Teilweiser Widerruf einer Generalvollmacht

  • Der Betroffene hat 3 Monate vor Betreuungsanordnung seiner polnischen Pflegekraft eine privatschriftliche General- und Vorsorgevollmacht (Ankreuzformular) erteilt. Nachdem der Betroffene zusammen mit dieser Pflegekraft versucht hat, bei der Bank 70.000.--€ in bar abzuheben, obwohl beim Betroffenen erkennbare kognitive Einschränkungen vorhanden waren, und noch andere Ungereimtheiten bezüglich der Geldverwaltung festgestellt wurden, wurde eine Kontrollbetreuung angeordnet, § 1896 Abs. 3 BGB, vgl. hierzu Zorn, Die Kontrollbetreuung, Rpfleger 2018, 117 ff.

    Weder Betroffener noch die Pflegekraft konnten bzw. wollten angeben, was mit dem Geld geschehen sollte.

    Der Betreuer hat jetzt beantragt, seinen Aufgabenkreis zu erweitern, auf den Widerruf der General- und Vorsorgevollmacht, und zwar nur hinsichtlich der Vermögenssorge.
    Angenommen, die Voraussetzungen für diese Erweiterung des Aufgabenkreises liegen vor und der Betreuer widerruft die General- und Vorsorgevollmacht nur bezüglich der Vermögenssorge, wie ist dieser teilweise Widerruf auf der Vollmachtsurkunde, die ja weiter im Besitz der Bevollmächtigten bleibt, zu vermerken ? Ist ein Widerrufsvermerk auf der Vollmacht überhaupt zulässig ?

  • Ist die Vollmacht zweifelsfrei als gültig anzusehen? Defizite werden ja beschrieben. Falls nein, muss sie dann eigentlich widerrufen und rückgefordert werden? Zudem hätte es möglicherweise Einfluss auf den Umfang der Betreuung.

  • Das ist m.E. Sache des Betreuers, da er bei ganzem Widerruf der Vollmacht die gesamte Vollmachtsurkunde zurückverlangen könnte und den Rückgabeanspruch ggfs. selbst gerichtlich durchsetzen müsste. Bei Teilwiderruf der Vollmacht kann er die Rückgabe der Vollmacht gem. § 175 BGB zum Zwecke der Anbringung eines Teilwiderrufsvermerks verlangen,
    Jürgens, Betreuungsrecht, § 175 BGB Rz. 2,

    OLG München, NJW-RR 2009, 1379
    AG Unna, Beschluss vom 24.01.2014 - 7 XVII 339/11 -
    Beck online Großkommentar § 175 BGB Rz. 7

  • Hier wird das aber ohne Weiteres praktiziert.

    OT: Hier richten die Richter auch eine normale Betreuung trotz Vollmacht ein, sodass es sogenannte Kontrollbetreuung hier gar nicht gibt.


    Bin davon ausgegangen, dass das normal sei, den AK mit aufzunehmen. Danke euch für die Aufklärung.

  • Die sofortige Anordnung des Aufgabenkreises "Widerrruf der General- und Vorsorgevolllmacht für X" ist nur zulässig, wenn die Ungeeignetheit des Bevollmächtigen schon bei Anordnung feststeht, z.B. bei offensichtlichen Geldunterschlagungen durch den Bevollmächtigen.
    In anderen Fällen, in denen weitere Ermittlungen notwendig sind, was der Bevollmächtigte genau angestellt hat, ist zuerst nur die Anordnung einer Kontrollbetreuung zulässig.

    Zu den Voraussetzungen einer Kontrollbetreuung und der Übertragung des Aufgabenkreises des Widerrufs einer Vorsorgevollmacht (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 23. September 2015 - BGH XII ZB 624/14


    BGH Beschluss vom 09.05.2018, Rpfleger 2018, 613, NJW-RR 2018, 1025

    BGH Beschluss vom 15.08.2018, Rpfleger 2019, 24https://openjur.de/u/2111760.html


    Die Ausübung der Kontroll- und Steuerungsmöglichkeiten durch den Kontrollbetreuer ist als geringerer Grundrechtseingriff grundsätzlich vorrangig vor einer Ermächtigung zum Vollmachtwiderruf (vgl. auch BT-Drs.11/4528, 123). Nur wenn diese Maßnahmen fehlschlagen oder es auf Grund feststehender Tatsachen mit hinreichender Sicherheit als ungeeignet erscheint, drohende Schäden auf diese Weise abzuwenden,ist die Ermächtigung zum Vollmachtwiderruf, der die ultima ratio darstellt, verhältnismäßig.

  • Der Richter kann Kontrollbetreuung und ggf. Als Aufgabenkreis den Widerruf der Vollmacht sofort anordnen. Er kann auch sofort Betreuung mit Aufgabenkreis Widerruf der Vollmacht (ohne Kontrollbetreuung) anordnen. Der Rechtspfleger nur die Kontrollbetreuung.

  • Der Richter kann Kontrollbetreuung und ggf. Als Aufgabenkreis den Widerruf der Vollmacht sofort anordnen. Er kann auch sofort Betreuung mit Aufgabenkreis Widerruf der Vollmacht (ohne Kontrollbetreuung) anordnen. Der Rechtspfleger nur die Kontrollbetreuung.


    :gruebel: Auch der Betreuungsrichter sollte sich an die bereits genannten Entscheidungen des BGH halten.

    Zumindest die hiesigen Richter, die Kontrollbetreuungen selbst anordnen, machen das. Da gibt es den Aufgabenkreis "Widerruf der Vollmacht" normalerweise keinesfalls sofort, sondern überhaupt nur in Ausnahmefällen nach entsprechender allseitiger Aufklärung der Sachlage.

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