Niederländer erwerben Grundbesitz - Prüfungspflicht § 47 GBO

  • Guten Morgen,

    zwei Niederländer erwerben Grundbesitz zu je 1/2 Anteil. Auflassungsvormerkung wird antragsgemäß eingetragen.
    Nach Eingang des Antrags auf Eigentumsumschreibung vermerkt mein Vertreter "Notar klärt Güterstand und meldet sich". Dann kommt eine Urkunde, worin die Niederländer dann in Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht erwerben.
    Auf Nachfrage teilt der Kollege mir dann mit, dass Niederländer doch nur zu je ½ Anteil erwerben können, wenn Gütertrennung vereinbart wurde und das in der Urkunde auch drin stehen muss.
    Ganz ehrlich, ich habe noch nie den Güterstand ausländischer Erwerber geprüft. Es gilt doch deutsches Recht und Anteilserwerb ist durchauszulässig.
    Oder bin ich völlig auf dem Holzweg?


    Vielen Dank

  • Ganz ehrlich, ich habe noch nie den Güterstand ausländischer Erwerber geprüft. Es gilt doch deutsches Recht und Anteilserwerb ist durchauszulässig.
    Oder bin ich völlig auf dem Holzweg?


    Leider bist Du auf dem Holzweg. Ob für das eheliche Güterrecht deutsches Recht gilt, ist nicht klar - nach Sachverhalt eben nicht. Wenn die Ehegatten tatsächlich in Gütergemeinschaft verheiratet sind, dann ist das auch in Deutschland so. Wenn es Anhaltspunkte dafür gibt, dass nicht deutsches Recht anwendbar ist - und die gibt es hier - muß der anwendbare Güterstand geklärt werden.


    Dem Kollegen kannst Du mitteilen, dass der frühere Art. 15 Abs. 2 Nr. 3 EGBGB (der eine gegenständlich beschränkte Rechtswahl der lex rei sitae vorsah = "wir wählen für unser gesamtes unbewegliches Vermögen in der Bundesrepublik Deutschland das deutsche Recht") aufgehoben wurde. Eine gegenständlich beschränkte Rechtswahl ist nicht mehr möglich.

    "Allen ist alles egal, außer der Handyvertrag" - Kraftklub

  • Siehe z.B. Gemeinschaftsverhältnis

    Zum Güterstand in den Niederlanden: BeckOK GBO/Zeiser GBO Internationale Bezüge Rn. 84.26, allgemein zur Prüfungspflicht des Grundbuchamtes BeckOK GBO/Zeiser, GBO Internationale Bezüge Rn. 77

    Zur Aufhebung der Rechtswahl nach Art. 15 EGBGB: Ausländischer Güterstand - Rechtswahl nach Art. 15 EGBGB nicht mehr möglich

  • In den Niederlanden ist zum 1.1.2018 ein neuer gesetzlicher Güterstand in Kraft getreten
    https://www.dnoti.de/informationen/…n-niederlanden/

    Die eheliche Gütergemeinschaft beschränkt sich jetzt auf während der Ehe erworbene Aktiva und Passiva. Das ist zwar vorliegend wohl der Fall. Diese güterrechtliche Bindung hat jedoch nicht zur Konsequenz, dass auch beide Ehepartner unter Angabe ihres Gemeinschaftsverhältnisses in das Grundbuch einzutragen sind. Begründet wird dies damit, dass die niederländische Gütergemeinschaft ein Gemeinschaftsverhältnis sui generis ist und weder eine klassische Bruchteils- noch eine nach deutschem Verständnis vollwertige Gesamthandsgemeinschaft darstellt.

    Die Leitsätze aus dem nachfolgend genannten Beschluss des OLG Oldenburg vom 11.02.2019 lauten:

    1. Erwirbt ein im gesetzlichen Güterstand niederländischen Rechts lebender Ehegatte ein in Deutschland belegenes Grundstück, fällt dieses in das Gesamtgut der zwischen den Eheleuten bestehenden Gütergemeinschaft. Auf dieses Gemeinschaftsverhältnis ist nach § 47 GBO hinzuweisen.

    2. Diese güterrechtliche Bindung hat jedoch nicht zur Konsequenz, dass auch beide Ehepartner unter Angabe ihres Gemeinschaftsverhältnisses in das Grundbuch einzutragen sind. Auch eine Auflassung an diese Gemeinschaft kann nicht gefordert werden (entgegen OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.05.1991, Az. 5 W 55/91 = Rpfleger 1991, 412).

    3. Das sich aus dem niederländischen Recht ergebende Gemeinschaftsverhältnis lässt sich in einer für die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs ausreichenden Weise dadurch im Grundbuch bezeichnen, dass der erwerbende Eigentümer in Abteilung I, Spalte 2 des Grundbuchblattes mit dem Zusatz eingetragen wird, dass er im gesetzlichen Güterstand der Gütergemeinschaft niederländischen Rechts lebt.

    4. Mit der Aufnahme lediglich des erwerbenden Ehegatten als Eigentümer im Grundbuch bei gleichzeitigem Hinweis auf die bestehende Gütergemeinschaft wird dieses Rechtsverhältnis eindeutig abgegrenzt von demjenigen, welches entsteht, wenn beide Ehegatten gemeinschaftlich ein Grundstück erwerben.

    OLG Oldenburg (Oldenburg), Beschluss vom 11. Februar 2019 – 12 W 143/17 = NJW-RR 2019, 793

    In den Gründen führt das OLG Oldenburg aus:

    „Die gegenwärtige Grundbuchpraxis, bei der auch in Fällen des Erwerbs eines Grundstücks durch einen Ehegatten, der in niederländischer Gütergemeinschaft lebt, beide Ehegatten unter Angabe ihres Gemeinschaftsverhältnisses eingetragen werden, hat zur Folge, dass der nicht erwerbende Ehegatte Rechte an dem Grundstück erhält, die dieser nach dem niederländischen Recht tatsächlich nicht erhalten soll. So führt die Miteintragung des Ehegatten nach deutschem Grundbuchverfahrensrecht dazu, dass dieser bei einer zukünftigen Weiterveräußerung oder Belastung des Grundstücks durch Abgabe entsprechender Eintragungsbewilligungen mitwirken müsste. Dies allein könnte noch hingenommen und mit dem Umstand der Kollision des niederländischen Güterrechtes mit dem deutschen Grundbuchverfahrensrecht gerechtfertigt werden, die nicht aufeinander abgestimmt sind. Darüber hinaus hat eine entsprechende Eintragung jedoch auch Rückwirkung auf das materielle Güterrecht der Niederlande. Die alleinige Verfügungsbefugnis des erwerbenden Ehegatten unter Ausschluss einer entsprechenden Befugnis seines Partners setzt nach Art. 1:97 I 1 BW voraus, dass das erworbene Grundstück auch allein auf den Namen des erwerbenden Ehepartners registriert ist.“


    S. dazu auch die zustimmenden Anmerkungen von Ludwig in der FamRB 2019, 381 ff. und von Mensch im beck-online.GROSSKOMMENTAR, Stand 01.08.2019, § 1424 BGB RN 13.1 sowie die ablehnende Anmerkung von Reetz im BeckOK GBO, Hrsg. Hügel, Stand: 01.06.2019, § 47 RN 17a)

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

    Einmal editiert, zuletzt von Prinz (16. November 2019 um 10:42) aus folgendem Grund: Link auf Güterstandsänderung zum 1.1.2018 korrigiert

  • Mich würde aber immer noch interessieren was in der Urkunde stand.

    Guten Morgen,
    ich muss mich für die viel zu späte Antwort entschuldigen, erst ne Frage stellen und dann nicht antworten ist unhöflich... Aber es war einfach zu viel los. :schreiben

    In der Ursprungsurkunde haben sich die Erwerber mit keinem Wort zum Güterstand erklärt, sondern nur, dass sie zu je 1/2 Anteil erwerben.

    Ich danke auf jeden Fall schon einmal für die Antworten, ich bin nun problembewusster. :oops:

  • brauche nochmal eine Bestätigung:

    Es erwirbt ein Niederländer zu Alleineigentum. In der Urkunde ist angegeben verheiratet nach niederländischem Recht.

    Somit kann ich ihn als Alleineigentümer eintragen und Vermerk in Sp. 2 wie OLG Oldenburg sagt, den Güterstand anch niederländischem Recht?

  • So schaut´s aus - wenn man OLG Oldenburg folgt.

    Nicht nur dem OLG Oldenburg, sondern auch dem OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.12.2020, 3 Wx 137/20
    https://www.justiz.nrw.de/nrwe/olgs/dues…s_20201222.html
    (siehe Rz. 24: „Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Oldenburg in eigener Würdigung an. Dafür sprechen insbesondere folgende Gesichtspunkte:…“)

    siehe diesen Thread
    https://www.rechtspflegerforum.de/showthread.php…978#post1226978

    Lieber einen Frosch küssen als eine Kröte schlucken :)

  • Ich bin hinsichtlich der Formulierung ein wenig unsicher: Eheleute erwerben laut Kaufvertrag im gesetzlichen Güterstand des niederländischen Rechtes gemeinsam.

    Wenn ein Ehegatte allein erwirbt, ist diese Formulierung als Hinweis anzubringen.

    Betreffend das Anteilsverhältnis gemäß § 47 GBO wäre doch …. in Gütergemeinschaft nach niederländischem Recht …. die korrekte Formulierung?

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