Rechtspfleger oder Finanzwirt?

  • Hallo,
    Ich habe das große Glück, mich zwischen bei dualen Studiengängen entscheiden zu können. Allerdings fällt mir die Entscheidung gar nicht so leicht, weshalb ich euch mal fragen wollte, ob ihr euch vielleicht auch mal entscheiden musstet und warum ihr euch dann wie entschieden habt.
    Natürlich ist jeder mit seinen Interessen individuell, allerdings brauche ich eine zweite Meinung von jemandem, der sich mit dem Beruf des Rechtspflegers auskennt.

    Danke für Antworten.

  • Ich musste mich nicht entscheiden.
    Ich mag meinen Job inhaltlich sehr gerne und habe an sich ein gutes Leben.
    Aber: Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, dass der Beruf genauso interessant und erfüllend ist,
    Mach Finanzwirt

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die weiteren Umstände im Job ähnlich beschissen sind

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Als Dipl.-Finanzwirt (FH) kann man m. W. n. wohl auch als Steuerberater (ggf. nach Erfüllung bestimmer Voraussetzungen) tätig sein, wenn man des öffentlichen Dienstes überdrüssig wird. Wäre vielleicht ein Pro-Argument.

  • Das Schöne am Rechtspflegerberuf ist die sachliche Unabhängigkeit. Es redet einem niemand rein. Auf der Gegenseite hat man aber auch allein die Verantwortung.

    Die Arbeitsumstände variieren sicherlich je nach Bundesland, Gericht und wie man es halt so getroffen hat. Ich habe mich allermeistens wohl gefühlt und tue es noch.

  • ....Mach Finanzwirt

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die weiteren Umstände im Job ähnlich beschissen sind

    Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass die Antwort in einem Forum für Finanzbeamte lauten würde:

    "Mach Rechtspfleger

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die weiteren Umstände im Job ähnlich beschissen sind"

    da es eher unwahrscheinlich ist, dass jemand in diesem Forum in beiden Berufen tätig war, kann jeder nur seine Lage beurteilen, ohne die des anderen Berufszweigs zu kennen.

    Ich kann nur vermuten (als jemand, dessen Zusage vom Finanzamt erst kam, als ich der Justiz bereits zugesagt habe), dass die Arbeit innerhalb des gehobenen Dienstes beim Finanzamts von der Struktur ähnlich der Linienstruktur im Verwaltungswesen ist.
    Welche Tätigkeiten ich ausübe, hängt mit meinem Beförderungsamt zusammen, ich arbeite in hierarchischen Strukturen....

    Das lässt sich mit dem Rechtpflegerberuf natürlich schlecht vergleichen. Da muss ich mich nicht "hochdienen", um ein bestimmtes Tätigkeitsfeld zu bearbeiten und ich habe - auf meine Entscheidungen bezogen - keinen "Vorgesetzten".

    Wie die Arbeitsbelastung und die Rahmenbedingungen im Übrigen sind, kann ich für die Finanzverwaltung nicht beurteilen; aber auch im Rechtspflegerberuf werden diese sehr unterschiedlich wahrgenommen und sind von Bundesland zu Bundesland wohl auch tatsächlich unterschiedlich.

    Da bei beiden Berufen jedoch das Land der Dienstherr ist, befürchte ich aber, dass die Rahmenbedingungen vergleichbar sind.

    Letztlich wäre für dich zu entscheiden, welcher Beruf dich (vermutlich) inhaltlich eher anspricht und der von seiner Ausgestaltung eher deiner Persönlichkeit entspricht (Hast du z.B. ein Problem mit Autoritäten, wäre eine hierarchische Struktur etwas, wo du dich wohl weniger wohl fühlen würdest, zumindest, so lange du nicht eine ausreichend hohe Hierarchieebene erklommen hast :))
    Ob du die richtige Entscheidung triffst, weißt du eh erst hinterher (ohne zu wissen, auf was du verzichtet hast).

  • Wo könntest du denn Rechtspfleger werden (OLG und Land), es gibt da von Schule zu Schule und auch in den OLG Unterschiede.

    (Wertigkeit der Diplomarbeit, Unterkunftsmöglichkeiten während des Studiums, Vorhersehbarkeit des Einsatzortes nach dem Studium, Berücksichtigung von Verwendungsortwünschen, Aufgabengebiete (abhängig von der länderrechtlichen Übertragung auf den Rechtspfleger) Erstattungshöhe von Kosten, Beförderungsaussichten und und und)

    Deshalb: gib dies bitte noch an, da du dann passende Erfahrungsberichte bekommst

  • Ich halte es nicht für unwahrscheinlich, dass die Antwort in einem Forum für Finanzbeamte lauten würde:

    "Mach Rechtspfleger

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die weiteren Umstände im Job ähnlich beschissen sind"

    da es eher unwahrscheinlich ist, dass jemand in diesem Forum in beiden Berufen tätig war, kann jeder nur seine Lage beurteilen, ohne die des anderen Berufszweigs zu kennen.

    (…)


    da hast du sicher recht! Reine subjektive Sache von mir (hätte ich vielleicht dazu sagen soll)

    Ich kaufe ein "I" und möchte lösen! -BOCKWURST-


    Wenn ich sterbe, sollen meine Überreste in Disneyland verstreut werden.
    Außerdem möchte ich nicht verbrannt werden.

  • Ich musste mich nicht entscheiden.
    Ich mag meinen Job inhaltlich sehr gerne und habe an sich ein gutes Leben.
    Aber: Auch wenn ich mir nicht vorstellen kann, dass der Beruf genauso interessant und erfüllend ist,
    Mach Finanzwirt

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die weiteren Umstände im Job ähnlich beschissen sind

    Ich schließe mich da an....

    Und wenn ich Execs Beiträge so lese, würde ich die Aussage zum Finanzbeamtentum nicht ohne weiteres Unterschreiben.

    Ich werde jedenfalls nach Möglichkeit verhindern, dass meine Kinder bei der Justiz anfangen.

  • Also:

    Du wirst relativ selten befördert. Du bist so um die 30, wenn du von A9 nach A10 kommst, Mitte 40 wirst du A11 und dann kommt die letzten 20 Jahre in aller Regel wenig bis nix mehr. Klar gibt es Ausnahmen. Aber ob man auf Ausnahmen spekulieren sollte ?

    Die Arbeitspensen sind recht hoch: Ich würde mal sagen so im Schnitt bei 130 % nach dem Personalberechnungsprogramm, gefühlt erheblich höher.

    Und schwups: Bist du an ein anderes Gericht versetzt.

    Die IT funktioniert nie zu 100 %.

    Es wird bei der Beihilfe immer wieder gekürzt....

    Es kommen Anweisungen von oben, da rolle ich manchmal nur mit den Augen...

    Die Kollegen sind teilweise extremst frustriert.

    Von oben ist man nur nett zu dir, wenn die was wollen, hast du mal ein Anliegen...

    Ist halt alles sehr subjektiv, aber das ist es immer.

    Ich fühl mich an meinem Gericht sehr wohl, habe selber nette Kollegen und einen guten Vorgesetzten. Aber alles andere ?

    Ich schließe mich da zu 100 % JonasDong an: Ich mag meinen Job inhaltlich sehr gerne und habe an sich ein gutes Leben.


    Aber nicht noch mal....

  • Ohh, das klingt ja gar nicht so positiv. Ich hatte gehofft, Zuspruch zu erhalten, weil ich das alles sehr interessant finde.

    Darf ich fragen, wie der Alltag bei Ihnen aussieht?

  • Ähm, die Anrede war nicht richtig.....

    Ich bin da nicht repräsentativ, weil Fachgericht.

    Dienstbeginn zwischen 06.30 und 07.30.

    Dann erst mal gucken, ob es aktuelle Probleme gibt, die lösen. Krankheit, defekte Heizung oder was auch immer.

    Wenn alles gut, Aktenbearbeitung in Rechts- und oder Verwaltungssachen, dazwischen Besucher der Rechtsantragstelle oder Mitarbeiter, die irgendwelche Probleme welcher Art auch immer haben.

    Um Punkt 12.00 habe ich Hunger, danach weiter wie Vormittags.

    Die Rechtssachen mache ich gerne. Die Verwaltungssachen sind teilweise langweilig und wirklich überflüssig. Ich versteh bis heute nicht, weshalb ich in Buchhaltungsprogramm an mehreren Stellen die gleichen Daten eingeben muss, weshalb mehrere Datenbänke mit den gleichen Inhalten gefüllt werden müssen usw.

    Teilweise auch hoch interessant und machen richtig Spaß, keine Frage.

    Als Störfaktor macht die IT mindestens 5 mal täglich nicht, was sie soll....

    Feierabend so gegen 17.00 Uhr.

    Wie gesagt: Vor Ort weder von der Arbeitsaufgabe noch von den Kollegen oder dem Vorgesetzten irgendwelche Probleme. Meine Frustration setzt ein bis zwei Etagen höher an.

  • Also:

    Du wirst relativ selten befördert. Du bist so um die 30, wenn du von A9 nach A10 kommst, Mitte 40 wirst du A11 und dann kommt die letzten 20 Jahre in aller Regel wenig bis nix mehr. Klar gibt es Ausnahmen. Aber ob man auf Ausnahmen spekulieren sollte ?

    Die Arbeitspensen sind recht hoch: Ich würde mal sagen so im Schnitt bei 130 % nach dem Personalberechnungsprogramm, gefühlt erheblich höher.

    Und schwups: Bist du an ein anderes Gericht versetzt.

    Die IT funktioniert nie zu 100 %.

    Kann ich (Ba-Wü) so nicht unterschreiben. Ich bin bereits mit Mitte 20 A10 geworden und eine Kollegin (die ist so Ende 30) hat dieses Jahr ihre A12 bekommen. Aber es kommt sicher auch auf das Bundesland an. Ich habe z.B. mal einen fachlich exzellenten Kollegen (Mitte 40) aus Sachsen getroffen und er war trotzdem noch A9.

    Die Arbeitspensen sind in der Justiz tatsächlich recht hoch, aber ob das beim Finanzamt so viel besser ist?

    Was ich am Rechtspfleger sehr schätze, ist der extrem breit gefächerte Tätigkeitsbereich... Betreuung, Familienrecht, Kostenrecht, Rechtsantragstelle, Register- und Grundbuch, Zwangsvollstreckung und Versteigerung, Insolvenz, Strafvollstreckung, Erbrecht (um nur mal einige zu nennen). Da findet eigentlich jeder was, das ihm liegt ;). Ich kann mir nicht recht vorstellen, dass es beim Finanzamt auch ein derart weites Tätigkeitsfeld gibt.

    Wenn man keine Lust mehr auf den Justizdienst hat, kann man z.B. zu einem Notariat, einem Insolvenzverwalterbüro oder einer Bank (für Zwangsversteigerung) gehen. Man könnte auch Berufsbetreuer oder Amtsvormund werden. Rechtspfleger sind auf dem Arbeitsmarkt jedenfalls nicht unpopulär :cool:

  • Ich mit 27 auf den Tag genau A10, Mitte 40 A11 und das war es dann. Die Dienstpostenbewertung sieht nicht mehr vor.

    Ich muss aber auch sagen: Ob man zufrieden ist, hängt vom unmittelbaren Umfeld ab. Der Traumjob wird mit den falschen Kollegen und/oder Vorgesetzten zum Alptraum.

    Und der Jobalptraum mit den richtigen Kollegen und Vorgesetzen zum Traum, kommt halt immer drauf an.

    Zur Zeit sieht der Arbeitsmarkt für Kollegen um die 30 gut aus, ich brauch mich (will ich auch nicht) allerdings nicht mehr bewerben.

  • da es eher unwahrscheinlich ist, dass jemand in diesem Forum in beiden Berufen tätig war, kann jeder nur seine Lage beurteilen, ohne die des anderen Berufszweigs zu kennen.

    Ich bin an dem Berufszweig Finanzverwaltung in meiner jetzigen Tätigkeit zumindest nahe dran und habe täglich mit Kolleginnen und Kollegen aus diesem Bereich zu tun. Es ist richtig, dass dort Hierarchie eine erhebliche Rolle spielt.

    Das lässt sich mit dem Rechtpflegerberuf natürlich schlecht vergleichen. Da muss ich mich nicht "hochdienen", um ein bestimmtes Tätigkeitsfeld zu bearbeiten

    Das "Hochdienen" kann die Tätigkeit als Rechtspfleger m.E. auch bedingt betreffen, wenn und soweit es Dienstpostenbewertung gibt. Unabhängig davon gibt es auch als Rechtspfleger keine Garantie, in einem bestimmten gewünschten Tätigkeitsfeld eingesetzt zu werden.

    und ich habe - auf meine Entscheidungen bezogen - keinen "Vorgesetzten".

    Ich will jetzt nicht spitzfindig werden, aber soweit es noch Tätigkeiten als Kostenbeamter des gehobenen Dienstes gibt, besteht doch, glaube ich, Weisungsgebundenheit gegenüber dem Bezirksrevisor. :gruebel: Da das im hiesigen Bundesland aber schon seit langem nicht mehr der Fall ist, weiß ich es nicht mit Sicherheit.

    Beim Finanzamt müssen Steuerbescheide vom Sachgebietsleiter freigegeben werden, aber in dem Bereich geht es in der Gesamtbetrachtung um ausgesprochen hohe Beträge, so dass ich das als Qualitätssicherung betrachten würde.

  • Vorab, weil das glaube ich gefragt wurde: ich komme aus NRW:)

    Sie schreiben hier so viel von A10 und so... was genau bedeutet und heißt das? Gibt es sollte Klassen überall und wie viel macht das beim Gehalt aus?
    Wie sieht es sonst so mit dem Gehalt vom Rechtspfleger aus? Ich habe im Internet gelesen, dass das Durchschnittsgehalt eines Finanzwirts bei 4200€ und eines Rechtspflegers bei 3166€ liegt. Obwohl das Gehalt nicht ausschlaggebend für meine Entscheidung sein sollte, scheint das ja schon ein größerer Unterschied zu sein...

  • Sie schreiben hier so viel von A10 und so... was genau bedeutet und heißt das? Gibt es sollte Klassen überall und wie viel macht das beim Gehalt aus?
    Wie sieht es sonst so mit dem Gehalt vom Rechtspfleger aus? Ich habe im Internet gelesen, dass das Durchschnittsgehalt eines Finanzwirts bei 4200€ und eines Rechtspflegers bei 3166€ liegt. Obwohl das Gehalt nicht ausschlaggebend für meine Entscheidung sein sollte, scheint das ja schon ein größerer Unterschied zu sein...

    Also: Beamte werden nach der jeweiligen Besoldungstabelle des Bundeslandes besoldet. Je nach Erfahrungs- (also wie lange du schon im öffentlichen Dienst bist) und Besoldungsstufe (wie oft du befördert wurdest) ergibt sich ein Nettolohn. Falls du mal ein wenig herumexperimentieren willst, kannst du z.B. hier mal einige Musterrechnungen machen (https://oeffentlicher-dienst.info/c/t/rechner/be…amte-bawue-2019). Ein junger Rechtspfleger (Steuerklasse 1, keine Kinder) bekommt in Ba-Wü mit A9 etwas mehr als 2.100,00 € und mit A10 so um 2.500,00 €. Davon gehen dann aber noch private Krankenversicherung usw. ab. Damit kann man sorgenfrei leben, aber reich wird man nicht.

    Die Besoldungstabelle ist für alle Landesbeamten gleich. Daher bekommt ein A9 Beamter beim Finanzamt genauso viel wie ein A9 Rechtspfleger (es sei denn es gibt irgendwelche Zulagen usw.). Vielleicht resultiert der Unterschied beim Durchschnittseinkommen daraus, dass beim Finanzamt schneller befördert wird (ist aber nur eine Vermutung)

  • Also kann es durchaus stimmen, dass ich als Finanzwirt mehr verdienen könnte?
    Oder wird das dort wohl mit den Stufen genauso schwer sein?

  • Also kann es durchaus stimmen, dass ich als Finanzwirt mehr verdienen könnte?
    Oder wird das dort wohl mit den Stufen genauso schwer sein?

    Also bei mir im Bezirk erreicht eigentlich jeder A11, je nach Tätigkeit ist auch A12 noch ganz gut drin, aber A13 gibt es schon recht wenig. Ob das beim Finanzamt auch so ist weiß ich nicht.

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