Anfechtung der Annahme der Erbschaft

  • Guten Morgen,

    benötige dringend euren Rat:

    Erbfall Dezember 2015:

    Eine Erbin schlägt die Erbschaft fristgerecht für sich aus. Sie hat 2 minderjährige Kinder und schlägt somit zugleich auch für ihre Kinder die Erbschaft aus. Vom mitsorgeberechtigten Vater ist sie getrennt. Der Vater der Kinder erklärt jedoch nie die Ausschlagung als gesetzlicher Vertreter.
    Eine Bank als Gläubigerin stellt einen Erbscheinsantrag und der Erbschein wurde erteilt, in welchem die beiden minderjährigen Kinder als Erben stehen.
    Zum Nachlass gehört eine Immobilie. Gegen die minderj. Kinder als Erben ergeht 2018 ein Anerkenntnisurteil zur Duldung der Zwangsvollstreckung aus Grundschulden.

    JETZT PLÖTZLICH im November 2019 taucht der Vater auf und fechtet für seine Kinder die Annahme der Erbschaft an mit der Begründung: ihm war nicht bewusst, dass die Hauptforderung der Bank den Wert der Immobilie übersteigt. Zum Zeitpunkt der laufenden Ausschlagungsfrist sei die Hauptforderung der Bank nicht bekannt gewesen. Der Wert der Immobilie sei erst durch ein Gutachten Ende Oktober 2019 bekannt geworden.

    Ich hatte sowas noch nie. Habt ihr einen Rat für mich was ich nun tun muss?

  • Ja einziehen, damit ist der Erbschein aber nicht aus der Welt und auch nicht die Frage geklärt ob die jetzige Anfechtung wirksam ist. Dazu würde ich die Beteiligten hören, hier auch den Gläubiger der ja den Erbschein als Grundlage seiner Vollstreckung braucht, um die Begründung zur Anfechtung zu prüfen. Gutachten vorlegen lassen um die angegebenen Zeiten zu prüfen usw.
    Alles was sachdienlich ist.

  • Die Anfechtung der Versäumung der Aussschlagungsfrist
    (§ 1956 BGB) durch den Vater dürfte unwirksam sein.
    Die Kinder sind durch Verstreichen der Ausschlagungsfrist (§ 1943 Satz 1 HS 2 BGB) Erben geworden.
    Eine Einziehung des Erbscheins nach § 2361 BGB kommt nicht Betracht, da der Erbschein richtig ist.
    Aber selbst, wenn man die Wirksamkeit der Anfechtungserklärung in Betracht zieht, gilt:
    Für eine Einziehung muss das Nachlassgericht von der Unrichtigkeit des Erbscheins überzeugt sein, d.h. es muss hier von der Wirksamkeit der Anfechtungserklärung (nach Sachverhaltsaufklärung, Anhörung etc.) überzeugt sein.

    Bezügliches des Grundes der unbekannten Höhe der Hauptforderung der Bank ist schon die Anfechtungsfrist nach § 1954 BGB versäumt, da diese dem Vater wohl schon länger als sechs Wochen vor Abgabe der Anfechtungserklärung bekannt war.

    Beim Marktwert der Immobilie handelt es sich nicht um einen Eigenschaftsirrtum (§ 119 Abs. 2 BGB), der zu einer Anfechtung berechtigt.

    Den Kindern hilft bei solchen Fehlern eines Sorgeberechtigten der § 1629a BGB: Sie können ihre Haftung auf den Bestand des bei Volljährigkeit vorhandenen Vermögens beschränken.

    Einmal editiert, zuletzt von Montgelas (3. Dezember 2019 um 20:46)

  • Ja, das stimmt.

    Ich habe unterstellt, dass der Vaters Kenntnis von der Erbschaft im Jahr 2015 entsprechend weit vor der Anfechtungserklärung im Jahr 2019 hatte und dass dem Vater auch das Anerkenntnisurteil aus dem Jahr 2018 bekannt war.

    Im Forum gilt immer, dass wir nur ganz verkürzt wiedergegebene Sachverhalte diskutieren und uns die gesamte Akte und die Ergebnisse von weiteren Ermittlungen ja nie vorliegen, wohl wissend, dass die umfassende Fallkenntnis zu ganz anderen Ergebnissen führen kann.

  • Wer hat denn die Kinder in dem von einer Gläubigerin angestrengten Erbscheinverfahren vertreten und wer hat sie in dem Prozess wegen der Zwangsvollstreckung vertreten?

    Wenn der Vater damals beteiligt war, hat er wohl Kenntnis von der Verschuldung gehabt.

  • Eben weil nicht bekannt ist ob die Angaben des Ausschlagenden zu den Fristen stimmen und auch die sonstige Begründung zum Wert der Immobilie etc. zu prüfen ist (bei uns gehen die Preise gerade durch die Decke, daher ???) prüfen was daran ist. So wie dargestellt in #1 könnte die Anfechtung auch wirksam sein.
    Mit der Einziehung reagiere ich auf die unklare Situation m.M.n. sachgerecht. Ich beuge ja nur einem weiteren Gebrauch des in Frage gestellten Erbscheines vor.

  • Wer hat denn die Kinder in dem von einer Gläubigerin angestrengten Erbscheinverfahren vertreten und wer hat sie in dem Prozess wegen der Zwangsvollstreckung vertreten?

    Wenn der Vater damals beteiligt war, hat er wohl Kenntnis von der Verschuldung gehabt.


    Beide Eltern wurden zum Erbscheinsantrag angehört. Reagiert hat jedoch nur die Mutter mit dem einfachen Satz: ich hab etwas gegen die Erteilung des Erbscheins. Vom Vater kam nichts.

    Die beiden Kinder wurden im Prozess von einem Rechtsanwalt vertreten.


  • Mit der Einziehung reagiere ich auf die unklare Situation m.M.n. sachgerecht. Ich beuge ja nur einem weiteren Gebrauch des in Frage gestellten Erbscheines vor.


    Meiner Meinung würdest Du das nicht tun. Einzuziehen ist nur wenn der Erbschein nach Überzeugung des Nachlassgerichts unrichtig ist, nicht wenn er evtl. unrichtig sein könnte. Das ist im Amtsermittlungsverfahren vor dem Einziehungsbeschluss zu klären.

  • Ja, das stimmt.

    Ich habe unterstellt, dass der Vaters Kenntnis von der Erbschaft im Jahr 2015 entsprechend weit vor der Anfechtungserklärung im Jahr 2019 hatte und dass dem Vater auch das Anerkenntnisurteil aus dem Jahr 2018 bekannt war.

    Im Forum gilt immer, dass wir nur ganz verkürzt wiedergegebene Sachverhalte diskutieren und uns die gesamte Akte und die Ergebnisse von weiteren Ermittlungen ja nie vorliegen, wohl wissend, dass die umfassende Fallkenntnis zu ganz anderen Ergebnissen führen kann.


    Im Ausschlagungsprotokoll des Vaters steht drin, dass er seit Februar 2016 Kenntnis vom Anfall der Erbschaft an die Kinder hatte.


  • Mit der Einziehung reagiere ich auf die unklare Situation m.M.n. sachgerecht. Ich beuge ja nur einem weiteren Gebrauch des in Frage gestellten Erbscheines vor.

    Dafür ist aber nicht die Einziehung da. Bis die Unrichtigkeit feststeht, kann nicht eingezogen werden. Bis dahin bleibt nur die Möglichkeit einer einstweiligen Anordnung, um eben vor einem weiteren gebrauch zu schützen.

  • Hier geht es doch nicht um die Frage der Kenntnis vom Anfall an die Kinder, sondern um die Frage: ist die Anfechtung fristgerecht und begründet??? oder habe ich #1 falsch verstanden.
    Und nach der Darstellung in #1 könnte die Anfechtung sowohl fristgerecht, als auch begründet sein. Wenn ich als NLG der Argumentation folge und nichts Gegenteiliges in der Akte habe ziehe ich ein.

  • Für die Einziehung eines Erbscheins ist es nicht ausreichend, wenn das NLG von der Argumentation überzeugt ist und nichts Gegenteiliges in den Akten hat.

    Vielmehr muss das NLG die Sachlage abschließend aufklären und die Beteiligten (hier auch die Bank, § 7 FamFG) anhören. Erst wenn es dann von der Unrichtigkeit des Erbscheins überzeugt ist, darf es diesen einziehen.

    Aber schon das vom anfechtenden Vater Vorgetragene stellt keine wirksame Anfechtung dar:

    Die Ausschlagungsfrist (6 Wochen) ist hier abgelaufen, da der Vater schon im Jahr 2016 Kenntnis von der Erbschaft hatte. Die Kinder sind damit Erben geworden.

    Die Versäumung der Ausschlagungsfrist, die zur Fiktion der Annahme der Erbschaft führt, ist nach § 1956 BGB nicht wirksam angefochten worden.

    Da es schon im Jahr 2018 ein Urteil über die Hauptforderung der Bank gab, ist hier auch anzunehmen (ggf. vom NLG aufzuklären), dass der Vater von diesem Anfechtungsgrund spätestens im Jahr 2018 Kenntnis hatte.
    Insofern ist deswegen eine Anfechtung im Nov. 2019 ausgeschlossen, da für diesen Anfechtungsgrund die Anfechtungsfrist (6 Wochen) nach § 1954 Abs. 1 BGB abgelaufe ist. Die Frist beginnt mit Kenntnis vom Anfechtungsgrund (§ 1954 Abs. 2 Satz 2 BGB). Es ist auf die Kenntnis des Vaters abzustellen.
    Den Rechtsanwalt, der die Kinder in dem Prozess vertreten hat, müssen ja die Sorgeberechtigten bevollmächtigt haben (Was steht denn im Rubrum des Urteils bei den Kindern?, da müssten doch auch der Vater als gesetzlicher Vertreter aufgeführt sein ). Ich denke da wird der Vater die Kenntnis im Jahr 2018 nicht abstreiten können.
    Der Irrtum über den Marktwert der Immobilie ist kein Eigenschaftsirrtum und stellt daher keinen Anfechtungsgrund nach §§ 1945, 119 BGB dar.

    Die Anfechtung ist daher unwirksam und der Erbschein ist nach wie vor richtig.
    Ein Antrag auf Einziehung wäre zurückzuweisen.

    6 Mal editiert, zuletzt von Montgelas (4. Dezember 2019 um 22:37)

  • Die Anfechtung erfolgte nicht mit der Begründung Unkenntnis Fristlauf, sondern mit der Begründung nachträgliches Bekanntwerden einer Überschuldung, von der man zum maßgeblichen Zeitpunkt keine Kenntnis hatte.
    Das ist kein Anfechtungsgrund?

    Es steht außer Frage, dass die Angaben zu prüfen sind.

  • Wer hat denn die Kinder in dem von einer Gläubigerin angestrengten Erbscheinverfahren vertreten und wer hat sie in dem Prozess wegen der Zwangsvollstreckung vertreten?

    Wenn der Vater damals beteiligt war, hat er wohl Kenntnis von der Verschuldung gehabt.


    Beide Eltern wurden zum Erbscheinsantrag angehört. Reagiert hat jedoch nur die Mutter mit dem einfachen Satz: ich hab etwas gegen die Erteilung des Erbscheins. Vom Vater kam nichts.

    Die beiden Kinder wurden im Prozess von einem Rechtsanwalt vertreten.


    Und wer hat den RA beauftragt? :gruebel:


  • Das entnimmst du bitte woraus? :gruebel: Meine Vermutung geht eher daher, dass die Mutter den RA für die beiden Kinder allein beauftragt hat (und der Vater bis jetzt nie etwas davon erfuhr).

  • Die Kinder müssen ja bei einem Prozess durch beide Sorgeberechtigte vertreten werden und die wirksame Bevollmächtigung des RA muss durch beide erfolgen.
    Ich bin einfach davon ausgegangen, dass das korrekt gelaufen ist.
    Frog Worauf basiert Deine gegenteilige Vermutung?

    Das muss das NLG ggf prüfen, falls es darauf bzgl. des Zeitpunkts der Kenntnis der Höhe der Schulden ankommt.

    Klar wäre ein Irrtum über die Höhe der Schulden ein Anfechtungsgrund. Aber sobald davon Kenntnis besteht läuft die Anfechtungsfrist von 6 Wochen (§ 1954 BGB). Und die scheint hier versäumt.

    Bei der ganzen Angelegenheit könnte man aber auch Fragen, ob sich der Vater überhaupt über etwas geirrt hat oder sich einfach nicht darum gekümmert hat. Auch dann scheidet eine Anfechtung mangels Irrtums aus. Schließlich hat die Mutter ja für sich und die Kinder ausgeschlagen. Auch hier wäre vom NLG ggf zu klären (falls es darauf überhaupt ankommt), was dem Vater denn bekannt war.
    Wenn ihm bekannt war, dass die Mutter ausgeschlagen hat, dann hatte er ja ggf. schon damals Hinweise auf eine Überschuldung

    2 Mal editiert, zuletzt von Montgelas (5. Dezember 2019 um 10:56)

  • Die Kinder müssen ja bei einem Prozess durch beide Sorgeberechtigte vertreten werden und die wirksame Bevollmächtigung des RA muss durch beide erfolgen.
    Ich bin einfach davon ausgegangen, dass das korrekt gelaufen ist.
    Frog Worauf basiert Deine gegenteilige Vermutung?

    ....


    Die TS hat noch nicht mitgeteilt, wessen Unterschrift/en die Anwaltsvollmacht trägt. Anhand meiner gesammelten Erfahrungen halte ich es nicht für unwahrscheinlich, dass die Unterzeichnung nur durch die Mutter erfolgte.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!