Kostenfestsetzung Klagerücknahme

  • Ich habe hier folgenden Fall: Der Kläger erhebt am 15.12. Klage gegen 3 Beklagte. Die Klage wird Anfang Januar zugestellt. Eine Beklagte erscheint daraufhin vor Gericht und gibt zu Protokoll, dass sie sich verteidigen wird und zudem der Beklagte zu 2 ihr minderjähriger Sohn ist. Am 13.2. verfügt der Richter an den Klagevertreter die Mitteilung, dass wohl gegen den minderjährigen Beklagten zu 2 kein Rechtschutzinteresse besteht. Am 22.2.18 nimmt der Klagevertreter die Klage gegen den Beklagten zu 2 zurück. Das Gericht versendet die Klagerücknahme am 26.2. an alle Beklagten. Am 2.3. geht bei Gericht die Bestellung und Anwaltsvollmacht des Beklagtenvertreters für die Beklagten zu 1. und 2. ein. Die Vollmacht datiert vom 20.2.. Der Richter verfügt daraufhin die Mitteilung der Klagerücknahme betreff. den Bekl zu 2 an den Beklagtenvertreter. Die Mitteilung erreicht den Beklagtenvertreter am 9.3., er beantragt sodann ein Kostenentscheidung hinsichtlich der aussergerichlichen Kosten des Beklagen zu 2. Es ergeht ein Beschluss, wonach die Kläger die aussergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2 zu tragen haben. Das Mandatsverhältnis des Beklagenvertreters und der Beklagten zu 1 endet bevor eine Entscheidung ergeht. Im Schlussurteil wird die Beklagte gesamtschuldnerisch (mit dem dritten Beklagten) verurteilt. Der Beklagtenvertreter macht für den Beklagten zu 2 eine 1,6 Verfahrensgebühr (1,3 + 0,3 Erhöhung) nebst 20 EUR Auslagen und Mehrwertsteuer geltend, und reduziert diese Kosten dann um 50%. Der Klagevertreter verneint eine Kostentragungspflicht, da die Klage gegen den Beklagten zu 2 zurückgezogen wurde. Ausserdem könne allenfalls eine 0,3 Gebühr angefallen sein.

    Ist hier eine Verfahrensgebühr angefallen und in welcher Höhe?

  • Am 2.3. geht bei Gericht die Bestellung und Anwaltsvollmacht des Beklagtenvertreters für die Beklagten zu 1. und 2. ein.


    Wurde denn - bis auf die beantragte Kostenentscheidung zugunsten des Beklagten zu 2. - ein Sachantrag (Klageabweisung) gestellt bzw. Sachvortrag gebracht? Wie hoch ist der Streitwert?

    Die generelle Notwendigkeit der Beauftragung eines RA für den Beklagten zu 2. kann man hier wohl nicht verneinen, da der entsprechende Verteidigungsauftrag von der Mutter (20.02.) vor der Klagerücknahme (22.02.) bereits erteilt wurde. Außerdem ist ihr die Klagerücknahme wohl erst fast 1 Woche später (frühestens 27.02.) bekannt geworden. Insofern kann man also erstmal grundsätzlich die Notwendigkeit bejahen. Hat der RA lediglich die Vertretung beider Beklagter angezeigt (02.03.), wäre eine 1,1-VG Nrn. 1008, 3101 Nr. 1 VV angefallen. Der Antrag auf Kostenentscheidung für den Beklagten zu 2. (Sachantrag) löst dann aber noch eine 1,3-VG Nr. 3100 VV aus dem Kostenwert aus. Beide Gebühren wären ggf. nach § 15 III RVG auf eine 1,6-VG Nr. 3100 VV aus dem Streitwert zu kappen. Der Kostenwert bemißt sich nach dem bis zur Antragstellung dem Beklagten zu 2. entstandenen Kosten. Der Kostenerstattungsanspruch bemißt sich bei Streitgenossen nach dem Verhältnis ihrer Beteiligung am Gegenstand des Rechtsstreites. Bei gesamtschuldnerisch in Anspruch genommenen Parteien ist das im Zweifel der Kopfteil (hier also die angesetzten 50 %).

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    L E O N A R D O | D A | V I N C I

    Einmal editiert, zuletzt von Bolleff (28. Oktober 2019 um 13:11)

  • Am 2.3. geht bei Gericht die Bestellung und Anwaltsvollmacht des Beklagtenvertreters für die Beklagten zu 1. und 2. ein.


    Wurde denn - bis auf die beantragte Kostenentscheidung zugunsten des Beklagten zu 2. - ein Sachantrag (Klageabweisung) gestellt bzw. Sachvortrag gebracht? Wie hoch ist der Streitwert?

    Die generelle Notwendigkeit der Beauftragung eines RA für den Beklagten zu 2. kann man hier wohl nicht verneinen, da der entsprechende Verteidigungsauftrag von der Mutter (20.02.) vor der Klagerücknahme (22.02.) bereits erteilt wurde. Außerdem ist ihr die Klagerücknahme wohl erst fast 1 Woche später (frühestens 27.02.) bekannt geworden. Insofern kann man also erstmal grundsätzlich die Notwendigkeit bejahen. Hat der RA lediglich die Vertretung beider Beklagter angezeigt (02.03.), wäre eine 1,1-VG Nrn. 1008, 3101 Nr. 1 VV angefallen. Der Antrag auf Kostenentscheidung für den Beklagten zu 2. (Sachantrag) löst dann aber noch eine 1,3-VG Nr. 3100 VV aus dem Kostenwert aus. Beide Gebühren wären ggf. nach § 15 III RVG auf eine 1,6-VG Nr. 3100 VV aus dem Streitwert zu kappen. Der Kostenwert bemißt sich nach dem bis zur Antragstellung dem Beklagten zu 2. entstandenen Kosten. Der Kostenerstattungsanspruch bemißt sich bei Streitgenossen nach dem Verhältnis ihrer Beteiligung am Gegenstand des Rechtsstreites. Bei gesamtschuldnerisch in Anspruch genommenen Parteien ist das im Zweifel der Kopfteil (hier also die angesetzten 50 %).

    Es wurde zunächst lediglich angezeigt, dass der Anwalt die Beklagten zu 1 und 2 vertritt. Sodann wurde lediglich Verlängerung der Frist zur Stellungnahme beantragt. Dies wurde gewährt. Erst am 13.4. ging ein Sachantrag ein. Für den minderjährigen Beklagten wurde darin angesichts der Klagerücknahme lediglich die Kostenentscheidung beantragt. Diese erging entsprechend. Der Streitwert wurde im Schlussurteil auf 39.000,00 EU festgesetzt.

  • Bis zur Klagerücknahme gegen den Beklagten zu 2 sind bei seinem (mit der Beklagten zu 1) gemeinsamen RA entstanden:

    1,1-VG Nrn. 1008, 3101 Nr. 1 VV aus 39.000 EUR = 1.114,30 EUR
    1,3-VG Nr. 3100 VV aus dem Kostenwert von 3.693,82 EUR = 327,60 EUR
    insgesamt somit 1.441,90 EUR -> gem. § 15 III RVG gekappt auf eine 1,3 aus dem Hauptsachewert von 39.000 EUR = 1.316,90 EUR*
    + Auslagen = 20,00 EUR
    + 19 % USt = 254,01 EUR
    Summe = 1.590,01 EUR

    Der Kostenwert bemißt sich aus den RA-Kosten beider Parteien und den Gerichtskosten, die bis zum die Hauptsache beendenden Ereignis angefallen sind. Die danach entstanden Kosten (wie z. B. für den Kosten- oder Sachantrag) sind dabei nicht zu berücksichtigen (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 24. Aufl., Anh. VI Rn. 342). Daraus ergibt sich also:

    RA-Kosten Beklagter zu 2 (1,1-VG + Auslagen = 1.349,82 EUR, davon 50 %) = 674,91 EUR**
    RA-Kosten Kläger (1,3-VG + Auslagen) = 1.590,91 EUR
    Gerichtskosten = 1.428,00 EUR
    Summe = 3.693,82 EUR

    Da sich der Erstattungsanspruch eines Streitgenossen nach der Rspr. des BGH nach dem Verhältnis seiner Beteiligung am Rechtsstreit bemisst, entspricht dieser Anteil bei gesamtschuldnerisch in Anspruch genommenen Beklagten i. d. R. dem Kopfteil (hier: 50 %). Daraus folgt dann, dass der Beklagte zu 2 von den 1.590,01 EUR die Hälfte mit 795,01 EUR erstattet verlangen kann.

    *in meinem Vorbeitrag bin ich fälschlicherweise von einer 1,6-VG ausgegangen, die hier aber aufgrund des Kostenantrags nur für einen der Streitgenossen auf 1,3 begrenzt ist

    **m. E. ist beim Kostenwert nur der fiktive Erstattungsanspruch des Streitgenossen beim gemeinsamen RA zugrunde zu legen, spielt aber letztlich für das Ergebnis aufgrund der Gebührenkappung nach § 15 III RVG keine Rolle

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