Moldawischer oder bulgarischer Güterstand?

  • Es erwerben Eheleute - zeitlebens bulgarische Staatsangehörige - Grundbesitz. In der notariellen Urkunde wird zum Güterstand folgendes erklärt: Heirat der Eheleute im Jahr 2011 in der Republik Moldau/Moldawien. Zum Zeitpunkt der Heirat hatten die Ehegatten bereits beide ausschließlich die bulgarische Staatsangehörigkeit. Eheverträge wurden nicht geschlossen, eine Rechtswahl des Güterstandes hat nicht stattgefunden. Der gewöhnliche Aufenthaltsort der Eheleute ist Deutschland. Laut Erklärung in der notariellen Urkunde sind die Eheleute der Auffassung, dass für ihre Ehe moldawisches Güterrecht Anwendung findet. Eine Begründung dafür mit Angabe der einschlägigen Rechtsvorschriften fehlt. Die erwerbenden Eheleute sollen daher gemäß Auflassung "zum Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft nach moldawischem Recht" eingetragen werden.

    Wenn ich die Artikel 14 und 15 EGBGB alter Fassung richtig verstehe, komme ich aber zu einem anderen Ergebnis: Die allgemeinen Wirkungen der Ehe unterliegen dem Recht des Staate, dem beide Ehegatten angehören ...
    Nach meiner Auffassung ist vorliegend bulgarisches Güterrecht anwendbar. Liege ich richtig?
    Bin ich als Grundbuchrechtspfleger an den mir in der Erwerbsurkunde mitgeteilten Güterstand - moldawisches Güterrecht - gebunden? Der Notar hat in der Urkunde aber vorsichtshalber erklärt, er habe 'über Inhalt ausländischer Rechtsordnung keine Beratung und keine Belehrung erteilt'. Oder muss ich den Notar mit Zwischenverfügung aufgeben, den behaupteten Güterstand glaubhaft zu machen bzw. den - nach meiner Rechtsauffassung - tatsächlich bestehenden Güterstand - Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht - anzumelden?
    Vielen Dank für Eure Stellungnahmen.

  • Es erwerben Eheleute - zeitlebens bulgarische Staatsangehörige - Grundbesitz. ..Zum Zeitpunkt der Heirat hatten die Ehegatten bereits beide ausschließlich die bulgarische Staatsangehörigkeit. Eheverträge wurden nicht geschlossen, eine Rechtswahl des Güterstandes hat nicht stattgefunden. ...Die erwerbenden Eheleute sollen daher gemäß Auflassung "zum Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft nach moldawischem Recht" eingetragen werden...
    Nach meiner Auffassung ist vorliegend bulgarisches Güterrecht anwendbar. Liege ich richtig?
    Bin ich als Grundbuchrechtspfleger an den mir in der Erwerbsurkunde mitgeteilten Güterstand - moldawisches Güterrecht - gebunden? ...

    Wenn der angegebene Gütersand nicht plausibel ist, insbesondere keine Rechtswahl stattgefunden haben soll, bist Du an die Angabe nicht gebunden.

    Ich denke auch, dass die Eheleute eigentlich nur im gesetzlichen Güterstand bulgarischen Rechts leben können.

    Bulgarien ist zwar teilnehmender Mitgliedstaat der EuGüVO (s. Rieck, Ausländisches Familienrecht, Werkstand: 18. EL Mai 2019, RN 9 Fußnote 56). Da die Ehegatten die Ehe aber vor dem 29. 1. 2019 geschlossen haben und ab diesem Zeitpunkt keine Rechtswahl nach der Verordnung (EU) 2016/1103 (Europäische Güterrechtsverordnung – EuGüVO) über das auf ihren Güterstand anzuwendende Recht getroffen wurde, bestimmt sich das anzuwendende Güterrecht nach autonomen deutschen IPR, namentlich nach Art. 15 i. V. m. Art. 14 EGBGB in der bis zum 28. 1. 2019 geltenden Fassung, Art. 229 § 47 Abs. 1 und 2 Ziff. 2 EGBGB , Art. 69 Abs. 3 EuGüVO. (s. Kappler/Kappler, Beteiligung von Ausländern an Immobilienkaufverträgen, ZfIR 2019, 296 ff.
    https://www.juris.de/perma?d=jzs-ZFIR-2019-09-0296-01-A-02

    Nach der sog. Kegel´schen Leiter ist dann zuerst die gemeinsame Staatsangehörigkeit maßgebend.

    Für das Ehe- und Ehegüterrecht gilt daher zunächst das gemeinsame Heimatrecht, hilfsweise das Recht des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts und wiederum hilfsweise das Recht des Staates, mit dem beide Ehegatten am engsten verbunden sind, Art. 79 Abs. 1, Abs. 2 IPRGB (s. Zeiser im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 01.06.2019, Sonderbereich Internationale Bezüge, RN 84.6). Allerdings können die Ehegatten das für ihre vermögensrechtlichen Verhältnisse anwendbare Recht wählen (Art. 79 KIP; s. Mladenova in Rieck, Ausländisches Familienrecht, Werkstand: 18. EL Mai 2019, Bulgarien, RN 38). Eine solche Rechtswahl soll jedoch nach den gemeinsamen Erklärungen in der notariellen Urkunde nicht stattgefunden haben.

    Die Angabe des Erwerbsverhältnisses gehört zum Inhalt der Auflassungserklärung. Wenn diese Angabe mit dem tatsächlich geltenden Güterstand nicht übereinstimmt, kann dies in der Konsequenz zur Unwirksamkeit der Auflassungserklärung führen (s. Kappler/Kappler unter III.2 auf Seite 304).

    Daher würde ich schon beim Notar rückfragen wollen, worauf sich ein Erwerb zum gesetzlichen Güterstand nach moldawischem Recht gründen soll

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Zunächst vielen Dank für die umfassende Stellungnahme.
    Der Notar reicht - auf Grund der Zwischenverfügung des Rechtspflegers - eine Ergänzungsverhandlung in der Form des § 29 GBO ein, in welcher nunmehr erklärt wird, dass die Erwerber das Grundstück "zum Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht" erwerben (gemeinsames Heimatrecht zum Zeitpunkt der Eheschließung im Jahr 2011). Diese Angabe ist für mich plausibel.
    Zur Formulierung des Gemeinschaftsverhältnisses bei der Eintragung: Art 8 Abs. 1 Z. 1 bulgarisches FamGB nennt den gesetzlichen Güterstand schlicht "Gemeinschaft". In Art. 21 bulgarisches FamGB wird dieser dann auch "Errungenschaftsgemeinschaft" genannt. Ich beabsichtige daher in der Auflassungsvormerkung und später bei der Eigentumsumschreibung das Gemeinschaftsverhältnis wie folgt anzugeben: "...zum Gesamtgut der Errungenschaftsgemeinschaft nach bulgarischem Recht".
    O.K.?

  • Ja. Siehe auch hier
    https://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache…e&ct=clnk&gl=de

    unter:
    3.1.4 Länder mit Errungenschaftsgemeinschaft

    Die meisten europäischen Länder haben die Errungenschaftsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand implementiert. Dazu zählen Belgien18, Slowenien19, Frankreich20, Luxemburg21, Spanien22, Estland23, Lettland24, Malta25, Tschechien26, Polen27, Ungarn28, Italien29, Litauen30, Kroatien31, Bulgarien32, Portugal33, die Slowakei34 und Rumänien35 (Aufzählung nach absteigendem GEI).

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    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (11. November 2019 um 14:02) aus folgendem Grund: Link eingefügt

  • Die Käufer haben die rumänische Staatsangehörigkeit.

    Im Kaufvertrag steht, das sie 2005 in der Republik Moldau geheirate haben. der erste gemeinsame Aufenthalt auch in Moldau. Sie hatten bei Heirat ausschließlich die moldawische Staatsangehörigkeit.

    Sie erwerben in Errungenschaftsgemeinschaft nach moldawischem Recht.

    Müsste sie jetzt nicht in Errungenschaftsgemeinschaft nach rumänischem Recht erwerben?

  • Da die Eheleute zum Zeitpunkt der Eheschließung die moldawische Staatsangehörigkeit hatten, gilt nach Art. 15 i. V. m. Art. 14 EGBGB in der bis zum 28. 1. 2019 geltenden Fassung, Art. 229 § 47 Abs. 1 und 2 Ziff. 2 EGBGB für das Ehe- und Ehegüterrecht das gemeinsame Heimatrecht. Demnach richteten sich die persönlichen immateriellen und materiellen Beziehungen der Ehegatten nach Art. 157 Abs. 1 des moldawischen FamGB, wonach ihre Rechtsbeziehungen durch das Recht des Staates bestimmt werden, in dem sie ihren gemeinsamen Wohnsitz haben. Das moldawische Recht knüpft also wandelbar an den jeweiligen gemeinsamen Wohnsitz der Ehegatten an.
    (s. dazu das Gutachten des DNotI vom 26.09.2011, Abruf-Nr.: 109540
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…10827593f29c2e4

    Damit lebten sie seinerzeit (2005) im gesetzlichen Güterstand des moldawischen Rechts.

    Auch nach rumänischem Recht ist seit dem 1.11.2011 die früher geltende Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit im Bereich des Familien- und Erbrechts durch die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt ersetzt worden. Seither gilt im Bereich des internationalen Güterrechts für die Eheleute das Recht des Staates, in dem sie beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Ein Wechsel des gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts führt zu einem Statutenwechsel (s. die Veröffentlichung des DNotI vom 02.11.2011, erschienen im DNotI-Report 21/2011, 174
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…e79e2fbc9072f49

    Wo ist denn derzeit der gemeinsame Wohnsitz (Moldawien) oder der gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt (Rumänien) der Erwerber ?

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    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (2. April 2020 um 20:08)

  • Wenn nicht nur der gewöhnliche Aufenthalt, sondern auch der Wohnsitz in Deutschland ist, werden die Erwerber nicht ohne Ehevertrag zum Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft nach moldawischem Recht erwerben können.

    Aus der Sicht des deutschen Rechtes bestimmt sich das auf den Güterstand anwendbare Recht gem. Art. 229 § 47 EGBGB nach dem bis zum 28.01.2019 gegoltenen Art. 15 Abs. 1 EGBGB. Art. 15 Abs. 1 EGBGB a.F. verweist auf die Regeln des Art. 14 Abs. 1 EGBGB a.F., allerdings bezogen auf den Zeitpunkt der Eheschließung. Vorliegend verfügten beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung über eine gemeinsame Staatsangehörigkeit, nämlich die moldawische Staatsangehörigkeit. Damit verweist Art. 15 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB a. F. auf das moldawische Recht. Diese Verweisung ist gem. Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB als sog. Gesamtverweisung zu verstehen, umfasst also auch die Verweisung auf das moldawische Internationale Privatrecht (s. entsprechend zum bulgarischen Güterrecht das Gutachten des DNotI vom 28. Januar 2009, Abruf-Nr. 87051
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…2b40ea4b7a69229)

    Anders als nach dem bulgarischen IPR (dort verbleibt es * für Ehen vor dem 29.01.2019 bei der Anwendung des gemeinsamen Heimatrechts; es kommt also bulgarisches Recht zur Anwendung) verweist das moldawische IPR auf das Recht des jeweiligen gemeinsamen Wohnsitzes der Ehegatten. Das o.a. Gutachten des DNotI
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…10827593f29c2e4
    führt dazu aus: „Sollten sie allerdings zu einem späteren Zeitpunkt ihren gemeinsamen Wohnsitz nach Deutschland verlegen, so käme es zu einer Rückverweisung auf das deutsche Recht (h. M., vgl. OLG Hamm MittBayNot 2010, 223 = RNotZ 2010, 206; KG FamRZ 2007, 1564; KG FamRZ 2005, 1676; Henrich, IPRax 2001, 113; Staudinger/Mankowski, Neubearb. 2010, Art. 15 EGBGB Rn. 51; Schotten/Schmellenkamp, Das Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, 2. Aufl. 2007, Rn. 144; AnwKommBGB/Sieghörtner, 1. Aufl. 2005, Art. 15 EGBGB Rn. 2; Hausmann, in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 7. Aufl. 2010, Rn. 5957; MünchKommBGB/Siehr, 5. Aufl. 2010, Art. 15 EGBGB Rn. 125; a. A. jüngst OLG Nürnberg DNotI-Report 2011, 147) „.

    Wenn also die Erwerber nicht nur ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt, sondern auch ihren Wohnsitz in Deutschland haben, dann ist für den Erwerb deutsches Recht maßgeblich. Und das kennt nun mal keine Errungenschaftsgemeinschaft moldawischen Rechts.

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    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (3. April 2020 um 11:33) aus folgendem Grund: * *für Ehen vor dem 29.01.2019 eingefügt

  • Käufer Ehemann rumänischer Staatsbürger. Ehefrau ist moldawische Sitaatsbürgerin. Eheschließung 2011 in Moldawien.

    Zum Gemeinschaftsverhältnis ist in der Bewilligung keine Angabe in der Urkunde enthalten. In der (noch gestrichen) Auflassungserklärung wurde der Erwerb zu je 1/2 bewilligt und beantragt. Da hier unterschiedliche Nationalitäten vorliegen hätte ich gern Rat wie hier zu verfahren ist.

    Danke.

    " Die Fähigkeit, das Wort ´Nein`auszusprechen, ist der erste Schritt zur Freiheit." (Nicolas Chamfort)

  • Da die Ehe vor dem 29.01.2019 geschlossen wurde, bleiben nach Art. 229 § 47 EGBGB die bis zum 28.01.2019 gegoltenen Bestimmungen der §§ 15, 14 EGBGB anwendbar. Nach Art. 14 Absatz 1Satz 2 EGBGB a.F. unterliegen die allgemeinen Wirkungen der Ehe dem Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Abgestellt wird auf den Zeitpunkt der Eheschließung (Art. 15 Absatz 1 EGBGB a.F.).

    War dies Rumänien, gilt für die vermögensrechtlichen Beziehungen unabhängig von der Staatsangehörigkeit der Ehegatten das Recht des gemeinsamen Aufenthalts der Ehegatten (Art. 2590, 2589 NCC); s. Rieck, Bundesverwaltungsamt, Ehegüterrecht und Eheverträge in Europa, Auskunftserteilung über ausländisches Recht, Seiten 68/69.
    https://www.bva.bund.de/SharedDocs/Dow…icationFile&v=2

    Das DNotI führt dazu im Gutachten vom 30.04.2019, Abruf-Nr.: 169423
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…a326d92691455c2
    aus: „Mangels Rechtswahl ist nach Art. 2592 CC noul das Recht desjenigen Staates berufen, welches auch für die allgemeinen Wirkungen der Ehe maßgeblich ist, wobei nach Art. 2589 CC noul die allgemeinen Wirkungen einer Ehe primär dem Recht des gemeinsamen Aufenthaltes der Eheleute unterliegen (vgl. Berthold, in: Burandt/Rojahn, Erbrecht, 2011, Rumänien, S. 1369; Oancea, in: Süß/Ring, Eherecht in Europa, 3. Aufl. 2017, Rumänien, Rn. 50). Dabei knüpft das rumänische IPR das eheliche Güterstatut grds. beweglich an (Berthold, S. 1369; Oancea, Rn. 52).“

    War dies Moldawien, ist das auf die persönlichen immateriellen und materiellen Beziehungen der Ehegatten anwendbare Recht in Art. 157 des moldawischen Familiengesetzbuchs vom 26.10.2000 (FamGB) geregelt. Nach Art. 157 Abs. 1 FamGB werden die immateriellen und materiellen Rechte der Ehegatten durch das Recht des Staates bestimmt, in dem sie ihren gemeinsamen Wohnsitz haben. Das moldawische Recht knüpft also wandelbar an den jeweiligen gemeinsamen Wohnsitz der Ehegatten an; s. Gutachten des DNotI vom 26.09.2011; Abruf-Nr.: 109540
    https://www.dnoti.de/gutachten/deta…10827593f29c2e4

    Nach beiden Rechtsordnungen richten sich also die Rechtsbeziehungen entweder entweder nach dem aktuellen gemeinsamen Aufenthalt oder dem gemeinsamen Wohnsitz. Ist der in der Bundesrepublik Deutschland, ist der Erwerb zu je ½ möglich.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    2 Mal editiert, zuletzt von Prinz (5. Juni 2020 um 17:02) aus folgendem Grund: Schreibversehen korrigiert

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