Auszahlung Hinterlegung /Verwirkungsklausel

  • Hallo,

    ich habe eine Hinterlegung für die unbekannten Erben. Nunmehr liegt ein Herausgabeantrag vor. Es liegt ein notarielles eröffnetes Testament vor, wonach die Erblasserin von der Antragstellerin als Alleinerbin beerbt worden ist. Dieses Testament enthält auch eine sog. Verwirkungsklausel dahingehend, dass die Alleinerbin nur den Pflichtteil erhält , wenn sie nach einem der Erblasser (Ehegattentestament) den Pflichtteil fordert. Der Überlebende wird in diesem Fall die Erbfolge anderweitig regeln. Das Testament ist von 1997, die Erblasserin hat nicht neu testiert. Muss ich als Hinterlegungsstelle einen Erbschein verlangen? Die Antragstellerin trägt vor, dass sie keinen Erbschein beantragen will.
    Kann ich trotz Verwirkungsklausel auszahlen?
    Es gibt vorliegend keine weiteren Kinder der Erblasserin.

  • Für das Grundbuchamt kann (=streitig?) eine eidesstattliche Versicherung der Erbin ausreichen, dass sie nach dem ersten Sterbefall keinen Pflichtteil verlangt hat. Zumindest beim hiesigen GBA reicht diese aus, würde mir als HL-Stelle daher auch reichen. Wenn die Antragstellerin denn zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört, was aus dem SV nicht sicher hervorgeht. Die e.V. muss gemäß § 38 BeurkG notariell beurkundet werden, ist aber vermutlich trotzdem günstiger + schneller als ein Erbschein.

  • Herausgabeanordnungen bei Hinterlegungen zugunsten unbekannter Erben erteile ich nur wenn ein Erbschein in Ausfertigung und übereinstimmende Erklärungen aller Erben vorliegen (gut, der letzte Punkt ist in Kathis Fall wohl irrelevant).
    Selbst wenn es ein ganz "normales" eröffnetes notarielles Testament gibt, ohne irgendwelche Klauseln und Bedingungen.
    Dass der Erbe evtl. keinen Erbschein beantragen will, oder dass er dafür Geld ausgeben muss ist dann halt Pech für ihn und mir in dem Moment egal.

    Ganz platt ausgedrückt: Es ist schlicht nicht die Aufgabe der Hinterlegungsstelle selber zu prüfen ob jemand tatsächlich Erbe ist oder nicht. Genauso wie die Hinterlegungsstelle ja auch nicht entscheiden würden wenn zwei oder mehr Leute sich um das hinterlegte Geld streiten
    Egal ob die Erbfolge noch so offensichtlich ist oder wie ärgerlich das für den/die Erben sein mag.

    Ich gebe zu, dass das übertrieben klingt/ist wenn man vom gesunden Menschenverstand ausgeht, aber den muss man in Hinterlegungssachen halt manchmal ignorieren.

    Der Beschluss des KG Berlin vom 22.04.2008, 1 VA 16/06 befasst sich auch mit dem Thema, der betrifft zwar noch die alte Hinterlegungsordnung, aber in Hinterlegungssachen ist die meiste alte Rechtsprechung ja immer noch aktuell.
    Und gerade bei einem notariellen Testament frage ich mich auch, wie es überhaupt zu der Hinterlegung kommen konnte. Evtl. hätte der Erbe sich einfach mal etwas eher kümmern müssen?

  • Ich gehe in einem solchen Fall eher von Versäumnissen des Hinterlegers und der Hinterlegungsstelle aus und nicht der Erben. Es ist aber ohnehin völlig egal, warum hinterlegt wurde und ob dies eventuell nicht einwandfrei war.

    Der Beschluss des KG ist in hohem Maße zweifelhaft und ich glaube auch nicht, dass er bei einem eindeutigen Testament Bestand hätte. Das Gericht verweist in seinem Beschluss mehrfach auf Bülow/Schmidt, ignoriert dabei aber teilweise die Fußnoten, um später doch darauf zurückzukommen.

    So schreibt das Gericht, dass zurecht ein Erbschein vorzulegen sei (§ 13 Rn. 17, zu § 13 Rn. 18). Dort heißt es im Kommentar jedoch, dass der Nachweis „durch Vorlegen von Urkunden zuführen ist, etwa durch Vorlage von Erbscheinen“. Es ist also nur eine Aufzählung von Beispielen und keine abschließende Auflistung. Darüber hinaus wird die Aufzählung in der Fußnote zu diesem Satz nicht nur explizit mit notarielles Testamentnebst Eröffnungsniederschrift ergänzt, sondern es heißt sogar ausdrücklich, dass dies „im Hinterlegungsverfahren genügen muss“. Keine Ahnung was das Gericht da geritten hat.

    Die weitere Ausführung, dass die Hinterlegungsstelle die Empfangsberechtigung nicht in eigener Verantwortung zu klären und keine streitigen Rechtsverhältnisse auflösen soll, ist zwar grundsätzlich richtig, aber im vorliegenden Fall völlig fehl am Platz.

    Ich wüsste keinen Grund, warum bei klarer Testamentslage ein Erbschein verlangt werden sollte und würde als Antragssteller auch alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen.

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