Rechtspfleger oder Finanzwirt?

  • Danke für die vielen Antworten! Hätte nicht damit gerechnet, dass sich so viele melden.😊

    Vielleicht weiß ja zugällig noch jemand, wie das mit der Besoldung bei dem Finanzamt ausschaut.

  • Such mal nach Beiträgen von Exec.... der schrieb als Finanzbeamter mal was dazu.

    Corypheus: Ich kenne gute Kollegen, die sind mit 10 in den Ruhestand gegangen. Bei mir ist als GL eines kleinen Gerichts bei 11 Feierabend.

  • Mal aus der Sicht eines Finanzbeamten aus NRW.

  • Falls es euch interessiert: ich habe mich soeben gegen das Finanzamt und für den Rechtspfleger entschieden. Ich hoffe ich werde glücklich und bereue das nicht. Allerdings fühlt sich das gerade gut und richtig an👍😊

  • Na denn mal Glückwunsch ! Hätte mich auch so entschieden :) (und habe 1983 die gleiche Wahl getroffen)

    Ich habe mich diese Woche übrigens mit einer Kollegin unterhalten, die kürzlich die Ausbildung in NRW gemacht hat. Sie war sehr angetan von den Strukturen dort, insbesondere der Ausbildungsunterlagen und der Einarbeitung nach bestandener Prüfung.

  • Also kann es durchaus stimmen, dass ich als Finanzwirt mehr verdienen könnte?
    Oder wird das dort wohl mit den Stufen genauso schwer sein?

    Mehr Geld für eine Tätigkeit, die keinen Spaß macht? Wär nicht mein Ding. Da hab ich auf Beförderungen lieber verzichtet als mit einem Magenknurren jeden Tag zur Arbeit zu gehen.

  • Schließe mich Mr. T. an. Die vielen möglichen Bereiche, die einem als Rechtspfleger offen stehen, ist das, was mich heute noch an meinem Beruf begeistert - und wenn es manchmal nur das Wissen ist, dass ich nicht bis zum Ende meines Arbeitslebens den selben Mist machen muss ;) Ich fühle mich wohl und angekommen, habe mich aber ob der Strukturen schon sehr oft geärgert. Aber ich muss auch sagen: Gerade seit es bei meiner kleinen Schwester um die Ausbildungs- bzw. Studienwahl ging, konnte ich den Rechtspfleger nicht so ganz guten Gewissens empfehlen....

    Oder, um aus Goethes "Faust", Teil I, Zeile 2667 zu zitieren: "Nein!"

  • Na, dann mal viel Spaß und sage später nicht, du seist nicht gewarnt worden.

    Ich hoffe, du bleibst dem Forum erhalten und schreibst in ein paar Jahren mal, dass es doch die richtige Wahl war.

  • Vorab, weil das glaube ich gefragt wurde: ich komme aus NRW:)

    Sie schreiben hier so viel von A10 und so... was genau bedeutet und heißt das? Gibt es sollte Klassen überall und wie viel macht das beim Gehalt aus?
    Wie sieht es sonst so mit dem Gehalt vom Rechtspfleger aus? Ich habe im Internet gelesen, dass das Durchschnittsgehalt eines Finanzwirts bei 4200€ und eines Rechtspflegers bei 3166€ liegt. Obwohl das Gehalt nicht ausschlaggebend für meine Entscheidung sein sollte, scheint das ja schon ein größerer Unterschied zu sein...

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Unterschied wirklich so groß ist wenn man innerhalb des öffentlichen Dienstes vergleicht. Was ich mir vorstellen könnte ist, dass da auch externe Daten von "Aussteigern" mit eingeflossen sind. Da haben Finanzwirte mit der Möglichkeit Steuerberater natürlich ganz andere Aussichten.

  • Die Entscheidung von Chris ist ja schon gefallen, doch hier noch ein paar Anmerkungen dazu:

    Da man den Beruf ja 40 Jahre plus X ausüben soll, sollte vor allem die Tätigkeit im Grunde passen. Auf die späteren Kolleginnen und Kollegen habe ich keinen Einfluss, auf die Rahmenbedingungen (Gehalt, Beförderungsaussichten, Entwicklungsmöglichkeiten etc.) auch nicht.

    Ich persönlich finde da die Tätigkeiten eines Rechtspflegers einfach bunter, sei es mit viel Bürgerkontakt mit RASt, mit kniffliger Aktenbearbeitung in ziemlicher Abgeschiedenheit (Grundbuch), mit Abhalten von teilweise knackigen Terminen (Versteigerung, Insolvenz) oder mit der Durchsetzung von Strafen (StA, Strafgericht) oder etwas ganz anderem. Dagegen scheinen mir die Festsetzung von Steuern als eher trockene Materie. Aber das kann ich natürlich nur mit Nichtwissen behaupten.

    Was mir persönlich auch wichtig ist, dass die Tätigkeit sinnstiftend ist. Das kann ich bei uns wirklich bejahen. Wir gehören ja qua Amt zu den "Guten" und setzen uns für Gerechtigkeit (was auch immer jeder einzelne darunter versteht) ein. Und für diese Tätigkeit erhält man in der Regel auch unmittelbar - oft sogar positives - Feedback: Der ehrenamtliche Betreuer/Vormund, der sich für Tipps und Hilfestellung bedankt, der Antragsteller auf der RASt, der sich mit seinem Anliegen ernst genommen fühlt, der Erbe, der in einem schwierigen Nachlassverfahren vielleicht doch zügig seinen Erbschein erhält.
    Natürlich gibt es auch hier viele Schattenseiten. Das Forum enthält schließlich genug davon: Die RASt-Kundschaft mit überzogenen Ansprüchen, die "Kundschaft" in Strafsachen, die Schuldner in Vollstreckungs-, Versteigerungs- und Insolvenzsachen werden sich eher nicht bei uns bedanken, das liegt in der Natur der Sache. Da ist auch nichts zu beschönigen. Auch die Notare werden sich nicht unmittelbar nach jeder Register- oder Grundbucheintragung einzeln bedanken - schließlich ist das unser Job.
    Aber dennoch tragen wir dazu bei, dass unser Rechtsstaat gut funktioniert. Ich habe schon auch das Gefühl, dass das bei den Bürgern, die mit uns zu konkret tun haben, ankommt und sie uns und unsere Arbeit tendenziell positiv wahrnehmen. Zumindest bei uns besteht auch ein gutes Miteinander mit den Notariaten, Jugendämtern, Polizei und anderen externen sowie den allermeisten Anwälten.
    Daher würde ich diese Aspekte auf der Haben-Seite verbuchen. Es soll ja auch viele anderes sog. "bullshit-jobs" mit gutem Gehalt aber sinnentleerter Tätigkeit in der freien Wirtschaft geben.

    Inwieweit andere Beamtenberufe einem das Gefühl geben, für "etwas Gutes" zu arbeiten, weiß ich nicht.
    Steuern eintreiben ist ohne Frage wichtig, denn ohne Mittel wäre jeder Staat handlungsunfähig. Ob dieser edle Zweck im Alltag immer durchkommt, weiß ich nicht. Wohl eher selten, dass sich Steuerpflichtige für die Festsetzung bedanken...

    Bei der Frage, ob ich Nachwuchs guten Gewissens den Beruf empfehlen kann, würde ich eher unterscheiden, ob man den öffentlichen Dienst allgemein empfehlen kann oder nicht - gerade auch im direkten Vergleich zwischen Finanz und Rechtspflege. Vieles ist ohnehin gleich (Besoldung, Beihilfe) oder ähnlich (Beförderungsmöglichkeiten, Qualität EDV-Programme, berufliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten). Und falls sich jemand öD und Beamtenexistenz vorstellen kann, dann erst ist die Frage der Fachrichtung relevant.

    Neben aller sinnstiftender Tätigkeit sehe ich in unserem Beruf aber keine Möglichkeit der Selbstverwirklichung. Wir sind weder Selbstständige, dass wir etwas eigenes aufbauen, noch Künstler, dass wir uns mit unserem Tun selbst verwirklichen können. Es ist ganz klar ein Bürojob ohne Anerkennung unserer Meriten durch die Nachwelt.

    Ich persönlich kann unseren Beruf dem Grunde nach jedem weiter empfehlen. Aber: Nicht jedem passt das Wams eines Beamten, das eng anliegt, aber wärmt. Soll heißen: Nicht jeder kommt mit hierarchischen Strukturen und einem grundsätzlich unspektakulärem Arbeitsleben (keine Arbeitslosigkeit, keine Aussicht auf Spitzenverdienst) zurecht.

    Nebenbei: Ich bin völlig unvorbereitet Rechtspfleger geworden. Habe den Beamtentest in Bayern mitgemacht, um vor dem Abi einmal eine reale Prüfungssituation zu erleben und weil ich auf mein Rankingergebnis gespannt war, das aussagekräftiger ist als ein Abizeugnis. Weil ich eigentlich Jura studieren wollte, habe ich damals Justiz angekreuzt und bin hier - zum Glück - hängen geblieben. Was ein Rechtspfleger ist und was er macht, wusste ich damals aber nicht.

    Zwei andere aus meinem Abi-Jahrgang haben übrigens bei der Finanz angefangen und noch während des Studiums aufgehört, weil es ihnen zu trocken gewesen sein soll...
    Zwei weitere aus meinem Jahrgang haben Rechtspflege studiert und sind alle noch dabei.
    Also steht es 3 : 0 für die Rechtspflege in dieser kleinen, völlig unrepräsentativen Erhebung ;).

    Chris wünsche ich alles Gute, eine schöne Ausbildungszeit und einen guten Start!

  • Also kann es durchaus stimmen, dass ich als Finanzwirt mehr verdienen könnte?
    Oder wird das dort wohl mit den Stufen genauso schwer sein?

    Also bei mir im Bezirk erreicht eigentlich jeder A11, je nach Tätigkeit ist auch A12 noch ganz gut drin, aber A13 gibt es schon recht wenig. Ob das beim Finanzamt auch so ist weiß ich nicht.


    Das Anspruchsdenken der Justiz mit der dafür gebotenen "Besoldung" steht mE in keinem Verhältnis mehr.
    Zukünftig ist für die "reine Rechtspflegertätigkeit" lediglich nur noch von einer Endbesoldung mit A11 zu rechnen.
    Dafür wird aber ein ABI Schnitt verlangt, mit dem man/frau besser ein Lehramtsstudium beginnt und selbst als Grundschullehrer mit A12 beginnt,
    was derzeit in der Rechtspflege kaum noch gewährt wird.....

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