Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung durch das AG

  • Guten Morgen,
    nach § 67 BeurkG (früher § 62 BeurkG) ist anscheinend das AG zuständig für die Beurkundung der Anerkennung der Vaterschaft. Die Vorschrift war mir bis dato völlig unbekannt, da hier immer das Jugendamt tätig geworden ist. Vorgestern erschien auf der hiesigen Rechtsantragstelle eine Mann, der allerdings kaum Deutsch sprechen und verstehen konnte und wollte eine solche Erklärung abgeben, das Jugendamt habe ihn zum Amtsgericht geschickt.
    Nun scheint es so zu sein, dass nicht das Familiengericht zuständig ist, sondern es sich um eine Urkundssache handelt, damit bin ich zuständig.
    Die erste Frage ist ob das Jugendamt sich weigern kann eine Beurkundung vorzunehmen.
    Außerdem kommt nach dem Sachverhalt die Anwendung ausländischen Rechts in Betracht., so dass ich ggf nach § 5 II RpflG die Sache dem Richter vorlegen kann oder ? Wenn der Kindesvater keine deutsche Staatsangehörigkeit hat sind die Rechtsfolgen einer Erklärung sicher anders , ggf auch das Formerfordernis. Könnte man ihn dann an die heimische Botschaft verweisen ?
    Wir haben sogar ein amtliches Formular über die Beurkundung, da steht aber das mit dem Erschienen der Sachverhalt erörtert wurde und er "eingehend über die rechtliche Tragweite seiner Erklärung, insbesondere des Vaterschafsanerkenntnis, der Unterhaltsverpflichtung - ggf auch seiner Verwandten- und der Unterwerfungsklausel sowie die Erbberechtigung des Kindes belehrt wurde"
    Gibt es darüber Informationsmaterial ? Ich finde es schon schwierig eine umfassende Belehrung zu machen zumal ich keine Familiensachen mache.
    Die Kollegin von der Rechtsantragstelle hat ihn weggeschickt, da auch ihr die Vorschrift nicht bekannt war. Vielleicht kommen solche Sachen jetzt häufiger vor ?
    Wie sind Eure Erfahrungen ?
    Lieben Dank für Eure Mühe :)

  • Wir nehmen Urkunden mit Auslandsberührung nicht mehr auf. Das Standesamt ist die fachlich prädestinierte Behörde und hat diese Aufgabe zu erledigen. Der Disput mit der Amtsleitung war nicht einfach: Wir haben uns letztlich beim Standesamt beraten lassen, während wir uns mit der Beurkundung befassten. Und leider kam es dann immer wieder zu Fehlern. Jetzt muss das Standesamt die Urkunden auch dann aufnehmen, wenn die Geburt nicht bei uns beurkundet wurde.

    Die Aufgabenverteilung wurde mit dem AG abgestimmt. Von dort gab es einen Brief des Direktors an den Bürgermeister. Bei uns haben die Amtsleiter die Regelung getroffen. Rückenwind gab es aus der Standesamtsaufsicht im Rechtsamt.

    Die Übersetzung ist Angelegenheit der beurkundenden Stelle steht in irgendeinem Gutachten des Deutschen Instituts in Heidelberg.

  • Noch sind wir nicht so weit, dass irgendwelche "Amtsleiter" bestimmen, wie es sich mit der bundesrechtlichen Beurkundungszuständigkeit verhält.

    Die Amtsgerichte sind seit jeher - und auch nach dem ursprünglichen Inkrafttreten des BeurkG - für die Beurkundung von Vaterschaftsanerkennungen und Unterhaltsverpflichtungen zuständig und es ist mir rätselhaft, wie man auf den Gedanken verfallen kann, solche Beurkundungen abzulehnen. Wenn man schon die Zuständigkeitsvorschriften nicht kennt und dann auch noch sagt, dass einem die Kenntnisse für die erforderlichen Belehrungen fehlen, zeichnet dies ein ziemlich trübes Bild der gerichtlichen Praxis.

    Wenn man nicht über die Rechtskenntnisse verfügt, die man für seine Aufgaben benötigt, hat man sie sich eben zu beschaffen. Das ist nicht anders als in allen anderen Rechtsgebieten.

  • "Eigentlich" hat Cromwell ja Recht. Inzwischen sind die rechtlichen und die technischen Anforderungen an eine beischreibungsfähige Urkunde so hoch, dass andere Stellen als das Standesamt kaum in der Lage sind, sie zu erstellen.

    Wir sind z.B. weder in der Lage, die Ausweisdokumente auf Echtheit zu überprüfen noch sie so zu kopieren, dass der Standesbeamte überprüfen kann. Also mussten die Eltern zusätzlich zum zuständigen Standesamt, um dort ihre Dokumente vorzulegen. Wenn die Mutter dann nicht zur Zustimmung kam, war die Vaterschaft nicht anerkannt. Für den Beistand ein Zustand, den er nur im Wege der Vaterschaftsklage lösen kann.

    Die "Beschaffung der Rechtskenntnisse" liest sich so leicht, ist aber nicht zuverlässig. Ich muss herausbekommen, welches Recht der Standesbeamte bzw. die Standesamtsaufsicht am Tag der Beischreibung zugrunde legen. Gerade bei Ex-Jugoslawien und Afrikanischen Staaten gibt es keine einheitliche "Rechtskenntnis".

    Selbstverständlich bezieht sich das von mir geschriebene nicht auf die Unterhaltsurkunden. Die kann das Gericht gerne aufnehmen.

  • Lieben Dank für Eure Antworten, auch am Wochenende.
    Natürlich muss man sich in neue Rechtsgebiete einarbeiten, an einem kleinen Gericht wie das meine musste ich das schon etliche Male. Ich bin als Halbtagskraft in 5 verschiedenen Bereichen tätig ( und finde das eigentlich auch ganz gut und abwechslungsreich) und ich lehne die Beurkundung ja auch gar nicht ab.
    Aber nicht zuletzt ist dieses Forum dazu da um sich Informationen zu beschaffen und auf das Wissen anderer Kollegen zurückzugreifen.
    An meinem Gericht ist so eine Beurkundung noch nie gemacht worden, bisher ist wie gesagt immer das Jugendamt tätig geworden.
    Die Urkunde sollte am Ende schließlich den rechtlichen und technischen Anforderungen genügen und die Belehrung des Vaters sollte fundiert sein.
    Mein Frage war daher, ob es vielleicht entsprechende Merkblätter gibt. Hier in NRW gibt es sie nicht.
    Natürlich hatte man in der Ausbildung "Abstammungsrecht", aber eine Übersicht wäre schon hilfreich, die dann ja auch noch in die entsprechende Sprache übersetzt werden muss.
    Ich werde, falls der Vater wieder kommt, mit dem hiesigen Jugendamt und Standesamt in Kontakt treten, wenn die Mitarbeiter dort solche Beurkundungen häufiger machen können die mir vielleicht weiter helfen.

  • Es ist sicher zutreffend, dass die rechtlichen Anforderungen in diesem Bereich erheblich zugenommen haben und es ist auch gar nichts dagegen einzuwenden, wenn man sich zwischen Gericht, Jugendamt und Standesamt abspricht, wer diese Dinge im Fall der Auslandsberührung letztlich übernimmt. Der von Moosi geschilderte Weg scheint mit allerdings nicht der richtige zu sein, aber das ist im Ergebnis ja ohne Belang.

    Auch hier haben wir wieder ein typisches Beispiel dafür, dass die Rechtspflegerausbildung mit der rechtlichen Lebenswirklichkeit nicht Schritt hält. Denn was ein Standesbeamter in seiner Ausbildung lernt, kann natürlich auch der Rechtspfleger in seiner Ausbildung lernen. Man muss es halt eben nur zum Gegenstand dieser Ausbildung machen.

  • Bevor du etwas in der o. g. Sache beurkundest, solltest du dich aber unbedingt mit dem BeurkG auseinandersetzen (Übersetzungen/Dolmetscher usw.).

    Ja, danke für den Hinweis, da gibt es sicher einiges zu beachten.:D

    Ich finde es allerdings auch nicht richtig, dass das Jugendamt die Väter an das Amtsgericht verweist wenn sie dort erscheinen. Schließlich sind sie zuständig für die Beurkundung.

  • Bevor du etwas in der o. g. Sache beurkundest, solltest du dich aber unbedingt mit dem BeurkG auseinandersetzen (Übersetzungen/Dolmetscher usw.).

    Ja, danke für den Hinweis, da gibt es sicher einiges zu beachten.:D

    Ich finde es allerdings auch nicht richtig, dass das Jugendamt die Väter an das Amtsgericht verweist wenn sie dort erscheinen. Schließlich sind sie zuständig für die Beurkundung.

    Das dürfte nicht das Hauptproblem sein. Falls es sich bei dem "Vater" um einen Asylsuchenden bzw. von Abschiebung bedrohten handelt, dann ist das eine beliebte Masche, um sich ein Aufenthaltsrecht zu erschleichen. Mithilfe hat strafrechtliche Folgen für den Beurkundenden. Vermutlich deshalb hat das JA den Mann weggeschickt.

  • Ich würde, wenn jemand wegen der Beurkunding eines Vaterschaftsanerkennung zu mir kommt mit diesem einen Termin für die Beurkundung vereinbaren und mich dafür dann auch vorbereiten.

    Wenn jemand behauptet von einer anderen Behörde geschickt worden zu sein, würde ich mich bei denen erkundigen, ob das so stimmt bzw. welche Problematiken es denn bei ihnen bei der Beurkundung gab.

    "Auf hoher See und vor Gericht UND IN DER KLAUSUR ist man in Gottes Hand."
    Zitat Josef Dörndorfer

  • Bevor du etwas in der o. g. Sache beurkundest, solltest du dich aber unbedingt mit dem BeurkG auseinandersetzen (Übersetzungen/Dolmetscher usw.).

    Ja, danke für den Hinweis, da gibt es sicher einiges zu beachten.:D

    Ich finde es allerdings auch nicht richtig, dass das Jugendamt die Väter an das Amtsgericht verweist wenn sie dort erscheinen. Schließlich sind sie zuständig für die Beurkundung.

    Das dürfte nicht das Hauptproblem sein. Falls es sich bei dem "Vater" um einen Asylsuchenden bzw. von Abschiebung bedrohten handelt, dann ist das eine beliebte Masche, um sich ein Aufenthaltsrecht zu erschleichen. Mithilfe hat strafrechtliche Folgen für den Beurkundenden. Vermutlich deshalb hat das JA den Mann weggeschickt.

    Ich halte das im geschilderten Fall schon für das Hauptproblem, wenn eine für Beurkundungen von Vaterschaftsanerkennungen zuständige Behörde (Jugendamt), die diese auch regelmäßig vornimmt, nun plötzlich die Bürger zu einer anderen Behörde schickt, die zwar auch zuständig ist, jedoch keine praktischen Erfahrungen mit entsprechenden Beurkundungen hat.

    Wodurch ist es eigentlich gerechtfertigt, dass dem Beurkundenden ggf. strafrechtliche Folgen wegen "Mithilfe" drohen? :( Woher soll dieser denn wissen, dass der Erschienene nicht der leibliche Vater ist? :gruebel:

  • Es ist sicher zutreffend, dass die rechtlichen Anforderungen in diesem Bereich erheblich zugenommen haben und es ist auch gar nichts dagegen einzuwenden, wenn man sich zwischen Gericht, Jugendamt und Standesamt abspricht, wer diese Dinge im Fall der Auslandsberührung letztlich übernimmt. Der von Moosi geschilderte Weg scheint mit allerdings nicht der richtige zu sein, aber das ist im Ergebnis ja ohne Belang. Auch hier haben wir wieder ein typisches Beispiel dafür, dass die Rechtspflegerausbildung mit der rechtlichen Lebenswirklichkeit nicht Schritt hält. Denn was ein Standesbeamter in seiner Ausbildung lernt, kann natürlich auch der Rechtspfleger in seiner Ausbildung lernen. Man muss es halt eben nur zum Gegenstand dieser Ausbildung machen.

    Originär ist nur das Standesamt für das Geburtenbuch und dessen Fortschreibung zuständig. Dessen sollte man sich als Urkundsperson bewusst sein, wenn man in diesem Fachgebiet tätig wird. Wir diskutieren hier über einen Spezialbereich innerhalb der Geburtenbücher, der ausländisches Recht unmittelbar betrifft. Da der Bereich sich in ständiger Veränderung befindet, ist es keine Frage der Ausbildung sondern des Zugangs zu Datenbanken bzw. übergeordneten standesamtlichen Institute.

    Bei der Beischreibung externer Urkunden mit Auslandsrecht muss der Standesbeamte erneut alle Sachverhalte überprüfen, die die Urkundsperson bereits prüfen sollte - außer wenn ein auswärtiges Standesamt die Urkunde aufgenommen hat.

  • Wodurch ist es eigentlich gerechtfertigt, dass dem Beurkundenden ggf. strafrechtliche Folgen wegen "Mithilfe" drohen? :( Woher soll dieser denn wissen, dass der Erschienene nicht der leibliche Vater ist? :gruebel:

    Im Regelfall wirst du es nicht wissen, es kann aber mal rauskommen. Zum Beispiel wenn der Vater anruft und mitteilt, dass er ganz dringend einen Termin zur Beurkundung braucht, weil die Abschiebung droht. Wenn du so etwas hörst und trotzdem beurkundest, könnte man schon in einen kritischen Bereich kommen, in dem "Beihilfe" zumindest nicht völlig ausgeschlossen ist (insbesondere weil du das Verfahren nach § 1597a BGB in diesem Fall aussetzen müsstest).

  • Sorry, habe mich missverständlich ausgedrückt. Das mit nicht das "Hauptproblem" bezog sich auf die empfohlene Auseinandersetzung mit den Beurkundungsvorschriften.

    Ich kann nur für die Notare sprechen. Wir haben zwischenzeitlich einen sehr strengen Prüfungsmaßstab vorgeschrieben bekommen. Ungereimtheiten genügen und wir müssen die Beurkundung der Vaterschaftsanerkennung ablehnen.

  • Was meinst du denn mit Ungereimtheiten ? Und welcher Prüfungsmaßstab ? Letztlich kann man sich doch nur auf die Angaben des Erklärenden verlassen oder ?


  • Was meinst du denn mit Ungereimtheiten ? Und welcher Prüfungsmaßstab ? Letztlich kann man sich doch nur auf die Angaben des Erklärenden verlassen oder ?

    An der Frage erkennt man, dass die Beurkundung von Personenstandsurkunden nicht zur Arbeit des Amtsgerichts gehört. Die aktuellen Maßstäbe des Standesamts sind weder der Notarin noch uns unmittelbar zugänglich.

    Mit den "Angaben des Erklärenden" ist das so eine Sache. Gefürchtet sind seit jeher Gerichtsbeschlüsse in Vaterschaftssachen bei deutschen Eltern. Wenn der Mann nicht anschließend zu irgendeinem Standesamt geht und sich dort ausweist, wird die Vaterschaft nicht beigeschrieben. Ein Druckmittel gibt es nicht, den Folgen des Beschlusses zur personenstandsrechtlichen Wirksamkeit zu verhelfen. Ist der Mann im Ausland geboren, braucht man zusätzlich seine Geburtsurkunde.

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