Im Grundbuch-Rechtsprechungsthread (#2117) hat Prinz auf folgendes Gutachten des DNotI hingewiesen:
Gutgläubiger Erwerb einer Vormerkung; Mitwirkung des Grundbuchamts an einem gutgläubigen Erwerb
Gutachten/Abruf-Nr: 173435; Erscheinungsdatum: 29.11.2019; erschienen im DNotI-Report 23/2019, 185-187
https://www.dnoti.de/gutachten/detai...3d24c0e8a18f0b
https://www.dnoti.de/gutachten/deta…c3d24c0e8a18f0bIch habe das DNotI heute auf folgende Umstände hingewiesen:
"Das in DNotI-Report 2019, 185 abgedruckte Gutachten kann nach meiner Ansicht nicht zutreffend sein.
Nach dem Sachverhalt war der Vorerbe bereits im Zeitpunkt der Beurkundung des Kaufvertrags verstorben. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die vom Vorerben erteilte Vollmacht durch das Ableben des Vorerben nicht erloschen war, kommt kein gutgläubiger Erwerb der eingetragenen Vormerkung durch den Erwerber in Betracht. Denn § 892 BGB schützt nicht den guten Glauben daran, dass ein eingetragener Berechtiger noch lebt. Die Eigentümerstellung und die entsprechende Buchberechtigung war (vgl. Nacherbenvermerk) im Zeitpunkt der Beurkundung des Kaufvertrags aufgrund des eingetretenen Nacherbfalls bereits auf die Nacherben und nicht auf die Erben des Vorerben übergegangen (vgl. Staudinger/Gursky, BGB, Bearb. 2008, § 892 Rn. 48 a. E., S. 469). In dieser Konstellation wird ein gutgläubiger Erwerb vom Vorerben (oder durch dessen nicht mit den Nacherben identische Erben) nicht geschützt. Insoweit nützten auch die (unterstellt transmortalen) Vollmachtswirkungen nichts, weil der Vertreter mit den Erben des Vorerben schlicht und einfach die "Falschen" vertreten hat
Das Gutachten ist daher nach meiner Ansicht bereits im Ausgangspunkt unrichtig. Auf die weiteren Fragen (möglicher gutgläubiger Erwerb einer Vormerkung bei bestehendem Anspruch sowie Herbeiführung des gutgläubigen Erwerbs durch das Grundbuchamt) kommt es somit nicht mehr an.
Zur Herbeiführung eines gutgläubigen Erwerbs durch das Grundbuchamt erlaube ich mir zudem den Hinweis, dass die Zulässigkeit dieser Herbeiführung von der Rechtsprechung einhellig verneint wird (RGZ 71, 38; KGJ 27 A, 97; KGJ 28 A, 92; KG HRR 1934 Nr. 1095; OLG München JFG 16, 144; KG Rpfleger 1973, 21; OLG Düsseldorf MittBayNot 1975, 224; OLG Frankfurt Rpfleger 1991, 361; BayObLG Rpfleger 1994, 453 = MittBayNot 1994, 324; OLG Karlsruhe Rpfleger 1998, 68; OLG Dresden NotBZ 1999, 261; OLG Hamburg FGPrax 1999, 6; BayObLG Rpfleger 2000, 573; OLG Hamm FGPrax 2004, 266; OLG Schleswig FGPrax 2004, 264; OLG München DNotZ 2012, 298; OLG Köln FGPrax 2013, 201; OLG Rostock Rpfleger 2015, 13 = FGPrax 2014, 205; OLG Hamburg MittBayNot 2018, 163 und zuletzt OLG Köln, Beschl. v. 28.10.2019, Az. 2 Wx 290/19).
Ich halte es daher für sehr gewagt, die zitierte abweichende Literaturmeinung der besagten einhelligen Rechtsprechung auch nur annähernd gleichwertig oder sogar als vorzugswürdig gegenüberzustellen. Von einer "noch" hM (also einer sich möglicherweise in absehbarer Zeit ändernden hM) kann jedenfalls überhaupt keine Rede sein.
Aus den genannten Gründen rege ich an, das besagte Gutachten in der nächsten Ausgabe des DNotI-Report richtigzustellen."