Erbanteilsübertragung im österreichischen ENZ

  • Hallo zusammen,

    ich habe ein österreichisches ENZ erhalten mit dem Antrag auf alleinige Eintragung des Ehemannes ins Grundbuch, wonach dieser Erbe nach der Erblasserin

    im Bezug auf das Grundstück

    geworden ist.

    Die Ehefrau ist die Erblasserin. Sie wird allerdings von ihrem Mann und ihren beiden Söhnen zu je 1/3 beerebt laut ENZ.

    Unter Punkt 7.4 sonstige relevante Angaben zu Art.68 j) der Verordnung (EU) Nr.605/2012 wurde im ENZ nun Folgendes aufgenommen:
    "Der Ehemann und die beiden Söhne haben zu je 1/3 je des gesamten Nachlasses aus dem Berufungsgrunde des Gesetzes die unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben und ein Erbteilungsübereinkommen getroffen, in welchem der Ehemann unter Anrechnung auf seinen gesetzlichen Erb- und Pflichtteil das Grundstück … samt allen Aktiva und Passiva in seinen alleinigen Besitz und in sein Alleineigentum übernimmt."

    Es ist österreichisches Erbrecht anzuwenden.
    Das ENZ wurde von einem österreichischen Notar als Gerichtskommissär ausgestellt.

    Nun zu meiner Frage:
    Das ENZ dient mir als Grundbuchamt doch lediglich als Nachweis zur Erbfolge.
    Können die Erben nun direkt im ENZ eine Erbauseinandersetzung im Hinblick auf das Grundstück vereinbaren?
    Dass die beiden Söhne anwesend waren oder irgendeinen Antrag gestellt haben, ist nicht ersichtlich.
    Als Antragsteller wird lediglich der Ehemann aufgeführt und dass dieser einen Anspruch auf das Grundstück hat. Ein Rechtsgrund dafür ist nicht angegeben.

    Und ist das Formerfordernis einer eventuell darin liegenden Auflassung gewahrt, da weder ein Indiz vorliegt, dass alle Erben anwesend waren, noch dass der ausstellende Notar auch als Notar handelt und nicht nur als Gerichtkomissär. Oder ist dies egal? Habe leider keine Ahnung von den Aufgaben und den Funktionen eines Gerichtskomissärs.:confused:

    Schon mal vielen Dank für beantworten.:D:daumenrau

  • Eine auf einzelnes Grundvermögen bezogene Erbteilsübertragung wäre unzulässig. Die Überschrift scheint mir daher falsch zu sein. Im Text gehst Du ja auch nicht von einer Erbteilsübertragung, sondern von einer Erbauseinandersetzung aus. Diese führt nach österreichischem Recht im Ergebnis zur Einantwortung (s. die Anmerkung von Steiner unter 2. zum Beschluss des OGH Wien vom 21.12.2017, 5 Ob 186/17i in der ZEV 2018, 737/740).

    Wie Wilsch in seiner Anmerkung unter 2. zum Beschluss des OLG München vom 12.09.2017, 31 Wx 275/17, in der FGPrax 2018, 39/40 ausführt, scheint der OGH Wien die Ansicht zu präferieren, dass das Erbstatut auch für die Beurteilung der Frage maßgeblich ist, ob das Eigentumsrecht an der Liegenschaft bereits außerhalb des Grundbuchs (dort: auf den Verkäufer der Liegenschaft) übergegangen ist.

    Der OGH Wien führt dazu in Rz. 14 Beschlusses vom 21.12.2017, 5 Ob 186/17i = BeckRS 2017, 149051 oder:

    https://rdb.manz.at/document/ris.j…186_17I0000_000
    aus (Hervorhebungen durch mich):

    „Art. 1 Abs. 2 lit 1 EuErbVO nimmt vom Anwendungsbereich der Verordnung (somit auch dem Erbstatut) jede Eintragung von Rechten an beweglichen oder unbeweglichen Vermögensgegenständen in einem Register einschließlich der gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Eintragung sowie die Wirkung der Eintragung oder fehlenden Eintragung solcher Rechte in dem Register aus. Nach dem insoweit klaren Wortlaut dieser Bestimmung ist damit etwa die Vorfrage, ob die Liegenschaft dem Erblasser sachenrechtlich gehörte, jedenfalls nach österreichischem Recht zu lösen (§ 31 IPRG; Traar in Burgstaller/Neumayr/Geroldinger/Schmaranzer, IZVR Art. 1 EuErbVO Rz 7), ebenso soll sich die formelle Seite der Registereintragung, also das behördliche Registerverfahren selbst nach dem von den Vorinstanzen zitierten Erwägungsgrund 18 zur EuErbVO nach der lex rei sitae richten (Rudolf/Zöchling-Jud/Kogler in Rechberger/Zöchling-Jud, Die EU-Erbrechtsverordnung in Österreich [2015], Kap III Rz. 254). Dies gilt hingegen nicht für die – im nationalen Registerrecht gar nicht geregelte – Frage, ob die Rechte an der Liegenschaft überhaupt Gegenstand des Erbrechts sind und gegebenenfalls auf welche Weise und zu welchem Zeitpunkt der Erbe den Nachlass erwirbt. Insoweit ist vielmehr das Erbstatut gemäß Art. 23 Abs. 1 EuErbVO anzuwenden, das hier auf deutsches Erbrecht verweist (so auch Rudolf/Zöchling-Jud/Kogler in Rechberger/Zöchling-Jud a.a.O. Rz. 260). § 178 Abs. 2 Z 2 AußStrG ist entgegen der Auffassung der Vorinstanzen als bloße Anweisung an das österreichische Verlassenschaftsgericht anzusehen, die vorgibt, was in einen Einantwortungsbeschluss aufzunehmen ist (Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 178 Rz 1). Einen solchen kennt das nach dem Erbstatut hier anzuwendende deutsche Recht allerdings nicht und als Vorschrift des formellen Registerrechts i.S.d. Art. 1 Abs. 2 lit 1 EuErbVO kann diese Bestimmung auch unter Berücksichtigung des Abs. 18 der Vorbemerkungen zur EuErbVO nicht gewertet werden…“

    Gibt es einen Rechtsübergang außerhalb des Grundbuchs, müsste dem wohl wie bei einem Vindikationslegat (s. Urteil des EuGH (2. Kammer), vom 12.10.2017 – C-218/16 (Kubicka), NJW 2017, 3767) im Wege der Grundbuchberichtigung Rechnung getragen werden.

    Dazu dürfte sich aus der Abhandlung von Professor Dr. Karsten Thorn und Caroline Lasthaus, „Rechtsnachfolge in Immobilien unter der Europäischen Erbrechtsverordnung“, in der IPrax 2019, 24 ff. mehr ergeben.

    Nach der Darstellung bei LSK 2019, 03800792 enthält sie eine analysierende Besprechung der Entscheidung des EuGH, Urt. v. 12.10.2017, C-218/16, des OGH Wien, Beschl. v. 29.8.2017, 5 Ob 108/17v, und des OGH Wien, Besch. v. 21.12.2017, 5 Ob 186/17i.

    Dazu ist hier
    https://www.iprax.de/de/inhalte/fru…019-Heft-01.php
    ausgeführt:

    „Ausgehend von mehreren 2017 ergangenen Entscheidungen des EuGH und OGH beschäftigt sich der Beitrag mit der Rechtsnachfolge in Immobilien unter der EuErbVO. Während sich der EuGH mit der dinglichen Wirkung eines Vindikationslegates nach polnischem Recht auseinanderzusetzen hatte, befasste sich der OGH gleich in zwei Fällen mit dem Konflikt zwischen deutschem Erbrecht und österreichischer lex rei sitae im Hinblick auf Eigentumsübergang und Registereintragung bei Grundstücken. Vor diesem Hintergrund behandeln die Verfasser zunächst die umstrittene Frage der Reichweite des Erbstatuts in Abgrenzung zum Sachen- und Registerrecht. Sodann beschäftigen sie sich mit den Folgen der zukünftigen Anerkennung von Vindikationslegaten in Deutschland. Abschließend gehen die Verfasser näher auf die zukünftige Behandlung deutsch-österreichischer Erbfälle im Hinblick auf Rechtserwerbsvoraussetzungen und die Frage der erforderlichen Dokumente für eine Grundbuchberichtigung ein. Auch wenn sie die grundsätzliche Intention der Gerichte befürworten, das Verordnungsziel der Rechtssicherheit zu stärken, kritisieren die Autoren die fehlende Präzision der Entscheidungen“.

    Leider steht die Abhandlung online nicht zur Verfügung. Ich würde daher die Bibliothek Deines OLG um Übermittlung bitten.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Und, was sagt die Abhandlung von Professor Dr. Karsten Thorn und Caroline Lasthaus ?

    Wenn Du die bei
    https://de.wiktionary.org/wiki/Einantwortung
    unter „Quellen“ unter Nr. 5 genannte Abhandlung von Johann Schilchegger, Katrin Gruber: Österreichisches Verlassenschaftsverfahren
    http://cd.manz.at/rechtaktuell/p…erfahren_LP.pdf
    aufrufst, bekommst Du eine Darstellung darüber, was der Notar als Gerichtskommissär zu veranlassen hat. Auf der Seite 3 unten, 4 oben ist ausgeführt, dass zielführenderweise vor der Einantwortung ein Erbteilungsübereinkommen abgeschlossen werden sollte, in welchem sich die Erben über die Aufteilung der einzelnen Nachlassbestandteile einigen, damit bereits im Einantwortungsbeschluss auf die entsprechenden Aufteilungen Bedacht genommen werden kann.

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • s. dazu auch den Beschluss des OLG München vom 10.02.2020, 34 Wx 357/17
    https://www.gesetze-bayern.de/Content/Docume…-N-1573?hl=true
    Leitsatz:
    „Der Miteigentumsanteil an in Deutschland gelegenem Grundbesitz eines deutschen Staatsangehörigen, der seinen gewöhnlichem Aufenthalt in Österreich hatte und dort verstorbenen ist, wird, auch bei ausdrücklicher Zuweisung des Grundbesitzes im Europäischen Nachlasszeugnis an einen Miterben, nicht zu Alleineigentum erworben, da nach dem maßgeblichen österreichischen materiellen Erbrecht Universalsukzession eintritt, das österreichische Recht keine dingliche Teilungsanordnung kennt und daher die Richtigkeitsvermutung des Europäischen Nachlasszeugnisses keine Wirkung entfaltet.“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Aber nur, weil die Erben vor der Einantwortung noch nicht die Erbteilung vorgenommen hatten. (s. Rz 45: „Erfolgt die Erbteilung vor der Einantwortung bewirkt letztere, dass jeder Miterbe die ihm so zukommende Sache als unmittelbare Folge des Erbschaftserwerbes und daher als unmittelbarer Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers so erwirbt, wie es die Erbteilung vorsieht (Österreichischer Oberster Gerichtshof vom 8.11.1994, Az. 5 Ob 127/94; Solomon in Burandt/Rojahn Länderbericht Österreich Rn. 144; Süß in Kroiß/Ann/Mayer ÖsterreichRn. 5). Mit Einantwortung entfaltet die Erbteilung dingliche Wirkung (Cejka in Gierl/Köhler/Kroiß/Wilsch Teil 6 A Rn. 96)…“

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Aber nur, weil die Erben vor der Einantwortung noch nicht die Erbteilung vorgenommen hatten. (s. Rz 45: „Erfolgt die Erbteilung vor der Einantwortung bewirkt letztere, dass jeder Miterbe die ihm so zukommende Sache als unmittelbare Folge des Erbschaftserwerbes und daher als unmittelbarer Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers so erwirbt, wie es die Erbteilung vorsieht (Österreichischer Oberster Gerichtshof vom 8.11.1994, Az. 5 Ob 127/94; Solomon in Burandt/Rojahn Länderbericht Österreich Rn. 144; Süß in Kroiß/Ann/Mayer ÖsterreichRn. 5). Mit Einantwortung entfaltet die Erbteilung dingliche Wirkung (Cejka in Gierl/Köhler/Kroiß/Wilsch Teil 6 A Rn. 96)…“

    So ist es. Meiner Meinung nach haben wir es hier mit einem weiteren aussichtslosen Rückzugsgefecht der deutschen Gerichte zu tun, das mit der nächsten (oder übernächsten) EuGH-Entscheidung hinfällig sein dürfte.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Dieser Einwand erscheint mir nicht schlüssig. Das OLG München betont doch ausdrücklich, dass es darauf ankommt, ob die Erbteilung bereits vor oder erst nach der Einantwortung vorgenommen wurde. Im Übrigen lässt der hier eingestellte Sachverhalt nicht erkennen, welche von beiden möglichen Fallgestaltungen vorliegt. Dass im ENZ vermerkt ist, dass eine Erbteilung vorgenommen wurde, besagt nichts darüber, wann sie vorgenommen wurde, weil das ENZ erst nach erfolgter Einantwortung erteilt werden kann. Der Inhalt des ENZ lässt die entscheidende Frage nach dem Zeitpunkt der Erbteilsungsvereinbarung also offen.

  • Hochinteressante Ausführungen. Ich habe gerade einen ziemlich ähnlichen Fall auf dem Tisch liegen.

    Ich fasse für mich zusammen:

    Der Einantwortungsbeschluss ist (als Ausfertigung vorliegend) als Erbnachweis ausreichend, brauche also kein Europäisches Nachlasszeugnis.

    Ich beurkunde mit den Erben die Auflassung und sobald die Unbedenklichkeitsbescheinigung vorliegt, stelle ich den Antrag auf Vollzug der Auflassung.

    Fertig?!

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