Streit um Rechtsnachfolgeklauseln

  • Guten Morgen!

    Ich habe hier eine interessante Konstellation vor mir:

    FH-Beschluß erlassen im Jahr 2016. Im Januar 2019 dem Jobcenter eine Rechtsnachfolgeklausel erteilt wegen ALG-II-Leistungen, die dem Kind gewährt wurden. Soweit alles in Ordnung.

    Jetzt kommt der Freistaat und hätte auch gerne eine Rechtsnachfolgeklausel. Problem: Die Beträge/Zeiten decken sich teilweise. Beispiel:

    Tituliert sind für das ganze Jahr 2018 297,- EUR monatlich.
    Der Freistaat beantragt von Jan. 2018 - Dez. 2018 je 205 EUR

    ABER: Ich habe für Jan. - April 2018 schon jeweils 177,50 auf das Jobcenter umgeschrieben, es verbleiben also nur noch 119,50, die ich auf den Freistaat umschreiben könnte.

    Ich habe das Jugendamt dazu angehört und die meinen nur lapidar, die von Ihnen erbrachten Leistungen wären vorrangig und die Klausel, die dem Jobcenter erteilt wurde, müsse sozusagen "verringert werden". Alle Auszahlungen sind übrigens "nachgewiesen" durch die üblichen gesiegelten Auszahlungsbestätigungen.

    MEINE ÜBERLEGUNG:

    Variante a) Klausel erteilen soweit möglich, Rest zurückweisen, dann kann sich das Jugendamt beschweren.
    Variante b) Evtl. Auslegung des Vorbringens des Jugendamtes als Klauselerinnerung, der aber mE nicht abzuhelfen wäre, weil ja eine entsprechende Auszahlbestätigung vorlag und formell alles in Ordnung war -> Verweis auf Klauselgegenklage.

    Meinungen?

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • bin bei a)

    Soweit der Anspruch auf den Jobcenter übergegangen ist, steht er dem ursprünglichen Gl nicht mehr zu.
    Der kann der Anspruch nur noch in der Höhe auf Freistaat übergehen, als der Gl. noch Inhaber des Anspruchs ist/war.

    Soweit der Freistaat die bereits erteilte Klausel angreifen will (steht ihm als Dritten die Klauselerinnerung überhaupt zu? § 732 ZPO sprich ja nur vom Schuldner), mag er dies ausdrücklich erklären.

  • bin bei a)

    Soweit der Anspruch auf den Jobcenter übergegangen ist, steht er dem ursprünglichen Gl nicht mehr zu.
    Der kann der Anspruch nur noch in der Höhe auf Freistaat übergehen, als der Gl. noch Inhaber des Anspruchs ist/war.

    Soweit der Freistaat die bereits erteilte Klausel angreifen will (steht ihm als Dritten die Klauselerinnerung überhaupt zu? § 732 ZPO sprich ja nur vom Schuldner), mag er dies ausdrücklich erklären.


    Dem schließe ich mich an.

  • Das JC hat zwar zuerst die Rechtsnachfolgeklausel beantragt und erhalten, das bedeutet aber nicht, dass der Anspruchsübergang auf das JC zuerst erfolgt ist. Möglicherweise hat in dem überschneiden Zeitraum das JA jeweils zuerst gezahlt, der Anspruch ist dorthin übergegangen und stand für das JC nicht mehr (in voller Höhe) zur Verfügung. Vielleicht war die Reihenfolge auch nicht jeden Monat gleich.

  • Das JC hat zwar zuerst die Rechtsnachfolgeklausel beantragt und erhalten, das bedeutet aber nicht, dass der Anspruchsübergang auf das JC zuerst erfolgt ist. Möglicherweise hat in dem überschneiden Zeitraum das JA jeweils zuerst gezahlt, der Anspruch ist dorthin übergegangen und stand für das JC nicht mehr (in voller Höhe) zur Verfügung. Vielleicht war die Reihenfolge auch nicht jeden Monat gleich.

    Genauso ist es. Aber im Klauselerteilungsverfahren kann und muß ich das nicht prüfen, sondern gehe davon aus, daß die entsprechenden Auszahlungsbescheinigungen ordnungsgemäß sind.

    §§ 36b II 2, 5 III 1 RPflG: Die vorgelegten Sachen bearbeitet der Rechtspfleger, solange er es für erforderlich hält.

  • Können nicht auch beide richtig liegen?

    Der Unterhaltsvorschuss deckt ja nicht dem gesamten Bedarf des Kindes und auch nicht den vollen U-Anspruch.

    Das JC zieht vom sozialrechtlichen Bedarf des Kindes den geleisteten Vorschuss ab und zahlt den Rest zum Bedarf. Da drin ist doch aber sicher auch noch weitergehender nicht vom Vater gezahlter Unterhalt?

  • Das JC hat zwar zuerst die Rechtsnachfolgeklausel beantragt und erhalten, das bedeutet aber nicht, dass der Anspruchsübergang auf das JC zuerst erfolgt ist. Möglicherweise hat in dem überschneiden Zeitraum das JA jeweils zuerst gezahlt, der Anspruch ist dorthin übergegangen und stand für das JC nicht mehr (in voller Höhe) zur Verfügung. Vielleicht war die Reihenfolge auch nicht jeden Monat gleich.


    Mag ja alles sein, jedoch unterliegt das nicht der Prüfung im Klauselverfahren.

  • Aber im Klauselerteilungsverfahren kann und muß ich das nicht prüfen, sondern gehe davon aus, daß die entsprechenden Auszahlungsbescheinigungen ordnungsgemäß sind.

    Es gibt aber 2 Auszahlungsbescheinigungen, die beide richtig sein dürften. Nur dass nicht in voller Höhe der beider Auszahlungen ein Übergang eingetreten sein kann, weil der Anspruch dafür nicht ausreicht.

    Das JC hat zwar zuerst die Rechtsnachfolgeklausel beantragt und erhalten, das bedeutet aber nicht, dass der Anspruchsübergang auf das JC zuerst erfolgt ist. Möglicherweise hat in dem überschneiden Zeitraum das JA jeweils zuerst gezahlt, der Anspruch ist dorthin übergegangen und stand für das JC nicht mehr (in voller Höhe) zur Verfügung. Vielleicht war die Reihenfolge auch nicht jeden Monat gleich.


    Mag ja alles sein, jedoch unterliegt das nicht der Prüfung im Klauselverfahren.

    Und was ist die Folge dieser Nichtprüfung? Wer die Klausel zuerst beantragt, bekommt sie, auch wenn der Anspruch nicht mehr auf ihn übergehen konnte und der Andere geht leer aus?

    Ich sehe selbst keine gute Lösung, aber die Erteilung vom Zufall der Antragsreihenfolge abhängen zu lassen, erscheint mir unglücklich.


  • Wie willst du es sonst lösen? Es lag ein Umschreibungsantrag mit einer Auszahlungsbescheinigung zugunsten des JC vor, so dass zu recht eine (teilweise) Umschreibung des titulierten Anspruches auf dieses erfolgte. Ob das materiell-rechtlich richtig war, ist im Klauselverfahren nicht zu prüfen.

    Jedenfalls liegt jetzt nicht mehr in voller Höhe ein Anspruch des Kindes vor, der auf das Bundesland wegen UVG umgeschrieben werden könnte.

  • Andererseits sprichst du dich dafür aus, es jetzt beim zweiten Antrag eben doch zu prüfen.

    Jedenfalls liegt jetzt nicht mehr in voller Höhe ein Anspruch des Kindes vor, der auf das Bundesland wegen UVG umgeschrieben werden könnte.

    1. Das hast du doch im ersten Verfahren auch nicht geprüft, was ist jetzt anders?

    2. Ob das so ist, wissen wir nicht. Gut möglich, dass der Anspruch eben doch auf das Land übergegangen ist und die zuerst erteilte Klausel falsch ist.

    Was würdest du machen, wenn der zweite Antrag eingeht, bevor über den ersten entschieden ist? Würdest du auch auf den zeitlich früheren eine Klausel erteilen und den zweiten (teilweise) zurückweisen? Oder beiden Antragstellern schreiben, dass du nicht feststellen kannst, wem der Anspruch zusteht und daher keiner "alles" bekommt?

    Es gibt einen Grund, warum ich oben schrieb "ich sehe selbst keine gute Lösung". Beiden eine Klausel in voller Höhe zu erteilen dürfte nicht in Frage kommen, da sind wir uns wohl alle einig. Aber es jetzt bei "Das JC hat eine Klausel bekommen, also bleibt es dabei und das JA kriegt nichts, egal wem von beiden der Anspruch zusteht, hätte das JA halt früher beantragen müssen" zu belassen, erscheint mir auch nicht richtig.


  • Was jetzt anders ist?

    Ganz einfach, beim ersten Umschreibungsantrag lag ein vollständig auf das Kind als Gläubiger lautender Unterhaltstitel vor.

    Beim zweiten Umschreibungsantrag bestehen die zur Umschreibung beantragten Ansprüche laut Vermerk auf dem umzuschreibenden Unterhaltstitel nicht mehr in voller Höhe zu Gunsten des Kindes. Es kann also hinsichtlich der bereits umgeschriebenen Ansprüche nicht mehr von einer Rechtsnachfolge vom Kind auf das Bundesland (wegen UVG) ausgegangen werden.

  • Also würdest du dem JA keine Klausel erteilen, weil der Anpsruch möglicherweise nicht auf es übergegangen ist. Einer Erinnerung gegen die bereits dem JC erteilte Klausel würdest du aber nicht abhelfen, obwohl da genau das gleiche Problem besteht.

    Ich wiederhole meine Frage von weiter oben: Was ist, wenn der Antrag des JA eingeht, bevor die Klausel für das JC erteilt wird? Erteilst du dann sehenden Auges eine potentiell falsche Klausel, nur weil der eine Antrag zufällig zuerst eingegangen ist?

  • Also würdest du dem JA keine Klausel erteilen, weil der Anpsruch möglicherweise nicht auf es übergegangen ist. Einer Erinnerung gegen die bereits dem JC erteilte Klausel würdest du aber nicht abhelfen, obwohl da genau das gleiche Problem besteht.

    Ich wiederhole meine Frage von weiter oben: Was ist, wenn der Antrag des JA eingeht, bevor die Klausel für das JC erteilt wird? Erteilst du dann sehenden Auges eine potentiell falsche Klausel, nur weil der eine Antrag zufällig zuerst eingegangen ist?


    Ich habe diesen Fall in der Praxis noch nie erlebt.

    In dieser Konstellation würde ich JA und JC auf den Antrag des jeweils anderen hinweisen und mitteilen, dass eine Umschreibung im beantragten Umfang nicht in Betracht kommt (da die titulierten Beträge in der Summe überschritten werden würden).

    Dann hat jeder der Behörden die Möglichkeit, den eigenen Antrag entsprechend einzuschränken.

  • Gibt es bereits eine Rnf-Klausel, kann nur noch für den Rest umgeschrieben werden, vgl. OLG Stuttgart, 8 WF 79/89, OLG München, 11 W 2060/04.

    Gibt es noch keine Rnf-Klausel, ist anzuhören, einigt man sich nicht, gilt das Prioritätsprinzip, der erste mahlt, vgl. BGH, I ZR 146/16.

    Der Prätendentenstreit ist nach h.M. über § 768 ZPO, vgl. OLG Stuttgart, 8 W 715/99 oder Herausgabeklage zu entscheiden.

    Es ist immer besser, die Figuren des Gegners zu opfern.

    Savielly Tartakover

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