft als Nachlasspfleger.

    5 Mal editiert, zuletzt von Montgelas (13. Oktober 2019 um 18:12)

  • Ich habe auch noch nie eine Versammlung abgehalten....aber nur, weil ich den immer wieder dahingehend aufkommenden Bitten der Erben nicht entsprochen habe...bzw. wir das schriftlich regeln konnten.

    Dennoch: Es ist nicht grundsätzlich eine gänzlich außerhalb des Wirkungskreises liegende und/oder völlig unsinnige Tätigkeit eines Nachlasspflegers. Da gibt es ganz andere Sachen! Also worüber diskutieren wir hier denn eigentlich? Was soll das denn?

    Hier gibt es sogar Formular- und Briefvorschläge dazu:
    https://beckassets.blob.core.windows.net/product/regist…83406708640.pdf

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  • Ich glaube solche Bitten von Erben beruhen auf falschen Vorstellung über die Aufgaben eines Nachlasspflegers.

    Wir diskutieren ganz konkret die Frage von Birgit. Du wolltest ja eine klare Stellungnahme mit einer konkreten Aussage. Bitte nicht falsch verstehen. Klar gibt es da noch ganz andere Sachen.

    Wenn solche Tätigkeiten wie Abhalten von Versammlungen in einem Vergütungsantrag auftauchen, dann besteht eben Anlass diese dahingehen zu prüfen, ob sie sich im Aufgabenkreis bewegen und ob sie erforderlich waren.
    Wenn der Nachlasspfleger das im speziellen Einzelfall begründen kann, hätte ich kein Problem mit der Vergütungsfähigkeit.
    Aber ich bin da skeptisch und glaube, dass das allenfalls nur in speziellen Einzelfällen gelingen wird. Bei einem gewöhnlichen Fall wird das nicht gelingen.

    2 Mal editiert, zuletzt von Montgelas (13. Oktober 2019 um 19:24)

  • Die Beschaffung von Urkunden ist lediglich so lange vom Aufgabenkreis als Reflex umfasst wie sie der Erbenermitllung dienen. Wenn sie nur noch zur Vorbereitung des Erbscheinantrags gedient haben sollten, dann wäre das nicht mehr vom Aufgabenkreis umfasst.

    Das halte ich für unpraktikabel. Soll ich einer 20-köpfigen Erbengemeinschaft erzählen, sie möge sich dann mal selbst um die Beschaffung von beglaubigten Urkunden kümmern, z.B. Sterbeurkunde von Kriegstoten oder von Vorverstorbenen, wo ich nur eine Todesanzeige aus der Zeitung oder ein Foto des Grabsteins habe? Meines Erachtens ist die Erbenermittlung, für die ich bestellt bin, erst dann beendet, wenn ich die Urkunden beisammen habe.

    Telefonische Besprechungen mit einzelnen (potenziellen) Miterben (und Dritten) oder auch persönlich, wenn kein besonderer Zeitaufwand entsteht, würde ich prinzipiell als vergütungsfähig ansehen. Aber entscheidend für die Vergütungsfähigkeit solcher Besprechungen ist, dass sie sich im Aufgabenkreis bewegen und zum damaligen Zeitpunkt (auch im zeitlichen Umfang) erforderlich gewesen sein müssen.

    Man wird als Nachlasspfleger dauernd von Erben und Dritten und Gott und der Welt angerufen und führt gezwungenermaßen Telefonate, die eigentlich nicht erforderlich sind. Wenn es aber 10 Minuten dauert, einem Gläubiger zu erklären, dass wirklich kein Geld da ist, oder einem Angeheirateten, dass er leider nichts erbt, dann schreibe ich auch 10 Minuten für die Vergütung auf.

  • Die Erbenermittlung des Nachlasspflegers ist dann beendet, wenn die Erben im Sinn des § 1960 BGB bekannt sind. Dafür ist nicht letzte Gewissheit erforderlich, sondern hohe Wahrscheinlichkeit reicht (Palandt Kommentar § 1960 BGB)

    Ich wäre ja auch nicht zu kleinlich mit dem Vergütungsantrag für Telefongespräche zumal ja eine minutengenaue Abrechnung vom BGH (entgegen OLG Celle) nicht gefordert wird und ein paar sozialübliche Telefongespäche würde ich nicht gleich als nicht erforderlich ansehen. Aber wenn die nicht erforderlichen Telefongespräche, für die eine Vergütung begehrt wird, überhand nehmen, über das sozialübliche hinausgehen und nicht nur einen unwesentlichen Teil der Vergütung betreffen, gibt es da eine Grenze der Vergütungsfähigkeit.

    Aber es ging ja eigentlich um die Vergütungsfähigkeit der Zeit für einen Erbscheinantrags und für eine Erbenversammlung.
    Entgegen TL enthält das Anwaltshandbuch Erbrecht dazu für den Nachlasspfleger keine Formulare. Es gibt dort zwar Formulare für eine Erbenversammlung, aber diese beziehen sich auf eine Erbenversammlung im Rahmen der Auseinandersetzung für die ein Nachlasspfleger keinesfalls zuständig ist.

  • Klar gibt es keine Formulare für Nachlasspfleger im Anwaltshandbuch. Das wurde von mir auch nur erwähnt, weil es zeigen sollte, dass Erbenversammlungen nicht so selten oder völlig abwegig wären. Egal zu welchem Zweck.


    carlson:
    Ich sag ja: Den Erben wünsche ich schonmal viel Spaß! So wird das nichts mit einer baldigen Abwicklung des Nachlasses. Bin gespannt was mein Gericht sagt, wenn ich den Stift fallen lasse, wenn ich den letzen Erben ermittelt habe, so wie man das hier darzustellen versucht. Das mag streng richtig sein. Unsinnig und praxisfremd bleibt es dennoch. Super! Das wird mein Gericht sicher freuen!

    P.S.
    Dass die Erstellung eines ESA und die Abwicklung des Nachlasses nicht mehr vom Wirkungskreis gedeckt ist, da sind wir uns einig. Möchte ich nur wiederholt festhalten.

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  • Warum sollte sich das Nachlassgericht daran stören ?

    Wenn die Erben bekannt sind, ist es deren Privatsache sich um einen Erbschein zu kümmern oder auch nicht. Dazu gehört auch alles was damit zusammenhängt. Wenn sie ein nennenswertes Interesse haben, werden sie das tun.
    Das Nachlassgericht hat damit nichts zu tun.
    Vielmehr hat es die Nachlasspflegschaft nach § 1919 BGB aufzuheben.

    Wenn dem Nachlasspfleger kein Erbschein vorgelegt wird, dann hinterlegt er eben.

    Man sollte nicht vergessen, dass die Nachlasspflegschaft einen staatlichen Eingriff darstellt. Und die Rechtsmacht, die dem Nachlasspfleger vom Staat verliehen wird, hat eben Grenzen. Das gilt ebenso für die Vergütung, die ihm in einem Beschluss zugesprochen werden darf.

    Man könnte sich sicherlich andere Regelungen im Erbrecht vorstellen (wie in anderen Rechtsordnungen). Möglicherweise haben wir hier zu viel Privatautonomie.

    Aber solche Regelungen muss eben der Gesetzgeber treffen.

    Einmal editiert, zuletzt von Montgelas (13. Oktober 2019 um 22:32)

  • @ Montegelas:

    Die Maske ist gefallen. So kann nur ein Theoretiker argumentieren. Du hast noch nie erlebt, was passiert, wenn 20 oder mehr Erben in III. Ordnung alleine gelassen werden. Und was das Gericht dann für eine Arbeit hat. Chaos pur.

    Sorry, aber ich glaube dir nicht, dass du jemals in so einem Fall Pfleger warst, noch ansatzweise einschätzen kannst, was die Gerichte von einem Pfleger in der Regel verlangen oder wünschen, wie der Fall laufen soll. Und dass die Erben in 99 % der Fälle äußerst dankbar dem Pfleger gegenüber sind, dass er sie ermittelt hat und das Ganze nicht als „staatlichen Eingriff“ in deren Rechte verstehen. Sowas kann nur verstehen, wer offensichtlich nicht grundsätzlich gegen Nachlasspflegschaften/Nachlasspfleger (warum auch immer) eingestellt ist.

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  • Ich bin weder gegen Nachpfleger noch gegen Nachlasspflegschaften eingestellt.
    Ich lege nur Wert darauf, dass die gesetzlichen Regelungen bei der Vergütung und auch sonst beachtet werden. Das ist doch auch im Sinn der Nachlasspfleger.

    Der Terminus "staatlicher Eingriff" ist nicht feindseelig gemeint, sondern ein gängiger Terminus im Verfassungsrecht und dami in der Rechtsprechung und Literatur (vgl. etwabRechtsprechung und Literatur zu Art. 2 GG) Aus ihm lassen sich rechtliche Grenzen ableiten, die zu beachten sind.
    Ein Chirurg versteht auch nicht, dass er bei einer Operation aus juristischer Sicht den objektiven Tatbestand einer Körperverletzung erfüllt. Diese ist nur dann nicht widerrechtlich, wenn sie von der Einwilligung des Patienen gedeckt ist.
    Trotz Körperverletzung bin ich dem Chirurgen dankbar, wenn er mir hilft.
    Genauso sehe ich das bei einem Nachlasspfleger. Klar gebührt ihm der Dank der Erben auch wenn es sich juristisch um einen staatlichen Eingriff handelt.

    Die staatliche Bestellung des Nachlasspflegers durch einen Hoheitsakt ist doch eindeutig, wenn man den § 1789 BGB liest. Daran ist aber nichts ehrenrühriges.

    Einmal editiert, zuletzt von Montgelas (14. Oktober 2019 um 00:03)

  • Der Terminus ist mir durchaus bekannt, aber die Erwähnung verrät deine Grundhaltung.

    Also immer schön nur das machen, was man muss und absolut notwendig ist. Dann wird ja alles gut. Prima....

    So kann man arbeiten. Immer alles schön korrekt. Was dann korrekt ist, entscheiden wir halt hinterher, wenn irgendwer meckert. Dann aber mit aller Schärfe und dem Vorteil, sich in aller Ruhe aus der Rückschau überlegen zu können, was nun notwendig war, und was nicht. Besonders wenn der, der über „schlecht“ oder „gut“ entscheidet, noch nie in der Praxis selbst so gearbeitet bzw. sowas selbst gemacht hat. Da fällt das Urteilen und Anwenden der Vorschriften doch gleich viel leichter.

    Zur Klarstellung: Ich bin auch dafür, dass Gesetze eingehalten werden. Hier geht’s aber um Ermessensfragen, die nie mit dem Lineal am Gesetz entschieden werden können. So stellst du das aber dar bzw. so kommt es für mich leider rüber.

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    2 Mal editiert, zuletzt von TL (14. Oktober 2019 um 00:36)

  • Und mich würde die Meinung der Threadstarterin interessieren, ob diese ihren Pfleger als „Stundentreiber“ einschätzt und/oder wie der Fall ihres Erachtens aus der Sicht des Gerichts gelaufen ist bzw. ob sie meint, solche Treffen wären absolut abwegig.

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  • Auch wenn ich mir sicher wieder den Unmut von TL zuziehe:

    Die Frage, ob ein Nachlasspfleger von einer Rechtspflegerin als "Stundentreiber" kategorisiert wird oder nicht, finde ich unangemessen. Der Begriff ist gegenüber Nachlasspflegern beleidigend. Für die Diskussion um die Vergütungsfähigkeit einzelner Positionen bringt die Frage nichts.

    Bei der zweiten Frage verwendet TL einen falschen Maßstab. Es geht hier nicht darum, ob etwas "absolut abwegig" ist, sondern es geht darum, ob etwas erforderlich ist. Das ist der von Literatur und Rechtsprechung geforderte Maßstab für die Prüfung der Vergütungsfähigkeit einer im Aufgabenkreis liegenden Tätigkeit.

    Was heißt hier nun erforderlich?

    Ich würde mir da einfach den § 670 BGB (Ersatz von Aufwendungen für Beauftragte) nutzbar machen (hat die Rechtsprechung auch schon getan) und die dortigen Maßstäbe für den Beauftragten einfach auf den Nachlasspfleger übertragen. Dann ergäbe sich folgender "Gesetzestext" bzw Obersatz:

    Wendet der Nachlasspfleger zum Zweck der Führung der Pflegschaft Zeit auf, die er den Umständen nach für erforderlich halten durfte, so steht ihm dafür eine Vergütung aus dem Nachlass zu.

    Für die weitere Auslegung kann man sich dann die Kommentierungen zu § 670 BGB zu nutze machen. Der Palandt (§ 670 Rdnr. 4) würde dann bei Anwendung auf den Nachlasspfleger lauten:

    Der Nachlasspfleger darf aufgewandte Zeit für erforderlich halten, die er nach sorgfältiger Prüfung der ihm bekannten Umstände vernünftigerweise aufzuwenden hatte. Also nicht die gesamte, aber auch nicht nur die nutzbringend aufgewandte Zeit. Maßgeblich ist ein objektiver Maßstab mit subjektivem Einschlag: Erfasst wird der Zeitaufwand, der zu dem Zeitpunkt in dem der Nachlasspfleger seine Dispositionen trifft, nach dem verständigen Ermessen des Nachlasspflegers zur Führung der Pflegschaft geeignet ist, notwendig erscheint und in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Führung der Pflegschaft steht.

    Im Prinzip sind das die Kriterien der auch sonst vor allem im öffentlichen Recht bekannten Verhältnismäßigkeitsprüfung.

    Angewandt auf die Erbenversammlung würde ich sagen:

    geeignet: vielleicht

    notwendig: nein (anders ggf im spez. Einzelfall nur mit ganz besonderer Begründung)

    angemessen zur Bedeutung der Pflegschaft: nein (anders ggf im spez. Einzelfall nur mit ganz besonderer Begründung)

    Wobei die Prüfung bei dem ersten Nein eigentlich schon abzubrechen ist.

    2 Mal editiert, zuletzt von Montgelas (14. Oktober 2019 um 20:27)

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