Im 3. Jahr (2019, 2018, 2017) 20 Prozent der Anwärter durchgefallen in Hildesheim

  • Hmm 20% ist schon recht krass, bei uns in Schwetzingen schwankt es scheinbar laut Studienführer irgendwo um 5% herum, das ist ja ein ordentlicher Unterschied.

    Dass die Durchgefallenen in Hildesheim nun alle zusammen in eine Gruppe kommen finde ich wiederum ne gute Sache, da können die Dozenten sich in den Vorlesungen dann auf die "besonderen" Umstände optimal anpassen. Hoffentlich schaffen sie es dann im zweiten Anlauf :daumenrau

    Wie ein weiser Dozent zu sagen pflegte:

    • Das haben wir schon immer so gemacht.
    • Dafür gibt 's keinen Kommentar.
    • Wo kämen wir denn da hin?
  • Die theoretischen Anforderungen mögen manchmal etwas praxisfremd sein. Doch gebe ich zu Bedenken, dass in der Praxis auch öfter verzwackte Sachverhalte en Detail zu durchdenken sind. Es kommt daher im Studium daher m. E. gar nicht so sehr darauf an, irgendwelche abgelegenen Spezialfälle durchzupauken, sondern anhand auch von teilweise schwierigen und abstrakten Rechtsgebieten eine Methodenkompetenz zur Subsumierung und Anwendung auch sehr abstrakter Rechtsmaterie zu vermitteln.

    Ob eine Diplomarbeit hingegen erforderlich ist, bezweifle ich auch. Da der Rpfl-Studiengang nicht mit anderen konkurriert und auch in Bezug auf Bologna nicht vergleichbar sein muss, finde ich eine Diplomarbeit wie oben beschrieben in Hildesheim für überflüssig.
    Lediglich wenn es ins Examen einginge wie beim Abi wäre es eine Möglichkeit, durch Fleiß seine Note aufzubessern. Bei einer bedarfsgerechten Ausbildung läuft aber auch dieses Argument ins Leere.


  • Und Voraussetzung dafür sind gute theoretische Kenntnisse. Und die werden an der FH vermittelt. So "abgehoben" wie es hier teilweise dargestellt wird, ist das Studium nun wirklich nicht.

    Hinsichtlich des Studiums im generellen würde ich dir zustimmen.
    Die Diplomarbeit hingegen hat m.E. keinen sinnvollen Zweck. Sie ist in dem Studium auch ein völliger Fremdkörper. Es wird vorher nichts vergleichbares gefordert und es wird m.E. auch nicht vernünftig darauf vorbereitet. Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass seitens der Dozenten meiner Erfahrung nach die gestellten Anforderungen (auch auf Nachfrage) normalerweise nicht verlässlich und präzise dargestellt werden. Die Studenten haben daher nichts woran sie sich fest orientieren können.

    Wie ich noch aus meinem eigenen Jahrgang sowie auch von Schilderung neuer Kollegen weiß ist die Diplomarbeit der häufigste Grund warum die Anwärter durch die Prüfung fallen. Im letzten Jahrgang lag es wohl bei über 70% der Durchfallenden an der Diplomarbeit.

  • "Ein weiteres Problem sehe ich darin, dass seitens der Dozenten meiner Erfahrung nach die gestellten Anforderungen (auch auf Nachfrage) normalerweise nicht verlässlich und präzise dargestellt werden. Die Studenten haben daher nichts woran sie sich fest orientieren können."

    Dem stimme ich vollumfänglich zu, die Erfahrung habe ich auch gemacht, die Dozenten sind sich ja nicht einmal hinsichtlich der Qualität einer Arbeit einig.

    Ich berichte dazu mal eine meiner Erfahrungen:
    Auf der Homepage der Schule veröffentlicht diese regelmäßig besonders gute Diplomarbeiten, diese kann man als Student auch einsehen.

    Ich schrieb meine Diplomarbeit über ein Thema, dass mir meine Dozentin vorschlug und dass mir auf den ersten Blick auch gefiel. Ich sammelte Material und erstellte meine Gliederung, bei Erstellung derselben orientierte ich mich an einem Aufsatz von Hintzen im Rechtspfleger zu dieser Problematik. Meine Dozentin teilte mir nach Einreichung der Gliederung dann mit, dass diese Gliederung sehr der Überarbeitung bedürfte. Sie wies mich auf eine bereits von der Schule auf der Internetseite veröffentlichte Arbeit hin und merkte an, dass ich da fast das gleiche Gliederungsschema nutzen würde (was nicht verwundert, da höchstwahrscheinlich auch diese es von demselben Hintzen Aufsatz abgeleitet war). Daraufhin teilte ich ihr mit, dass ich die Gliederung wie Hintzen aufgebaut hatte, da der Aufsatz meine Fragestellung betraf, weiterhin teilte ich ihr mit, dass mir die veröffentlichte Diplomarbeit unbekannt war. Verärgert fragte ich sie dann warum sie mir ein Thema vorgeschlagen hatte, zu dem es bereits ein Jahr zuvor eine veröffentlichte Diplomarbeit gegeben hatte- denn dann hätte ich das Thema kaum gewählt.

    Daraufhin teilte sie mir mit, dass sie gerade deshalb eine Diplomarbeit über diese Problematik wollte, da eben diese veröffentlichte Diplomarbeit in ihren Augen nicht einmal 5 Punkte verdient hätte und über das Thema daher immer noch eine "gute" Arbeit fehlen würde. Diese Arbeit existiere in ihren Augen daher nicht und ich solle mich auch hüten mir daran in irgendeiner Weise ein Beispiel zu nehmen, sofern ich nicht durchfallen wolle- diese Arbeit müsse ich "um einiges" übertreffen, um bei ihr bestehen zu können. Ich solle auch eine neue Gliederung erstellen- der Aufsatz von Hintzen im Rechtspfleger sei auch nicht "sehr gelungen", sich daran Beispiele zu nehmen sei nicht richtig. Mit dieser Ausgangsvoraussetzung, also kaum Druck (Ironie) und kaum Angst (Ironie) schrieb ich dann meine Arbeit bei Frau K.


    Noch einmal: Das ist die Meinung einer Dozentin einer Hochschule über eine von derselben Hochschule als besonders gelungene und damit veröffentlichungswürdige Diplomarbeit.


    Mehr muss man über Diplomarbeiten in Hildesheim wohl nicht wissen.

    (PS: ich hab mir die veröffentlichte Arbeit -auch aus Angst dann unbewusst daraus etwas zu übernehmen- nie angesehen.)

  • :wechlach::wechlach::wechlach:

    Yep, zwei Juristen, 3 Meinungen.

    Mich hat als junger Anwärter, der ich einmal war, immer irritiert, wenn die Dozenten aus dem Begleitunterricht uns umfangreich erklärt haben, warum die Meinung der FH falsch sei und die ihre doch die richtige Auffassung sei...

    Das förderte den bei mir eh nicht besonders guten Durchblick nicht unbedingt.

  • Die Meinung meines AG wurde von einem Dozenten in der Luft zerkleinert (klang wie "völlig abstruse Meinung"). Könnte bei der Praxisausbildung Probleme bringen

  • Ob eine Diplomarbeit hingegen erforderlich ist, bezweifle ich auch. Da der Rpfl-Studiengang nicht mit anderen konkurriert und auch in Bezug auf Bologna nicht vergleichbar sein muss, finde ich eine Diplomarbeit wie oben beschrieben in Hildesheim für überflüssig.

    Zitat

    Die Diplomarbeit hingegen hat m.E. keinen sinnvollen Zweck.

    Deswegen finde ich die Regelung in Sachsen eigentlich ganz angemessen. Eine Diplomarbeit ist hier nicht Bestehensvoraussetzung. Ausschlaggebend ist allein das Bestehen des Examens. Die Diplomarbeit "soll" (=kann) dann im Anschluss, bereits während des regulären Arbeitsalltags, innerhalb eines knappen Jahres berufsbegleitend geschrieben werden. Macht man das nicht, bekommt man halt sein "Dipl." nicht, die Laufbahnbefähigung hat man trotzdem. Mehr als den Stellenwert eines "Schulterklopfers" und Ego-Boosters hat die Anfertigung der Arbeit also nicht. Auch Nachteile entstehen in der Regel nicht. Außer bei späteren Bewerbungen auf andere Stellen natürlich unter Umständen.

    Auch wenn ein Beamter schnell und unbürokratisch handelt, kann eine amtliche Tätigkeit vorliegen.
    (LG Bielefeld, Urteil vom 28. Januar 2003 – 2 O 634/02 –, juris)

    Ein Narr ist viel bemüht; des Weisen ganzes Tun,
    Das zehnmal edeler, ist Lieben, Schauen, Ruhn.
    Angelus Silesius (1624 - 1677)

  • Deswegen finde ich die Regelung in Sachsen eigentlich ganz angemessen. Eine Diplomarbeit ist hier nicht Bestehensvoraussetzung. Ausschlaggebend ist allein das Bestehen des Examens. Die Diplomarbeit "soll" (=kann) dann im Anschluss, bereits während des regulären Arbeitsalltags, innerhalb eines knappen Jahres berufsbegleitend geschrieben werden. Macht man das nicht, bekommt man halt sein "Dipl." nicht, die Laufbahnbefähigung hat man trotzdem. Mehr als den Stellenwert eines "Schulterklopfers" und Ego-Boosters hat die Anfertigung der Arbeit also nicht. Auch Nachteile entstehen in der Regel nicht. Außer bei späteren Bewerbungen auf andere Stellen natürlich unter Umständen.

    So läuft es auch in Berlin. Konsekutive wissenschaftliche Hochschulstudiengänge erkennen die Diplomarbeit übrigens bisweilen mit 30 Credits an. Kann also für Zukunftsperspektiven ggf. relevant sein.

    Arbeit dehnt sich in genau dem Maß aus, wie Zeit für ihre Erledigung zur Verfügung steht.


  • Was ist das denn für Müll? :D

  • Übrigens hat die Hildesheimer Zeitung Unrecht, wenn sie wirklich von 20 % Durchfallern an der Hochschule Hildesheim schreibt. Ich habe mir beim Bundesamt für Justiz die Rechtspflegerprüfungs-Statistik näher angesehen, https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Buer…efung_node.html

    Demzufolge stimmt es zwar, dass bei den Niedersachsen 20 % durchgefallen sind. Berücksichtigt man aber auch die Hildesheimer Studierenden aus Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen, dann liegt die Durchfallquote der Hochschule Nord bei 15 % und beläuft sich nur noch auf reichlich das Doppelte des Bundesdurchschnitts. Das klingt marginal besser.

    Darüber hinaus kennen wir die genauen Umstände nicht. In Starnberg ist nur ein Prüfling durchgefallen - aus auch ins Rechtspflegerforum gelangten Berichten hörten wir aber, wie viele bayerische Anwärter im Laufe des Studiums schon "verloren gegangen"sind. Interessant wäre insoweit eine Statistik, wie viele je Jahrgang zum Studium zugelassen worden sind und wie viele dann tatsächlich im Staatsdienst ankommen. Da habe ich nur Daten für Baden-Württemberg gefunden, https://www.landtag-bw.de/files/live/sit…0/16_5822_D.pdf
    (Kurioserweise sind die Prüfungszahlen nicht exakt deckungsgleich mit denen vom Bundesjustizamt, aber das nur am Rande.)

    Ich habe daraus ein paar Zahlen genommen, um mir ein Bild zu machen, wie viele Studenten tatsächlich auf dem Weg in den Landesjustizdienst von Baden-Württemberg abhanden kommen:

    [TABLE='class: grid, width: 500']

    [tr]


    [TD='align: right']Einstell.jahr[/TD]
    [TD='align: right']Studenten[/TD]
    [TD='align: right']Prüfung[/TD]
    [TD='align: right']Übernahme[/TD]
    [TD='align: right']"Verlustquote"[/TD]

    [/tr][tr]


    [TD='align: right']2006[/TD]
    [TD='align: right']66[/TD]
    [TD='align: right']2009[/TD]
    [TD='align: right']52[/TD]
    [TD='align: right']21%[/TD]

    [/tr][tr]


    [TD='align: right']2007[/TD]
    [TD='align: right']59[/TD]
    [TD='align: right']2010[/TD]
    [TD='align: right']50[/TD]
    [TD='align: right']15%[/TD]

    [/tr][tr]


    [TD='align: right']2008[/TD]
    [TD='align: right']76[/TD]
    [TD='align: right']2011[/TD]
    [TD='align: right']65[/TD]
    [TD='align: right']14%[/TD]

    [/tr][tr]


    [TD='align: right']2009[/TD]
    [TD='align: right']98[/TD]
    [TD='align: right']2012[/TD]
    [TD='align: right']82[/TD]
    [TD='align: right']16%[/TD]

    [/tr][tr]


    [TD='align: right']2010[/TD]
    [TD='align: right']106[/TD]
    [TD='align: right']2013[/TD]
    [TD='align: right']88[/TD]
    [TD='align: right']17%[/TD]

    [/tr][tr]


    [TD='align: right']2011[/TD]
    [TD='align: right']107[/TD]
    [TD='align: right']2014[/TD]
    [TD='align: right']74[/TD]
    [TD='align: right']31%[/TD]

    [/tr][tr]


    [TD='align: right']2012[/TD]
    [TD='align: right']129[/TD]
    [TD='align: right']2015[/TD]
    [TD='align: right']97[/TD]
    [TD='align: right']25%[/TD]

    [/tr][tr]


    [TD='align: right']2013[/TD]
    [TD='align: right']139[/TD]
    [TD='align: right']2016[/TD]
    [TD='align: right']100[/TD]
    [TD='align: right']28%[/TD]

    [/tr][tr]


    [TD='align: right']2014[/TD]
    [TD='align: right']142[/TD]
    [TD='align: right']2017[/TD]
    [TD='align: right']105[/TD]
    [TD='align: right']26%[/TD]

    [/tr][tr]


    [TD='align: right']2015[/TD]
    [TD='align: right']163[/TD]
    [TD='align: right']2018[/TD]
    [TD='align: right']134[/TD]
    [TD='align: right']18%[/TD]

    [/tr][tr]


    [TD='align: right']Durchschnitt[/TD]
    [TD='align: right']108,5[/TD]
    [TD='align: right'][/TD]
    [TD='align: right']84,7[/TD]
    [TD='align: right']22%[/TD]

    [/tr]


    [/TABLE]
    (für eventuelle Schreib- und Rechenfehler bitte ich schon jetzt um Entschuldigung)

    Es wäre vielleicht sinnvoll, wenn sich die Einstellungsbehörden solche Daten für ihren eigenen Beritt vor Augen führen.

  • Übrigens hat die Hildesheimer Zeitung Unrecht, wenn sie wirklich von 20 % Durchfallern an der Hochschule Hildesheim schreibt. Ich habe mir beim Bundesamt für Justiz die Rechtspflegerprüfungs-Statistik näher angesehen,

    Wo hast du denn da die Statistik für 2019 gefunden?

    Nach dem was ich unmittelbar aus dem Kreis der Absolventen gehört habe, trifft die Durchfallquote von 20% durchaus zu.

  • Das Bundesjustizamt hat doch grade erst die 2018er Statistik publiziert, die 2019er kannst Du ca im September 2020 dort nachlesen.

    Tatsächlich, in Hildesheim scheinen die Prüfungen durch zu sein:
    https://www.hildesheimer-allgemeine.de/news/article/b…nd-buerger.html

    In dem Artikel steht auch, dass vor drei Jahren 107 Anwärter gestartet sind, jetzt aber 82 durchs Examen kamen, 24 durchgefallen sind. Das heißt, vor dem Examen war nur ein Anwärter "weg". In der Quote Absolventen zu Eingestellten nähert sich also Hildesheim den Zahlen von BaWü.


  • Die von dir benannte "Verlustquote" kann man auch nicht direkt verwenden. Dazu müsste man noch wissen, wieviele Absolventen ein Übernahmeangebot im jeweiligen Jahr erhalten haben.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!