Vermögensabschöpfung

  • Ich möchte meinem Ärger einmal Luft verschaffen. Ich bearbeite beim einem kleinen AG Jugendstrafsachen.
    Vermögensabschöpfung kommt daher selten vor. Aber wenn, fehlen mir die Grundlagen.
    Eine Schulung hat nicht stattgefunden. Das kann doch nicht wahr sein. Ich bin Inkassobüro, Versteigerer, Verteiler, muss möglicherweise eine Insolvenzverfahren in Gang bringen und, und, und.
    Das alles ohne Hintergrundwissen für ein bis drei Verfahren im Jahr. Unglaublich!

    Jetzt habe ich einen Fall:
    Einziehung von Wertersatz. Eine Kreditkarte wurde entwendet und mit dieser eingekauft. Eine Geschädigte ist lt. Urteil vorhanden. Diese habe ich angeschrieben. Sie teilte mit, dass sie keinen Schaden hätte, da sie die Abbuchungen rechtzeitig stornieren konnte.
    Ich bin der Meinung, dass ich jetzt nicht weiter vollstrecken kann, da sich aus dem Urteil nur konkret diese Geschädigte ergibt.
    Es gibt Hinweise, in welchen Kaufhäusern die Sachen gekauft wurden. Als Geschädigte wurden diese Kaufhäuser aber nicht angegeben.
    Dies habe ich der Staatsanwaltschaft mitgeteilt. Diese besteht aber auf weitere Vollstreckung.
    Gibt es eine oberinstanzliche Ebene, die dieses klären kann?

  • Ich kann deinen Ärger gut nachvollziehen. Uns geht es hier genauso. Schulungen, die angeboten werden, sind für die StA zugeschnitten. Mit denen kann man zu 95 % nichts anfangen. Wir haben schon mehrfach um entsprechende Schulungen speziell für die Rechtspfleger der Amtsgerichte gebeten. Wir helfen uns teilweise damit aus, dass wir bei den Rechtspflegern der StA anrufen und um Hilfe bitten.
    Ansonsten schau auch mal hier:
    http://lv.justiz.nrw.de/praxis-infos/s…n/ZOV/index.php

  • Vielen Dank.
    Ich habe schon eine sehr nette Rechtspflegerin bei einer StA kontaktiert.
    Sie hilft mir auch. Hat aber z. Zt. Urlaub.
    Ich verstehe das ganze System nicht. Ich habe gar nicht die Zeit, mich mit diesen Randthemen hier zu beschäftigen.
    M.E. müsste die Vermögensabschöpfung bei der StA zentralisiert werden.

  • Grundsätzlich ist der Richter Herr des Vollstreckungsverfahrens, sofern ich mich richtig erinnere aus den letzten Fortbildungen (auch wenn wir es ausführen).

    Ich würde dem Richter die Akte vorlegen und um kurze Stellungnahme bitten, ob aufgrund der schriftlichen Aussage der Geschädigten die Vollstreckung weiter betrieben werden soll oder diese als erledigt zu betrachten ist, da die Geschädigte angibt keinen Schaden erlitten zu haben.

    Und mit dem Ergebnis die Akte an die StA schicken bzw. weiter vollstrecken...

  • Und mit dem Ergebnis die Akte an die StA schicken bzw. weiter vollstrecken...

    Was hat die Staatsanwaltschaft mit der Vollstreckung von Jugendsachen zu tun?

    @ Snooze: Im Übrigen ist das Buch "Das neue Recht der Vermögensabschöpfung - Ein Leitfaden für die Praxis" der Generalstaatsanwaltschaft Celle durchaus hilfreich und empfehlenswert. Lass Dir das von Deiner Verwaltung für den Dienstgebrauch bestellen.

  • Mit der Vollstreckung direkt hat die StA nichts zu tun, aber alle Akten werden nach Vollstreckungsende dort hin geschickt. Und wenn die richterliche Bestätigung, dass die Vollstreckung erledigt ist oder nicht weiter durchzuführen ist, bekommt die Akte den Vermerk: Vollstreckung erledigt und geht zur Aufbewahrung an die StA.

  • Könnte dir per PN eine PowerPoint zur Verfügung stellen, die ich von einer Fortbildung bzgl. Vermögensabschöpfung bekommen habe :)

  • Nachdems bei uns kürzlich zum Glück eine Fortbildung für Rpfl in Jugendstrafsachen auch für Vermögensabschöpfung gab, versuch ich's mal:
    Soweit der Wertersatz nicht weiter vollstreckt werden soll, müsste der Richter m. E. einen Beschluss machen (§ 495 g Abs. 4 oder 5 StPO). Sonst muss man sich an das Urteil halten und weitervollstrecken. Es ist zu unterscheiden, zwischen der Einziehung und der Auskehrung. Vielleicht ist es auch möglich, die Geschädigten noch zu ändern/ergänzen. Aber da das auch nur der Richter machen könnte, sollte er das wissen. Also komm ich im Ergebnis auch zur Richtervorlage.

    „Gebildet ist, wer weiß, wo er findet, was er nicht weiß.“ (Georg Simmel)

  • Nun haben wir beim hiesigen Gericht auch die ersten Fälle von Vermögensabschöpfungen bei Heranwachsenden (konkret Einziehung Wertersatz) und die Erfahrungen dazu fehlen allen Kollegen. :cool:

    Deshalb zwei Fragen:

    1. Muss der Jugendrichter die Maßnahmen der Vermögensabschöpfung per Beschluss auf den Rechtspfleger übertragen, so wie für die Vollstreckung von Jugendstrafe? :gruebel:

    2. Hat jemand eventuell ein Skript, in dem sich ggf. auch die nötigen Schreiben befinden? (Das übliche Computerprogramm gibt dazu überhaupt nichts her.)

  • Aktuell beschäftigen uns Fälle des Ladendiebstahls, wobei das Diebesgut nach Ertappen des Diebs jeweils an Ort und Stelle dem Geschäft wieder übergeben wurde.

    Wozu dann die Anordnung von Wertersatz? :gruebel: Bleibt dieser dann - im Falle der Zahlung - in der Staatskasse, wenn die Geschäftsinhaber keine Ansprüche geltend machen? :gruebel:

  • Der Wertersatz würde in diesem Fall dann Sinn machen, wenn das Diebesgut nicht mehr gebrauchs- oder verkaufsfähig ist. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn bei Bekleidung durch das Abtrennen der Diebstahlssicherung Beschädigungen entstanden sind.
    Meldet der Geschädigte nicht rechtzeitig an, freut sich die Staatskasse über das Geld.

  • Der Wertersatz würde in diesem Fall dann Sinn machen, wenn das Diebesgut nicht mehr gebrauchs- oder verkaufsfähig ist. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn bei Bekleidung durch das Abtrennen der Diebstahlssicherung Beschädigungen entstanden sind.
    Meldet der Geschädigte nicht rechtzeitig an, freut sich die Staatskasse über das Geld.

    :gruebel: Also ist es ja in diesem Fall (voraussichtlich) richtig lukrativ für die Staatskasse. :cool:

    Aus den Ermittlungsunterlagen ist erkennbar, dass die Ladeninhaber keine Ansprüche geltend machen (Ware an Ort und Stelle unbeschädigt zurückgegeben worden). Der Richter hat dennoch Wertersatz angeordnet.

  • Hi, würde mich da gerne mit einer Frage anschließen. Mein VU hat brav den Wertersatz gezahlt.
    Nun haben aber meine Geschädigten nicht innerhalb von 6 Monaten ihre Ansprüche geltend gemacht.
    Der Wertersatz fällt ja dann an den Fiskus. Muss ich jetzt noch irgendwas veranlassen (Beschluss?
    Hinterlegung? o.Ä).
    MfG

  • Nun haben wir beim hiesigen Gericht auch die ersten Fälle von Vermögensabschöpfungen bei Heranwachsenden (konkret Einziehung Wertersatz) und die Erfahrungen dazu fehlen allen Kollegen. :cool:

    Deshalb zwei Fragen:

    1. Muss der Jugendrichter die Maßnahmen der Vermögensabschöpfung per Beschluss auf den Rechtspfleger übertragen, so wie für die Vollstreckung von Jugendstrafe? :gruebel:

    2. Hat jemand eventuell ein Skript, in dem sich ggf. auch die nötigen Schreiben befinden? (Das übliche Computerprogramm gibt dazu überhaupt nichts her.)


    Über Antworten dazu würde ich mich nach wie vor freuen. ;)

  • Nun haben wir beim hiesigen Gericht auch die ersten Fälle von Vermögensabschöpfungen bei Heranwachsenden (konkret Einziehung Wertersatz) und die Erfahrungen dazu fehlen allen Kollegen. :cool:

    Deshalb zwei Fragen:

    1. Muss der Jugendrichter die Maßnahmen der Vermögensabschöpfung per Beschluss auf den Rechtspfleger übertragen, so wie für die Vollstreckung von Jugendstrafe? :gruebel:

    2. Hat jemand eventuell ein Skript, in dem sich ggf. auch die nötigen Schreiben befinden? (Das übliche Computerprogramm gibt dazu überhaupt nichts her.)


    1. Zuständig für die Vollstreckung der Einziehungsanordnung ist der Rechtspfleger der STA gem. § 31 Abs. 1,2 RPflG bzw. der Rechtspfleger des AG gem. § 31 Abs. 5 RPflG, soweitdie Vollstreckung im Jugendstrafverfahren durch eine richterliche Vollstreckungsanordnung übertragen wurde.

    Ein Beschluss ergeht in Niedersachsen (zumindest an den zwei Gerichten, an denen ich beschäftigt war) nicht. Bei der Vollstreckung von Jugendstrafe wird hier allerdings auch kein Beschluss gemacht.

    2. Ich könnte dir ein Fortbildungsskript nebst entsprechenden Schreiben zuschicken. Du kannst dich gerne per PN melden, falls du Interesse hast.

  • Da ich leider völlig "unbeleckt" in diesem Fachgebiet bin und auch noch allein zuständig bin, wäre ich für ein Skript und evtl. Beispielschreiben sehr dankbar.
    Könnte mir da jemand helfen? Die Geschichte mit der "PN", die ich hier immer mal wieder lese, kenne ich leider auch nicht.


  • Da ich leider völlig "unbeleckt" in diesem Fachgebiet bin und auch noch allein zuständig bin, wäre ich für ein Skript und evtl. Beispielschreiben sehr dankbar.
    Könnte mir da jemand helfen? Die Geschichte mit der "PN", die ich hier immer mal wieder lese, kenne ich leider auch nicht.



    PN = private Nachricht an den jeweiligen Beitragsschreiber, falls dein Satz so zu verstehen war. ;)

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!